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Der Tag des Balls war endlich gekommen. Schon in den frühen Morgenstunden lag eine spürbare Anspannung in der Luft, als ob jeder Atemzug schwerer und bedeutungsvoller war. Es war der Tag, an dem alles entschieden werden würde.

Ich saß in meinem Gästezimmer, starrte aus dem Fenster auf die weiten Gärten des Anwesens, während meine Gedanken unaufhörlich um Mila kreisten. Keine Nacht war vergangen, in der ich nicht wach gelegen und mir vorgestellt hatte, wie es ihr geht. Doch heute sollte sich das ändern. Ich würde sie finden, sie befreien und alles, was Luis und ihre Familie ihr angetan hatten, würde ein Ende haben.

Plötzlich klopfte es an der Tür und bevor ich reagieren konnte, trat Mason mit schnellen Schritten ein. Sein Blick war ernst, seine Hände leicht angespannt. Er trat näher und hielt mir sein Telefon hin, auf dessen Bildschirm eine Nachricht leuchtete.

"Wir haben Bestätigung", sagte er mit einer Stimme, die vor unterdrückter Aufregung zitterte. "Mila befindet sich in Portugal."

Diese Worte trafen mich wie ein Blitzschlag. Mein Herz setzte für einen Moment aus und dann begann es unkontrolliert zu rasen. Es war, als hätte ich auf diesen Moment gewartet, ohne zu wissen, wie ich darauf reagieren sollte. Sie war hier und das Ganz in der Nähe.

"Wo?" Meine Stimme klang rauer, als ich erwartet hatte.

Mason beugte sich näher heran und zeigte mir den genauen Standort, den seine Kontakte ihm übermittelt hatten. "In einem der Anwesen in der Nähe. Nicht weit von hier."

Meine Gedanken rasten. Ich wusste, dass wir heute handeln mussten, doch der Ball - der verdammte Ball - war der Schlüssel zu allem. Ein unüberlegter Schritt und wir könnten alles ruinieren.

Luis, Fabrice und Toni würden sich in Sicherheit wiegen, nichts ahnend, dass wir sie bereits im Visier hatten. Doch jetzt, da ich wusste, dass Mila in der Nähe war, wuchs der Drang, sofort zu handeln, jede Sekunde zählte.

"Der Plan bleibt bestehen", sagte Mason entschlossen, als er meine Unruhe bemerkte. "Der Ball ist unsere beste Chance. Wenn wir jetzt überstürzt handeln, riskieren wir, alles zu verlieren."

Ich nickte, auch wenn meine Hände zitterten. Ich wusste, dass er recht hatte, doch die Anspannung in mir war unerträglich. Alles war vorbereitet, jeder Schritt bis ins kleinste Detail durchgeplant. Doch mit jedem Moment, der verging, wurde die Warterei schwerer. Ich spürte das Gewicht der Stunden auf meinen Schultern, als ob ich die Zeit mit bloßen Händen aufhalten wollte.

Langsam verging der Tag und als die Sonne hinter den Hügeln verschwand, füllte sich das Anwesen der Barãos mit Leben. Die Vorbereitungen für den Ball liefen auf Hochtouren. Die ersten Gäste begannen bereits einzutreffen, ihre prunkvollen Autos fuhren durch das große schmiedeeiserne Tor und parkten auf der langen Auffahrt, die zum Haupteingang führte. Ich beobachtete sie von einem der Fenster aus und konnte die nervöse Energie spüren, die sich in der Luft sammelte.

Immer mehr Gäste erschienen, die Elite aus Politik, Wirtschaft und den höchsten Kreisen der kriminellen Unterwelt. Der Ball war ein gesellschaftliches Großereignis, doch dieses Mal war es anders. Hinter den Masken und den edlen Kleidern lag eine Spannung, die wie ein unsichtbarer Faden durch das Anwesen zog.

Ich warf einen Blick auf meine Uhr. Es würde nicht mehr lange dauern.

Doch je mehr Gäste eintrafen, desto größer wurde die Anspannung in mir. Jeder Schritt, jede Bewegung fühlte sich wie eine Prüfung an, als würde das Gewicht des gesamten Plans auf mir lasten. Ich atmete tief ein, versuchte, die Nervosität zu verdrängen, die langsam in mir aufstieg. Es war alles vorbereitet, doch der Gedanke, dass Mila nur wenige Kilometer entfernt war, machte es unerträglich.

Die Nacht rückte näher, die Lichter im Anwesen gingen an und das Klirren von Gläsern und leise Gespräche erfüllten die Räume. Die Musik begann zu spielen, doch ich konnte mich nicht auf die festliche Atmosphäre einlassen. Mein Blick wanderte immer wieder zu der Eingangstür, in der Erwartung, die Gesichter von Mila und den anderen zu sehen.

"Sie sind auf dem Weg", stand Lic unerwartet neben mir, als ich ihn ansah. "Wenn ich die drei sehe, würde ich die direkt töten wollen", zischte ich und ballte meine Hand zu einer Faust.

"Mila ist eine Kämpferin und gibt sicherlich nicht schnell nach", trat ebenso Zélia neben mir auf. "Ich weiß allerdings nicht, was sie mit ihr angestellt haben."

Die schweren Flügeltüren zur Eingangshalle öffneten sich, und für einen Moment schien der gesamte Raum den Atem anzuhalten. Alle Blicke richteten sich auf die Gruppe, die eben eingetreten war - Mila, gefolgt von ihrem Onkel Fabrice, ihrem Cousin Toni und Luis. Doch es war Mila, die die Aufmerksamkeit in diesem Augenblick auf sich zog, obwohl sie in der Masse fast zu verschwinden schien.

Sie trug ein schlichtes, bodenlanges Kleid aus einem dunklen, satten Stoff, der kaum von dem schimmernden Glanz des Festsaals reflektiert wurde. Das Kleid hing locker an ihrem ausgemergelten Körper, als wäre es zu groß für sie, als hätte es ihren zerbrechlichen Zustand nur noch deutlicher hervorgehoben. Die dünnen Träger lagen wie Bänder auf ihren blassen Schultern, die hervorstanden, als hätte die Zeit der Entbehrung jeden Muskel aus ihr herausgesaugt.

Ihr Gesicht war fahl, beinahe geisterhaft, die Augenringe dunkel und tief. Ihr Blick war leer, weit entfernt, als würde sie die Menschen und die Umgebung um sich herum kaum wahrnehmen. Ihr sonst volles, glänzendes Haar war schlicht nach hinten gebunden, ohne das übliche Leben, das sonst darin lag. Jede Bewegung, die sie machte, wirkte mechanisch, fast wie ferngesteuert, als wäre sie eine Marionette, die sich nach den Befehlen anderer richtete.

Ihr Gesichtsausdruck war starr, ohne Emotion. Nichts spiegelte sich in ihren Augen wider - weder Angst noch Wut noch Hoffnung. Es war, als wäre die Mila, die ich gekannt hatte, irgendwo in den Tiefen dieses Körpers verloren gegangen. Sie wirkte zerbrechlich, fast durchsichtig in dem schwachen Licht der Halle.

Als sie den Raum betrat, fiel mir auf, wie sehr sie abgemagert war, wie ihre Wangenknochen scharf hervorstachen und ihre Lippen blass und trocken waren. Sie schien kaum in der Lage zu sein, aufrecht zu stehen und doch bewegte sie sich mit der gleichen mechanischen Präzision wie Luis, Fabrice und Toni, die hinter ihr gingen, als wäre sie gezwungen, durch bloße Willenskraft weiterzumachen.

Unsere Blicke trafen sich und für einen endlosen Moment starrten wir einander an. Ich sah in ihren Augen nichts von der Mila, die ich einst gekannt hatte. Sie war verloren, gefangen in einer Leere, die ich kaum ertragen konnte. In diesem kurzen Augenblick erkannte ich, wie weit sie gefallen war - körperlich, mental, seelisch. Es war, als hätte Luis ihr alles genommen, was sie einst gewesen war.

Mein Herz zog sich zusammen, als ich erkannte, wie hungrig sie wirkte. Sie war ein Schatten ihrer selbst und in ihrem Blick lag eine stumme Bitte, die ich nur zu gut verstand.

Zélia wandte sich von mir ab, als sie mit Ramiro als Gastgeber auf die vier zuging. Mit einem Ohr nahm ich das Gespräch wahr.

Während Ramiro und Luis höfliche Worte über den Ball und vergangene Geschäfte austauschten, richtete Zélia ihre Aufmerksamkeit auf Mila. Ihr scharfer, prüfender Blick ruhte auf der jungen Frau, die neben Luis stand. Mila wirkte still und in sich gekehrt, beinahe unsichtbar in ihrer Zurückhaltung, doch Zélia ließ sich nicht täuschen. Sie konnte sehen, wie sehr sich Mila verändert hatte.

"Mila, wie geht es dir?" Fragte Zélia mit einem sanften, doch durchdringenden Ton, während sie die tiefe Blässe und die fast ausgemergelte Gestalt Milas musterte.

Mila zögerte, als ob sie nach den richtigen Worten suchte. Das, was Luis ihr im Flugzeug befohlen hatte, hallte in ihrem Kopf wider. Sie zwang sich zu einem Lächeln, das ihre Augen nicht erreichte und versuchte, so gefasst wie möglich zu wirken.

"Mir geht es gut, danke", antwortete sie, ihre Stimme klang hohl, fast roboterhaft.

Zélia ließ ihren Blick nicht von Mila ab. Sie nahm das erzwungene Lächeln und die müde Haltung zur Kenntnis, sagte jedoch nichts dazu. Ihre Augen flackerten kurz zu Luis, der sich weiter mit Ramiro unterhielt, während Mila stocksteif neben ihm stand.

In diesem Moment trat Fabrice, Milas Onkel, einen Schritt vor und sprach mit ruhiger, dennoch bestimmter Stimme: "Es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Sie ist in guten Händen und es wird hier kein Ärger aufkommen", seine Worte hatten einen warnenden Unterton, als wollte er die Familie Barãos daran erinnern, dass Mila immer noch unter seiner und Luis Kontrolle stand.

Zélia schenkte ihm einen höflichen Blick, doch hinter ihrer Fassade blitzte ein Funken Skepsis auf. "Natürlich", sagte sie mit einem leichten Lächeln. "Wir erwarten nichts anderes. Der Ball soll schließlich harmonisch verlaufen", sie warf einen letzten prüfenden Blick auf Mila, bevor sie sich wieder den anderen zuwandte.

Mila blieb still, ihr erzwungenes Lächeln noch immer auf ihren Lippen, doch in ihrem Inneren tobte ein Sturm, den niemand außer ihr wahrnehmen konnte.

Nachdem das Gespräch zwischen denen zu einem höflichen Ende gekommen war, spürte ich, wie die Atmosphäre sich veränderte. Die Worte, die gewechselt wurden, waren freundlich, doch unter der Oberfläche brodelte eine ungesagte Spannung. Luis lachte an einer Stelle leise, sein Blick auf Ramiro gerichtet, während Fabrice ruhig und aufmerksam zuhörte. Toni, Milas Cousin, schien eher gelangweilt und Mila stand da, fast wie eine Statue. Ihre Augen waren leer und sie hielt sich ein Stück hinter Luis. Jeder Blick auf sie verstärkte den Knoten in meiner Brust. Sie war nicht mehr die Mila, die ich gekannt hatte.

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