♤90♤

♤einige Tage später♤

♤PoV Lucio♤

Ich saß am Rand des Krankenhauszimmers, das sterile Weiß und der Geruch von Desinfektionsmitteln hingen in der Luft. Zélia lag im Bett und ihr Gesicht war blass, viel blasser als sonst, doch ihre Augen waren offen. Sie war wach. Müde, erschöpft, dennoch wach. Ihre Hand lag still auf der Decke, die Finger leicht gekrümmt, als hätte sie nicht die Kraft, sich zu bewegen. Doch in ihren Augen lag der Kampfgeist, der sie niemals ganz verließ.

Ramiro stand am Fenster, den Blick auf die Welt draußen gerichtet, die ihm in diesem Moment völlig bedeutungslos vorkommen musste. Er hatte sich die letzten Tage kaum bewegt, kaum gesprochen. Ich wusste, dass er im Inneren einen unaufhörlichen Kampf führte - einen zwischen der unendlichen Liebe zu Zélia und der Verzweiflung, sie so zu sehen. Ich verstand, wie er sich fühlte.

Ihre Kinder waren vor einiger Zeit gegangen. Es war zu viel für sie gewesen und ich konnte ihnen keinen Vorwurf machen. Jetzt waren nur noch Ramiro und ich da, zusammen mit Zélia, die in ihrem Bett lag. Der Raum war still, abgesehen von dem leisen Surren der Geräte. Die bedrückende Stille legte sich auf uns, als wären wir in einer Blase gefangen, die nicht platzen konnte.

Mein Blick wanderte zurück zu Zélia und für einen Moment war ich nicht mehr in diesem Raum. Meine Gedanken trugen mich weg, zurück zu einer anderen Zeit, zu einer anderen Frau - zu Mila. Ich erinnerte mich an das ungeborene und ich vielleicht der Vater sein könnte. Auch wenn es vielleicht nicht mein leibliches Kind wäre, würde ich es behandeln wie mein eigenes, auch wenn ich den Vater umbringen werde.

Ramiro legte Zélias Hand vorsichtig zurück auf die Decke und erhob sich langsam vom Stuhl. Seine Bewegungen waren schwer, als würde die Last seiner Sorgen ihn niederdrücken. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, deutete er mir mit einem Nicken, ihm zu folgen. Wir verließen das Zimmer leise, die Tür schloss sich sanft hinter uns.

Der Flur des Krankenhauses war still, fast unheimlich in seiner Sterilität. Nur das entfernte Rauschen von Krankenhausaktivität drang zu uns durch, während wir durch die Gänge gingen. Wir sprachen erst, als wir einen leeren Wartebereich erreichten. Ramiro hielt inne, drehte sich zu mir um und sah mich mit diesem Blick an - einem Blick, den ich gut kannte. Ein Blick, der nichts Gutes verheißt. Wut und Schmerz lagen in seinen Augen, doch seine Stimme war überraschend ruhig, fast gefährlich.

Wir traten aus dem Krankenzimmer von Zélia, und sobald die Tür hinter uns ins Schloss fiel, ließ Ramiro die Spannung von sich abfallen. Der Flur war still, das Krankenhaus schien wie ein Ort außerhalb der Welt. Die Hochzeit zwischen Mila und Luis stand kurz bevor und mit ihr die endgültige Ausweitung seiner Macht.

Ramiro ging ein paar Schritte voraus, seine Schritte hallten leise durch den Flur. Ich folgte ihm und als wir einen abgeschiedenen Bereich erreichten, blieb er stehen, drehte sich zu mir um und lehnte sich an die Wand. Sein Gesicht war ernst. Er hatte eine Ruhe an sich, die ich oft bei ihm bewundert hatte.

"Lucio", begann er ruhig. "Wir haben nicht mehr viel Zeit. In weniger als vier Tagen wird diese Hochzeit stattfinden und wenn sie durchgeht, gewinnt Luis eine Macht, die wir nicht mehr so leicht brechen können", seine Stimme war fest.

"Luis glaubt, er könnte unbemerkt zu viel Macht an sich reißen, doch er hat es übertrieben. Andere Organisationen haben soeben Wind davon bekommen, vor allem nach dem Ball, als andere Organisationen Mitglieder oder sogar ihre Frauen verloren haben."

Er machte eine kurze Pause, ließ mich die Schwere seiner Worte begreifen. "Sie wissen, dass Luis diese Hochzeit nutzt, um seine Macht global auszuweiten. Allerdings erhalten wir Unterstützung, da keine Organisation ihn freiwillig oben mitspielen lassen möchte."

Ich spürte, wie sich in mir eine gewisse Erleichterung breit machte, auch wenn der Druck groß blieb. Diese zusätzlichen Verbündeten konnten den entscheidenden Vorteil bedeuten. Es der globaler Handel, den Mila und ich uns aufgebaut haben und das will er zu sich reißen.

Ramiro atmete tief durch, bevor er weitersprach und ich wusste sofort, dass die Informationen, die er gleich geben würde, alles nur noch komplizierter machen würden.

"Es gibt noch mehr Informationen, Lucio", begann er leise, seine Stimme schwer vor Ernst. "Milas Mutter ist tot."

Die Worte trafen mich wie ein Schlag in die Magengrube. Milas Mutter, wofür Mila so viel entsteckte, was tot. Der Gedanke daran, dass Luis nicht nur ihre Freiheit, sondern auch diese schmerzhafte Wahrheit vor ihr verbarg, ließ Wut in mir aufsteigen.

"Luis benutzt den Tod ihrer Mutter, um sie zu kontrollierert", fuhr Ramiro fort, sein Blick fest auf mich gerichtet. "Er lässt sie glauben, dass ihre Mutter noch lebt, um Mila zu erpressen. Sie glaubt, dass ihre Mutter in Gefahr ist, wenn sie nicht tut, was er verlangt. So hält er sie gefangen, in Angst und Zorn."

Die Heftigkeit dieser Lüge ließ mich tief durchatmen. Luis nutzte Milas Liebe und Hoffnung auf die grausamste Art und Weise aus. Er zerstörte sie von innen heraus. Die Wut in mir kochte immer höher.

"Es gibt noch etwas", sagte Ramiro und ich sah, dass er sich auf das vorbereitete, was er als Nächstes sagen musste. "Laura, ihre Assistentin - die Frau, die ihr bei der Flucht geholfen hat - ist spurlos verschwunden."

"Verschwunden?" Fragte ich scharf, obwohl ich bereits ahnte, was das bedeutete. "Niemand weiß, wo sie ist. Es sieht so aus, als ob ihre Identität erschloschen wurde."

"Es gibt auch etwas anderes zu berichten", meinte er. "Ihr Cousin Toni hat sich bei uns gemeldet und er wäre für eine Kooperation bereit. Er berichtet dazumal, wie es Mila geht und was für Pläne Luis vor hat", ich nickte, nahm die Information auf, doch tief in mir wuchs ein Zweifel. "Toni", wiederholte ich leise. "Ich kenne ihn nicht gut. Er mag Milas Cousin sein, doch seine Loyalität? Ich weiß nicht, was ich davon halten soll."

Ramiro verschränkte die Arme und sah mich nachdenklich an. "Ich verstehe deinen Zweifel. Toni war nie wirklich in diese Welt verwickelt. Er war immer am Rand. Jetzt kommt er plötzlich und bietet seine Hilfe an, in einer Situation, die gefährlicher nicht sein könnte."

"Genau das macht mich misstrauisch", murmelte ich. "Was, wenn er Informationen an Luis weitergibt?"

Ramiro zuckte leicht mit den Schultern, doch in seinen Augen war ebenfalls ein Hauch von Skepsis zu erkennen. "Es ist möglich. Es ist auch möglich, dass er wirklich kooperieren will. Er ist Milas Familie und das bedeutet etwas. Du hast recht, wir dürfen nichts überstürzen. Wir müssen wachsam sein."

Ich nickte langsam, doch der Zweifel blieb. "Wir nehmen seine Hilfe an, doch wir behalten ihn im Auge. Bis wir sicher sind, dass er auf unserer Seite steht, vertraue ich ihm nicht."

Ramiro nickte zustimmend. "Vorsicht ist angebracht. Wir haben genug Feinde und wir können es uns nicht leisten, einen weiteren in unseren Reihen zu haben. Wenn Toni wirklich auf unserer Seite ist, könnte er uns nützlich sein. Wir müssen nur sicherstellen, dass wir das Risiko kontrollieren."

In dieser Situation, in der die Zeit gegen uns arbeitete, hatten wir keine Wahl, als seine Hilfe anzunehmen, wenn auch mit Vorbehalt.

Ich fuhr mir durch die Haare und sah zu Ramiro. "Wie ist es als Vater?" Fragte ich und kratzte mir an den Hinterkopf.

Ramiro schmunzelte leicht und ließ den ernsten Ausdruck für einen Moment weicher werden. "Als Vater?" Er lehnte sich gegen die Wand und seufzte leise. "Es ist das Beste und das Schlimmste zugleich, Lucio. Es gibt Momente, da hältst du dein Kind im Arm und denkst, die Welt könnte nicht perfekter sein. Dann gibt es Tage wie heute-", sein Blick wanderte wieder zum Fenster, wo die Gedanken an Zélia und ihre Kinder ihn schwerer zu belasten schienen.

"Manchmal ist es, als würdest du die ganze Welt auf deinen Schultern tragen", fuhr er fort. "Diese Verantwortung- sie verändert dich. Alles, was du tust, dreht sich nur noch darum, deine Familie zu schützen. Du würdest alles tun und ich meine wirklich alles, um sie in Sicherheit zu wissen."

Ich nickte langsam, während ich seine Worte aufnahm. "Ich kann es mir vorstellen und trotzdem, Mila-", meine Gedanken drifteten wieder zu ihr, zu dem Kind, das sie trug. Egal, ob es meines war oder nicht, ich würde dieses Kind beschützen, als wäre es mein eigenes.

Ramiro, immer noch an die Wand gelehnt, musterte mich, als hätte er genau gewusst, was in mir vorging. "Du hast diese Entscheidung längst getroffen, Lucio. Egal, was passiert, du wirst für Mila und das Kind da sein, richtig?"

Ich sah ihn an und nickte. "Ja, das werde ich. Das Kind- es ist Teil von Mila. Das ist Grund genug für mich."

Ramiro richtete sich auf und die Schärfe seines Blickes kehrte zurück. "Das ist die richtige Einstellung und genau deshalb werden wir es schaffen."

"Entschlossenheit allein reicht nicht immer", murmelte ich und schaute nachdenklich auf den Boden. "Wir müssen präzise sein, Ramiro. Ein falscher Schritt und Mila wird nie wieder frei sein."

Er nickte. "Wir haben noch ein paar Tage. Toni wird uns weitere Informationen liefern. Ob wir ihm trauen können oder nicht, denn er gibt uns zumindest einen Einblick, den wir vorher nicht hatten. Das ist mehr, als wir bisher hatten."

Die Stille legte sich erneut über uns, diesmal jedoch mit einem Hauch von Klarheit. Wir wussten, was getan werden musste und wir wussten, dass wir dabei niemandem blind vertrauen konnten. Wir waren fest entschlossen, Mila zu helfen und Luis für all seine Taten zur Rechenschaft zu ziehen.

"Wir werden es schaffen", sagte Ramiro schließlich, seine Stimme fest und ruhig. "Für Zélia, für Mila und für dieses Kind, das eine bessere Zukunft verdient."

Ich nickte, sah ihm in die Augen und wusste, dass wir auf dem gleichen Weg waren.

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