Kapitel 7

"Bist du von allen guten Geistern verlassen?!"

Schockiert blickte ich zu Liz, die breit grinsend und mit Pfanne und Kochlöffel bewaffnet in meinem Zimmer stand. "Ich bin dein persönliches Weckkommando. Sei lieber mal froh, dass ich deine Mitbewohnerin bin. Sonst wärst du schon wieder zu spät für die Uni."

Gequält fuhr ich mir durch die zerzausten Haare und warf einen schnellen Blick auf den Wecker, nur um festzustellen, dass meine beste Freundin recht hatte. Verflucht seien Montag Morgende. Seufzend setzte ich mich etwas auf und sah wieder zu Liz, die mich mit einem vor Skepsis verzogenen Mund musterte. "Mal im Ernst, Lillylein. Was hast du solange getrieben. Als ich heute Nacht auf die Toilette musste, war in deinem Zimmer immer noch Licht."

Ich hatte wieder die halbe Nacht über den Unterlagen meines Bruders gebrütet. Erfolglos, wie auch schon die letzten Tage. Logan hatte noch weitaus verzweigtere Gedankengänge als ich geahnt hatte. 

Ich war über den Aktenordnern eingeschlafen und erst von den Schmerzen in meinem Nacken wieder aufgewacht. Komplett gerädert hatte ich mich dann in mein Bett geschleppt, wo ich allerdings nicht mehr schlafen konnte. Viel zu viele Gedanken hatte ich mir über die verwirrenden Aufschriebe meines Bruders gemacht.

Sagen konnte ich Liz davon allerdings nichts. Vor allem nicht bevor ich nicht selbst wusste, was dahinter steckte. Wenn Daniel mit seiner Warnung wirklich recht hatte, wollte ich Liz und auch meine anderen Freund so gut es ging aus diesen ganzen Sachen heraushalten. 

Auf der anderen Seite konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass mein großer Bruder, zu dem ich mein Leben lang aufgesehen hatte, in irgendwelche illegalen Geschäfte und geheime Mafia-Angelegenheiten verstrickt war. Er wollte nicht ohne Grund Jura studieren. Egal um was es ging, Logan wollte Gerechtigkeit. Immer. Weshalb sollte er dann so viel Energie in etwas Verbotenes stecken?

"Ich hab nur ein paar Sachen recherchiert und hab wohl die Zeit vergessen." Ihre Augen schrieen praktisch vor Zweifeln, allerdings sagte sie nichts. Sie kannte mich gut genug um zu wissen, dass ich zu ihr kommen würde, wenn ich es denn wollte. Und genau so war es auch umgekehrt. Wir kannten uns schon seit Jahren. Da entwickelte man irgendwann ein Gefühl dafür, zu wissen, wann man am besten nichts sagen oder nicht nachfragen sollte.

"Jedenfalls, Daniel, Jake und ich wollten in der Mittagspause zusammen etwas essen gehen. Kommst du mit?" Ich musste nicht lange überlegen. Mit Essen bekam man mich so gut wie immer rum. Und wenn man mal das Essen, dass uns in unserer Mensa vorgesetzt wurde, betrachtete, konnte man auch gut verstehen, weshalb meine Freunde und ich regelmäßig irgendwelche neuen Diner, Imbisse oder kleine Restaurants ausprobierten.

"Wisst ihr schon wohin?", fragte ich, während ich die Decke beiseite warf und meine Beine über die Bettkante schwang. "Jake meinte, er war vor kurzem als seine Eltern in der Stadt waren mit ihnen bei einem kleinen Italiener in Manhattan. Wir müssen zwar mit der U-Bahn fahren, aber er hat gesagt es würde sich lohnen." Liz zuckte mit den Schultern und ließ sich meinen türkisen Sessel warf, den ich schon vor etlichen Jahren in einem Second Hand Laden erstanden hatte. Ich hatte das Teil im Schaufenster gesehen und musste es einfach haben.

Wenn ich Liz so betrachtete, wie sie es sich in dem Sessel bequem gemacht hatte, die Beine über der Armlehne hängen, den Kopf an die Rückenlehne gelegt, da erinnerte ich mich an Logan. Es gab eine Zeit in meinem Leben die alles andere als leicht für mich war. Da plagten mich jede Nacht Alpträume und Logan war währenddessen kein einziges Mal von meiner Seite gewichen. Mein Bett war damals zu klein für uns beide. Dann hatte er jedes Mal diesen verdammten, türkisen Sessel neben mein Bett geschoben und hatte die ganze Nacht drauf verbracht. 

Nur damit ich nicht alleine war.

Er hatte es gehasst mich leiden zu sehen. Und auch wenn ich es nicht nachvollziehen konnte, gab er sich sogar teilweise die Schuld an der ganzen Situation. Er war immer der Meinung gewesen er hätte mich beschützen müssen. Im Endeffekt hätte ich lediglich besser auf mich selbst aufpassen müssen.

Und kaum war ich aus diesem beschissenen Loch wieder rausgekrochen, wurde einer der wichtigsten Menschen aus meinem Leben gerissen.

Schon scheiße wie das Leben manchmal spielte.

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"Ich hoffe es hat euch geschmeckt." Antonio, ein Mann Mitte dreißig und ganz nebenbei Eigentümer des Restaurants, sah grinsend in unsere kleine Runde. Wir hatten uns vorhin eine Weile mit ihm unterhalten. Das kleine Restaurant in dem wir saßen war schon seit Generationen in Familienbesitz, genau wie der Name des Besitzers. Antonios Vater, den wir im Laufe unseres Mittagessens auch kennengelernt hatten, hieß ebenfalls Antonio, genauso wie dessen Vater und auch sein Großvater. In der Theorie fand ich das eine echt schöne Geste, in der Praxis würde ich die Krise bekommen, wenn ich den selben Namen wie meine Mutter tragen würde.

"Ja, es war wirklich sehr gut." Zufrieden lächelte der Mann und räumte unsere Teller ab. Jacob lehnte sich währenddessen grinsend zurück und musterte uns siegessicher. In all der Zeit, in der wir jetzt schon zusammen unsere Mittagspausen verbracht hatten, hatte sich eine Art Wettstreit entwickelt. Und wer in einem Monat das beste Essen ausfindig machte, wurde im nächsten Monat von der Hausarbeit befreit. 

"Grins' mal nicht so mein Lieber. Der Inder den ich letztens gefunden habe war auch gut!", murrte Liz, woraufhin Daniel und ich nur amüsiert den Kopf schüttelten. "Und außerdem ist der Monat noch nicht vorbei. Nochmal gewinnst du nicht, Jake." Liz hasste Hausarbeit. Ich war schon immer der Meinung, sie sollte sich einen Mann suchen, der kochen konnte und hin und wieder mal gerne aufräumte. Sonst könnte ihre Wohnung irgendwann in Chaos versinken. Und sie selbst würde entweder verhungern, vom Lieferdienst arm werden oder aber von den ganzen Fertiggerichten dick werden.

Nur wenige Minuten später hatten wir bezahlt und waren bereits auf dem Weg zur Türe, als Antonio uns hinterher lief, vor mir zum stehen kam und mich schließlich prüfend ansah. "Auch wenn das jetzt vielleicht komisch klingen mag, aber du bist nicht zufällig die kleine Schwester von Logan, oder?" Meine Augen weiteten sich überrascht und ich hatte das Gefühl, dass mir sämtliche Farbe aus dem Gesicht wich. "Woher...?" "Er war einige Male hier. Mit Milo und manchmal auch mit Fabio. Ich weiß nicht ob du die Beiden kennst." Etwas neben der Spur nickte ich. "Logan hatte mir mal ein Bild von dir gezeigt. Aber es ist schon so lange her, da war ich mir nicht sicher, ob du es tatsächlich bist." Ein trauriges Lächeln legte sich auf meine Lippen. "Doch ich bin es." Antonio nickte leicht. 

"Dein Bruder war ein wunderbarer Mensch, Lilly. Ich hoffe, dass du das niemals vergessen wirst. Egal was kommt."




Heyho Leute 👋

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen 🙈

Was denkt ihr, was Antonio Lilly damit sagen will?

Und wie könnte es weiter gehen?

Love you ♥️

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