2.) - Shimo
Schweigend stand ich da, am Rande einer kleinen Lichtung und lauschte mit gesenktem Kopf dem leisen Säuseln des Windes. Regungslos wartete ich, an einen breiten Baumstamm gelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt.
Weitere Minuten vergingen und der Wind flaute langsam ab.
"Oh, hey! Da bist du ja."
Ich öffnete die Augen, als eine mir wohlbekannte Stimme die Stille unterbrach. Ein junger Mann kam über die Wiese auf mich zu, wobei er sich mit zusammengekniffenen Augen umsah.
"Du bist spät dran", bemerkte ich knapp, löste mich von dem Baum und beobachtete mit gerunzelter Stirn, wie er vor mir zum Stehen kam und mich dann verlegen angrinste.
"Jaja, ich weiß, entschuldige. Musste mich noch um was wichtiges kümmern."
Ich zog fragend eine Augenbraue hoch, aber er wandte sich um und ließ seinen Blick kurz zu dem reglosen Körper schweifen.
"Und? Hast du irgendwas herausfinden können?"
Einen Moment lang betrachtete ich ihn noch aus skeptischen Augen, dann seufzte ich leise und schüttelte den Kopf.
"Nein, nichts."
"Hmm, schade...", murmelte er, sah mich wieder an und begann mit ein paar Haarsträhnen zu spielen, die an der Seite meines Gesichts herunterhingen, wobei er abwesend auf seine Finger starrte.
Ich schnalzte missbilligend mit der Zunge und schob seine Hand weg.
"Lass das."
Er blinzelte überrascht, doch dann schenkte er mir ein breites Lächeln.
"Entschuldige. Es ist bloß... naja, nicht so wichtig."
"Können wir dann jetzt wieder?", fragte ich mit einem ungeduldigen Unterton und wandte mich ab, als er nickte.
Eine Weile lang trotteten wir schweigend nebeneinander her, bis der Himmel langsam anfing sich zu verdunkeln.
"Kitsui?"
"Mhm?"
"Wir sollten uns einen Unterschlupf für die Nacht suchen."
"Ist gut", meinte er bloß und schob seine Hände erneut in die Hosentaschen.
Schon nach Kurzem begann der Wald sich zu lichten und zwischen dem Gebüsch erkannte ich bereits das schwache Licht, welches zwischen den Bäumen am Waldrand hindurchschien.
Doch grade als wir die Grenze passierten, zuckte ein scharfer Schmerz durch meinen Kopf und ich schlug mir mit einem leisen Keuchen die Hand an die Schläfe.
"Shimo?"
Augenblicklich war Kitsui an meiner Seite und hielt mich fest, seine Augen blickten ruhig und durchdringend in meine.
"M-Messer...", murmelte ich bloß leise und ohne zu Zögern griff er in meine Waffentasche und holte eines meiner Kunais heraus, um es mir zu reichen. Ich nahm es entgegen und wankte zum nächstgelegenen Baum, um mich daran abzustützen. Dann schloss ich vorsichtig mein rechtes Auge und konzentrierte mich. Wie von selbst begann meine Hand, etwas in die raue Rinde des Stammes zu ritzen, ohne dass ich wusste oder sehen konnte, was es war. Meine Finger bewegten sich ohne mein Zutun und selbst wenn ich es gewollt hätte, hätte ich keine Kontrolle darüber haben können, was ich zeichnete oder schrieb.
Schon nach wenigen Sekunden ließ ich den Arm wieder sinken und öffnete langsam mein Auge. Kitsui, welcher in einigen Abstand schweigend gewartet hatte, kam nun zu mir rüber und stellte sich neben mich, sodass der Ärmel seiner Jacke meine Schulter streifte. Gemeinsam betrachteten wir kurz das, was vor uns an dem Baum zu erkennen war.
"Ein Strudel?", bemerkte er schließlich etwas verdattert und warf mir einen fragenden Blick zu.
"Was hat das denn nun wieder zu bedeuten?"
"Keine Ahnung... merkwürdig", erwiderte ich leise, ohne mein Blick von dem krakeligen Zeichen abzuwenden. Normalerweise wusste ich, was die Dinge in meinen Visionen zu bedeuten hatten, jedenfalls in den meisten Fällen, aber aus einem einfachen Strudel könnte ich mir nun nicht wirklich etwas erschließen.
Kitsui seufzte leise, dann kramte er kurz in seiner Tasche, um einen Notizblock und einen Stift herauszuholen, womit er das Zeichen schnell abmalte. Das tat er jedes Mal, nur zur Sicherheit, wobei es meistens eher unnötig war, da sich die Sachen fast immer leicht merken ließen.
"Also", begann er wieder, nachdem er fertig war und bedachte mich mit einem verschmitzten Lächeln, "wohin geht's als nächstes?"
Ich wandte unwillig den Blick vom Baumstamm ab und spähte zwischen den letzten Bäumen hindurch zu dem breiten Feldweg, der dort begann.
"Ich weiß nicht... Konoha können wir ausschließen, Kumo jetzt auch... Suna, denke ich. Vielleicht können wir da mehr herausfinden."
"Verstanden. Ich werde dir überall hin folgen", flötete Kitsui mit säuselnder Stimme und lehnte sich zu mir, woraufhin ich einen Schritt zurückwich und dann die Augen rollte. Er schmunzelte bloß und zwinkerte mir zu.
"Trotzdem", fuhr ich ungerührt fort und zog schnell ein paar Schnitte Kreuz und quer über das Zeichen im Holz, "müssen wir zuerst einmal einen Ort zum Schlafen finden."
Mit diesen Worten wandte ich mich um und schritt in Richtung des Weges davon, ohne darauf zu achten, ob Kitsui mir folgte oder nicht, doch konnte ich an dem gedämpften Geräusch seiner Schritte erkennen, dass er stets dicht hinter mir blieb.
So scherzhaft seine Worte auch geklungen hatten, wusste ich doch genau, dass sie ernst gemeint waren.
-
"...und einen schönen Tag wünsche ich Ihnen noch!", verabschiedete sich die ältere Frau hinter dem Tresen mit einem freundlichen Lächeln und doch bemerkte ich, wie ihr Blick unsicher wurde, als er flüchtig zu meinem linken Auge schweifte. Schnell schob ich ein paar Haarsträhnen davor, senkte den Kopf und griff nach meiner Tasche.
"Danke, gleichfalls", murmelte ich noch leise, bevor ich mich wegdrehte und eilig den Raum verließ.
Als ich aus der Tür des kleinen Gasthauses trat, wurde ich von den ersten schwachen Strahlen der grade erst aufgehenden Sonne und einem laut gähnenden Kitsui begrüßt.
"Oh, guten Morgen", rief er mir zu, als er mich auf sich zukommen sah und schwang sich von dem alten braunen Geländer, auf dem er gesessen hatte. Etwas verwundert blinzelte ich ihn an.
"Das ist ja ungewöhnlich, dass du mal vor mir fertig bist", bemerkte ich dann trocken und Kitsui lachte leise.
Doch ich konnte sehen, dass seine Haare unordentlich in verschiedene Richtungen abstanden und auch seine Jacke nicht ganz richtig saß, woraus ich schloss, dass er sich wohl ausnahmsweise mal bewusst beeilt hatte.
"Und?", fragte er und schmunzelte, als hätte er meinen prüfenden Blick bemerkt, "Können wir los?"
Ich nickte und sah mich kurz um.
"Wo müssen wir lang?"
"Es gibt verschiedene Wege, aber für uns wäre es wohl am besten, wenn wir mit dem Schiff vom Blitzreich rüber zum Erdreich fahren und von dort aus weiter ins Windreich nach Sunagakure wandern. Das wird allerdings eine ganz schön lange Reise, willst du das trotzdem?"
"Natürlich", erwiderte ich knapp.
"Alles klar", meinte Kitsui bloß und deutete nebenbei auf den Weg, der sich hinter ihm erstreckte, "dann müssen wir erstmal zur Nord-West-Grenze des Blitzreiches."
Für einen kurzen Moment fixierte der undeutbare Blick seiner Augen mich, dann drehte er sich um und begann, die nicht gepflasterte Straße, welche sich zwischen den wenigen Häusern hindurchwandt, in langsamen Tempo hinaufzuschlurfen, während ich knapp hinter ihm lief.
"Sag mal", erhob er nach wenigen Minuten erneut die Stimme, "ist dir doch noch irgendwas zu diesem Strudel eingefallen?"
Ich schüttelte den Kopf und obwohl er mich nicht ansah, wusste ich, dass er verstanden hatte.
"Wie lange dauert es bis zur Küste an der Nord-West-Grenze?", fragte ich im Gegenzug.
Kitsui verschränkte die Arme hinter dem Kopf und ließ sich ein wenig zurückfallen, um neben mir her zu trotten.
"Nicht lange. Wir sind quasi zufällig schon in die richtige Richtung aufgebrochen, als wir Kumo verlassen haben. Ein paar Stunden, mehr nicht."
"Ah, achso", erwiderte ich abwesend, während meine Gedanken bereits abschweiften. Irgendwie freute ich mich darauf, Sunagakure zu sehen.
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