28

Am Mittwochmorgen stand Adrien ohne Vorwarnung vor Marinettes Tür, um sie abzuholen.
Oder zumindest war sie nicht vorgewarnt gewesen. Ihre Eltern schienen laut ihren grinsenden Gesichtern Bescheid gewusst zu haben.
»Das wäre wirklich nicht nötig gewesen.«, sagte sie, nachdem sie ihn hereingebeten hatte. »Meinem Knöchel geht es schon viel besser.«
»Du solltest ihn noch so viel schon, wie möglich. Sonst kann er nicht richtig heilen.«
Nachdem er höflich ihre Eltern begrüßt hatte, meinte er: »Ich werde sie selbstverständlich auch heute Nachmittag wieder zurückfahren.«
Und an Marinette gerichtet fragte er: »Hast du deine Eltern schon wegen der Lerngruppe gefragt?«
Sie machte den Mund auf, um zu fragen, von welcher Lerngruppe er sprach, als Adrien sich schon ihren Eltern zugewandt hatte und sagte: »Heute nach dem Unterricht treffen sich noch ein paar Leute aus unserer Klasse, um für den Chemietest am Freitag zu lernen. Es ist doch bestimmt in Ordnung, wenn ich Marinette erst danach wieder herbringe, oder?«
»Natürlich.«, antwortete ihre Mutter sofort und strahlte Adrien mit ihrem Lächeln an.
»Danke, dass du mich daran erinnert hast.«, sprang Marinette auf die Lüge auf. »Ich hätte es glatt vergessen.«
»Na dann, einen schönen Tag euch!«
Ihre Mutter gab ihr zum Abschied noch einen Kuss auf die Wange, und Marinette ging mit Adrien nach draußen.

Als sie neben ihm auf der Rückbank des Autos saß, sagte sie mit hochgezogener linker Augenbraue: »So so, Lerngruppe also?«
Er zuckte grinsend mit den Schultern.
»Ich hab nach dem Unterricht noch Fechten. Und ich dachte mir, dass du über einen kleinen Hausarrest-Aufschub nicht böse bist.«
Marinette kniff die Augen zusammen und musterte ihn.
»Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du ein erschreckend guter Lügner bist? Im allerersten Moment war ich mir selbst nicht ganz sicher, ob du die Wahrheit sagst und ich es nur vergessen habe.«
»Danke für das Kompliment.«, sagt er mit einer angedeuteten Verbeugung.
»Du warst aber auch nicht schlecht. Wie schnell du darauf eingestiegen bist ...
Andererseits ist es nicht wirklich überraschend.
Was soll man auch anderes erwarten von einer Regelbrecherin, die sich an geheimnisvollen Orten herumtreibt, während ihre Eltern im Theater sind?«
»Das scheint dich ja immer noch schwer zu beschäftigen.«
Er nickte.
»Und das wird es auch noch bis zu unserem zehnjährigen Klassentreffen.«

Marinette kam sich dabei nicht gerade wie die coole Regelbrecherin vor, die Adrien neuerdings in ihr sah, aber sie nutzte die anderthalb Stunden nach dem Unterricht tatsächlich, um zu lernen. Und sie hatte sogar Alya überzeugen können, ihr dabei Gesellschaft zu leisten.
Nicht nur würde das ihren Noten guttun. Falls ihre Eltern nachfragten, würde es sie auch davor bewahren, lügen zu müssen.
Und beides war ihr im Moment wichtiger als Adriens Gedanken über sie.

Alya war wie erwartet nicht begeistert von dem ungewohnt engen Kontakt, den ihre besten Freundin seit dem Vortag mit Adrien hatte.
Aber sie hielt sich mit ihren Kommentaren zurück und Marinette war ihr dankbar dafür.
Ihr Kopf hatte schon genügend mit dieser Adrien-Sache zu tun. Da brauchte sie nicht auch noch Alya, die ihr davon abriet und sie verunsicherte.
Hoffentlich würde sich das alles früher oder später von selbst erledigen:
Sobald klar war, dass Adrien kein Interesse an ihr hatte und sie wieder Abstand zu ihm halten konnte, oder wenn Alya einsah, dass er Marinette nicht wehtun würde - was auch immer von beidem eher eintrat.

Die letzten Tage vor den Ferien brachte Marinette überraschend gut über die Bühne.
Sie weinte jeden Abend einige Minuten, wenn sie in ihrem Bett lag und die Gedanken an Cat Noir nicht mehr aufzuhalten waren. Doch die Verzweiflung kam nicht mit durch die Nacht und jeden neuen Morgen entschied sie sich zum nach vorne Sehen.
Sie vermisste ihn.
Aber sie wusste, dass die Trennung das Richtige gewesen war.
Schon in diesen wenigen Tagen hatte sich ihr Alltagsleben spürbar verbessert.
Das Vertrauen ihrer Eltern war noch immer zerstört, aber zumindest musste sie sie nicht mehr anlügen.
Ihre Freundschaft mit Alya war wieder so eng wie früher. Und auch ihr Schlaf- und Lernrhythmus pendelte sich langsam wieder ein.
Und dann war da natürlich noch Adrien.
Sie hatte noch nichts Konkretes getan, um ihr Versprechen an Cat Noir zu halten, aber zumindest wurde der Weg dafür geebnet.
Auch ihre Freundschaft war wieder mehr so wie früher.
Sie dachte mehrmals am Tag darüber nach, wie sie die Sache ein für alle mal abschließen konnte – auch wenn sie Adriens Gegenwart genoss, wollte sie die Unsicherheit möglichst schnell loswerden – aber ihr fiel nichts Passendes ein.
Sie schreckte vor jeder Idee zurück.
Ihn um ein privates Treffen bitten und ihn dabei direkt fragen, ob da von seiner Seite etwas war?
Das würde sie unmöglich hinbekommen.
Mit ihren Signalen deutlicher werden und darauf hoffen, dass er in irgendeiner Weise reagierte?
Schon allein bei der Vorstellung lief sie rot an.
Sie war nun wirklich keine Flirtexpertin. Im schlimmsten Fall würde er noch denken, dass sie sich über ihn lustig machte – oder einen Schlaganfall hatte.
Zu ihrem Glück – und zu ihrer Verwirrung – kam Adrien ganz von selbst weiter auf sie zu.

Als am Freitag die Schulklingel das Ende der letzten Stunde verkündete, konnte Marinette nichts gegen das Lächeln auf ihrem Gesicht tun.
Die Freude ihrer Mitschüler war absolut ansteckend und auch der gemeinschaftliche Überschwang, der in der Luft lag, wollte sie packen.
Es waren nicht einfach nur Ferien. Es waren Weihnachtsferien.
Und obwohl Paris weder Schnee, noch Rodelhänge, noch kleinstädtische Gemütlichkeit zu bieten hatte, war die Spannung in den letzten Schulstunden immer weniger aushaltbar geworden - für alle Schüler der Klasse.
Sie wollten nach draußen. In die winterliche Freiheit.

Laut plappernd und lachend strömten ihre Mitschüler nach draußen. Und obwohl Marinette schon bald zu Hause sein musste und deswegen nicht mit ihnen kommen konnte, freute sie sich doch mit ihnen.
Einige wollten noch gemeinsam auf die Eislaufbahn gehen. Ein paar Mädchen hatten noch immer nicht genug vom Weihnachtsshopping. Und eine Gruppe rund um Kim wollte in einen irischen Pub gehen, um das zwischenzeitliche Schulende zu feiern.
Marinette verabschiedete sich mit einer langen Umarmung von Alya und sah ihr dann hinterer, wie sie mit Nino und den anderen durch die große Schultür nach draußen ging.
Innerhalb von wenigen Sekunden war es beinahe vollkommen still im Foyer geworden. Sie waren die letzte Klasse gewesen, die noch im Gebäude gewesen war.
Trotzdem hörte Marinette nun Schritt hinter sich.
Sie drehte sich um und stand Adrien gegenüber.
»Du solltest dich beeilen.«, sagte sie, »Die anderen sind alle schon los.«
Er lächelte nur und sagte: »Schon ok.«
»Du willst nicht mit?«
Er schüttelte den Kopf.
Statt ihr einen Grund dafür zu nennen, sagte er: »Ich wollte dir noch dein Geschenk geben.«, und hielt ihr einen rosa Briefumschlag hin.
Marinette wurde schlagartig kochend heiß.
Sie hatte nichts für ihn!
Ohne sich rühren zu können, starrte sie auf den Umschlag hinab, auf dem in großen, blauen Buchstaben ihr Name stand.
Marinette.

Es war seltsam, aber ausgerechnet ihr Name – ihr Name, den sie in ihrem Leben schon unzählige Male vor sich gesehen hatte – ließ ihr Unbehagen in eine Art Rührung umschlagen.
Dort stand ihr Name.
Marinette.
Dieses Geschenk war für sie.
Vielleicht lag es daran, dass Cat Noir niemals ihren Namen hatte benutzen können und sie nun schmerzhaft daran erinnert wurde.
Oder vielleicht lag es auch an dem kleinen, liebevoll gezeichneten Sternchen, das den I-Punkt ersetzte.
Marinette musste gegen die Tränen ankämpfen.
»Ich ... ich hab gar nichts für dich.«, brachte sie stammelnd heraus.
»Hey, das ist doch gar nicht schlimm!« Adriens Stimme klang unheimlich sanft.
Und dann war da plötzlich seine Hand auf ihrer Schulter.
»Es ist auch nur etwas ganz Kleines. Nicht der Rede wert.«
Er drückte ihr den Umschlag in die Hand.
Währenddessen glitt seine Hand von ihrer Schulter ihren Oberarm hinab. Erst, als sie ihr Handgelenk erreichte, endete die streichelnde Bewegung und er zog seine Hand zurück.

»Marinette?«
Sie hob den Kopf und erwiderte seinen Blick.
»Frohe Weihnachten!«
»Frohe Weihnachten, Adrien.«, erwiderte sie leise.
Er lächelte sie so herzlich an, dass ihr Herz schon wieder darauf reagierte.
Warum tat er das nur?
Warum war er so warmherzig und offen, obwohl er doch wusste wie problematisch das war?
Ging es ihm vielleicht tatsächlich nur um ihre Aufmerksamkeit?
War es ihm egal, dass er eine Freundin hatte und gerade mit ihren Gefühlen spielte?

»Es ist wirklich überhaupt kein Problem, dass du nichts für mich hast.«
Adrien schien ihren prüfenden Gesichtsausdruck fehlzuinterpretieren. »Genau genommen könnte man auch sagen, dass die Sache in dem Umschlag ein Geschenk an uns beide ist.
Also, falls du damit einverstanden bist, dass wir dort gemeinsam hingehen.«
Nun wirkte er auf einmal verlegen.
Und Marinette war neugierig geworden.
Was war in dem Umschlag?
Vorsichtig, um ihn nicht zu zerreißen, öffnete sie ihn und zog eine schwarze Karte heraus, die mit golden schimmernder Schrift bedruckt war.
Eine Eintrittskarte.
Für eine Modenschau am 30. Dezember.
»Falls du keine Lust darauf hast oder keine Zeit, kannst du die Karte auch einfach verfallen lassen. Kein Problem.
Ich muss auch zugeben, dass ich sie nicht mal bezahlen musste. Mein Vater ist einer der Designer, die die Modenschau ausrichten.
Oh, hätte ich dir das vielleicht gar nicht sagen sollen?
Denk jetzt bitte nicht, dass ich dir einfach irgendwas geschenkt habe, was gerade rumlag. So ist das nicht!
Ich hätte dir auch etwas gekauft, aber ich dachte, dass es so gut zu dir passen würde.
Du warst das letzte Mal so begeistert.
Und wir hatten doch einen ziemlich schönen Tag zusammen, oder?«
Marinette hob ihren Blick von der Karte und sah Adrien wieder in die Augen.
So ein nervöses Geplapper war sie von ihm gar nicht gewöhnt.
Sie lächelte ihn zurückhaltend an.
»Das ist wirklich ein tolles Geschenk und ich freue mich sehr darüber.
Leider werde ich nicht hingehen können.
Ich habe noch Hausarrest.«
»Oh.«, sagte Adrien.
Und die Enttäuschung auf seinem Gesicht war geradezu herzzerreißend.
Doch schon eine Sekunde später hellte sich sein Gesicht wieder auf.
»Du kannst deine Eltern doch wenigstens mal fragen! Vielleicht erlauben sie es dir ja! Und falls nicht, kann ich auch noch mal persönlich mit ihnen reden.
Ich glaube, sie mögen mich.«
»Natürlich mögen sie dich.«, dachte Marinette. »Wer tut das nicht.«

»Ich werde sie fragen.«, sagte sie laut. »Aber versprechen kann ich es nicht. Sie sind immer noch ziemlich sauer auf mich.«
Er nickte.
»Sag mir einfach Bescheid, sobald du es weißt. Oder falls du tatsächlich meine Hilfe dabei brauchst.«
Er lächelte verschwörerisch.
Die meiste Zeit ließ er es nicht durchblicken, aber Adrien wusste durchaus, dass er über jede Menge Charme verfügte, und wie er ihn geschickt einsetzen konnte.
Das machte sein Verhalten in Marinettes Gegenwart umso bedenklicher.
Vielleicht hatte Alya doch recht, und sie sollte sich lieber von ihm fernhalten, sobald sie ihr Versprechen an Cat Noir eingelöst hatte.
Sie hoffte nur, dass Adrien bis dahin ihre Gefühle mit seinem Charme nicht zu sehr durcheinandergebracht hatte.

Marinette kam noch eine Frage in den Sinn.
»Falls ich tatsächlich hingehen darf, würde es dann wieder so sein, wie beim letzten Mal?«
Sie fragte damit nach der Länge und Ausprägung ihres Kontaktes.
Bei der Modenschau im Sommer war Adrien die meiste Zeit beschäftigt gewesen, weil er selbst als Model gearbeitet hatte.
Er hatte Marinette in seinen Pausen ein wenig Gesellschaft geleistet, ihr einige Leute vorgestellt und ihr einen Blick hinter die Kulissen gegeben.
Doch die meiste Zeit des Events hatte sie allein verbracht.
Adrien schüttelte den Kopf.
»Ich bin diesmal keines der Model. Ich würde dich also nicht wieder so viel allein lassen.«
Marinette konnte nicht genau sagen, was das Gefühl bedeutete, das sie bei dieser Antwort befiel.
Sie zögerte damit, ihre nächste Frage laut auszusprechen. Doch sie musste wissen, womit sie es hier zutun hatte.
»Hast du auch noch andere Leute dazu eingeladen?«
»Andere Leute?«
»Naja, du hast doch bestimmt auch noch andere Freunde außer mir, die sich für Mode interessieren, oder?«
Adrien legte den Kopf leicht auf die Seite und sah sie eindringlich an.
»Kann schon sein. Aber du bist die Einzige, der ich so eine Karte geschenkt habe.«
Marinette musste schlucken.
Dann fragte sie: »Also wären wir nur zu zweit?«
Er nickte.
Sie sah wieder hinab auf die gold-schwarze Eintrittskarte in ihrer Hand.
Sie hätte wirklich unheimlich große Lust, dort hinzugehen.
Aber allein mit Adrien?
Das klang nach keiner guten Idee.
Bis zum 30. Dezember hätten sie keine Möglichkeit mehr, sich auszusprechen. Also keine Möglichkeit, um die Sache zwischen ihnen zu klären und Marinettes Versprechen an Cat Noir abzuhaken.
Das würde bedeuten, dass sie noch mehr Zeit mit Adrien verbringen würde, ohne Klarheit zu haben.
Und damit würde sie ihm noch mehr Zeit geben, um sie mit seinem Verhalten zu verwirren.

»Ich denke nicht, dass das so eine gute Idee wäre.«, sagte sie leise, ohne ihn anzusehen.
»Marinette?«
Sie hob den Kopf und erwiderte Adriens leicht nervösen, aber unheimlich sanften Blick.
»Ich sollte dir wohl noch sagen, dass es keinen Grund mehr gibt, warum das unpassend wäre. Ich bin single.
Und falls du das für dich in Ordnung ist, würde ich das gern als ein Date ansehen.«

Marinette vergaß vor Schreck, zu atmen.
Da hatte sie ihre Antwort.
Die Antwort darauf, warum Adrien sich in den letzten Tagen so vertraulich verhalten hatte.
Er wollte tatsächlich ein Date mit ihr!
Er hatte nicht nur mit ihr gespielt.
Er hatte um sie geworben.
Jeder seiner Blicke, jedes Lächeln, jede Berührung bekam auf einmal eine völlig neue Bedeutung.
Marinette spürte, wie ihre Wangen heiß und ihr Mund trocken wurde.
Sie hatte sich die ganze Zeit eingeredet, dass ihr Versprechen sich allein auf Adriens Gefühle beziehen würde; dass sie nur ganz klar von ihm hören musste, was er für sie empfand – und was nicht - und dass damit ihr Teil getan war, um Cat Noirs Wunsch zu erfüllen.
Aber dass Adrien tatsächlich Interesse an ihr haben könnte, hatte sie nicht für möglich gehalten.
Nun, da er das klar gemacht hatte, war Marinette am Zug.
Sie musste nun entscheiden, wie es weiterging.

»Du musst nicht jetzt sofort antworten.«, sagte Adrien, als sie noch immer kein Wort herausgebracht hatte.
»Denk in Ruhe darüber nach. Und wenn du mit mir zusammen dort hingehen willst, frag deine Eltern.«
Er zögerte einen Moment und fügte dann noch hinzu: »Und du kannst ruhig ehrlich zu mir sein. Wenn du das nicht willst, musst du nicht deinen Hausarrest als Ausrede vorschieben.
Sag es mir einfach direkt. Dann weiß ich Bescheid.«
Gegen Ende hin war seine Stimme immer unsicherer geworden.
Und auch sein Blick war weniger selbstbewusst als sonst.
Obwohl sie noch vor zwei Tagen miterlebt hatte, was für ein souveräner Lügner er war, wusste Marinette, dass er ihr nichts vormachte.
Jedes seiner Worte war ernst gemeint.
Sie, Marinette Dupain-Cheng, machte tatsächlich Adrien Agreste nervös!
Das machte es ihr nicht gerade leichter, über all das nachzudenken und eine Entscheidung zu treffen.
Sie senkte wieder den Blick und erlaubte sich, einen Moment die Augen zu schließen.

Ihr erster Impuls war es gewesen, die Einladung auszuschlagen.
Das ging alles zu schnell!
Sie war gerade einmal dreieinhalb Tage von Cat Noir getrennt. Und jetzt sollte sie auf ein Date mit Adrien gehen?
Es fühlte sich einfach nur falsch an.
Aber sie wusste auch, dass Tikki recht hatte. Genau das war es, was sie Cat Noir versprochen hatte.
Und wenn sie jetzt ablehnte, ohne genau zu wissen, ob sie wieder etwas für Adrien empfinden konnte, würde sie das Versprechen brechen.
Bei der Vorstellung, wie Cat Noir genau dasselbe tat, wurde es ihr klar: Sie konnte nicht ablehnen.
Sie war es ihm schuldig, diesen Schritt zu wagen.
Sie würde das Gleiche von ihm erwarten.

Marinette biss sich auf die Unterlippe und sah Adrien wieder an.
Erwartungsvoll – mit einer Mischung aus Hoffnung und Furcht in den grünen Augen – erwiderte er ihren Blick.
»Adrien ...«, sagte sie, doch da wurden sie von einer lauten Stimme unterbrochen.
»He, was macht ihr zwei noch hier?«
Sie drehten sich beide zum Hausmeister der Schule um, der in einigen Metern Entfernung stand und sie mit grimmiger Mine ansah.
»Ihr habt Ferien! Los, verschwindet! Oder liebt ihr die Schule so sehr, dass ihr sogar über Weihnachten hierbleiben wollt?«
»Entschuldigung, Monsieur.«, sagte Adrien. »Wir gehen schon.
Schöne Feiertage ihnen!«
Nicht einmal der allzeit schlecht gelaunte Hausmeister konnte Adriens Charme widerstehen.
»Euch auch.«, grummelte er zurück; der Gesichtsausdruck deutlich milder als zuvor.
Dann griff Adrien auf einmal nach Marinettes Hand und zog sie mit sich nach draußen.
Mit einem Krachen schloss der Hausmeister die große Flügeltür hinter ihnen und sie hörten ein leises Klicken, als er hinter ihnen abschloss.

Adrien sah Marinette an und lächelte.
Er hielt noch immer ihre Hand.
»Was wolltest du gerade sagen?«, fragte er.
Marinette hatte schon wieder einen Teil ihres Mutes verloren.
Doch sie wusste, dass sie in den nächsten Tagen auch noch den Rest verlieren würde, wenn sie jetzt keine eindeutige, verpflichtende Antwort gab.
»Ich würde sehr gern mit dir dort hingehen.«
Adriens Lächeln wurde noch breiter.
Und es war so voller Wärme, dass Marinette nicht einmal die kalte Winterluft auf ihrer Haut spürte.

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