♤11♤
Zögernd öffnete ich den Brief und enthüllte das Geheimnis. Es war ein kleiner Zettel, in welchem ein Attest vorlag, mit dem ich meine Arbeitszeit verkürzen könnte.
Nachdenklich verstaute ich das Attest und blickte verstummt aus dem Fenster. Meine Blicke verharrten, als wir in Mexiko-Stadt angelangten und wir durch die vollen Straßen hindurch fuhren.
Mein Fahrer hielt direkt vor der Redaktion an, doch ich zögerte vorerst. Den Briefumschlag ließ ich in meine weiße Handtasche gleiten und trat soeben aus, als mir die Tür geöffnet wurde.
Mit jedem Schritt, den ich der Redaktion entgegen kam, brach ein Teil von Mila Cortes in Stücke. Schmerzerfüllt darüber, das mein Leben sich abrupt umgestalten wird und ich einen Teil meines Berufes aufgeben müsste, tat weh.
Ich atme tief ein und dann wieder aus, bevor ich die Redaktion betrat. Mein Herz schlug schneller, genau wie die Aufregung anstieg. Kollegen erkannten mich und begrüßten mich herzlich.
Laura, meine Sekretärin, erkannte ich ebenfalls. Sie begrüßte mich und ging neben mir her. "Wie geht es dir?" Fragte sie vorsichtig, als wir in die Richtung meines Büros kamen. "Um ehrlich zu sein, könnte es mir besser gehen", erwähnte ich.
Meine Tasche legte ich auf den runden Tisch ab, während Laura die Glastür hinter sich schloss. "Was gibt es für Neuigkeiten? Wie lief meine Vertretung? Um ehrlich zu sein, habe ich keine Zeit für das mitverfolgen gehabt", sie zog sich ihren Zopf zusammen und gesellte sich zu mir an den Tisch, an welchem ich mich hingesetzt hatte.
"Die Vertretung kann dich nicht ersetzen, Mila. Nachdem dein Vater gestorben war, waren die Quoten sehr hoch. Sie haben dich erwartet und nicht unsere Vertretung", ich verstand und begann langsam verunsichert mit meinem Bein auf und ab zu wippen.
"Ich muss dir etwas mitteilen, Laura-", bevor ich jedoch weiter fortfahren konnte, platze jemand in das Büro hinein. "Ich habe andauernd versucht, dich zu erreichen. Vorbeifahren wollte ich nicht, da ich dich nicht stören wollte", Natalia, meine Vorgesetzte stand vor uns und schloss hinter sich erneut die Tür.
Ich biss mir auf die Zunge und unterdrückte das Gefühl von Angst. "Ich war sehr beschäftigt Nehmt mir das bitte nicht übel", erklärte ich, und sie gesellten sich zum Tisch .
"Allerdings habe ich durch die Medien erfahren, dass du in einen neuen Club gegangen bist", mittlerweile konnte ich die Angst nicht mehr bändigen. "Mein Cousin bestand darauf, dass ich abgelenkt werde", rechtfertigte ich mich.
"Mila, was wolltest du mir vorhin sagen?" Erklang die Stimme von Laura, weshalb ich zittrig meine Handtasche zu mir nahm und den Briefumschlag herausnahm.
"Ich muss euch etwas mitteilen", begann ich erneut die Ansprache. Alle Augen waren auf mich gerichtet, die Anspannung deutlich spürbar und die Unsicherheit kaum zu unterdrücken.
Ich schob den Briefumschlag Natalia entgegen, den sie unverzüglich öffnete und den Bescheid auf den Tisch platzierte. "Mila, was möchtest du mir damit sagen?", fragte sie irritiert, Laura sah neugierig auf den Bescheid hin.
"Ich kann nicht mehr Vollzeit arbeiten, Natalia." Jeder verstummte in dem Raum und dachte nach, was sie sagen sollte. Aus Sekunden worden Minuten, in denen keiner etwas tat.
"Mila, jeder weiß das du eine schwierige Zeit hast, dennoch können wir nicht auf dich verzichten und benötigen dich als Vollzeit-Kraft." Mein Herz schmerzte, als ich in Natalias Augen sah. Wie gerne ich ihr den Wunsch erfüllen wollte, doch mein Schicksal öffnete andere Türen für mich.
"Es geht nicht", betonte ich, woraufhin Natalia vom Stuhl aufstand und mich ansah. "Wie stellst du dir das vor?" Sie war nicht wütend.
"Ich werde nur zum Moderieren erscheinen", schüttelte sie kräftig ihren Kopf. "Du weißt selbst, dass wir dich bei den Planungen und Meetings benötigen. Alleine die Themen, die die Produktion vorschlägt, müssen sitzen und das kann nur eine Vollzeit-Kraft." Ich atme schwer ein, dann wieder aus.
"Ich kann nicht anders, Natalia. Der Tod meines Vaters, die Beerdigung, die Problematik meiner Familie sind eine starke Last für mich. Denkst du, ich habe mir so etwas ausgesucht? Die Zuschauer würden merken, dass in mir etwas gestorben ist, wie mein Vater, der unter der Erde liegt", mit großen Augen sah sie mich an.
"Wie möchtest du fortfahren?" Sie blieb ruhig und sah mich an. "Du solltest dir solange eine Auszeit nehmen, wie du möchtest. Hiermit ist keinem geholfen, wenn es dir mental nicht gut geht. Schließlich repräsentierst du die Redaktion", trat Laura unerwartet in das relativ hitzige Gespräch ein.
"Eine andere Wahl sehe ich hierbei nicht", murmelte Natalia, sodass mir ein kleiner Stein vom Herzen
fiel. "Ich kann euch nicht sagen, wann genau ich in die Branche wieder einsteigen kann", erklärte ich ihnen wahrheitsgemäß. "Wir werden deine Vertretung besser einarbeiten müssen und auf etwas längerfristiges vorbereiten. Du entscheidest selbstständig, wann du auf Sendung möchtest", ich bemerkte, wie eine Träne mir die Wangen hinunter lief.
Ohne weiteres kam Natalia auf mich zu und zog mich in die Arme. "Ich werde immer hinter dir stehen und stehe für dich immer zur Verfügung, Mila", die tiefe Trauer meines Vaters war manifestiert, doch der Schatten meiner Familie war umso schwerer.
"Du solltest nach Hause und reisen, damit du auf andere Gedanken kommst", erklärte sie mir. "Du bist immer willkommen und das weißt du", ein leichtes Grinsen gab ich ihnen, doch die Freude darüber war alles andere als Lebensfreude.
Mein Beruf wurde entnommen, damit ich einer anderen Aufgabe nachgehen kann. Es war das Beste für die Geschäfte meiner Familie und für die Redaktion.
"Ich werde euch besuchen kommen", wobei ich aufstand und meine Tasche zu mir nahm. Ihre Worte hielten in meinem Kopf, als ich mit ihnen das Büro verließ.
Sie begleitete mich zum Ausgang, wobei der Gang sich wie ein Ende meiner Karriere anfühlte. Regelrecht musste ich mir die Tränen zurückhalten, als ich mich zu ihnen umdrehte und die beiden umarmte. Die Umarmungen fühlten sich wie ein Ende eines Kapitels an.
Mein Fahrer erkannte ich da, wo sich die meisten Fahrer aufhielten. Als er mich jedoch erkannte, ließ er den Wagen vorfahren, sodass ich einsteigen konnte.
Im Fahrzeug zückte ich mein Smartphone und strich mir eine Träne von der Wange, nachdem wir davon fuhren. In den letzten Tagen befand ich mich kaum im Internet, weshalb mir die Neuigkeiten in den Medien nicht bekannt waren.
Durch das Scrollen erkannte ich einige Titel, indem ich meinen Namen erkannte. Zumal wurde über den
Tod meines Vaters berichtet und über den Aufenthalt im Club. Ich verdrehte die Augen und ignorierte das Geschriebene.
Stattdessen rief ich meinen Cousin an.
♤Telefonat♤
Toni: Hola Mila!
Ich: Hola Toni! Natalia hat mich für unbestimmte Zeit freigestellt.
Toni: Das ist vielleicht noch besser. Wie geht es dir damit?
Ich: Um ehrlich zu sein, vermisse ich meine Arbeit und das Moderieren. Ich möchte bis auf weiteres kein Wort verlieren. Hast du Neuigkeiten für mich?
Toni: Ein Anwesen außerhalb Mexiko-Stadt wurde arrangiert. Die Einladungen sind am Morgen raus gegangen und haben schon einige Zusagen erhalten.
Außerdem erhielten wir eine Einladung von der mexikanischen Organisation für den heutigen Abend.
Sobald ich eine Arbeit abgelegt habe, rückte die andere Arbeit mehr in den Vordergrund.
Ich: Sage zu, denn ich habe keine weiteren Termine.
Toni: Ich werde dich heute Abend abholen. Ciao!
Ich: Ciao!
♤Telefonat beendet♤
Ich ließ meinen Kopf gegen das Fenster lehnen. Die Fahrt zurück zum Anwesen war eine Zeit der Stille und der tiefen Reflexion. Während mein Fahrer durch den Verkehr von Mexiko-Stadt navigierte, saß ich still in meinem Sitz und ließ meine Gedanken wandern.
Die vorbeiziehenden Häuser und die flüchtigen Bilder der Stadt verschwammen zu einem unscharfen Hintergrund, während ich mich ganz auf meine inneren Gefühle konzentrierte.
Erinnerungen an vergangene Tage und Wochen fluteten meinen Geist. Die Trauer um meinen Vater, die Herausforderungen in der Redaktion, die ungelösten Fragen in meiner Familie - all das mischte sich zu einem komplexen Geflecht von Emotionen, das mich nicht losließ.
Ich ließ meinen Blick über die vorbeiziehende Landschaft schweifen, doch meine Augen sahen mehr mit dem Herzen als mit den Sinnen.
Es sei, als wäre ich in meinem eigenen Kokon der Gedanken gefangen, während die Zeit langsam verging.
Als wir schließlich die Tore des Anwesens passierten und den Wagen zum Stehen brachten, kehrte die Unruhe zurück und ich stieg aus dem Wagen.
Ich betrat das Anwesen und begrüßte die Mitarbeiter. Mein Weg führte direkt in das Büro, wo sich die Aktenordner befanden. Der Raum strahlte eine gewisse Ruhe und Gelassenheit aus.
Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und öffnete einen der Aktenordner, die Präsenz auf meinem Schreibtisch lagen. Die Seiten waren mit handschriftlichen Notizen meines Vaters gefüllt.
Obwohl ich mir eine Namensliste erstellen wollte und ich durch weitere Blätter stöberte, fiel mir ein Blatt ganz besonders auf. Der Zettel war leicht mit einem anderen Zettel zerklebt, weshalb ich den am gestrigen Tag übersehen hatte.
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