- 2 -
„Hey" rief jemand hinter mir. Ich drehte mich um, gewappnet für die sich immer wieder wiederholende Situation. Dort stand er, der Grund warum die Schule von Tag zu Tag schwererer wurde. Zum einen war er die Person, die mich Tag für Tag nicht in Ruhe lassen konnte und sich über die ärmlichen Verhältnisse meiner Familie lustig machte, obwohl sein und mein Vater Beste Freunde aus Kindheitstagen waren und auch unsere Mütter sich sehr gut verstanden. Er konnte es nicht lassen mich vor seinen Freunden und der ganzen Schule bloßzustellen, obwohl die Situation meiner Eltern noch nie so schlecht war wie jetzt.
Zum anderen war ich in ihn verliebt. Ich weiß es klingt doof zu sagen, dass man in die Person verliebt ist, die sich immer über einen lustig macht. Doch ich wusste, dass er ein guter Mensch war. Früher hatten wir uns gut verstanden, waren schon so gut wie beste Freunde gewesen, doch vor einem Jahr, fing er plötzlich an sich von mir zu lösen, mich von sich wegzustoßen, bis er dann schlussendlich entschied mich zu mobben. Doch all dies änderte nichts an meinen Gefühlen, die ich für ihn entwickelt hatte. Die Gefühle, die definitiv mehr waren, als nur Freundschaft.
Nun stand er also vor mir, die Schüler um uns begannen einen Kreis zu bilden, da sie wussten, dass sie jetzt wieder Drama sehen würden. Ein paar zogen sogar ihre Handys aus ihren Taschen. „Hast du schon meine Hausaufgaben gemacht?" fragte er mich in seinem normalen arroganten Ton. Ich verdrehte meine Augen und begann in meinem Rucksack zu kramen, da ich heute keine Lust auf eine Konfrontation hatte. Als ich diese endlich gefunden hatte, reichte ich sie ihm und bekam überraschender Weise ein danke von ihm. Bevor ich antworten konnte, hatte er sich schon wieder umgedreht und war weggegangen. Auch ich drehte mich um und beendete wie gewohnt meinen Schultag.
Als ich nachhause kam, sah es dort ungewohnt aufgeräumt aus und aus der Küche kam mir ein Geruch nach Braten entgegen. Den gab es doch sonst nur zu Weihnachten. Schnell zog ich meine Schuhe aus und schmiss meine Tasche in eine Ecke des Zimmers. Meine Mutter stand in der Küche und als ich eintrat rief sie mir zu, dass ich mich umziehen sollte, da wir Besuch erwarteten. , Wir und Besuch erwarten? ' dachte ich mir und ging auf mein Zimmer. Normalerweise kam nur meine Großmutter zu Besuch und für die hatte ich mich weder extra schick machen müssen, noch hatten wir extra für sie einen Braten gemacht, da dies zu viel kostete. Und Geburtstag hatte auch niemand, also wer konnte es sein.
Zwei Stunden später klingelte es und ich lief neugierig zur Tür um zu sehen, wer kam. Als ich diese mir einem freundlichen Hallo aufzog, stand mir der Schock bestimmt ins Gesicht geschrieben. Denn vor unserer Wohnungstür standen Minho und seine Eltern.
Während seine Eltern mich zurückgrüßten und mein Vater zur Tür kam um das Ehepaar zu begrüßen, verzog Minho keine Miene und starrte nur steinern an mir vorbei. Auch ich hatte meinen Gesichtsausdruck schnell wieder im Griff und begann die Gäste in die Wohnung zu führen.
Den ganzen Abend sagten weder Minho noch ich ein Wort. Bis wir an dem Zeitpunkt angelangt waren, der der Grund für dieses Treffen war. Ohne Umschweife ergriff meine Mutter das Wort.
„Der Grund warum wir uns heute treffen ist nicht nur um zu plaudern. Nein, wir sind heute Abend hier um etwas zu verkündigen, dass schon lange ein Abmachung ist...", sagte sie und ließ eine dramatische Pause und drehte sich zu mir.
„ Jisung, du weißt, dass unsere Familie finanziell nicht auf einem guten Stand ist. Minhos Familie will uns unterstützen. Da wir ihnen etwas zurückgeben wollten und nicht viel besitzen, musst du unsere Situation verstehen. Dein Vater und ich wollen dich hiermit nicht verletzten, sondern dir helfen eine bessere Zukunft zu haben."
Ich war verwirrt. Es war doch eine gute Sache, wenn wir nicht mehr arm waren. Und weshalb entschuldigte sie sich bei mir?
„ Jisung, du und Minho werdet heiraten." Ich starrte sie mir offenem Mund an. Das war doch ein Scherz, oder? Sie meinte das bestimmt nicht ernst.
„Was?" fragte ich deshalb verwirrt und sah ich am Tisch um, um zu sehen, ob jemand lachte oder sie sich über mich lustig machten. Doch alle sahen mich ernst an und als ich zu Minho sah war sein Gesicht versteinert. Das einzige woran man erkennen konnte, dass er genauso aufgelöst war, wie ich, waren seine Augen.
Der Abend verging, während die Erwachsenen Gespräche über belanglose Themen, wie das Wetter, führten. Weder Minho noch ich beteiligten sich am Gespräch. Nachdem die Gäste weg waren, ging ich in mein Zimmer um zu schlafen. Müde ließ ich mich auf mein Bett fallen.
Ich lag wach in meinem Zimmer und starrte an die Decke. Ich konnte nicht schlafen. Wie sollte ich auch nach dem, was heute geschehen war? Sollte ich mich nicht eigentlich freuen? Meine Familie würde nicht mehr arm sein. Und ich würde mit Minho zusammen sein können, ohne dass er mich mobbte und vielleicht würde er auch wieder so werden wie früher.
Doch irgendwie bezweifelte ich das. Warum sollte er, nur weil wir jetzt verlobt waren. Was würde es bringen? Er konnte mich weiterhin mobben oder mich gänzlich ignorieren. Es musste nur nach außen für unsere Eltern perfekt wirken. Sie wussten ja auch nichts von unserem Mobber-Opfer-Verhältnis in der Schule.
Mit diesen Gedanken schlief ich letztendlich ein und versankt in wirren Träumen.
Vollkommen unausgeschlafen kam ich am nächsten Tag in der Schule an. Als ich zu meinem Spind lief, wurde ich auf einmal am Arm in einen kleinen Raum gezogen.
Bevor ich mich wehren oder etwas sagen konnte wurde mir der Mund zugehalten.
„Shh. Sag jetzt kein Wort. Ich will, dass du mir erstmal zuhörst, Ja?"
Als ich Minhos Stimme erkannte, nickte ich verwirrt, um seine Frage zu beantworten und spannte mich gleichzeitig an, weil ich Angst hatte. Angst davor, was jetzt passieren würde. Hier drinnen könnte niemand sehen, falls er mir etwas antat und ich war mir sicher, dass etwas passieren würde, weil er mich sonst nicht in eine Abstellkammer, entfernt von allen anderen, gezogen hätte.
Mit Angstvollen Augen schaute ich ihn an. Aber sein Blick war anders als sonst. Er hatte nicht diesen Funken in seinen Augen. Diesen Funken der mir zu verstehen gab, dass ich ihm untergestellt war und er Macht über mich hatte. Vielmehr sah er verletzlich an. Und das irritierte mich, den so hatte er nie ausgesehen selbst als er noch mein bester Freund war. Aber genauso sah er jetzt aus.
„ Es tut mir Leid. Wirklich." Erstaunt schaute ich ihn an. Gerade als ich etwas erwidern wollte, redete er weiter und brachte mich somit zum Schweigen. „ Es ist nicht so als ob ich dich hasse oder so. Und ich weiß, dass es so rübergekommen ist, aber es ist eher gegenteilig. Ich liebe dich und ich wusste einfach nicht, wie ich damit umgehen sollte. Ich meine du warst mein bester Freund. Ich weiß, dass das unsere Freundschaft zerstört hätte. Das rechtfertigt jetzt auch nicht mein Verhalten in den letzten Monaten und ich hab es wahrscheinlich auch nur noch schlimmer mit meinem Verhalten gemacht." Endlich schaute er in meine Augen und ich glaubte trotz der Dunkelheit in dem kleinen Raum zu sehen, dass er Tränen in seinen Augen hatte.
„Als ich dann gestern Abend gesehen habe, wie du reagiert hast, habe ich verstanden, dass die Gefühle nicht verschwinden, selbst wenn ich mich so distanziere. Weil es mich verletzt hat zu sehen, wie du das Ganze ablehnst. Und ich habe gesehen, dass du die Idee und Vorstellung schrecklich findest etwas mit mir zu haben. Ich mein wer kann's dir verdenken." Nun liefen ihm die Tränen das Gesicht runter. „ Wenn du es also lassen willst dann ist das okay. Ich werde noch heute mit meinen Eltern reden und ihnen die Situation erklären. Vielleicht kann ich ja etwas bewirken und du musst nicht weiter mit mir zu tun haben. Ich werde dich ab jetzt in Ruhe lassen und du musst mich nicht mehr sehen. Ich werde weg sein. Ich hoffe, dass ich damit zumindest einen kleinen Teil wieder gut machen kann, von dem was ich getan habe."
Seine Stimme brach. Nun liefen auch aus meinen Augen die Tränen. Ich fühlte mich überrumpelt. Das alles kam mir unglaublich surreal vor. Ich hatte immer gedacht, dass ich Schuld wäre, dass unsere Freundschaft nicht geklappt hätte. Und jetzt sagte er mir, dass er mich liebte, aber trotzdem die Verlobung auflösen wollte. Das wollte ich nicht. Auf gar keinen Fall.
Gerade als er sich umdrehen und hinausgehen wollte, hielt ich ihn an seinem Handgelenk fest. „ Du sollst nicht gehen. Du sollst bei mir bleiben. Für den Rest meines und deines Lebens. Ich will dich heiraten. Weil ich dich auch liebe und dich nicht verlieren möchte. Bitte lass mich nicht allein und gehe. Weil ich dir das nicht verzeihen würde. Wenn du mich wirklich liebst, dann bleib und verbringe dein Leben mit mir. Fahr mit mir in den Urlaub und zieh später mit mir zusammen. Werde mit mir zusammen alt und gehe mit mir aus. Weil es das ist, was ich mir wünsche und du somit wieder gut machen kannst, was du getan hast. Ich werde dir auch nicht mehr böse sein versprochen."
Während ich sprach wischte ich ihm seine Tränen aus dem Gesicht und griff nach seiner Hand. Nun näherte ich mich seinem Gesicht und stoppte kurz vorher, um ihm tief in die Augen zu schauen.
„ Ich habe dich vermisst.", sagte ich bevor ich die letzten Millimeter überbrückte und ihn küsste. Seine Lippen waren genauso weich, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Doch auch noch nach Sekunden erwiderte er nicht. Unsicher wollte ich zurückziehen, doch er zog mich schnell wieder an sich. Nachdem wir uns wieder lösten, legte er seine Stirn an meine und flüsterte, „Ich dich auch."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top