♤65♤

Ich setzte mich auf den Rücksitz und lehnte den Kopf an das kühle Leder. Der Motor brummte leise auf und der Wagen setzte sich in Bewegung. Während wir die lange Auffahrt hinunterfuhren, konnte ich nicht aufhören, an Mila zu denken. Jeder Kilometer, den wir zurücklegten, fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Der Gedanke, dass sie in Fabrices Händen war, trieb mich beinahe in den Wahnsinn.

Der Flughafen lag nicht weit entfernt. Als wir ankamen, öffnete der Fahrer wieder die Tür und ich stieg aus. Der Anblick der startenden und landenden Flugzeuge brachte meine Gedanken erneut auf die bevorstehende Reise. Portugal war nur der erste Schritt. Sobald wir dort waren, würde alles in Bewegung gesetzt. Der Ball der Barãos war unsere Chance, Fabrice zu isolieren und ich würde nicht zulassen, dass er entkommt.

Ich trat durch die Eingangshalle des Flughafens, immer noch die Waffe in meiner Jacke. Auf der Fahrt habe ich die Fluggesellschaft über meinen kurzfristigen Flug nach Portugal informiert, weshalb alles zügig vorangeschritten ist.

Als ich auf dem Weg zum Abflug war, spürte ich plötzlich eine Hand, die fest mein Handgelenk packte. Mein Körper spannte sich an und ohne nachzudenken, ballte ich die Faust, bereit, meiner Wut freien Lauf zu lassen. Doch bevor ich reagieren konnte, hörte ich eine vertraute Stimme.

"Lucio, du fliegst nicht alleine", ich drehte mich um und blickte in das Gesicht meines Bruders, Lic.
Mein Ärger loderte noch immer, doch die Überraschung ließ mich innehalten. "Was machst du hier, Lic?" Fragte ich scharf und zog die Kapuze von meinem Kopf.

Lic sah mich ruhig an, fuhr sich durch die Haare, als ob er sich auf das vorbereitete, was er sagen musste. "Ramiro Barão hat Vater kontaktiert. Er wollte sicherstellen, dass du nach Portugal fliegst und nicht in einer Kurzschlussreaktion nach Mexiko."

Ich verdrehte die Augen und schnaubte. "Vertraut er mir nicht?" Zischte ich und spürte, wie die Wut wieder aufstieg.

Lic ließ sich von meinem Zorn nicht beeindrucken. "Es geht nicht darum, ob er dir vertraut, Lucio. Es geht darum, dass du in deinem Zustand unüberlegte Entscheidungen treffen könntest. Ramiro will sicherstellen, dass du dich an den Plan hältst. Nach Mexiko zu fliegen, wäre jetzt ein fataler Fehler."

Seine Worte trafen wie eine kalte Dusche. Ich wollte widersprechen, doch tief in mir wusste ich, dass er recht hatte. Meine Faust lockerte sich langsam, doch mein Herz raste noch immer.

"Du weißt, es geht hier um mehr als nur um dich und Mila", fuhr Lic fort, seine Stimme jetzt ruhiger und eindringlich. "Wenn du jetzt nach Mexiko stürmst, riskierst du nicht nur dein Leben, sondern auch alles, woran wir gearbeitet haben."

Ich atmete schwer, während die Worte in mir nachhallten. Jeder Instinkt schrie danach, sofort etwas zu tun, nicht nur hier herumzustehen. "Ich kann nicht einfach hier rumsitzen, Lic. Mila ist in Gefahr!"

"Und genau deswegen müssen wir vorsichtig sein", erwiderte er, trat einen Schritt näher. "Wenn du jetzt impulsiv handelst, spielt das Fabrice in die Hände. Der Ball in Portugal ist unsere beste Chance, ihn in die Ecke zu drängen. Wir haben die Unterstützung der Barãos und der Camorra. Du musst Geduld haben."

Ich biss die Zähne zusammen, der Kampf in mir tobte weiter. Doch als ich auf die Menschen um uns herum blickte, die ihrem Alltag nachgingen, fühlte ich, wie die Verzweiflung an mir nagte. Mila war draußen, allein. Jede Sekunde, die verstrich, fühlte sich an wie ein Schlag ins Gesicht.

"Was jetzt?" Fragte ich schließlich, die Wut wich allmählich einer festen Entschlossenheit.

Lic nickte langsam, zufrieden, dass ich ihn angehört hatte. "Wir fliegen nach Portugal, bereiten alles vor und arbeiten eng mit der Barão und der Camorra zusammen. Sobald der Ball beginnt, werden wir bereit sein. Fabrice Cortes wird keine Chance haben."

Ich atmete tief durch, ließ meine Finger sich langsam entspannen. "Gut. Wenn das schiefgeht, Lic-"

"Es wird nicht schiefgehen", unterbrach er mich, seine Stimme fest. "Wir haben einen Plan. Diesmal ziehen wir es richtig durch."

Ohne ein weiteres Wort setzten wir unseren Weg fort, Seite an Seite. Bruder an Bruder.

♤PoV Mila♤

Als der Jet schließlich zur Landung ansetzte und das vertraute, doch düstere Panorama von Mexiko unter uns auftauchte, spürte ich, wie sich mein Magen zusammenzog. Die Stadt, die mir einst so viel bedeutete, hatte nun den bitteren Nachgeschmack von Verrat und Angst. Sie war der Ort, an dem ich aufgewachsen war, wo meine Wurzeln lagen und doch fühlte es sich an, als würde ich in einen Käfig zurückkehren.

Der Jet rollte auf die Landebahn und kam schließlich zum Stillstand. Ich atmete tief durch, spürte, wie die Anspannung in meinen Schultern zunahm. Jede Sekunde, die verstrich, brachte mich weiter in die Fänge meiner Familie zurück und mit jeder Sekunde entfernte ich mich mehr von Lucio. Der Gedanke an ihn brannte in mir, wie eine Wunde, die nicht heilen wollte.

"Willkommen zurück, Mila", sagte Fabrice kühl, während er sich erhob. Seine Worte klangen wie eine höhnische Begrüßung in eine Welt, die ich längst hinter mir gelassen hatte. Ich erwiderte nichts, stand auf und folgte ihm wortlos die schmale Treppe des Jets hinunter.

Der heiße, trockene Wind Mexikos traf mich wie eine Mauer, als ich aus dem Flugzeug trat. Die Sonne brannte auf meine Haut, doch die Wärme brachte keine Erleichterung. Sie verstärkte nur das Gefühl, gefangen zu sein. Vor dem Flugzeug stand bereits ein schwarzer SUV bereit. Mein Herz raste, als ich den Wagen bestieg und ich spürte, wie die Enge in meiner Brust zunahm.

Die Fahrt war still. Fabrice sprach nicht und ich war zu sehr in meinen Gedanken gefangen, um die Stille zu durchbrechen. Ich dachte an Lucio, an den Kuss, den wir uns zum Abschied gegeben hatten. Es war voller Emotionen gewesen, doch gleichzeitig hatte es sich angefühlt, als würde ich ihn für immer verlieren. Die Vorstellung, dass er jetzt Tausende von Kilometern entfernt war und ich nichts tun konnte, um ihm zu helfen, nagte an mir.

Als wir das Herrenhaus erreichten, fühlte es sich an, als hätte sich eine unsichtbare Kette um meinen Hals gelegt. Ich kannte dieses Gefühl zu gut - die Last der Erwartungen, die mich erdrückte. Der Wagen fuhr auf den makellos gepflegten Wendekreis, der zum Haupteingang führte. Zwei Wachen standen auf jeder Seite des Eingangs, die Gesichter kalt und regungslos.

"Dein altes Zuhause", murmelte Fabrice, während wir aus dem Wagen stiegen. Seine Stimme triefte vor Selbstzufriedenheit. "Es hat sich nichts geändert, oder?"

Ich trat aus dem Auto, die schwere Luft des späten Nachmittags schien wie eine stumme Warnung zu sein. Das Anwesen vor mir, mein Zuhause, wirkte plötzlich fremd. Jede Ecke, die ich kannte, jede Mauer, die mich jahrelang beschützt hatte, schien jetzt stumm und bedrohlich. Die Tore hinter mir schlossen sich mit einem dumpfen Klicken. Ein Geräusch, das mir früher Sicherheit gab, klang jetzt wie das Schließen einer Falle.

Ich ging die Stufen des Anwesens hinauf, jeder Schritt auf dem kalten Marmor fühlte sich schwerer an als der vorherige. Die Türen öffneten sich mit einem leisen Knarren und die Stille, die mich im Inneren empfing, war erdrückend. Früher war dies mein Zuhause gewesen, voller Lachen, Stimmen und lebendiger Erinnerungen. Jetzt war es nur noch ein Gefängnis, das mich wieder in seine Fänge zog.

Fabrice folgte mir dicht, seine Schritte ruhig und selbstbewusst. Er ließ den Blick durch den Raum gleiten, als ob er die Macht, die er über mich hatte, auskostete. Ich konnte seinen Blick spüren, wie er mich beobachtete, jede meiner Bewegungen kalkulierte.

Ich sah mich im Raum um, bemerkte die kleinen Veränderungen. Die dezenten Kameras, die in den Ecken des Raumes angebracht waren, die Bewegungen von Fabrices Männern, die diskret und wachsam waren. Überwachung. Kontrolle. Sie hatten das Haus verwandelt. Mein Zuhause war jetzt ein vollständig überwachtes Gebiet. Nichts würde meinem Blick oder meiner Aufmerksamkeit entgehen.

Fabrice trat näher, seine Hand legte sich schwer auf meine Schulter. "Du weißt, dass es nicht nur um dich geht, Mila", flüsterte er, sein Atem heiß an meinem Ohr. "Wenn du dich an die Regeln hältst, wird alles gut." Er ließ den Satz unvollendet und die Drohung hing schwer in der Luft.

Ich spürte, wie sich mein Herz zusammenzog. Fabrice war nicht nur ein Gegner, sondern er war jemand, der bereit war, alles zu tun, um die Kontrolle zu behalten. Und jetzt hatte er mich, hier, in meinem eigenen Zuhause, eingesperrt wie einen Vogel im Käfig.

"Es ist besser, wenn du mitspielst", fuhr er fort, seine Stimme so glatt wie Gift. "Du wirst überwacht, das weißt du. Versuche keinen falschen Schritt."

Wieder sagte ich nichts, doch ich hob meinen Blick und starrte ihm direkt in die Augen. Eine stumme Herausforderung. Fabrice grinste nur, als hätte er genau das erwartet. Dann drehte er sich um und winkte seinen Männern zu, ihm zu folgen. "Ich habe noch andere Geschäfte zu erledigen", sagte er kühl, während er sich Richtung Tür bewegte. "Bleib brav, Mila."

Mit diesen Worten verließ er den Raum und ich war allein. Doch nicht wirklich. Ich wusste, dass sie mich beobachteten. Jeder meiner Schritte würde überwacht werden, jede Bewegung analysiert.

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