Mittwoch, 05.05.2010

Ja, ich schreibe das jetzt im Deutschunterricht. Ich habe kein Bock mich da später dran zu setzen und ich bin so fucking müde, dass ich es kaum erwarten kann zu pennen sobald ich zuhause bin. Da will ich das hier nicht auch noch schreiben müssen.

Ja, ich habe erst n freiwilliges soziales Jahr gemacht und mache jetzt mein Abi nach.

Das FSJ war ja mal anstrengend. Aber das ist nichts im Vergleich zu dem Unterricht jetzt.

Nicht, weil der Unterricht in irgendeiner Art und Weise anstrengend ist. Sondern, weil es die Lehrer nen scheiß interessiert, das sie mich jedes Mal deadnamen. Zumindest die meisten.

Daher habe ich auch aufgehört mich zu melden.

Okay okay ich habe es nicht allen gesagt. Aber die, die es wissen scheinen es schon wieder vergessen zu haben. Oder aber sie fühlen sich seltsam dabei mich so anzureden, weil ich noch weiblich aussehe.

Das ist so ein Schrott. Ich habe mir schon die Haare abgeschnitten und trage jeden Tag Binder, in denen ich, nebenbei bemerkt, nicht einmal wirklich atmen kann. Auch trage ich ausschließlich Kleidung für Männer. Doch offenbar ist das alles nicht genug. Ich werde immer noch von fremden Personen missgendert.

Warum zum fick?! Was kann ich denn noch tun, um männlicher auszusehen?!

Am Ende hat das alles nicht dafür gesorgt, dass ich männlicher aussehe, sondern nur jünger.

Leute schätzen mich auf zwölf! Zwölf! Ich bin 19!

Letztens war ich mit Ken-chin essen und die Bedienung hat nicht einmal gefragt ob ich ne Kinderportion wollte!

Okay. Okay. Ich esse gerne Kinderportionen. Aber es ist ein Unterschied ob ich mir das aussuchen kann oder es aufgeschwatzt bekomme, weil mich die Bedienung für Minderjährig hält.

Als ob das nicht einmal schlimm genug wäre, missgendern die mich immer noch! Wenn die wenigstens denken würden ich wäre ein zwölfjähriger Junge wäre es ja eine Sache! Aber nein!

Gott. Die Bedienung dachte einfach ich wäre Kens kleine Schwester. Ich wäre am liebsten im Boden versunken. Er fand das ganze viel zu lustig. Ich hätte ihm kräftiger eine rein hauen sollen. Der hat selbst danach noch gelacht.

Das erinnert mich glatt daran, als ich mit den Jungs das letzte Mal beim Starbucks war. Ich habe ihnen gesagt ich würde Mikey heißen. Und was schreiben die auf diesen Becher?! Mikky! Mikky!!!

Wtf!

Auch das fand Kenny viel zu lustig. Aber auch Mitsuya hat gelacht. Aber die Bedienung hat das sicher nur so geschrieben, weil sie davon ausgegangen ist, dass ich ein Mädchen bin und "Mikey" kein Mädchennamen ist.

Davon bin ich fest überzeugt und das hat mir die Laune ruiniert.

Wo wir schon bei Namen sind, einen Namen zu finden ist echt nicht einfach.

Eigentlich sollte man ja meinen ich hätte mir Mühe gegeben, aber das habe ich zu Beginn tatsächlich nicht getan. Ich habe einfach den nächstbesten Namen genommen, der mir ins Auge gefallen ist. Wobei nein. Ich habe eine Fan Fiktion geschrieben und in dieser habe ich den Namen verwendet.

Natürlich war es einer, der sich trotzdem sehr schön angehört hat.

Ich habe dann später durch Zufall herausgefunden, dass das offensichtlich ein sehr beliebter Name von Transgender Leuten ist. Natürlich wollte ich keine Verbindung dazu haben. Ich hatte immer noch mit Internalisierter Transphobie zu kämpfen. Er würde mich also auf ewig daran erinnern, dass ich Transgender bin.

Das dumme war, dass ich meinem Opa und seiner neu gefundenen Freundin, so wie Kenny und Mitsuya damals bereits von dem Namen erzählt hatte.

Sie nannten mich also die ganze Zeit bei einem Namen, den ich nicht länger wollte.

Als ich mich schließlich dazu entschlossen hatte den Namen "Manjiro" zu verwenden, setzte ich meinen Opa und dessen Freundin darüber in Kenntnis.

Dann hieß es natürlich: "Wie kannst du dir überhaupt sicher sein Transgender zu sein, wenn du dir nicht mal groß Gedanken um einen Namen gemacht hast! Das ist doch das wichtigste!"

Für mich war es tatsächlich nicht das wichtigste. Das einzige was in diesem Zusammenhang wichtig war, war die Verbindung von jenem Namen zum "transgender sein".

Denn am liebsten wäre ich als Mann geboren. Ich wollte Cis sein. Ich wollte nicht die ganze Zeit daran erinnert werden Transgender zu sein, wann immer jemand meinen Namen benutzte. Am liebsten würde ich diesen Fakt vollständig vergessen.

Doch selbst als ich Ihnen die Verbindung danach erklärt hatte hieße es, ich hätte den Namen schon viel früher recherchieren sollen. Und am Ende hat dies für sie wieder an der Glaubhaftigkeit meiner Geschichte gekratzt.

Mitsuya hatte dies einfach so akzeptiert. Selbst ohne Erklärung. Auch Kenny erschien dies schlüssig. Zwar erst nachdem ich es ihm erklärt hatte, doch war mir dies egal. Solange er es verstand und mir glaubte war es egal.

Emma, so wie die Freundin meines Opas, haben mich beide gefragt warum ich mir nicht einen männlichen Namen ausgesucht habe, der meinem Geburtsnamen ähnelt.

Wie Sasao, Sasame oder Sasori.

Aber das Ding ist, ich will nicht daran erinnert werden jemals ein Mädchen gewesen zu sein. Deswegen habe ich meine erste Namenswahl auch wieder verworfen. Ich will nicht an meinen Geburtsnamen erinnert werden. Damit würde ich mir nur selbst Dysphorie geben.

Ja, vielleicht wäre es einfacher für sie sich daran zu gewöhnen, aber ich wollte das schlichtweg nicht, wegen dem eben geschriebenen Grund.

Also habe ich mich für manjiro entschieden.

Zugegeben es gibt einen Charakter in einem Manga, der mein Vorbild ist und denselben Namen trägt.

Ja, ich habe mich nach einer Mangafigur benannt! Und?!

Auch wenn es mir am Anfang sehr seltsam vor kam (vor allem weil Mitsuya den Manga kennt), war ich schon wenige Tage später doch sehr froh das gemacht zu haben. Es war einfach ein starker Confidence boost mit dem Namen angeredet zu werden.

Und Selbstbewusstsein benötigte ich momentan ohnehin mehr als jemals zuvor.

Die ganzen Kommentaren von Leuten, dass ich niemals männlich sein werde oder Aufzählungen, warum ich noch kein Mann bin, hatten stark an meinem Stolz gekratzt. Dazu kam noch das missgendern und die Unsicherheit in meinen eigenen Handlungen.

Beispielsweise auf die Männer Toilette zu gehen!

Da ich von fremden bisher fast nur mit weiblichen Pronomen angesprochen wurde, hatte ich teils großen Respekt davor in eine männliche Toilette zu gehen.

Natürlich! Denn was wenn mich jemand an quatschen würde wie: "Du hast dich wohl in der Toilette geirrt. Die Frauentoilette ist auf der anderen Seite."

Gut, das wäre noch die bessere Variante.

Ich hatte auch mehr Respekt vor Typen, die dazu noch transphobisch und eventuell betrunken waren.

Auf Feiern war ich daher nie auf der Toilette. Auf die weibliche wollte ich nicht gehen. Ich meine, wie käme das denn? Ich habe mich vor Ken-chin und Mitsuya geoutet und gehe dann auf die Frauentoilette! Würden die mir überhaupt noch glauben, dass ich trans bin, wenn ich das tue?

Gleichzeitig fühlte es sich auch einfach nur unangenehm an. Denn ich war ja keine Frau. Es fühlte sich falsch an dort hinein zu gehen.

Allerdings war es dort sicherer als in der Männertoilette, meiner Ansicht nach, nachdem sich mein Kopf tausende Szenarien ausgemalt hatte, welche alle in körperlichen Auseinandersetzungen geendet hatten.

Und ich war nun einmal physisch noch ein Mädchen. Ich verlor jeden Tag gegen Kenny im Armdrücken. Ganz egal wie sehr ich mich anstrengte.

Ah! Gleich klingelt die Glocke! Endlich Pause!

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