Freitag, 07.05.2010

Es ist scheiße schwer nen Psychologen zu finden.

Ich habe jetzt heute diesen Spezialisten angerufen. Den einzigen in meiner näheren Umgebung. Der ist 40 Minuten Fahrtzeit entfernt.

Ya der hat Wartezeiten von nem Jahr, hat mich dazu noch missgendert und meinte ich solle mir doch nen anderen suchen.

Toll.

Dann dachte ich, schreibe ich der Kassenärztlichen Vereinigung, nachdem mir ein paar andere Psychologen auf die Mails geraten haben das zu tun.

Also habe ich das getan.

Die schicken mir zwei Adressen von Psychologen. Einer, der ist 2 Stunden entfernt. Und eine, die drei Stunden entfernt und mit öffentlichen Verkehrsmitteln kaum zu erreichen ist.

Das nachdem ich noch geschrieben habe, dass die Psychologen so nah wie möglich sein sollten.

Gut, dachte ich mir also, das sind Spezialisten. Was habe ich erwartet?

Rufe ich bei dem ersten an. Geht niemand hin. Ruft der mich am selben Abend zurück, er würde so etwas net machen und der Kassenärztlichen Vereinigung muss ein Fehler unterlaufen sein.

Google ich die zweite. Ah ja. Nur Privatpatienten.

Ich bin aber gesetzlich versichert und das habe ich der Kassenärztlichen Vereinigung auch in der zweiten E-Mail geschrieben gehabt!

Uebdjdjdhe.

Schreibe ich denen nochmal. Ganz nett wie ich nunmal bin. Dass denen ein Fehler unterlaufen ist.

Schreiben die doch allen ernstes zurück, dass sie Ansprechpartner für die Suche nach Psychotherapeuten und Fachärzten wären. Offensichtlich sind sie das nicht.

Die haben mir dann noch ne Telefonnummer geschickt. Aber ich war so geladen und genervt. Das wollte ich mir nicht mehr an tun. Immerhin wussten die doch was ich suche! Ich meine ich habe es ihnen schon deutlich geschrieben gehabt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich suche aufgrund meiner (noch nicht diagnostizierten) Transidentität nach einem/einer Psychotherapeuten/Psychotherapeutin, welche Indikationsschreiben für Endokrinologen ausstellt.

Ich hoffe, dass Sie mir hierbei helfen können.

Mit freundlichen Grüßen
Sasaki Sano

Ich weiß beim besten Willen nicht wie ich noch direkter sein kann!

Also habe ich halt weiter auf eigene Faust gesucht.

Ich habe dann bei einem anderen angerufen, welcher auch nur 40 Minuten entfernt sein sollte. Der meinte aber er hätte seine Therapeutenlizenz verloren und könnte nur noch Gutachten für Namensänderungen nach TSG ausstellen.

Das TSG ist ein ganz seltsames Gesetz, welches 1978 beschlossen wurde und das besagt unter welchen Voraussetzungen trans menschen ihren Vornamen & Geschlechtseintrag ändern können.

U.a. sind hierfür nötig:

"- Gutachten von zwei Sachverständigern [sic!], "die auf Grund ihrer Ausbildung und ihrer beruflichen Erfahrung mit den besonderen Problemen des Transsexualismus ausreichend vertraut sind". Diese Gutachten müssen bestätigen, dass "sich nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft das Zugehörigkeitsempfinden des Antragstellers mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern wird". (Paragraph 4, Absatz 3)
- Sie durften dafür nicht verheiratet sein und mussten sich ansonsten scheiden lassen. (Paragraph 8, Absatz 1, Nr. 2 TSG)
Sie mussten fortpflanzungsunfähig sein und sich sterilisieren lassen. (Paragraph 8, Absatz 1, Nr. 3 TSG)
- Sie mussten sich Operationen an ihren äußeren Geschlechtsmerkmalen unterziehen. (Paragraph 8, Absatz 1, Nr. 4 TSG)
Diese Bedingungen mussten erfüllt sein, selbst wenn trans* Personen gar keine geschlechts-angleichenden Maßnahmen durchführen lassen wollten oder mit den Ehepartner*innen verheiratet bleiben wollten.
Das Bundesverfassungsgericht hat inzwischen die meisten Vorschriften des TSG für verfassungswidrig erklärt. Es hat geurteilt, dass diese Vorschriften massiv gegen die Grundrechte von trans* Personen verstoßen. Sie verletzen trans* Personen in ihrer Würde (Art. 1 GG), in ihrem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2, Abs. 1) sowie ihrem Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2, Abs. 2)."
(Quelle: https://www.lsvd.de/de/ct/6417-Selbstbestimmungsgesetz#:~:text=4.-,Was%20ist%20das%20Transsexuellen%2DGesetz%20(TSG)%3F,ihren%20Vornamen%20%C3%A4ndern%20zu%20lassen.)

Momentan ist ja auch das Selbstbestimmungsgesetz in der Rede. Allerdings ist dieses schon mehrmals durch AFD, CDU und SPD abgelehnt worden.

Vornamensänderung kostet momentan noch 2000+ Euro. Gutachten sind teuer. Natürlich kann man auch Prozesskostenhilfe beantragen, aber ob diese genehmigt wird ist ne andere Sache...

Im Internet habe ich auch gelesen, was die Gutachter so für Fragen stellen und ganz ehrlich darauf würde ich gerne verzichten.

Wer beantwortet schon gerne Fragen wie:
- Welche Unterwäsche tragen sie?
- Was ist ihre sexuelle Orientierung? (Denn laut TSG sollte man nur hetero sein! Daher auch der Zwang sich scheiden zu lassen)
- Wie/Wie oft befriedigen sie sich selbst?

Gut. Heute ist man nicht länger gezwungen sich zu scheiden. Die Ehe für alle macht es möglich.
Auch ist man nicht länger gezwungen sich medizinischen Schritten zu unterziehen.

Dennoch verliert man in Deutschland das Recht seinen Namen ändern zu lassen, sollte man schwanger werden:

"Heute ist es für Menschen mit männlichem Personenstand möglich ein Kind zu gebären und für Menschen mit weiblichem Personenstand ein Kind zu zeugen. Im Rahmen des Transsexuellengesetzes kann eine trans Person entweder nur ihren Namen oder nur ihren Personenstand oder sowohl ihren Namen als auch ihren Personenstand ändern. In den ersten 300 Tagen (..) nach einer Änderung des Vornamens (ohne Änderung des Personenstandes) kann eine trans Person ohne rechtliche Konsequenzen ein Kind gebären (...) oder zeugendes Elternteil eines Kindes werden. Das Gleiche gilt auch noch zu einem späteren Zeitpunkt, sofern die trans Person sowohl Namen als auch Personenstand hat ändern lassen. Wenn allerdings eine Person mehr als 300 Tage nach der Änderung des Vornamens (ohne Änderung des Personenstandes im Rahmen des TSG) ein Kind gebiert oder zeugt, wird die Änderung des Vornamens hinfällig. Der Gesetzgeber geht in diesem Fall davon aus, dass die entsprechende Person sich doch dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht zugehörig fühlt. Diese gesetzliche Rückänderung des Vornamens kann „aus schwerwiegenden Gründen" wieder revidiert werden (§ 7 TSG; vgl. [7]), stellt für trans Personen mit Kinderwunsch aber eine beträchtliche Hürde dar - sie bekommen also ggf. keine Kinder, weil sie sich dieser Diskriminierung nicht aussetzen wollen."
(Quelle: https://www.gwi-boell.de/de/2022/01/17/trans-schwangerschaft#:~:text=Vor%202011%20mussten%20sich%20trans,5%5D%2C%20%5B6%5D.)

Ich weiß nicht warum ich heute so viel aus dem Internet abschreibe. Vermutlich weil es mich nervt noch eine lange Zeit meinen "legalen" Namen tragen zu müssen. Dies gilt auch für die Einschreibung an der Uni in ein paar Monaten.

Letztens war der Zensus da und ich musste mir doch allen ernstes anhören was für Geschlechtsidentitäten es gibt und das obwohl die Frau gesagt hat sie frage nach dem Eintrag im Geburtenregister. Uebdjdjdhe.

Egal. Dieser Mann hat mich dann an eine Kinder & Jugendpsychologin weiter geleitet, weil er meinte, dass ich mit 19 noch zu ihr könnte.

Schön und gut. Rufe ich da an. Meint sie sie hätte keine Plätze mehr. Auch gut. Leitet sie mich an die Uniklinik weiter, wo es bestimmte Sprechstunden gibt.

Rufe ich da an, sagt mir die Frau doch allen ernstes, dass die Sprechstunden nur für Kinder bis 17 sein.

Ich bin also wieder in einer Sackgasse gelandet.

Heute ist echt nicht mein Tag.

Morgen und übermorgen werde ich erst gar niemanden anrufen können.

Fml.

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