3.) - Rei
Mit müden Augen lag ich halb auf dem Tisch und blickte in dem Raum herum. Meine Mitschüler saßen zu zweit oder in kleinen Gruppen zusammen, unterhielten sich aufgeregt und spähten hin und wieder mal zur Tür.
Heute, nur einen Tag nach der Prüfung, sollten wir in Dreier-Teams eingeteilt werden und auch einen Sensei als Teamleiter bekommen, weswegen nun alle angespannt auf die Ankunft unseres Lehrers warteten.
Auf einmal wurde mir die Sicht auf den Rest der Klasse von etwas grauem versperrt, welches sich direkt vor meinem Gesicht auf dem Tisch niedergelassen hatte.
"Weißt du, so wie du grade aussiehst, könntest du sogar Hayate Konkurrenz machen", bemerkte Shenzi amüsiert und musste kichern, als Hayate neben mir ein beleidigtes "Hey!" hören ließ.
"Pff, ich hab letzte Nacht kaum ein Auge zu gekriegt, aus Angst, dass ich mit dir in ein Team kommen könnte",erwiderte ich trocken und hob den Blick. Shenzi hob verdattert eine Augenbraue und zog dann gespielt eingeschnappt einen Schmollmund.
Doch bevor er etwas erwidern konnte schwang die Tür auf und sofort trat eine Totenstille ein, als alle Schüler gespannt die Blicke zum Sensei richteten. Dieser lächelte leicht bei dem Anblick unserer aufgeregten Gesichter und hielt ein Blatt Papier hoch.
"Da ihr mir vermutlich eh nicht zuhören würdet, so neugierig wie ihr guckt, werde ich keine großen Worte verlieren, sondern einfach gleich die Teameinteilungen vorlesen."
Während ich darauf wartete, dass mein Name fiel, betrachtete ich die anderen neuen Teams, wobei ich mich über so manche Zusammensetzungen schon wunderte.
Wie die wohl darauf kamen, jemanden wie Gai mit jemandem wie Ebisu in eine Gruppe zu stecken?
Shenzi war ein Stück zur Seite gerutscht, um mir nicht die Sicht zu versperren und selbst Hayate schaute aufmerksam nach vorne.
"...In Team acht finden sich folgende Personen zusammen: Ibiki Morino, Hayate Gekkō und Tokara", kam es in diesem Moment vom Sensei und ich sah Hayate Nervös schlucken, was ich ihm nicht verübeln konnte. Mit Ibiki in einem Team zu sein, würde bestimmt etwas... naja, interessant werden.
Doch dieser Gedanke verschwand sofort, als ich endlich meinen eigenen Namen hörte.
"Team neun wird bestehen aus Rei Kirogami, Shenzi Akume und Kabuki Chikaraki."
Gleichzeitig wandten Shenzi und ich den Kopf, starrten uns kurz mit großen Augen an, dann fingen wir an, zu grinsen wie die Doofen und gaben uns kichernd ein High-Five. Ich freute mich unheimlich darüber, mit meinem besten Freund in einer Gruppe arbeiten zu können, dass ich begann, kurz aufgeregt mit den Beinen zu wippen, bis mir wieder einfiel, dass der Sensei ja noch einen dritten Namen genannt hatte. Schnell sah ich mich um und entdeckte das Mädchen mit der aufwendig genähten Kleidung auf einem Platz in der ersten Reihe. Sie hatte sich ebenfalls zu uns umgewandt und als unsere Blicke sich begegneten, lächelte sie und nickte leicht. Ich erwiderte ihr Lächeln freudig, bevor ich mich wieder abwandte.
Zugegeben, ich wusste kaum etwas über Kabuki. Wir waren nie Freunde oder etwas der Gleichen gewesen, sie hatte immer einen netten aber etwas distanzierten Eindruck auf mich gemacht, doch mehr als eine normale Klassenkameradin war sie für mich nie gewesen. Allerdings hatte ich das Gefühl, als ob wir gut miteinander klar kommen würden, sobald wir uns erstmal besser kannten.
Bald schon waren alle Schüler zugeteilt und bei dem Stimmengewirr, welches nun herrschte, ging der Abschied unseres Senseis ein wenig unter.
"Ich bitte euch, hier in der Klasse auf eure neuen Teamleiter zu warten. Sie werden bald kommen, um euch abzuholen."
Er beobachtete uns noch einen Moment und als er merkte, dass kaum jemand ihm zuhörte, erschien ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen und er wandte sich mit einem kurzen Kopfschütteln zum Gehen.
"Was meinst du", fragte Shenzi mich sofort, nachdem er aus dem Raum war, "wird unser Sensei ein Mann oder eine Frau?"
Grinsend hob ich eine Augenbraue.
"Willst du etwa wetten?"
Er lachte kurz auf, wank dann aber ab.
"Nee, was Glücksspiele angeht, hab ich zwei linke Hände."
Nur kurze Zeit später öffnete sich die Tür erneut und alle wandten gespannt die Köpfe. Das erste Team verließ nun die Klasse und mit der Zeit verringerte sich die Anzahl der wartenden Schüler.
Als vielleicht grade mal die Hälfte der Kinder noch auf ihren Plätzen saß, betrat erneut eine Person das Zimmer und mir fielen fast die Augen aus dem Kopf.
"Hey, Rei, ist das nicht-"
Aber noch bevor Shenzi seinen Satz beenden konnte, war ich aufgesprungen und zu der jungen Frau gelaufen, die mich bereits mit einem breiten Grinsen erwartete.
"Yaozu! Was machst du denn hier?", fragte ich völlig verdattert und sie stemmte mit triumphierendem Blick die Hände in die Hüften.
"Unglaublich aber wahr, ich werde dieses Jahr auch ein Genin Team übernehmen. Auf persönliche Bitte des Hokages hin, nur so nebenbei", erklärte sie stolz und ich musste schmunzeln.
Nur allzu gut konnte ich mir vorstellen, wie meine Schwester versuchte, mit einer Bande aufgeregter Teenager fertig zu werden.
"Das ist ja großartig! Aber du wirst doch hoffentlich nicht mein Sensei werden, oder?"
"Ach Quatsch", erwiderte sie kichernd und strich mir kurz mit der Hand über den Kopf, "das würde ich dir doch nie antun. Aber ich muss dann jetzt auch los. Wir sehen uns zuhause, Rei-chan!"
Ich nickte und begab mich zurück zu meinem Platz, während Yaozu sich mit ihren neuen Schülern bekannt machte und schließlich mit ihnen die Klasse verließ.
"Und Hokage-sama will so jemandem wirklich die Verantwortung für Jüngere überlassen?", fragte Shenzi mich neckend, doch ich boxte ihm bloß gegen die Schulter, bevor ich mich wieder hinsetzte. Doch schon in diesem Moment öffnete die Tür sich erneut.
Ein junger Mann steckte den Kopf herein und schaute sich aus zusammengekniffenen Augen um, bevor er langsam durch die Tür schritt, als würde er sich nicht wohl dabei fühlen, in dieser Klasse zu sein. Einen Moment lang stand er bloß schweigend da und wirkte dabei ziemlich verloren, bevor er einen zerknüllten Zettel aus seiner Jacke kramte und wohl versuchte, zu entziffern, was darauf stand.
"Ähh... also, ich soll hier ein Genin-Team abholen... Shenzi Akume, Rei Kirogami und ähm... Kabuki Chikaraki? Stimmt das so?"
Als mein Name fiel, erhob ich mich augenblicklich von meinem Stuhl und auch Shenzi rutschte von dem Tisch herunter. Der Mann betrachtete uns eindringlich, dann steckte er mit einem Seuzfen den Zettel weg und wandte sich zum Gehen.
"Alles klar, na dann... kommt ihr mit oder nicht?", fragte er nach, als wir uns nicht rührten.
"Ä-Ähm, doch, klar!", antwortete ich schnell und eilte mit Shenzi auf den Fersen nach vorn, wo Kabuki sich ebenfalls grade auf den Weg zur Tür machte.
"Guten Tag", hörte ich sie an unseren neuen Sensei gerichtet sagen, während sie sich leicht verneigte, "mein Name ist Kabuki Chikaraki, es freut mich-"
"Jaja, spar dir das für später auf, ich will erstmal aus diesem stickigen Raum verschwinden", unterbrach er sie mit einer wegwerfenden Handbewegung und rümpfte leicht die Nase, bevor er sich umdrehte und mit den Händen in den Taschen aus der Klasse flüchtete.
Etwas verdattert blickten wir ihm hinterher, bis mir klar wurde, dass wir wohl besser mit ihm gehen sollten. Kabuki wirkte etwas verstört, dass er ihre höfliche Begrüßung ignoriert hatte und so musste Shenzi sie fast schon aus dem Raum schieben, damit sie mit uns kam.
Schweigend folgten wir dem Sensei, welcher im Flur auf uns gewartet hatte nach draußen, durch die Straßen bis zum Trainingsgelände, wo er sich schließlich auf einem umgefallen Baumstamm, der am Rand einer kleinen Wiese lag, niederließ und uns mit verschränkten Armen auffordernd musterte. Wir blieben unsicher stehen und warfen uns gegenseitig verwirrte Blicke zu.
"Was ist?", fragte er mit spöttisch hochgezogenen Augenbrauen, "steht ihr gerne in der Gegend rum oder habt ihr Angst vor den Ameisen?"
Er begann zu lachen, als wir uns eilig im Gras niederließen.
"Herrgott, was ist denn mit euch los? Seit wann sind Kinder in eurem Alter denn so schrecklich nett und folgsam? Sagt doch mal irgendwas... oder habt ihr Angst vor mir?"
Während er die letzen Worte aussprach, verzogen sich seine Lippen zu einem bösartigen Grinsen und ich musste schlucken. Ganz so hatte ich mir meinen ersten Tag als Genin nicht vorgestellt.
"Also gut, dann fang ich halt mal mit vorstellen an... mein Name lautet Furoku Shuya und es sieht so aus, als wärt ihr ab heute meine süßen Untergebenen. Mein Alter geht euch nichts an, Hobbys hab ich nicht wirklich welche und mein einziger Wunsch für die Zukunft ist eigentlich, nicht allzu früh zu sterben und ne nette Frau zu finden. Noch Fragen?"
Nach kurzem Zögern hob ich ein die Hand.
"Ähm... dürfte ich fragen, was mit ihrem rechten Arm passiert ist?" Furoku-sensei blinzelte mich fragend an, dann sah er runter zu seinem Arm, als hätte er vergessen, dass dieser von der Schulter bis zu den Fingerspitzen in Bandagen gewickelt war. Doch als er sich wieder mir zuwandte schenkte er mir nur ein breites und irgendwie gruseliges Grinsen, blickte zu Shenzi und ließ mich komplett verdattert zurück.
"Du bist dran."
"Ah, j-ja! Also, ich bin Shenzi Akume und dreizehn Jahre alt, meine Hobbys sind, ähm... naja, ich treffe mich gern mit Freunden, trainiere mit ihnen, aber auch viel allein, außerdem schaue ich mir gerne alte Waffen in Antiquariaten an..."
Der letzte Punkt schien ihm wohl etwas peinlich zu sein, denn er kratzte sich kurz an der Wange und betrachtete den Boden. Bei dem Anblick konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen.
"Hey, du! Guck nicht so komisch, du bist dran."
Die harsche Stimme des Senseis ließ mich aufschrecken, dann nickte ich schnell.
"Ähm, ja, entschuldigung... mein Name ist Rei Kirogami und ich bin ebenfalls dreizehn Jahre alt, trainiere häufig mit meiner Schwester, gehe gerne Eis essen und lese hin und wieder Bücher von meiner Mutter über Medizin, weil ich später gern ein Iryo-Nin werden würde."
"Ein Iryo-Nin?", wiederholte Fukuro und ich nickte schnell.
"Interessant", merkte er an und ich meinte, für einen kurzen Moment ein Schmunzeln auf seinem Gesicht zu erkennen, bevor er sich Kabuki zuwandte.
"Es freut mich, eure Bekannschaft zu machen, ich bin Kabuki und stamme aus dem Clan der Chikaraki. Wie auch die anderen bin ich dreizehn Jahre alt, meine freie Zeit verbringe ich mit dem Studieren der Geschichte meiner Ahnen und mein Zukunftswunsch besteht darin, die Ehre meines Clans zu erhalten, ihn weiterzuführen und seine Lehren an die künftige Generation weiterzugeben."
Als Kabuki ihre Ansprache beendete, blinzelte sie unsicher in die Runde, woraus ich schloss, dass ich nicht die einzige war, die sie ziemlich verblüfft anstarrte.
"Das ist ja... eine sehr ausführliche Lebensplanung", bemerkte Fukuro schließlich trocken, dann stemmte er sich mit einem Seufzen hoch, verschränkte die Arme vor der Brust und sah mit funkelndem Blick auf und herunter.
"Also gut, ich will gar nicht lange um den heißen Brei herumreden. Morgen Mittag werden wir hier eine kleine erste Prüfung abhalten, bei der ich mir ein eigenes Bild über euer Können und eure individuellen Stärken verschaffen möchte. Was wir machen werden, sag ich euch natürlich noch nicht. Um es kurz zu machen, wenn ihr zu schlecht abschneidet, werdet ihr zurück auf die Akademie geschickt, nur dass ihr es wisst."
Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich verstand, was er da grade so nebenbei mal erwähnt hatte.
"WAS?!", riefen Shenzi und ich fast gleichzeitig und sprangen auf, während Kabuki erschrocken aufkeuchte.
"Zurück auf die Akademie? Warum das denn? Wir haben uns so angestrengt! Was soll das denn jetzt bitte?", keifte Shenzi und Furoku, der die Szene bisher belustigt beobachtet hatte, schien auf einmal todernst zu werden.
"Dachtet ihr wirklich, es würde so leicht sein, Ninja zu werden?"
Seine Stimme klang auf einmal so düster und in seinen Augen lag etwas so bedrohliches, dass es mich schaudern ließ.
"Hört zu, ein wahrer Shinobi zu sein ist ganz sicher nicht leicht, also warum sollte es leicht sein, einer zu werden? Damit ihr unerfahrenen Gören schon bei eurem ersten Kampf den Schwanz einzieht oder am besten gleich getötet werdet? In Kriegszeiten kann auf niemanden Rücksicht genommen werden, schon gar nicht auf naive Kleinkinder. Seid dankbar, dass ihr wenigstens eine vernünftige Ausbildung bekommt und es hier nicht so läuft wie in einigen anderen Dörfern. Also, morgen Mittag wieder hier und kommt nicht zu spät. Verstanden?"
Ohne auf eine Antwort zu warten, wirbelte Fukuro herum und trottete mit den Händen in den Hosentaschen davon. Wie angewurzelt standen wir da, während uns zum ersten Mal wirklich bewusst wure, was von jetzt an auf uns zukommen würde, vorrausgesetzt, wir schafften es durch die morgige Prüfung.
Ich schluckte schwer, während mir das Herz bis zum Hals schlug, Kabuki hatte mit geschlossenen Augen den Kopf gesenkt und selbst Shenzi hatte eingeschüchtert den Kopf eingezogen.
Und zum ersten Mal, seit ich meine Ausbildung angefangen hatte, beschlich mich ein Anflug von Angst vor dem, was ich noch alles in meinem Leben sehen und erleben würde.
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