Kurz darauf klopfte es an der Tür, wobei Lucio kurzzeitig das Schlafzimmer verließ. Zwei Frauen traten mit freundlichem Lächeln ein. Ich warf Lucio einen skeptischen Blick zu. "Du machst das schon", lachte dieser auf und verschwand endgültig aus meinen Augen.
Daraufhin begannen die Frauen mit ihrer Arbeit. Sie öffneten den Koffer, der allerlei Kosmetikprodukte, Haarstyling-Werkzeuge und Zubehör enthielt. Während sie mein Haar in kunstvolle Wellen legten und mein Gesicht mit dezentem, dennoch wirkungsvollem Make-up schmückten, glitt meine Aufmerksamkeit immer wieder zu dem marineblauen Kleid. Es war ein Symbol für den Luxus und die Macht, die Lucio verkörperte und gleichzeitig ein Geschenk, das mich verunsicherte.
Nach einer Weile stand ich endlich in dem fertigen Outfit vor dem Spiegel. Das marineblaue Kleid schmiegte sich perfekt an meine Figur, betonte meine Kurven und strahlte eine zeitlose Eleganz aus. Der Schmuck funkelte im Licht und die hohen Absätze verliehen mir eine aufrechte Haltung, die Selbstbewusstsein ausstrahlte. Die beiden Frauen traten zurück und betrachteten ihr Werk mit Zufriedenheit.
"Ich danke Ihnen", sagte ich lächelnd und sie packten ihren Koffer. Ich hingegen strich das Kleid an mir entlang und umfasste anschließend die silberne Halskette. "Sie ist schön", nuschelte ich und begann zu grinsen.
Doch mir fiel auf, dass ich mich nicht alleine im Spiegel bemusterte. "Dir steht das Kleid", meinte Lucio kurz und knapp, als er sich ruckartig vom Türrahmen entfernte.
Für einen Moment verlor ich mich selbst in Singapur. Der stressige Alltag war nicht mehr vorhanden, sogar mein Wohlbefinden verbesserte sich, was ungewöhnlich war. Schließlich hatte ich vor nicht allzu langer Zeit meinen Vater verloren und fand Dinge heraus, die mich beinahe in den Abgrund rissen.
Ich ließ meine komplette Familie hinter mir, um eine starke und selbstständige Frau zu sein, die die Arbeit meines Vaters fortsetzen will. Dennoch klagte die Unruhe in mir, sobald ich an die Drohungen von Fabrice dachte.
Mein Blick senkte sich und ich versuchte, meine professionelle Miene aufzusetzen, um meine Kontakte für den heutigen Abend zu erweitern. Ich bemerkte, wie die zwei Frauen das Schlafzimmer verließen und ich folgte ihnen.
Ich erkannte in der leichten Dämmerung, wie Lucio mit dem Rücken zu mir gewandt aus dem großen Fenster hinaussah. Er schien genauso nachdenklich zu sein wie ich.
"Als mein Vater verstarb, wusste ich von den Machenschaften nichts. Schlagartig musste ich mein eigentliches Leben als Moderatorin aufgeben und in eine Welt schlüpfen, die mir fremd war. Ich hatte niemanden außer der Unterstützung meiner Mutter, meines Onkels und meines Cousins. Als du mir die Beweise hinterlegt hast und ich meinen Onkel damit konfrontierte, hätte er mich am liebsten tot gesehen. Ich gebe zu, dass ich versuche, stark zu wirken und zu überleben. Zumal ich zugeben muss, dass du die letzte Person bist, die für mich wie ein Anker ist", ich stand direkt neben ihm und er hörte ruhig zu.
Als er mich neben sich ansah und ich ihn, konnte ich Fragen in seinen Augen erkennen. "Wieso erzählst du mir das?" Ich legte meinen Kopf schief und begann zu schmunzeln. "Weil du meintest, dass wir uns gegenseitig vertrauen sollten, wenn wir ein Bündnis eingehen", er verstand.
"Deinen Vater habe ich kurzzeitig als Kleinkind kennengelernt. Meinem Vater war es schon immer bewusst, dass es beim Betrug um Fabrice geht, doch dein Vater wollte das nie wahrhaben. Mein Vater erinnerte sich gerne an die Vergangenheit zurück und trauert bis heute noch um deinen Vater. Dein Onkel spielt ein falsches Spiel, was er schon damals tat. Für das, was er uns, deinem Vater und dir angetan hat, sollte er bestraft werden. Ein Bündnis würde ihn schwächen, da wir unantastbar werden und mächtige Menschen hinter uns haben. Im Namen meiner Familie werde ich dich beschützen und für dich der Anker sein, den du benötigst", ich verlor die Kontrolle, sodass eine Träne über meine Wange rollte.
Behutsam strich er diese beiseite und zog mich unerwartet in seinen Arm. Eine Umarmung, die ich nur allzu selten bekam. Ich fühlte mich geborgen und kam mir vor, als würden wir uns eine Ewigkeit kennen. Seine Worte berührten mich, vor allem zu wissen, dass ich nicht aufgeschmissen bin.
"Du solltest nicht weinen", sprach er beruhigend, als ich zu ihm hochsah und seine Arme weiterhin um meine Taille verweilten.
"Das Kleid steht dir nicht nur, sondern du bist eine hübsche Frau, die Mut und Stärke besitzt", sagte Lucio. Wir verharrten einen Moment in dieser Position, dann trat ich einen Schritt zurück. "Wir sollten die Gäste nicht warten lassen", sagte ich, während ich verlegen eine Haarsträhne hinter mein Ohr klemmte.
Schüchtern war ich eigentlich nie, doch die Situation war ungewohnt. Also versuchte ich, meine professionelle Maske wieder aufzusetzen. Lucio und ich verließen gemeinsam die Suite und gelangten direkt in einen freien Fahrstuhl.
Die Stille im Fahrstuhl, unterbrochen nur von leiser Hintergrundmusik, war fast greifbar. Lucio schien genauso nachdenklich wie ich.
Daraufhin traten Lucio und ich aus dem Fahrstuhl und wurden sofort von einem Mitarbeiter des Hotels in makelloser Uniform begrüßt. Er lächelte freundlich und trat respektvoll einen Schritt näher.
"Guten Abend, Ms. Cortes und Mr. García. Ihr Tisch ist bereits vorbereitet. Darf ich Sie dorthin begleiten?" fragte er mit einer geschmeidigen Geste.
"Sehr gern", antwortete Lucio mit einem höflichen Nicken.
Der Mitarbeiter führte uns durch die beeindruckende Lobby, vorbei an weiteren Gästen, die sich entspannt unterhielten oder die kunstvollen Dekorationen bewunderten.
Unser Weg führte uns zu einem exklusiven Bereich des Restaurants, der sich im Hotel befand. Zudem wurde der private Raum durch große, kunstvoll verzierte Trennwände aus Holz und Glas vom Rest des Restaurants abgeschirmt. Der private Speisebereich bot einen atemberaubenden Blick auf die nächtlich erleuchtete Skyline von Singapur, die durch die großen Panoramafenster sichtbar war.
Vor uns befand sich ein großer, geschmackvoll gedeckter Tisch, der mit feinem Porzellan, funkelnden Kristallgläsern und silbernem Besteck gedeckt war. In der Mitte des Tisches stand ein Blumengesteck.
Am Tisch saßen bereits Premierminister Lee Kuan Yew und die Immobilienunternehmerin Yang Huiyan. Beide erhoben sich höflich, als wir näher kamen. Der Premierminister war ein Mann mittleren Alters mit einem Gesichtsausdruck, der sowohl Weisheit als auch Entschlossenheit zeigte. Yang Huiyan strahlte eine ruhige Autorität aus, ihre Präsenz war unübersehbar.
"Guten Abend, es freut mich, Sie kennenzulernen", sagten die beiden einflussreichen Personen. "Die Freude ist ganz auf meiner Seite", erwiderte ich mit einem strahlenden Lächeln.
Schließlich nahmen wir nach der herzlichen Begrüßung Platz und der Kellner brachte sofort eine Auswahl an exquisiten Vorspeisen. "Lucio, du hattest von einer Begleitung nichts erwähnt. Wir wussten nicht, dass du eine Frau hast", dabei lagen die Blicke auf mir.
"Nein, wir sind kein Paar. Lucio und ich sind Geschäftspartner, wobei wir unsere Geschäfte weiterentwickeln möchten", der Minister begutachtete mich und erhob eine Braue. "Entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten, doch wie war Ihr Name noch mal?" Ich blieb ruhig und gelassen.
"Mein Name ist Mila Cortes und ich bin genauso wie Lucio Vermittlerin zwischen Politikern und Organisationen", unwirklich sahen sie Lucio an. "Sie waren eine erfolgreiche Moderatorin in Mexiko. Sind die Vermittlungen der Grund dafür, dass Sie mit Ihrem Beruf aufgehört haben?" Ich biss mir auf die Zunge und bestätigte.
"Unsere vergangenen Familienkonflikte sind in der Vergangenheit geblieben. Wir möchten unsere Reichweite nutzen, um eine größere Bandbreite zu erzielen. Demnach würde das die Wirtschaft nochmals ankurbeln und mehr Gewinne erzielen, sobald die Kontinente miteinander handeln", sagte ich. Lee Kuan Yew lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
Ein Moment der Stille breitete sich aus, während wir die ersten Bissen probierten. Doch die Stille war kurzlebig, denn Premierminister Lee Kuan Yew lehnte sich vor und nahm das Gespräch wieder auf.
"Interessant, Frau Cortes", sagte er langsam, als ob er jedes Wort abwägen würde. "Ihre Perspektive auf die wirtschaftliche Entwicklung ist bemerkenswert. Doch lassen Sie uns ehrlich sein: Die Art von Handelsware, die Sie ansprechen, ist illegal."
Yang Huiyan nickte zustimmend. "In der Tat. Die Risiken sind enorm, vor allem wenn die Organisationen von anderen Kontinenten stammen, dennoch wären die Gewinne ansprechend. Wie stellen Sie sicher, dass die Politiker den Handel ermöglichen und davon profitieren werden?"
"Eine diskrete Beziehung zwischen Organisationen und Politikern, das ist unsere Aufgabe", antwortete ich ruhig. "Die Politiker erhalten nicht nur persönliche finanzielle Vorteile, sondern auch eine stabilere Wirtschaft in ihren jeweiligen Ländern. Unsere Strategie basiert auf Vertrauen und gegenseitiger Abhängigkeit. Die Waren werden unauffällig transportiert und verteilt, um Aufmerksamkeit zu vermeiden."
"Lucio", setzte Yang Huiyan an, ihre Augen schmal zusammengekniffen, "der Handel innerhalb Asiens ist doch zufriedenstellend. Warum dieses Risiko eingehen?"
"Weil das Potenzial weit über Asien hinausgeht. Mit der Unterstützung von Organisationen wie der Camorra und den Barãos könnten wir einen globalen Handel aufbauen, der es uns ermöglicht, Macht und Einfluss auf allen Kontinenten zu erweitern. Es geht nicht nur um Profit, sondern auch um strategische Allianzen, die uns unantastbar machen."
Premierminister Lee Kuan Yew lehnte sich zurück und betrachtete Lucio und mich nacheinander. Sein Blick war durchdringend, als ob er unsere Worte abwog und gleichzeitig die Risiken und Vorteile analysierte. "Ein globaler Handel dieser Art", meinte Lucio.
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