15
An diesem Abend machte Marinette sich etwas später und deutlich weniger euphorisch als sonst auf den Weg zu Cat Noir.
Noch immer hatte sie keine Ahnung, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Aber zumindest war da ein winziger Funken von Hoffnung.
Die Hoffnung, dass all die Fragen und Unsicherheiten völlig unbegründet gewesen waren.
Dieses ganze Durcheinander war ausgelöst worden, als sie mit ihm zusammen vom Montparnasse-Hochhaus gesprungen war; als sie ihm so nah gekommen war.
Aber vielleicht hatte das ja überhaupt nichts zu bedeuten.
Vielleicht hatte sie sich völlig unnötig Sorgen gemach.
Vielleicht würde es zwischen ihnen einfach so sein wie immer.
Sie trafen sich zur Abwechslung mal wieder an Marinettes Lieblingsplatz. Da sie etwas später kam, wartete Cat Noir bereits und als er ihre Schritte hinter sich hörte, drehte er sich mit einem überschwänglichen Lächeln zu ihr um.
»Da bist du ja!«, sagte er.
»Wie versprochen.«
Sie setzte sich neben ihn an die Dachkante. Währendessen griff er nach einer Tüte, die ein Stück neben ihm stand.
»Gut, dass du jetzt da bist. Ich hatte schon Angst, dass die Nudeln kalt sind, bis du kommst. Ich hoffe, du hast Lust auf Spaghetti carbonara?«
Er reichte ihr eine Schachtel und sie nickte lächelnd.
Während sie aßen, sah Marinette immer mal wieder zu ihm hinüber und suchte nach irgendeiner klaren Reaktion in ihrem Innern.
Doch das einzige, was sie deutlich wahrnahm, war ein Gefühl von Geborgenheit.
Die Anspannung, die sie vor dem Treffen geplagt hatte, war vollständig verschwunden. Sie genoss einfach nur Cat Noirs Gegenwart.
Die zwei Abende ohne ihn hatten sie regelrecht hungern lassen, nach seinem Blick.
Dieser Blick, der voller Freude, Sicherheit und absoluter Annahme war.
Nach dem Essen hatten sie beide Lust auf Bewegung und so jagten sie sich eine Weile gegenseitig über die Stadtdächer. Danach saßen sie an einen Schornstein gelehnt nebeneinander auf einem Flachdach, mit Blick auf den nächtlich beleuchteten Eiffelturm.
Mittlerweile war jegliche Zurückhaltung in Marinette verschwunden und sie hatte schon beinahe vergessen, was für komplizierte Gedanken sie sich noch am Nachmittag gemachte hatte.
Nach mehreren Minuten des Schweigen allerdings kam in ihr das Bedürfnis auf, mit ihm über ihre Überlegungen zu reden - zumindest über den Teil, bei dem das möglich war.
»Hast du dich schon mal gefragt, warum ausgerechnet wir beide von Meister Fu ausgewählt worden sind?«
Sie sah ihn fragend an und Cat Noir nickte.
»Darüber hab ich schon in der Anfangszeit nachgedacht und auch seitdem immer mal wieder.«
»Und? Hast du eine Antwort darauf gefunden?«
»Also bei mir selbst habe ich keine Ahnung, aber bei dir weiß ich ganz genau, warum.«
»Hey, Bescheidenheit steht dir nicht.«
Sie stieß ihn leicht in die Seite und grinste ihn an.
Er erwiderte das Grinsen, wurde aber schneller als sie wieder ernst.
»Ich habe es wirklich nicht verstanden, warum ich ausgewählt worden bin.«
»Irgendwie schwer vorstellbar. Ich erinnere mich noch an unsere erste Begegnung. Du hast schon von Anfang an gewirkt, als hättest du noch nie etwas anderes gemacht.«
»Was? Ich habe mich doch total dämlich angestellt.«
Marinette musste schon wieder grinsen.
»Stimmt, du hast am ersten Tag nicht unbedingt mit deinem brillanten Verstand geglänzt. Aber dafür warst du voller Selbstvertrauen und hast keine Sekunde an dir selbst gezweifelt.
Nur weil du so grenzenlos optimistisch warst, hatte ich den Mut, Ladybug zu sein.«
Nach ihrem letzten Satz sah Cat Noir sie mit einem so eindringlichen Lächeln an, dass sie verlegen den Blick senkte.
»Bei mir war es genauso.«, hörte sie ihn sagen. »Nur wegen dir bin ich Cat Noir geblieben; weil du von Anfang an so eine unglaubliche Partnerin warst.«
Jetzt wurde Marinette auch noch rot.
Sie war erleichtert, als er weitersprach.
»Das, was du bei unserem ersten Kampf an mir gesehen hast, war übrigens kein Selbstbewusstsein. Es war Begeisterung.
Zu diesem Zeitpunkt habe ich mir noch gar keine Gedanken über meine Eignung gemacht. Ich habe mich nicht gefragt, warum ich den Ring bekommen habe, ob ich der Richtige dafür bin oder was das für mein weiteres Leben bedeutet. Ich habe mich einfach nur über diese unglaubliche Freiheit gefreut.«
Da sich die Unterhaltung nun nicht mehr direkt um sie drehte, hob Marinette wieder den Kopf. Cat Noirs Blick war in die Ferne gerichtet und so hatte sie Gelegenheit, ihn in aller Ruhe zu mustern.
Es stand im Kontrast zu seinen positiven Worten, doch sie glaubte einen Anflug von Schwermut in seinen Zügen zu entdecken, der wohl aus den Erinnerungen kam, denen er gerade nachhing.
»Meister Fu hat uns die Miraculous gegeben, um damit Paris vor Hawk Moth zu retten.«, redete er weiter. »Aber für mich hat es sich eher angefühlt, als wäre ich dadurch gerettet worden.
Ich will mir gar nicht vorstellen, wo ich ohne mein Miraculous jetzt wäre. Bevor ich zu Cat Noir geworden bin, habe ich -«
»Cat.«, unterbrach sie ihn mit leiser Stimme und legte sacht ihre Hand auf seine. Er wandte sich zu ihr um und sie erwiderte voller Bedauern seinen Blick.
»Ich würde wirklich gern hören, wie dein Leben vorher aussah. Aber ich darf so etwas nicht wissen.«
Er nickte ganz leicht.
»Natürlich darfst du das nicht wissen. Tut mir leid. Ich war kurz abgelenkt.«
»Kein Problem.«
Sie lächelte ihn so sanft an, wie sie konnte.
»Ich ... ich bin auch froh, dass du ausgewählt wurdest.«, sagte sie schließlich.
Es hatte die Stille beenden und den Blick in Cat Noirs Augen damit erträglicher machen sollen. Doch nun zog sich sein Mundwinkel ganz leicht nach oben.
Es fühlte sich an, als würde er irgendetwas über sie wissen. Oder als würde er etwas in ihrem Blick sehen, das ihm gefiel.
Er machte keinerlei Anstalten, das Gespräch fortzusetzen.
Erst viel zu spät - als sie sich schon mehrere Sekunden tief in die Augen gesehen hatten - fiel Marinette ihre Hand auf, die noch immer auf seiner lag.
Abrupt schaute sie zur Seite und zog sie zurück.
»Hat es einen bestimmten Grund, warum du heute über all das nachdenkst?«
Cat Noir klang völlig gelassen - als wäre ihre Unterhaltung niemals abgebrochen.
»Ich habe mich gestern nur ein wenig mit Tikki über unsere Vorgänger unterhalten.«, antwortete sie ehrlich.
Sie redete sich ein, dass ihre Stimme genau so neutral klang, wie seine.
»Zweifelst du manchmal daran, dass du die richtige Wahl warst?«
Für Marinette kam diese Frage nicht völlig unerwartet. Trotzdem brauchte sie einige Sekunden, um eine gute Antwort darauf zu finden.
»Am Anfang habe ich auf jeden Fall daran gezweifelt. Sehr sogar. Ich habe gedacht, dass ich am Allerwenigsten dafür geeignet bin, eine Superheldin zu sein.
Nachdem unser erster Einsatz so unglaublich schiefgelaufen war, habe ich sogar meine Ohrringe abgenommen und wollte sie jemand anderem geben.«
»Ich bin unheimlich froh, dass du es nicht getan hast. Ich könnte mir keine bessere Ladybug als dich vorstellen.«
Diesmal ließ Marinette nicht zu, dass sein Kompliment sie wieder verlegen machte. Schnell redete sie weiter.
»Mittlerweile habe ich Vertrauen in meine Fähigkeiten. Allerdings kann ich es mir immer noch nicht erklären, wie Meister Fu das in mir sehen konnte. Mein anderes Ich hat so überhaupt nichts mit Ladybug gemein.«
Über ihren letzten Satz war Marinette regelrecht erschrocken. Sie hatte vorher nicht gewusst, dass sie ihn aussprechen würde.
Sie erwartete, dass Cat Noir nun überrascht nachfragen würde, doch stattdessen stimmte er ihr zu.
»Ja, ich weiß, was du meinst. Mir geht es da genau so. Wenn ich nicht Cat Noir bin, wirke ich auch nicht unbedingt wie der geborene Superheld.
Aber irgendetwas muss Meister Fu ja in uns beiden gesehen haben. Und er hatte anscheinend recht damit.«
Nun war es Marinette, die überrascht nachfragte.
»Du bist nicht immer so, wie als Cat Noir?«
»Warum überrascht dich das so? Du hast doch eben gesagt, dass es bei dir auch so ist.«
»Stimmt. Es passt nur irgendwie nicht zu meiner Vorstellung von dir. In meinem Kopf warst du ohne deinen Anzug, die Maske und deine Fähigkeiten trotzdem noch genau derselbe Mensch, nur eben in einem anderen Umfeld.«
Cat Noir legte den Kopf leicht schief und lächelte amüsiert.
»Aha, du hast dir also ein konkretes Bild von meinem unverwandelten Ich gemacht. Gut, zu wissen ...«
Sie widersprach ihm sofort.
»Wenn überhaupt habe ich mir nur die Mühe erspart, mir viele Gedanken darüber zu machen.
Über eventuelle Unterschiede zwischen dir und deinem unverwandelten Ich nachzudenken, ist mir gar nicht erst in den Sinn gekommen - dafür ist es viel zu irrelevant.«
»Du darfst ruhig zugeben, dass dich mein anderes Ich interessiert.«, erwiderte er grinsend. »Das ist keine Schande.«
Marinette reckte daraufhin den Kopf in die Höhe und setzte ein selbstbewusstes Lächeln auf.
»Ich denke nicht einmal halb so viel über dich nach, wie du dir gern einredest, Cat Noir!«
Er tat die einzige Sache, mit der er sie in dieser Situation verunsichern konnte: Er schwieg, lächelte geheimnisvoll und sah sie einfach nur an.
»Was schaust du so?«, fragte sie mit leicht schroffem Tonfall.
»Wenn ich dir das verrate, brichst du das Gespräch ab.«, antwortete er.
»Sag es!«
Sie war selbst überrascht über ihre eigene Entschiedenheit.
Als er antwortete, redete er langsam und sehr bedacht.
»Ich habe nur gerade über all die Dinge nachgedacht, die ich an dir mag. Und ich habe mir vorgestellt, welche bezaubernden Eigenschaften du hast, die ich noch gar nicht kenne.«
Cat Noir hatte recht behalten. Nun wollte sie tatsächlich das Gespräch abbrechen.
Aber irgendwie wollte sie es auch nicht. Sie war verwirrt.
»Was genau ... sind denn die Dinge, die du an mir magst?«
Ihre Stimme klang viel weniger entschieden, als erhofft; stattdessen leise und verunsichert.
»Soll ich es dir wirklich aufzählen?«
Obwohl sie wusste, dass es eine furchtbar schlechte Idee war, nickte sie.
Er begann zu reden und ließ sie dabei keine Sekunde aus den Augen.
»Du bist unheimlich clever. Du denkst nicht in Schubladen oder eingefahrenen Mustern. Du siehst Dinge, die kein anderer sieht, und hast Ideen, die kein anderer hat.
Du bist mutig. Regelrecht furchtlos. Wenn du gebraucht wirst, handelst du, ohne zu zögern.
Du denkst immer zuerst an andere und stellst dich selbst zurück. Du weißt, was du kannst, aber bist kein bisschen hochmütig oder eingebildet.
Du hast eine unheimliche Willensstärke. Wenn du dir einmal etwas vornimmst, tust du alles, um dein Ziel zu erreichen. Unbeirrbar.
Du bist loyal, aufrichtig und absolut vertrauenswürdig.
Du würdest niemals die falsche Seite wählen oder dich von Macht, Geld oder sonst etwas verführen lassen.
Du bist stark und selbstständig, aber trotzdem mitfühlend.
Soll ich noch weitermachen?«
Fragend sah er sie an und Marinette schüttelte stumm den Kopf.
Sie versuchte, die Traurigkeit zu verbergen, die mit jedem weiteren Wort von ihm in ihr aufgestiegen war. Doch Cat Noir bemerkte es sofort.
»Was ist los?«, fragte er und auf einen Schlag war da ein besorgter Unterton in seiner Stimme. »Habe ich irgendetwas Falsches gesagt?«
Wieder schüttelte sie den Kopf und sah dann zur Seite. Sie spürte, wie sich hinter ihren Augen ein Druck aufbaute.
»Hey, Ladybug ...«, diesmal war er es, der nach ihrer Hand griff.
Sie entzog sie ihm sofort wieder.
»Es tut mir leid! Ich ...«
»Schon ok.«, sagte sie hastig. »Du hast nichts falsch gemacht. Ich muss jetzt nur los.«
Sie wollte aufstehen, doch er hielt sie am Arm fest.
»Bitte, Ladybug. Sieh mich an!«
Sie wollte nicht, doch sein Griff zwang sie dazu, ihm wieder in die Augen zu sehen.
»Rede mit mir! Was ist los?«
»Nichts.«
Ihre Stimme klang gepresst. Obwohl die Tränen ihre Augen noch nicht verlassen hatten, waren sie ihr bereits anzuhören.
»Du hast versprochen, mit mir zu reden.«
»Aber nicht hierbei.«
Sie schüttelte seinen Griff ab und einen Moment später war sie schon in die Nacht verschwunden.
Auf ihrem gesamten Nachhauseweg hielt Marinette weiter die Tränen zurück, doch als sie endlich wieder in ihrem Zimmer angekommen war, schaffte es eine einzelne nach draußen und lief ihre Wange hinab.
Sie wischte sie grob mit ihrem Handballen ab und sagte dann: »Tikki, verwandle mich zurück.«
Ihr Kwami erschien und schwebte ein Stück vor ihrem Gesicht in der Luft. Marinette wandte den Blick ab und sank ein Stück in sich zusammen.
»Willst du darüber reden?«, fragte Tikki mit einfühlsamen Ton.
Marinette schüttelte den Kopf, doch dann warf sie Tikki einen kurzen Blick zu und schon kullerte die zweite Träne aus ihrem Auge.
Sie nahm Tikki in beide Hände und schmiegte sie an ihre Wange.
Ihr kleines Kwami spendete ihr nur zu gern Trost und kuschelte sich noch enger an sie.
»Was soll ich nur tun?«, fragte Marinette mit gebrochener Stimme.
»Sag mir, was los ist. Warum genau haben dich Cat Noirs Worte so verletzt?«
»Er ...«, Marinette hatte keine Ahnung, wie sie Tikki das erklären sollte.
Sie setzte ihr Kwami vor sich auf dem Bett ab, fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht und atmete tief durch.
»Ich bin so ein Idiot gewesen!«, brach es schließlich aus ihr hervor.
»Sag so etwas nicht über dich!«, meinte Tikki und sah sie halb mitfühlend, halb belehrend an.
»Nur weil du einen Fehler gemacht hast, bedeutet das nicht gleich, dass du ein Idiot bist.«
»Meinetwegen. Dann bin ich eben kein Idiot. Aber ich habe mich auf jeden Fall vollkommen idiotisch verhalten.«
»Und wobei genau?«
»Ich habe tatsächlich gedacht, dass Cat Noir mich kennt ... und mich ... mag.«
»Aber das tut er doch auch.«
Marinette schüttelte den Kopf.
»Nein, tut er nicht. Er mag Ladybug. Nicht mich.«
»Und wo genau liegt da der Unterschied?«, fragte Tikki weiter nach.
»Wie kannst du das nicht wissen? Du bist doch das einzige Wesen, das sowohl Ladybug als auch Marinette kennt. Die beiden sind doch völlig unterschiedlich.«
»Aber sie sind trotzdem beide du.«
Wieder schüttelte Marinette den Kopf.
»Diese ganzen Sachen, die er vorhin aufgezählt hat ... all die tollen Eigenschaften, wegen derer er mich mag ... Das bin nicht wirklich ich. Das ist Ladybug oder die Maske oder das Miraculous ... oder du.
Aber mit mir hat das nichts zu tun. Ich bin nicht dieser Mensch, den er kennt und liebt.«
»Wieso bist du dir so sicher, dass du und Ladybug verschiedene Personen seid?«
»Weil ich hier - in der echten Welt - nichts von all dem bin. Ich bin weder mutig noch selbstlos noch stark oder sonst etwas von Cat Noirs Liste.
Schau dir doch mal mein Leben an: Ich weiß für kein einziges meiner Probleme eine Lösung.
Ich habe meine beste Freundin von mir gestoßen, weil ich ihr nicht vergeben konnte.
Ich lüge meine Eltern jeden Tag an, über so ziemlich jedes Detail meines Lebens.
In der Schule gehe ich jeder Konfrontation aus dem Weg und verkrieche mich hier in meinem Zimmer.
Und ich war so viele Jahre lang Adrien verliebt, habe mich aber nie getraut, ihm das zu sagen.«
Marinette verstummte.
Ihre Gedanken ausgesprochen zu hören, war schmerzhafter als erwartet. Aber schon im nächsten Moment bekam sie das gar nicht mehr richtig mit, denn sie war über den letzten Satz gestolpert, der noch immer in der Luft hing.
»Ich war so viele Jahre lang in Adrien verliebt.«, hatte sie gesagt.
War.
Vergangenheitsform.
»Marinette, all das bedeutet doch nicht, dass du nicht auch Ladybug bist. Das Miraculous und die Maske machen dich nicht zu einem anderen Menschen. Sie haben dir nur dabei geholfen, die heldenhaften Eigenschaften zu aktivieren, die schon die ganze Zeit in dir waren.«
Marinette hatte Mühe, Tikkis Worten zu folgen.
Sobald sie sich wieder halbwegs auf das Gespräch konzentrieren konnte, fragte sie nach:
»Aber warum fühle ich mich dann so schwach und klein, sobald ich mich zurückverwandelt habe?«
»Weil du all deine Erfolge als Ladybug offenbar nicht dir selbst zuschreibst, sondern dem Miraculous. Du glaubst nicht, dass du dieser Mensch bist, also fühlst und verhältst du dich auch nicht wie dieser Mensch.«
Marinette schwieg und dachte darüber nach.
»Es tut mir leid, dass ich das nicht schon eher erkannt habe.«, redete Tikki schließlich weiter. »Es wäre meine Aufgabe als dein Kwami gewesen, das zu erkennen und dich dabei zu unterstützen.«
Mit einem kleinen Lächeln sah Marinette sie an.
»Du bist ein fantastisches Kwami, Tikki. Ich könnte mir kein besseres wünschen.«
Dann schwiegen sie beide eine Weile.
Es war Marinette, die schließlich das Gespräch fortsetzte.
»Wenn du recht hast ... wenn es tatsächlich beides Teile von mir sind ... was bedeutete das dann für meine Beziehung zu Cat Noir?
Ich dachte, er würde mich als einziger Mensch kennen und mich für das mögen, was ich bin. Aber offenbar kennt er nur den glanzvollen und heldenhaften Ladybug-Teil von mir.«
»Aber nur, weil du ihm den anderen Teil bisher kaum gezeigt hast.«, erwiderte Tikki.
»Bevor du wegen Adrien den Zusammenbruch hattest, hast du dich immer hinter deiner Maske versteckt und Cat Noir nicht einmal die Möglichkeit gegeben, auch den Rest von dir zu mögen.
Und als du dann unfreiwillig einen Blick auf dein Inneres freigegeben hast, hat er diese Chance sofort genutzt.
Er ist nicht davor zurückgeschreckt, sondern hat dich danach nur noch liebevoller angesehen.
Jedes Mal, wenn du seitdem etwas Persönliches über dich preisgegeben hast, ist er dir näher gekommen. Jeden noch so kleinen Teil von dir, den du ihm gezeigt hast, hat er wie einen unglaublichen Schatz behandelt.
Hast du etwa vergessen, wie einfühlsam und aufmerksam er mit jedem Wort und jeder Geste von dir umgegangen ist?
Wenn er nur den Ladybug-Teil an dir mögen würde, würde er sich nicht so viel Mühe dabei geben, noch mehr über dich zu erfahren.«
Tikkis Worte waren wie Balsam für Marinettes Seele. Alles in ihr lechzte regelrecht nach der Wahrheit hinter diesen Aussagen.
Was gab es Schöneres, als zu hören, dass man ganz und gar geliebt wurde?
Aber leider blieb ihr nicht die Zeit, um das Gefühl in seiner ganzen Fülle zu genießen.
Denn selbst wenn Tikki recht hatte und Cat Noir sie liebte - wenn er absolut jeden Teil von ihr liebte - gab es noch immer ein entscheidendes Problem: Eine Liebe zwischen Cat Noir und Ladybug durfte nicht sein.
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