Kapitel 11: Fahrerflucht (1.140)

„Aish." vernehme ich auch direkt die Stimme des Arztes, welcher schnellen Schrittes zu Jungkook geht, der unverändert auf dem Bett liegt.

Er nimmt nun, genau wie ich zuvor, das Gesicht des Schwarzhaarigen in seine Hände und sieht ihn sich genau an. Noch immer sind die Augenlider des Jüngeren halb geschlossen und noch immer zucken seine Augen immer wieder hin und her.

„Felix!" höre ich den Arzt nach Jungkook's Krankenpfleger rufen, welcher auch nur kurz darauf im Türrahmen erscheint. Geschockt sieht er Jungkook an, ehe der Arzt ihn wohl aus seiner Trance holt, indem er sagt: „Rufen Sie sofort Jeon Seokjin hierher!" Der Krankenpfleger nickt und eilt auch schon nach draußen, um zu telefonieren.

„Hey, können Sie mich hören?" fragt Doktor Lee Jungkook, welcher jedoch nicht die geringste Reaktion zeigt, stattdessen kann ich nur sehen, wie sich die Augen des Schwarzhaarigen nun langsam aber sicher schließen und auch sein Körper erschlafft. Voller Panik sehe ich von Jungkook zum Arzt hoch, welcher jedoch anscheinend vollkommen ratlos scheint.

„Worüber haben Sie mit ihm gesprochen, Herr Kim?" fragt Doktor Lee mich, der jedoch immer noch Jungkook ansieht. „Ich...Ich..." Weiter komme ich nicht, da schon Jeon Seokjin in das Zimmer gestürmt kommt und mit großen Augen seinen Bruder ansieht, während er ein fassungsloses „Kookie." ausstößt und anschließend direkt auf ihn zu geht.

Der Blondhaarige setzt sich neben den bewusstlosen Jungkook auf das Bett und streicht ihm mit einer Hand einige Haarsträhnen aus dessen verschwitzte Stirn und legt anschließend eine Hand an die Wange seines Bruders und streicht nun auch dort mit seinem Daumen sachte über diese.

Ich kann sehen, wie auch dem blondhaarigen Arzt Tränen aus den Augen kommen. „Was ist passiert?" fragt Jin seinen Kollegen, welcher ihn ratlos ansieht. „Ich weiß es nicht genau. Eine Art Anfall, glaube ich." „Hat irgendjemand von der Klippe oder einem Autounfall gesprochen? Oder hat ihn vielleicht jemand gefragt, warum er hier ist?" fragt Doktor Jeon weiter und sieht nun mich und Doktor Lee an, weshalb ich meine Lippen zusammenpresse, meine Augen zusammenkneife, sodass mehr Tränen aus ihnen kommen und ich langsam nicke.

Ich vernehme ein leises Seufzen des blondhaarigen Arztes, ehe dieser wieder seine Stimme erhebt: „Danke, Taemin. Ich werde mich jetzt um meinen Bruder kümmern." Der Angesprochene nickt und verbeugt sich kurz, ehe er dann das Krankenzimmer verlässt.

Während Jin seinen Bruder nun richtig in das Bett legt und ihn zudeckt, stehe ich wie bestellt und nicht abgeholt noch immer auf demselben Platz. „Ich bin bei dir. Okay, Kookie?" höre ich die Stimme des Arztes, welcher seinem Bruder nun einen Kuss auf seine Stirn gibt. Dann wendet sich der Blondhaarige mir zu.

Er legt beruhigend eine Hand auf meine Schulter und sagt währenddessen: „Mach dir keine Vorwürfe, Taehyung. Du wusstest ja schließlich nicht, dass er einen Anfall bekommen wird." Wieder seufzt der Arzt, ehe er sagt: „Ich wusste, dass es keine so gute Idee war, jemanden zu Jungkook ins Zimmer zu lassen. Ich will dir keinen Vorwurf machen, Taehyung, aber es wäre besser gewesen."

„Was...Was hat er denn? Warum...Warum hat er einen Anfall bekommen, nur weil ich gefragt habe, warum er hier ist?"

„Jungkook hat ein Trauma." beginnt mir der Arzt zu erklären, welcher sich einen Stuhl schnappt und diesen dann neben das Bett seines Bruders stellt und dessen Hand ergreift. Beruhigend streicht er über seinen Handrücken, während ich mich auf mein Bett setze und den Schwarzhaarigen einfach nur ansehe.

„Eigentlich dürfte ich es dir nicht sagen, wegen Ärztlicher Schweigepflicht und so, aber es geht hier immerhin um meinen Bruder und ich will nicht, dass sich sowas wiederholt. Weißt du, Taehyung, Jungkook und ich sind eigentlich keine richtigen Brüder. Meine Eltern haben ihn adoptiert, als er gerade mal frische drei Jahre wurde. Er wurde schon als Säugling in die Kinderklappe gegeben. Meine Mutter arbeitete ehrenamtlich dort und hat sich auf Anhieb in den kleinen Kookie verliebt. Ich konnte es ihr nicht einmal verübeln. Auch ich habe meinen kleinen Bruder direkt ins Herz geschlossen." fährt der Arzt fort und lächelt bei dem Gedanken an seine und Jungkook's erste Begegnung.

„Wir waren schon immer eine glückliche Familie, doch mit Jungkook wurde es wesentlich heller und schöner in unserem Haus. Immer strahlte er mit der Sonne um die Wette und war ein aufgewecktes und fröhliches Kind. Wer konnte ihn mit diesem Charakter und seinem hasenähnlichen Lächeln denn auch nicht sofort in sein Herz schließen? Jedenfalls gab es kaum eine Zeit, in der mein Bruder nicht glücklich lächelte. Doch das änderte sich drastisch, kurz nach seinem dreizehnten Geburtstag."

Ich kann sehen, wie sich eine Träne aus dem Auge des Blondhaarigen löst, welche er jedoch schnell wegwischt.

„Der achte September war ein schicksalshafter Tag für unsere Familie. An diesem Tag änderte sich das Leben von Jungkook und mir, doch besonders das von meinem Bruder. Das jedoch ganz und gar nicht im positiven Sinne. Ich war mit Freunden im Urlaub in Spanien und Jungkook und unsere Eltern waren zusammen unterwegs, als es passierte. Ein betrunkener Fahrer kam von der Spur ab und fuhr somit mitten auf die der Gegenfahrbahn, als Jungkook und unsere Eltern gerade dort lang fuhren. Unser Vater konnte zwar ausweichen, jedoch fuhr er geradewegs auf die Klippe zu."

Als Jin das sagt, stockt mein Atem.

Das heißt also, Jungkook war der Junge, der an jenem Tag zusehen musste wie seine Eltern starben?

„Das Auto kam zum Stehen, jedoch sahen Jungkook und unsere Eltern direkt in den Abgrund der Klippe. In ihren eigenen Tod. Bei der plötzlichen Bremsung unseres Vaters rutschte Jungkook so weit nach vorne, dass sein Bein zwischen dem Sitz meiner Mutter eingeklemmt wurde. So zog er sich seine Knochenquetschung zu, die ihm bis heute noch zu schaffen macht, doch ist das nicht einmal mehr das Schlimmste. Nach einer ganzen Weile kamen dann Feuerwehr und Polizei. Die Feuerwehr konnte zwar Jungkook retten, jedoch nicht unsere Eltern. Kaum hatten sie Jungkook aus dem Wagen befreit, fiel dieser nun in die Tiefe. Jungkook sagte mir, dass er noch ganz genau die Gesichter unserer Eltern vor Augen hatte, als sie in den Abgrund fielen. Das Auto kam unten auf und explodierte mit einem Knall, den man gefühlt in ganz Seoul hören konnte."

Nun beginnt Seokjin richtig zu weinen, doch hält sein Schluchzen zurück, indem er seine Lippen aufeinander presste.

„Noch am selben Tag erhielt ich den Anruf, dass Jungkook im Krankenhaus war und unsere Eltern gestorben sind. So schnell ich konnte packte ich dann also meine Sachen und flog zurück nach Seoul, wo ich direkt in das Krankenhaus fuhr. Mit Koffer und allem drum und dran. Dort angekommen wurde mir genau gesagt, was passiert war. Dass meine Eltern in diese Klippe gestürzt sind, dass der Unfallverantwortliche Fahrerflucht beging und dass mein Bruder im Koma lag."

Erneut stockt mir der Atem.

Fahrerflucht

Genau das, was mein Vater auch getan hat. Und zwar im September vor.....Vor ziemlich genau fünf Jahren.....



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