♤89♤

"Es gibt etwas, das du wissen musst", begann er und in seiner Stimme lag eine Schwere, die mich alarmierte. "Lucio lebt."

Mein Herz setzte einen Schlag aus. "Lucio lebt?" Wiederholte ich ungläubig. "Luis hat gesagt-"

"Luis lügt", unterbrach Toni mit einer ernsten Miene. "Lucio hat überlebt, dennoch ist die Lage kompliziert. Zélia Barão steht kurz vor dem Tod. Sie wurde schwer verletzt und ihre Situation ist kritisch. Das bedeutet, dass die Barão-Familie und die anderen Fraktionen, die an diesem Abend Opfer gebracht haben, nicht stillhalten werden. Ein Krieg ist unvermeidlich."

Ein Knoten bildete sich in meiner Brust, als die Realität auf mich zukam. "Luis weiß, dass die Barãos nicht ruhen werden, bis sie Gerechtigkeit bekommen", erklärte Toni weiter.

"Daher will er schnellstmöglich dich heiraten, da du einen Bündnis mit den Barãos und der Camorra eingegangen bist. Du bist der Schlüssel in vielen und hast etwas erschaffen, was ihn seinen Thron kosten könnte", Toni lehnte sich zurück, seine Augen noch immer ernst auf mich gerichtet.

"Du hast es nicht gewollt, Mila. Deine Heirat mit Luis wäre nicht nur eine persönliche Katastrophe, sondern auch ein politisches Manöver, um seinen Einfluss zu sichern."

Ich atmete tief ein und versuchte, die Flut an Informationen zu verarbeiten. Lucio lebte. Zélia war dem Tod geweiht und ich war der Schlüssel zu einem Krieg, den ich nie gewollt hatte.

"Was kann ich tun?" Fragte ich schließlich, meine Stimme leise und fest. "Wie kann ich das verhindern?"

Toni schwieg einen Moment, bevor er sich leicht vorbeugte. "Ich schulde dir einiges, weswegen ich dir dabei helfen werde, dein Kind und dich lebend aus der Hölle zu befreien", ich zog meine Brauen zusammen.

"Ich kann dir noch nicht vertrauen", meinte ich und legte meine Handfläche auf meinen Bauch. "Brauchst du nicht, denn du wirst es sehen", ich atme schwer ein.

"Ich hasse ihn", murmelte ich, als Toni aufstand und mich unerwartet in den Armen zog. "Es tut mir leid", er strich mir durch die Haare, sodass die Tränen kaum aufzuhalten waren.

Die Tränen strömten unaufhaltsam über mein Gesicht, während ich in Tonis Umarmung verweilte. Es war, als könnte ich in diesem Moment all die Qualen und Ängste, die mich plagen, für einen kurzen Augenblick ablegen. Toni hielt mich fest, als wäre er ein Anker in einem Sturm, der mich daran hinderte, in die Dunkelheit abzutauchen.

"Es ist okay", flüsterte er sanft, während er mich sanft zurückdrückte, um mir in die Augen zu sehen. "Du bist nicht allein in diesem Kampf."

Toni löste seine Arme langsam von mir, als hätte er Mühe, mich loszulassen, obwohl er wusste, dass er gehen musste. "Ich muss zu Luis und Vater", sagte er leise und wich zurück. Seine Stimme klang anders, schwerer, als ob die Realität, in die er zurückkehren musste, uns beide erdrückte. Ich nickte nur stumm, meine Kehle wie zugeschnürt und sah zu, wie er sich zur Tür drehte.

Kaum hatte er die Tür geöffnet, trat meine Bedienstete ein, und zwar, Marisa. Ihre Anwesenheit füllte den Raum sofort mit einer kühlen Strenge, die alles erdrückte, was Toni und ich gerade geteilt hatten. Sie war, wie immer unerschütterlich, ihre Miene verhärtet. In ihrem Blick lag eine kühle Wachsamkeit, als wäre ich eine Bedrohung, die sie kontrollieren musste. Toni nickte ihr kurz zu und verließ dann ohne ein weiteres Wort das Schlafzimmer. Ich hörte die Tür hinter ihm ins Schloss fallen und mit einem Mal war der Raum kälter, einsamer.

Marisa stand da, ihre Schultern gerade, ihre Arme verschränkt, die Augen fest auf mich gerichtet. Sie sprach nicht und das war fast schlimmer als jedes Wort. Ihr Schweigen hatte etwas Bedrückendes, als ob es keinen Platz für eine Diskussion gab, keinen Raum für meinen Willen. Sie war nicht hier, um mich zu beschützen, sondern um mich zu bewachen.

"Ich gehe duschen", sagte ich leise, meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Doch auch hier wusste ich, dass es keinen Unterschied machte. Marisa nickte kaum merklich, dennoch wusste ich, dass sie mich begleiten würde - wie immer.

Langsam ging ich ins Badezimmer, spürte ihren Blick auf meinem Rücken und mein Körper spannte sich unwillkürlich an. Jeder Schritt fühlte sich schwer an, als trüge ich unsichtbare Ketten. Im Badezimmer angekommen, drehte ich das Wasser auf, ließ es rauschen, um die beklemmende Stille zwischen uns zu übertönen. Doch das Rauschen des Wassers war nicht laut genug, um das Gefühl ihrer Präsenz zu verdrängen.

Ich begann, mich auszuziehen, meine Bewegungen stockend, weil ich spürte, wie ihre Augen jede meiner Handlungen verfolgten. Meine Finger zitterten leicht, als ich immer noch das tragende Ballkleid von meinem Körper streifte. Es war, als würde jede Schicht, die ich ablegte, nicht nur meinen Körper, sondern auch meine letzten Reste von Privatsphäre entblößen. Marisa stand am Türrahmen, regungslos, ihre Augen fixierten mich.

Ich trat in die Dusche, das heiße Wasser traf auf meine Haut, doch anstatt mich zu entspannen, spannte ich mich nur noch mehr an. Jeder Tropfen, der über meinen Körper floss, fühlte sich schwer an, als würde er die Last meiner Situation nicht wegwaschen, sondern nur verstärken. Ich drückte meine Stirn gegen die kalten Fliesen und schloss die Augen, in der Hoffnung, für einen Moment alles um mich herum auszublenden - die Villa, Luis, die ständige Überwachung, der bevorstehende Krieg, meine liebsten.

Doch selbst in der Dusche konnte ich ihre Anwesenheit nicht vergessen. Ihre Loyalität galt nicht mir, sondern Luis und das wusste ich nur zu gut. Ich war nicht mehr als eine Spielfigur in diesem Haus und Marisa war die eiserne Hand, die sicherstellte, dass ich mich an die Regeln hielt.

Das Wasser floss über mein Gesicht, doch es brachte keine Erleichterung. Die Wärme, die ich normalerweise als beruhigend empfunden hätte, war jetzt nur noch ein schwacher Trost, der nicht gegen das Gefühl der Gefangenschaft ankam. Ich fühlte mich nackt, nicht nur im physischen Sinne, sondern in jeder Hinsicht.

Ich legte eine Hand auf meinen Bauch, spürte das Leben in mir und versuchte, Kraft daraus zu ziehen. "Ich werde dich beschützen", flüsterte ich in das Wasser, doch die Worte fühlten sich hohl an.

Die Dusche verwandelte sich in einen Käfig aus Wasser und Dampf. Als ich schließlich das Wasser abstellte und aus der Dusche trat, war die Luft kalt im Vergleich zur Hitze des Wassers. Ich wickelte mich in ein Handtuch, doch selbst die weiche Wärme des Stoffs konnte die eisige Umklammerung in meinem Inneren nicht vertreiben.

Marisa stand immer noch da, unverändert, als ob nichts geschehen wäre. Ihr Blick ruhte weiter auf mir, emotionslos und streng. Ich wusste, dass sie mich weiter begleiten würde, wohin auch immer ich ging und dass es keinen Ort gab, an dem ich vor ihr oder vor diesem goldenen Käfig sicher war.

Ich stand da, das Handtuch fest um meinen Körper gewickelt, während das Wasser in kleinen Bächen aus meinen Haaren tropfte. Marisa bewegte sich keinen Millimeter. Sie war wie eine Statue. Ihre Augen folgten mir, als ich langsam zur Tür des Badezimmers ging. Kein Wort kam über ihre Lippen, doch ihre Anwesenheit sprach Bände.

Ich fühlte mich schwach, als wäre die Dusche weniger ein Ort der Erholung gewesen und mehr ein weiterer Moment der Unterdrückung. Jeder Schritt aus dem Badezimmer fühlte sich an wie ein kleiner Marsch in die Realität zurück. Die warme Luft der Dusche war verflogen und die Kälte der Villa zog wieder in meine Knochen.

Marisa folgte mir lautlos in das Schlafzimmer zurück. Ich konnte ihren Atem nicht hören, doch ich spürte ihn förmlich im Nacken, als wäre sie ein Schatten, der sich immer dichter um mich legte. Ihre Präsenz drängte mich, in ständiger Wachsamkeit zu leben, niemals zu entspannen.

Ich setzte mich auf das Bett, meine Gedanken wirbelten um die Ereignisse der letzten Tage, die erdrückende Realität. Der Plan, den Luis mir aufzwang, fühlte sich an wie eine eiserne Kette, die sich immer enger um mein Leben legte.

Marisa stand weiterhin stumm neben der Tür, ohne eine Spur von Erschöpfung oder Geduld zu zeigen. Ich hatte das Gefühl, dass sie mich beobachtete, selbst wenn sie mich nicht direkt ansah. Ihre ständige Wachsamkeit war eine stille Drohung.

Ich ließ mich langsam zurück aufs Bett sinken, das weiche Laken kühl unter meiner Haut, doch es bot mir keine wirkliche Erleichterung. Das Handtuch um meinen Körper warf ich zur Seite, nach dem ich mir das Nachthemd überzog und schob mich vorsichtig unter die Decke.

Ich zog die Knie leicht an meinen Körper und legte eine Hand auf meinen Bauch, eine Geste, die mich normalerweise beruhigen sollte, doch diesmal brachte sie nur mehr Unruhe. Die Dunkelheit im Raum war still, dennoch nicht friedlich. Die Gedanken in meinem Kopf ließen sich nicht abschütteln, egal wie sehr ich versuchte, mich auf den Rhythmus meines Atems zu konzentrieren.

Marisa stand noch immer in der Nähe, eine stumme Mahnung, dass es keine Flucht gab. Selbst jetzt, im Bett, im vermeintlich sichersten Raum dieser Villa, fühlte ich mich beobachtet, gefangen und missbraucht.

Ich drehte mich auf die Seite und zog die Decke fester um mich, versuchte, mich zu schützen, doch es war, als hätte ich nichts in der Hand. Jeder Versuch, die Augen zu schließen, brachte nur neue Bilder in meinen Kopf, und zwar die Worte von Lucio, als ich ihn verließ.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top