10.) - Shimo
Das leise Knistern des Feuers erfüllte die Nachtluft.
Ich hatte die Beine herangezogen, die Arme um sie geschlungen und starrte mit abwesenden Blick in die zischelnden Flammen. Trotz der brennenden Äste zog sich eine Gänsehaut über meine Arme und ich fröstelte.
Nuke-Nin...
Mit einem zittrigen Atemzug hob ich die Schultern und senkte den Kopf.
Ich war jetzt also ein Nuke-Nin.
Eine Kriminelle, eine Abtrünnige, eine Verräterin. Jemand, den andere hassten, jagen oder vielleicht sogar töten würden.
Dieser Gedanke fraß ein Loch meinen Kopf und ließ mich nicht los.
Erinnerungen an ein Gespräch, welches Lichtjahre zurück zu liegen schien, erschienen auf einmal in meinem Gedächtnis und ich riss die Augen auf, bevor ich mein Gesicht zwischen den Armen vergrub.
"Bin ich jetzt zu genau solch einer Person geworden, die wir früher selbst so verachtet haben?"
Meine Stimme war so leise, dass selbst ich sie kaum hören konnte, doch die Worte schmerzten in meiner Kehle, als würde ich Rasierklingen schlucken.
"Kannst du nicht schlafen?"
Erschrocken zuckte ich zusammen und hob den Kopf.
Kitsui, welcher auf der anderen Seite des Feuers an einen Baumstamm angelehnt saß, beobachtete mich mit schief gelegtem Kopf, sein Gesicht war im Schatten verborgen.
"Hab gedacht, ich sollte lieber Wache halten", murmelte ich nach kurzem Zögern zurück und wandte den Blick ab.
"Achso."
Schweigend saßen wir da und starrten gedankenverloren in die Flammen.
Als ein plötzlich aufkommender kalter Windstoß durch meine Klamotten drang, krümmte ich mich zitternd zusammen. Vielleicht hätte ich mich mal um wärmere Kleidung kümmern sollen.
Meine Augenlider begannen so langsam, schwerer zu werden und ich blinzelte schläfrig. Doch durch die Kälte war mein Körper angespannt und ich versuchte krampfhaft mich zu entspannen, was ja schon an dem Widerspruch an sich scheitert.
Überrascht fuhr ich zusammen, als ich auf einmal etwas warmes an meinem Rücken spürte.
"Was-"
"Shh", murmelte Kitsui ruhig, während er mir seine Jacke um die Schultern legte, "was bringt es denn, wenn du dich hier zu Tode frierst?"
Ich öffnete den Mund um zu protestieren, brachte jedoch kein Wort heraus, als er sanft von hinten seine Arme um meinen Körper schlang.
Mein Herz fühlte sich an, als könnte es jeden Moment panisch aus meiner Brust springen, doch meine Hände hatten bereits aufgehört zu zittern.
Die Wärme, die langsam aber stetig in meine Glieder zurückkehrte, entspannte mich ungemein und die leuchtende Farbe des Feuers verschwamm allmählich vor meinen Augen.
"Ich pass auf dich auf", hörte ich noch leise, bevor ich endgültig einschlief.
-
"Karin Uzumaki ist eine der letzten bekannten Überlebenden des Uzumaki-Clans", erzählte Kitsui, als wir am nächsten Tag nebeneinander auf einem schmalen Waldweg wanderten, nachdem wir endlich diese schier endlose Wüste hinter uns gelassen hatten.
"Man nimmt an, dass sie als Kind mit ihrer Familie in Kusagakure gelebt hat, bevor sie von dort verschwunden ist. Heute müsste sie so ungefähr sechzehn Jahre alt sein..."
Er stockte und ich warf ihm einen fragenden Blick zu.
"Stimmt etwas nicht?"
Kitsui sah mich unsicher an, bevor er wieder nach vorne auf den Weg blickte.
"Die Sache ist... sie scheint wohl zu den Gefolgsleuten von Orochimaru zu gehören."
Diesen Namen zu hören ließ mich schaudern, doch ich versuche, mich zusammenzureißen.
"Das... das ist gut. Das erhöht die Chancen auf eine vernünftige Antwort... denke ich", antwortete ich und nickte dabei.
"Naja, auf jeden Fall besitzt sie eine seltene Fähigkeit, die es ihr erlaubt, Chakra zu sehen und es auch über eine gewisse Distanz hinweg aufzuspüren, so wie auch präzise Details über den Chakraträger zu bestimmen. Kagura Shingan hieß das, glaub ich."
"Kagura Shingan...", wiederholte ich leise und starrte abwesend auf den Weg vor meinen Füßen, während meine Hand aus einem Reflex heraus zu meinem linken Auge wanderte.
"Und weißt du... wo wir sie finden können?"
"Wen, Karin? Ich denke mal, sie ist in irgendeinem Versteck dieser Drecksschlange... zuletzt war sie im südlichen Gefägnis stationiert, glaub ich."
"Das südliche? Wo liegt das denn?"
"Der genaue Standort ist wohl niemanden außer denen, die dort sind bekannt, aber es wird vermutet, dass es auf einer kleinen Insel irgendwo vor der Küste des Wellenreiches liegt", erklärte Kitsui und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
"Dahin", fügte er hinzu, noch bevor ich etwas fragen könnte, "ist es von hier aus nicht wirklich weit. Wir müssen nur aus dem Windreich rauskommen, ein bißchen durch's Flussreich spazieren und dann sind wir quasi schon da."
Ich konnte nicht leugnen, dass mich das ganz schön erleichtere. Mittlerweile machte mich das tagelange Reisen und Herumwandern verrückt.
"Shimo?"
"Hm?"
"Wie wär's, wenn wir eine kleine Pause einlegen bevor wir die Grenze passieren?"
Überrascht blinzelte ich Kitsui an, aber er schenkte mir nur ein breites Lächeln.
"Aber wir sind doch noch gar nicht lange unterwegs..."
"Stimmt schon", meinte er und legte den Kopf in den Nacken, "aber ich möchte gerne etwas ausprobieren."
"Ausprobieren?", wiederholte ich und kniff misstrauisch die Augen zusammen, "aus deinem Mund hört sich das nicht grade nach etwas Gutem an."
Kitsui lachte leise auf, aber als er mich ansah, schien ein Schatten auf seinem Gesicht zu liegen.
"Ahh, wie fies von dir, Shimo... ich dachte, wir wären mittlerweile bessere Freunde geworden. Na schön, ist auch egal, aber lass uns trotzdem eine Weile Pause machen, ja?"
Nach kurzem Zögern nickte ich.
Er hatte Recht, nach allem, was er schon für mich getan hatte, sollte ich wirklich mal anfangen, Kitsui etwas mehr zu vertrauen.
"Wenn du drauf bestehst..."
"Schön", meinte Kitsui, klatschte einmal in die Hände und schien auf einmal wieder total gut drauf zu sein. Fragend hob ich eine Augenbraue, hielt jedoch meinen Mund.
"Wollen wir uns dann mal in den Wald schlagen und nach einem hübschen Plätzchen suchen?", fragte Kitsui und bog mach rechts zwischen die Bäume ab, ohne überhaupt auf eine Antwort von mir zu warten. Seufzend beschleunigte ich meine Schritte, um ihn wieder einzuholen und trottete ihm dann schweigend durch das Unterholz hinterher.
"Ah, das ist doch perfekt, meinst du nicht?"
Ich hob den Kopf, als Kitsui nach einer Weile plötzlich stehen blieb und ich beinahe in ihn hineinlief.
Mit schief gelegtem Kopf schielte ich an ihm vorbei und erkannte eine relativ weite, sonnenbeschienen Lichtung.
"Uhm, ist das nicht ein bißchen... groß?", wollte ich mit zweifelnder Stimme wissen. Normalerweise suchten wir uns eher unauffällige Plätze zwischen Brombeerbüschen oder ähnlichem, an denen wir vor neugierigen Blicken einigermaßen geschützt waren.
"Nee nee, das ist perfekt", erwiderte Kitsui grinsend und erinnerte entfernt an ein übergroßes Kind an Weihnachten.
"Okay, jetzt mal ehrlich; was zum Teufel hast du vor?", hakte ich erneut nach und verschränkte genervt die Arme vor der Brust.
"Wirst du gleich sehen. Komm!"
Mit diesen Worten stapfte er auf die offene Wiese hinaus und ich folgte ihm unwillig. Kitsui holte mit einer schwungvollen Bewegung den Rucksack von seinem Rücken, den er immer mit sich trug, hängte ihn an einem niedrigen Ast auf und bedeutete mir, das selbe zu tun. Mit gerunzelter Stirn befolgte ich seine Anweisung und funkelte ihn dann böse an, woraufhin er bloß lachte.
"Ist ja gut, ist ja gut. Also", er trat einige Schritte zurück und krempelte seine Ärmel hoch, während er mich mit seinem intensiven Blick fixierte, "kann's losgehen?"
"Losgehen? Was denn, verdammt nochmal?", keifte ich zurück, mittlerweile ernsthaft angenervt von seinem albernen Verhalten.
"Training!"
Ich war mir ziemlich sicher, noch nie irgendwo so vorfreudig funkelnde Augen gesehen zu haben, wie bei diesem Wort, während sich die Begeisterung bei mir eher in Grenzen hielt.
"Training?", fragte ich verdattert und trat unruhig auf der Stelle hin und her, konnte ich mir doch relativ gut vorstellen, was er meinte.
"Na, Kampftrainimg. Nichts schweres, nur ein bißchen Selbstverteidigung und sowas."
"A-Aber...", ich schluckte und wandte den Blick ab, "du weißt doch, dass ich nicht kämpf-"
"Shimo", mit einem Mal war seine Stimme wieder todernst und er blinzelte mich bittend an, "wir sind jetzt Nuke-Nin. Ist dir klar, was das bedeutet? Ich weiß, dass das schwierig für dich ist und du weißt, dass ich deshalb immer so gut es geht für dich da sein werde, aber es wird Situationen geben, in denen mir das nicht möglich sein wird. Du musst lernen, dich selbst zu verteidigen, verstehst du?"
Fieberhaft nach einer Ausrede suchend, öffnete ich den Mund und klappte ihn wieder zu, wohl wissend, dass er Recht hatte und es nur gut meinte, auch wenn mein Herz vor Aufregung heftig pochte, wenn ich nur an's Kämpfen dachte.
"Nagut", willigte ich schließlich seufzend ein und atmete einmal tief durch, um mich zu beruhigen.
Kitsui lächelte und ich meinte, ein wenig Erleichterung auf seinem Gesicht zu erkennen.
"Alles klar, dann machen wir's einfach erstmal so: greif mich an. Ohne Waffen", fügte er schmunzelnd hinzu, als ich nach einem Kunai in meiner Waffentasche griff. Zuerst wollte ich protestieren, aber da es vermutlich eh nichts bringen würde, ließ ich es gleich. Was sowas anging, konnte Kituis Dickköpfigkeit ganz schön ätzend sein.
Also legte ich die Tasche beiseite, damit sie mich nicht behinderte und blickte wieder zu Kitsui.
"Na los", grinste er und hob die Arme ein wenig, sodass er in einer erwartungsvollen Abwehrposition stand. Unsicher machte ich ein paar Schritte auf ihn zu, nur um dann wieder stehen zu bleiben und nervös die Arme vor der Brust zu verschränken.
"Was ist denn? Komm schon!"
Seine Stimme klang etwas genervt und ich warf ihm einen wütenden Blick zu.
"Du sagst das so leicht! Ich... ich weiß ja nicht mal, wie ich anfangen soll!"
"Shimo", ich sah auf und blinzelte überrascht in Kitsuis lächelndes Gesicht, "du vertraust mir doch, oder? Ich bin mir sicher, dass du es könntest, wenn du dir selbst einfach mehr zutrauen würdest. Und deswegen bin ich ja hier. Ich zeig dir, wie du deine Kraft richtig einsetzen kannst, also los, versuch es einfach. Ich weiß, dass du es kannst und das weißt du selber sicherlich auch."
Überrascht starrte ich ihn an. Das waren mit Abstand die ehrlichsten und warmherzigsten Worte, die ich jemals von Kitsui gehört hatte und für einen Moment fragte ich mich ernsthaft, ob er vielleicht Fieber hatte, aber der Ausdruck auf seinem Gesicht war ziemlich eindeutig.
"Also gut", stöhnte ich schließlich, konnte ein Schmunzeln dabei jedoch nicht unterdrücken.
Zuerst waren es zaghafte Schritte, dann wurde ich schneller und schneller, bis ich schließlich das kurze Stück zwischen uns im Höchsttempo überwand. Mein Herz schlug mir vor Aufregung bis zum Hals, als ich mich vom Boden abdrückte und versuchte, mit einem kräftigen Schlag Kitsuis Gesicht zu treffen. Kurz bevor meine Finger auf seine Nase trafen, riss er den Kopf zur Seite, sodass ich ins Leere schlug, doch instinktiv senkte ich noch im Sprung die Arme, stützte mich für den Bruchteil einer Sekunde auf seiner Schulter ab und holte mit dem Bein aus, um diesmal mit dem Fuß auf sein Gesicht zu zielen. Doch sofort hatte Kitsui meinen Unterschenkel fest gepackt und noch bevor ich überhaupt versuchen konnte, mich aus seinem Griff zu befreien, duckte er sich und ich wurde nach hinten geschleudert. Nach einem raschen Überschlag kam ich schlitternd im Gras auf, hatte jedoch keine Zeit zum Verschnaufen, denn schon spürte ich überrascht, wie mir die Beine unterm Körper weggezogen wurden. Mit einem leisen Quieken kippte ich nach vorn, wirbelte dabei jedoch herum und krallte mich in Kitsuis Ärmel fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, dann zielte ich mit der anderen Hand erneut zwischen seine Augen, während ich ihn weiterhin festhielt, doch er blockte mit dem freien Arm ab und ich erhaschte einen schnellen Blick auf seine funkelnden Augen, bevor ein heftiger Schlagabtausch mit den Fäusten begann. Schließlich versuchte ich, einen Treffer in seinem Magen zu landen, doch Kitsui griff nach meinem Handgelenk, drehte mir den Arm auf den Rücken und machte einen Schritt nach vorn, sodass ich rückwärts taumelte, über Kitsuis Fuß stolperte und rittlings umkippte. Erschrocken versuchte ich, mich an seiner Jacke festzuhalten, was jedoch nur dazu führte, dass wir uns kurz darauf zu zweit auf dem Boden wiederfanden. Ich keuchte auf, als mir durch Kituis Gewicht die Luft aus dem Körper gepresst wurde, doch er stützte sich sofort mit den Händen neben meinem Kopf ab, sodass der Druck von meiner Brust verschwand.
"Das war gut", meinte Kitsui grinsend und ich konnte seinen keuchenden Atem auf meinen Lippen spüren. Ebenfalls etwas aus der Puste blinzelte ich in seine grauen Augen, welche nur wenige Zentimeter von meinen entfernt waren, bevor ich schnell den Blick abwandte. Ein merkwürdiger Knoten bildete sich in meiner Brust, doch ich versuchte, ihn zu ignorieren.
"Das mit dem Stolperschritt war gemein", murmelte ich schließlich bloß und Kitsui lachte kurz auf.
"Regel Nummer eins: Lass dich nie von deinem Gegner ablenken."
Mit gerunzelter Stirn legte ich den Kopf schief und sah ihn fragend an, da ich nicht ganz verstand, was das jetzt damit zu tun hatte, aber irgendwas in der Art, wie er mich ansah, hielt mich davon ab, etwas zu sagen.
Dieser Moment, in dem ich meine Augen nicht von seinen abwenden konnte und mein Mund sich vor Nervosität staubtrocken anfühlte, schien mir viel zu lang zu sein und ich atmete lautlos auf, als Kitsui sich schließlich erhob und mir die Hand zur Hilfe reichte, was ich gekonnt ignorierte.
"Ähm...", eigentlich hatte ich irgendwas sagen wollen, nur irgendwie hatte ich vergessen was es gewesen war.
"Gut, geht's weiter?", fragte Kitsui schmunzelnd und zwinkerte mir provozierend zu.
Nachdem ich kurz überlegt hatte, worüber er eigentlich sprach, nickte ich schließlich und musste ebenfalls lächeln.
"Klar. Bereit, wenn du es bist."
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