22

Die Tage rauschten an Marinette vorbei, ohne dass etwas passierte.
Sie spürte ganz deutlich, dass es so nicht weiterging, aber sie war wie festgekettet; unfähig, irgendetwas an ihrer Sitation zu verändern.
Außer Reichweite von jedem und allem, was ihr helfen könnte.

Sie traf sich alle paar Tage mit Cat Noir und sie hatten auch Spaß zusammen. Aber so vertraut wie vor dem Kuss wurde es zwischen ihnen nicht wieder.
Auch mit Alya verbrachte sie viel Zeit und auch mit ihr war es angenehm, aber nicht sehr persönlich.
Wie es auch früher schon der Fall gewesen war, konnte Marinette ihr nicht von ihren Ladybug-Dingen erzählen, inklusive ihrem Cat-Noir-Problem.
Und auch das Thema Adrien vermied sie.

Alyas letzter Wissensstand war, dass sich an Marinettes Gefühlen nichts geändert hatte und sie am ersten Schultag wieder einmal davor zurückgeschreckt war, ihm davon zu erzählen.
Ohne Cat Noir zu erwähne, wäre es unmöglich gewesen, ihr diese verworrene Situation zu erklären.
Wieder einmal war Marinette vollkommen allein mit ihren Gedanken und Sorgen.

Selbst ihrem Kwami konnte sie sich nur teilweise anvertrauen.
Sie tat es nicht bewusst, aber Marinette mied Tikkis Ratschläge. Obwohl sie im Prinzip wusste, dass sie ganz allein für ihre aktuelle Lage verantwortlich war, machte sie Tikki noch immer unterbewusst Vorwürfe dafür.
Außerdem waren Tikkis kritische Anmerkungen ihr unangenehm.
Sie wusste, dass sie selbst ihre Zukunft in die Hand nehmen musste.
Sie wusste, dass sie nicht einfach alles tatenlos aussitzen konnte.
Aber hören wollte sie es nicht.
Ratschläge ließen ihre Angst nicht verschwinden, und selbst Tikkis Trost verfehlte seine Wirkung.

Am liebsten wollte Marinette überhaupt nicht über all das nachdenken, und wenn Tikki sie dann mitleidig mit ihren großen, dunkelblauen Kwamiaugen ansah, bekam Marinette sofort wieder einen dicken Kloß im Hals.
Am liebsten hatte sie es, wenn nichts und niemand sie an all das erinnerte.
Sie wollte, dass die Gefühle für Cat Noir genauso verschwanden, wie es schon einmal die Gefühle für Adrien getan hatten.
Und die wiederum sollten einfach wieder einschlafen.
Sie wollte Ladybug, die Superheldin, und Marinette, die Schülerin und Bäckerstochter, sein.
Für mehr als das fehlte ihr der Mut.

Obwohl sie versuchte, Adrien aus dem Weg zu gehen, ergaben sich immer wieder kleinere Gespräche mit ihm.
Auch er schien irgendwie verloren zu sein und in dieser Gemeinsamkeit trieb es sie aufeinander zu.
Marinette erfuhr nicht, was ihn so beschäftigte, und auch sie nannte ihm keine weiteren Einzelheiten. Trotzdem fanden sie eine besondere Art von Trost beim anderen - zumindest kam es Marinette so vor.

Sie vermisste Cat Noir beinahe ununterbrochen, und obwohl sich die verwirrenden Gefühle für Adrien wie ein weiterer Verrat an ihrem Superhelden-Partner anfühlten, waren sie auch so ziemlich das Einzige, was sie von ihm ablenken konnte.
Der Kreis hatte sich geschlossen: Erst hatte sie bei Cat Noir Ablenkung von Adrien gefunden und nun lenkte er sie wiederum von Cat Noir ab.

Wie verdreht und ungesund das war, merkte Marinette selbst, aber dagegen anzugehen, schaffte sie nicht.
Letztendlich war sie kein perfekter Übermensch wie Ladybug, sondern nur ein ganz normales Mädchen, das keine Ahnung hatte, wie sie das Chaos in ihrem Leben - und in ihrem Herzen - beseitigen sollte.

Es war einer der letzten warmen Herbsttage im November, ein Samstag.
Marinette war mit Alya im Park zum Mittagessen verabredet und bereits dorthin unterwegs, als sie eine Nachricht von ihrer besten Freundin bekam.

Nino ist heute mit Adrien verabredet und er hatte die Idee, dass wir ja auch alle zusammen essen könnten. Wäre das für dich in Ordnung?

Marinette musste nicht lang darüber nachdenken. Sie hatte eigentlich keine große Lust auf ein Gruppentreffen, aber eine wirkliche Wahl hatte sie auch nicht.
Sie antwortete, dass es ihr nichts ausmachte, und setzte ihren Weg - nicht mehr ganz so zielstrebig - fort.

Als sie im Park ankam, waren die anderen bereits da.
Wie jedes Mal, wenn sie Adrien in den vergangenen Tagen gesehen hatte, geriet auch heute Marinettes Herz für einen Schlag aus dem Takt. Und auch heute folgte darauf sofort der Gedanken an Cat Noir und ein leises, stichelndes Schuldgefühl.

Sie begrüßte ihre Freunde und setzte sich neben Alya auf die Parkbank.
Sie unterhielten sich eine Weile und Marinette begann tatsächlich, das Zusammensein zu genießen.
Es fühlte sich so normal an.
Locker und unbeschwert.

Als es schließlich um das Essen ging und sie sich auf einen Imbiss einige Straßen weiter geeinigt hatten, meinte Nino: »Dort gibt es keine Tische. Wollen wir dann vielleicht einfach hier im Park essen?«
Marinette und Adrien hatten nichts dagegen. Alya jedoch verzog das Gesicht.
»Bis wir von dort wieder bis hierher gelaufen sind, ist das Essen vollkommen kalt.«
»Dann nehmen wir eben mein Motorrad.«

Bei der Erwähnung seines neuen Schatzes strahlte Nino übers ganze Gesicht. Seit seinem 18. Geburtstag vor zwei Wochen war er stolzer Besitzer eines knall-grünen Motorrads, das ihn überall hinbegleitete.

»Damit geht es auch insgesamt deutlich schneller. Ich habe schon ziemlichen Hunger.«
»Na gut, dann kannst du ja mit Adrien zusammen das Essen holen fahren und ich warte so lange hier mit Marinette.«, sagte Alya.

Nino sah nicht wirklich zufrieden aus.
Er stellte sich hinter seine Freundin und umschlang ihre Taille mit seinen Armen. »Wir beide könnten doch auch das Essen holen.«, meinte er und schmiegte sich an sie.
Alya stieß ihm leicht mit dem Ellenbogen in die Seite und drehte sich zu ihm um. »Oder«, erwiderte sie und warf ihm einen vielsagenden Blick zu, »Wir machen es so, wie ich es gesagt habe.«

Marinette musste sich ein Grinsen verkneifen.
Alya hatte auf jeden Fall eine Auszeichnung für freundschaftliches Rückenfreihalten verdient. Beim diskreten, nonverbalen Kommunizieren musste sie jedoch noch üben.

»Also, ich hätte kein Problem mit Ninos Vorschlag.«
Wie auf Kommando sahen Alya, Nino und Marinette hinüber zu Adrien.
»Naja«, redete er weiter - leicht verlegen durch die plötzliche Aufmerksamkeit. »Ich muss noch telefonieren und könnte das jetzt gleich erledigen. Und die restliche Zeit«, er richtete seinen Blick auf Marinette, »warte ich einfach hier mit Marinette

Die Art, wie er ihren Namen aussprach, ließ eine Gänsehaut ihre Arme hinaufwandern.
Und sein zögerliches Lächeln machte die ganze Sache nicht besser.
Sie musste schwer schlucken, bevor sie etwas sagen konnte.
»Für mich wäre das auch in Ordnung.«

»Na dann passt das ja.«, sagte Nino, ergriff die Hand seiner Freundin und zog sie in Richtung Parkausgang.
Alya sah noch leicht skeptisch aus, doch als Marinette ihr ein kurzes, ermutigendes Lächeln zuwarf, schien sie halbwegs beruhigt zu sein.
»Wir beeilen uns!«, rief sie ihr und Adrien noch zu, dann war sie auch schon mit Nino nach draußen auf die Straße verschwunden.

»Ich telefoniere dann mal.« Adrien hatte sein Handy aus der Tasche geholt und wedelt damit in der Luft.
»Klar.«, meinte Marinette. Adrien wandte sich ab und machte einige Schritte zur Seite.
Marinette sah sich kurz im Park um und schlenderte dann bemüht gelassen den Weg entlang.
Sie zwang sich, nicht zu Adrien zurückzublicken.

Es stimmte: Es war für sie in Ordnung, mit ihm zu warten. Sie waren in letzter Zeit häufiger zusammen allein gewesen.
Trotzdem spürte sie, dass sie wachsam sein musste. Es fiel ihm immer noch viel zu leicht, sie durcheinanderzubringen. Und wenn das passierte, kam selbst die klare Gewissheit nicht mehr gegen das Durcheinander an.
Die Gewissheit, dass er sie niemals lieben würde und sie sich wie eine Idiotin verhielt, wenn sie ihn wieder in ihr Herz ließ.
Mal ganz davon abgesehen, dass der Platz eigentlich schon von einem andern belegt war.

Marinette war so in Gedanken, dass sie die Statue erst bemerkte, als sie schon direkt davorstand.
Sie kannte sie, war in den Jahren schon öfter hier gewesen. Trotzdem fühlte es sich jetzt an, als würde sie sie zum ersten Mal sehen.
Und sie wusste auch, woran das lag.
Sie sah die Statue von Ladybug und Cat Noir nun in einem neuen Licht, weil ihr Blick auf die dargestellten Personen nicht mehr derselbe war.
Vor allem der auf Cat Noir.

Cat Noir.
Selbst so starr, aus Metall und schon leicht verwittert, ließ sein Gesicht sie nicht unberührt.
Wie sehr sie ihn vermisste!
Sie hatten sich erst am Vortag getroffen, aber es fühlte sich trotzdem wie eine Ewigkeit an, seit er ihr zum letzten Mal richtig in die Augen gesehen hatte.
Sie vermisste nicht den Cat Noir der vergangenen Tage.
Sie vermisste den Cat Noir aus der Zeit vor dem Kuss.
Und den Cat Noir während des Kusses.

Wie jedes Mal, wenn sie daran dachte, war da dieser Zwiespalt: Sie bereute den Kuss zutiefst, weil er ihr in gewisser Weise ihren Cat Noir genommen hatte, aber gleichzeitig sehnte sie sich zu dem Moment zurück.
Jetzt gerade, beim Blick hinauf zu der Statue, war es so schlimm wie noch nie.
Sie wollte weinen, wütend auf irgendetwas einprügeln, zu Cat Noir laufen.
Sie wollte ihn anschreien, dass er endlich wieder der Alte sein sollte - und sie wollte ihm um den Hals fallen, sich an ihn drücken, ihn küssen und nie wieder damit aufhören.

»Bist du ein Ladybug- oder ein Cat-Noir-Fan?«
Unbemerkt war Adrien an sie herangetreten und hatte sich neben sie gestellt.
Marinette riss sich mit aller Macht zusammen und setzte im Bruchteil einer Sekunde einen unverfänglichen Gesichtsausdruck auf.

»Als Freundin von Alya hat man da nicht wirklich die Wahl.«, antwortete sie.
Wie erhofft verriet ihre Stimme nichts von all dem, was gerade in ihr vorgegangen war.
»Und das bedeutet was
»Es bedeutet Team Ladybug.«
»Schreibt sie nicht über beide?«, fragte er nach.
»Ja, aber ihr Blog heißt immerhin der »Ladybug-Blog«. Und wenn du hören willst, warum Ladybug die viel bessere Superheldin von beiden ist, musst du Alya nur fragen.
Sie hat eine ganze Abhandlung zu diesem Thema jederzeit parat.«

Adrien schwieg einen Moment und als Marinette ihm einen kurzen Seitenblick zuwarf, bekam sie mit, dass auch er aufmerksam die Statue musterte.
Er begann wieder zu sprechen.
»Und wenn ich dir verspreche, dass ich es Alya nicht verrate: Was wäre dann deine Antwort?«

Marinette überlegte.
Genau genommen hatte sie gerade gesagt, dass sie ein Fan von sich selbst war. Deshalb war sie zu ihrer eigenen Überraschung sogar froh darüber, dass Adrien noch einmal genauer nachgefragt hatte und sie es nun klarstellen konnte - auch wenn er keine Ahnung hatte, dass sie Ladybug war.

»Ladybug ist schon ziemlich beeindruckend. Aber wenn ich ehrlich bin, ist Cat Noir mir sympathischer.«
»Ach ja? Und wieso?«
Sie sah wieder hinauf zu Cat Noirs Statuengesicht und die Antwort fiel ihr ganz leicht.
»Er ist nicht so perfekt wie Ladybug.«

»Du findest ihn also besser, weil er der schlechtere Superheld ist?«
Adriens Stimme klang irgendwie leicht verändert und Marinette konnte nicht ergründen, was genau es war.
Doch es fiel ihr sowieso schwer, auf Adrien zu achten, denn ihr Blick hing nach wie vor an Cat Noirs Abbild.

»Ich denke, dass macht ihn eher zum besseren Superhelden von den beiden. Er ist nicht so distanziert und ... unmenschlich wie Ladybug.
Wenn er gegen einen Superschurken kämpft, geht es ihm nicht nur darum, sein Ziel zu erreichen.«
»Was genau meinst du damit? Ladybug ist doch auch sehr hilfsbereit und mitfühlend, wenn sie den Menschen hilft.«
»Ja, aber sie wirkt dabei immer so, als wäre all das nur eine Aufgabe für sie, eine zu erledigende Pflicht. Cat Noir dagegen hat echte Begeisterung für das, was er tut.
Ich finde das beeindruckend. Es braucht viel Charakterstärke, um nach all der Zeit noch so leidenschaftlich und hoffnungsvoll für diese Sache zu kämpfen.«

Marinette verstummte für einen Moment.
Über Cat Noir zu reden, war qualvoll und schön zugleich.
Und es ließ sie beinahe vergessen, wer da gerade neben ihr stand.

Als Adrien nichts sagte und auch sonst nichts tat, um sie davon abzuhalten, redete sie weiter.
»Ich denke, er ist der perfekte Partner für Ladybug. Ohne ihn wäre sie überhaupt nicht fähig, so gut zu sein.
Ich denke, er hält sie aufrecht und gibt ihr Hoffnung und macht sie zu einem besseren Menschen.
Er könnte sich bestimmt viel öfter als der Held aufspielen, wenn er das wöllte, aber er stellt sich selbst zurück, damit sie glänzen kann.«

Marinette musste schlucken, doch sie war noch immer nicht am Ende.
Die Worte flossen nur so aus ihr heraus - als hätten all diese Gedanken schon viel zu lang darauf gewartete, dass sie sie endlich aussprach.
Und als hätten die Gefühle dahinter gewartet, dass Marinette sie sich endlich eingestand.

»Ich bewundere die Leichtigkeit, mit der er die Dinge nimmt.«, fuhr sie fort, »Und den Mut.
Ich kann mir absolut nichts vorstellen, was ihn unterkriegen würde. Nichts, was ihm tatsächlich zurückweichen oder zurückschrecken lassen würde.
Ladybug scheint mutig zu sein. Vielleicht sogar furchtlos.
Aber auch für sie gibt es Situationen, in denen ihr der nötige Mut fehlt. Und dann ist Cat Noir da, um für sie beide mutig zu sein.
Er ist so viel mehr als nur ihr Partner. Er ist ihre Rettung.
Ich hoffe, dass sie das erkennt.«

Marinette verstummte.
Die Sehnsucht schien sie beinahe innerlich zu zerreißen, und wäre Cat Noir jetzt bei ihr gewesen, hätte absolut nichts sie noch von ihm fernhalten können.
Das wusste sie.
Ihre Hand hatte nach ihrem Bugphone greifen wollen, doch natürlich war es nicht da.
Ihre nächste Verabredung mit Cat Noir war erst in zwei Tagen. Und bis dahin hatte sie keine Möglichkeit, ihn zu erreichen.
Der Gedanke war ungeheuer qualvoll.

»Woher weißt du all das über ihn?«
Sie hatte tatsächlich vergessen, dass Adrien neben ihr stand, und sie brauchte einige Sekunden, um sich halbwegs wieder zu fangen.
Sie wandte den Blick von der Statue ab und sah ihn an.

»Alya analysiert doch jedes Detail der Superheldeneinsätze, und ihre Artikel befassen sich auch sehr oft mit den Charakterzügen und den Eigenheiten der beiden.
Anscheinend hat sie es ziemlich gut geschafft, mir damit ein konkretes Bild von Cat Noir zu vermitteln.«
Sie hoffte, Adrien würde diese Antwort einfach hinnehmen, doch er fragte nach. Und sein Gesichtsausdruck überraschte sie dabei mit jeder Menge Gefühl und Anteilnahme, deren Ursprung sie nicht so recht verstand.

»Und was ist, wenn er in Wahrheit überhaupt nicht dieser Mensch ist? Wenn er nicht immer so handelt, wie du es gerade beschrieben hast?«
Marinette spürte, wie sie lächelte.
Vermutlich war es unklug, ehrlich darauf zu antworten, doch sie konnte nicht anders - auch auf die Gefahr hin, Adrien damit skeptisch zu machen.
»Ich bin mir sicher, dass er dieser Mensch ist. Und wenn er tatsächlich einmal anders handelt, hat er es vielleicht nur selbst vergessen.«

Auf einmal schien Adrien unruhig zu werden.
Hatte Marinette ihn womöglich damit angesteckt?
Sie selbst fühlte sich, als könnte sie keine Sekunde länger so reglos vor dieser Statue stehen. Sie wollte so sehnlichst etwas tun!
Etwas, dass sie zu Cat Noir bringen würde.
Doch im Moment gab es leider nichts, was sie tatsächlich tun konnte und vielleicht spürte Adrien das.
War das möglich?

»Marinette, ich muss jetzt leider los. Sagst du Nino und Alya bitte Bescheid, dass es mir leidtut, sobald sie wieder da sind?«
»Ich dachte, du wolltest heute den ganzen Tag mit Nino verbringen.«, fragte Marinette nach.
Der winzige Teil in ihr, der gerade nicht an Cat Noir dachte, machte sich tatsächlich sorgen, dass sie Adrien irgendwie mit ihrer Unruhe angesteckt hatte und er es nun nicht mehr in ihrer Gegenwart aushielt.

»Ja, das hatte ich eigentlich vor.«, antwortete Adrien. »Bei dem Telefonat gerade hat sich nur etwas anderes ergeben. Etwas sehr Wichtiges.
Ich bin eigentlich auch nur hierher zu dir gekommen, um dir das zu sagen und dann schnell zu verschwinden.«
Mittlerweile erkannte Marinette es deutlich: Es war nicht einfach nur Unruhe, was Adrien von einem Bein auf das andere treten ließ und seine Mimik so belebte.
Es war Aufregung.
War sie tatsächlich so sehr von der Statue abgelenkt gewesen, dass ihr das zuvor nicht aufgefallen war?

»Na dann will ich dich nicht länger aufhalten.«, sagte sie und lächelte ihn an.
»Danke, Marinette!«
Vollkommen überraschend umarmte Adrien sie.
Und als er sie so an sich drückte, war zum ersten Mal seit sehr langer Zeit alles klar.
Da war nichts als freundschaftliche Zuneigung in ihrem Innern. Alle Liebe, die sie gerade empfand, galt ganz und gar einem andern.

»Ich wünsche dir einen schönen Abend!«, rief sie Adrien zum Abschied noch hinterer, als er sich rennend auf den Parkausgang zubewegte.
Er winkte ihr noch kurz zu, dann wurde es wieder ruhig - zumindest um sie herum.
Marinette sah noch einmal hinauf zu der Statue von ihr und Cat Noir.
Und sie beneidete Adrien darum, auf etwas zulaufen zu können, das ihm offensichtlich wichtig war.
Auch ihre Beine hätten das nur zu gern getan.

Irgendwie bekam Marinette es hin, sowohl während des Essens als auch danach nicht die ganze Zeit unruhig auf der Bank hin und her zu rutschen.
Am liebsten wäre sie sofort in die nächstbeste Gasse verschwunden und hätte sich verwandelt - nur auf die geringe Chance hin, dass Cat Noir ihr geschrieben hatte oder sogar ebenfalls gerade verwandelt war und auf ihren Anruf reagierte.
Doch sie riss sich zusammen.

Die Enttäuschung wollte sie sich selbst nicht antun, vor allem nicht, da sie danach wieder allein mit ihren Gedanken gewesen wäre.
So waren da zumindest noch Alya und Nino, die sie ein klein wenig von ihrer Sehnsucht ablenkten.

Zwei Tage.
Sie musste nur noch zwei Tage überstehen.
Dann würde sie ihn wiedersehen und konnte endlich dieses verworrene Chaos beseitigen.
Dann konnte sie ihn endlich wieder umarmen, und er würde ihr endlich wieder richtig in die Augen sehen.

Sie hatten relativ spät gegessen und so war der Nachmittag schon vorangeschritten, als sie den Park verließen, um ans Seineufer hinab zu gehen.
Marinette warf noch einen allerletzten Blick in Richtung der Statue, bevor sie hinaus auf die Straße trat.
Durch die Bäume hindurch war sie kaum zu erkennen, doch Cat Noirs Gesicht konnte sie trotzdem ganz deutlich vor sich sehen.
Noch zwei Tage, machte sie sich selbst Mut.
Nur noch zwei Tage.

Genau in diesem Moment meldeten sich sowohl Alyas als auch Marinettes Handy. Sie wechselten einen Blick, dann holten sie gleichzeitig ihre Handys hervor und öffneten die Eilmeldung zu einer Superschurkenattacke in Paris.

»Wir haben noch keine Liveschaltung zum Ort des Geschehens,«, sagte die Nachrichtensprecherin gerade, »aber wir wissen aus sicherer Quelle, dass Cat Noir bereits dort ist. Und wahrscheinlich wird auch Ladybug jeden Moment auftauchen.
Es gibt also keinen Grund zur Beunruhigung. Machen Sie am besten wenn möglich einen Bogen um das Gebiet und genießen sie weiterhin den wunderschönen, sonnigen Tag.«

Wieder genau zeitgleich hoben Marinette und Alya die Köpfe und sahen sich an.
»Tut mir wirklich leid!«, sagte Alya mit schuldbewusster Mine, doch Marinette konnte aus ganzem Herzen mit einem Lächeln darauf antworten.
»Kein Problem! Geh ruhig!«
»Danke, Marinette! Du bist die Beste! Ich schreib dir dann, wie es gelaufen ist, ja?«
»Tu das. Und sei vorsichtig!«

Alya hatte bereits Nino als ihren Fahrer angeheuert und winkte ihr noch im Laufen zu. Wenige Sekunden später raste das grüne Motorrad mit den beiden an Marinette vorbei.
Sie wartete noch genau so lang, bis sie außer Sicht waren, dann sprintete sie los.
Noch nie zuvor hatte sie sich so sehr über einen Superschurken gefreut.
Und vermutlich war sie auch noch nie so motiviert gewesen, ihn möglichst schnell zu besiegen.
Denn direkt danach ...

Während Marinette sich verwandelte, schloss sie für einen Moment die Augen und genoss das verheißungsvolle Kribbeln, das ihren ganzen Körper beherrschte.
Aus zwei Tagen waren auf einmal wenige Minuten geworden.

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