45~
Bis wir wieder dran waren, bummelten De Medici und ich am langen Zügel auf dem Abreiteplatz herum. Der Wallach liess seine Ohren seitlich hängen und schnaubte entspannt. Esther Dubois stand schon seit unserem Ritt ein breites Lächeln im Gesicht. «Er wirkt so zufrieden bei dir», hatte sie gesagt und dem Fuchsschecken ein Leckerlie gegeben. Aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass es mit De Medici zwar gut klappte, aber das gewisse Etwas fehlte. Er machte alles unglaublich brav und war sicher ein tolles Pferd, aber er war nicht das perfekte Pferd für mich. Nicht so wie ich es mir wünschte. Aber wenn ich nach dem Turnier sagen würde, dass er mir nicht passt, käme dass rüber, wie wenn ich Esther Dubois nur ausgenützt hatte.
Fiona riss mich aus meinen Gedanken. «Wir haben dir auch etwas mitgebracht», sagte sie und zeigte auf Lou und Orlando, welche beide vollbepackt mit Snacks und Getränken waren. Fiona nahm Lou ein Rivella ab und reichte es mir aufs Pferd. Gierig trank ich. «Weiss man schon wer euer nächster Gegner wird?», fragte die Blondine. Ich schüttelte den Kopf. «Entweder Aline oder irgendein Westschweizer.» «Alexandre Monnier», fügte Carmen hinzu und nippte an ihrem Kaffee, «Ist mit mir in die Lehre gegangen. Er kommt glaub aus Biel.» Ich stieg ab und schnappte mir eine Packung Schokoladenkekse. «Das mag ich sehen.» Esther Dubois erklärte sich freundlicher Weise dazu bereit, De Medici solange zu führen.
Der Parcours war immer noch derselbe, wirkte aber als Zuschauer ganz anders. Wir kamen gerade rechtzeitig um Aline und Monnier einreiten zu sehen. Aline hatte ein Jungpferd dabei, ich kannte den Apfelschimmel den sie ritt nicht. Monnier sass auf einem riesigen Rappen, welcher bei ihm aber nicht so gross wirkte, da er selber riesig und gertenschlank war. «Aline Schwerenhof avec DSP Final Frontier contre Alexandre Monnier avec Topeka du Valsette», kündete die Stimme aus den Lautsprechern an. Die Glocke ertönte und die beiden Pferde schossen los und in einem engen Bogen um die Zeitschranke herum. Es war ein spannendes Duell, beide Pferde waren schnell und fast gleich auf, manchmal der eine, manchmal die andere minimal vorne. Am letzten Sprung machte Monnier einen Fehler und die Stute sprang viel zu früh ab. Die Stangen fielen klappernd zu Boden und Aline gewann. Die geballte Faust triumphierend gen Himmel gestreckt, parierte sie ihr Pferd durch. «Dann halt Aline», meinte Carmen. In meinem Magen machte sich ein flaues Gefühl breit. Ich war zwar schon öfters gegen Aline geritten, aber seit ich sie näher kannte und ich sie sogar zu meinen Kollegen zählen würde, war es irgendwie was anderes.
Auf dem Abreiteplatz konnte ich mit De Medici einmal über den Oxer springen, dann mussten wir auch schon wieder auf den Turnierplatz. Aline ritt neben mir. «Nervös?», fragte sie. «Ehrlich gesagt, ja», gestand ich, was sie mit einem leisen Lachen quittierte. Schon waren wir auf dem Turnierplatz. Ich hörte die Ansage, dann die Glocke und trieb De Medici an. Der Wallach sprang los und wir segelten förmlich durch den Parcours. Ich wagte kein einziges Mal zur Seite zu blicken, behielt stets den nächsten Sprung im Fokus. Als wir über die Ziellinie rasten, warf ich einen Blick zur Seite. Aline hatte die Schranke gefühlt zeitgleich passiert. Wir parierten durch, lobten die Pferde und hofften, dass ein Blick auf die Anzeigetafel alles klären würde, aber das Resultat stand nicht da. Hilflos sahen wir uns um. Wer hatte gewonnen. Der Sprecher sagte etwas. «Das Resultat muss noch einmal genauer angesehen werden, es war ziemlich gleichzeitig», übersetzte Aline. Ich nickte dankbar. Einige Augenblicke, welche sich wie die Ewigkeit anfühlten, verkündete der Ansager endlich: «Le vainqueuer est Olivia Dreher avec De Medici.» «Guter Ritt», gratulierte Aline. Ich lobte De Medici und ritt vom Platz.
Ich klatschte meine Freunde ab und Esther Dubois gab De Medici ein weiteres Leckerlie. «Er ist ein wahres Kämpferherz, wie sein Bruder», sagte ich, während ich meine Rivellaflasche öffnete um einen weitern Schluck zu nehmen. Die ältere Frau nickte zustimmend. «Das haben sie von ihrer Mutter. Mareike gibt auch immer hundert Prozent für ihren Reiter.» «Gibt es eigentlich noch weitere Fohlen von Mareike?», fragte ich interessiert. Sie nickte. «Alles Schecken. Das älteste Fohlen von ihr war eine Stute, Mona Lisa. Dann kam Michelangelo und zwei Jahre später Monte Cassino. Diesen haben wir als Jährling nach Amerika verkauft. Ich weiss nicht was aus ihm geworden ist. Der Nächste war De Medici. Da er am Geburtstag meiner Tochter geboren ist, war er schon immer ihr Pferd. Sie hat ihn mit meinem Mann ausgebildet. Mareikes letzte Fohlen waren beides Stuten, Misteria und Mattina. Mattina ist erst zweijährig und ist im Berner Oberland auf der Alp. Aktuell ist Mareike wieder tragend, nächstes Jahr gibt es hoffentlich ein weiteres Fohlen.»
Während Esther Dubois von ihren Pferden sprach, konnte man richtig ihre Liebe für jedes Einzelne von ihnen spüren. «Züchten Sie auch andere Farben als Schecken?», fragte ich mehr als Scherz, aber Esther Dubois schüttelte den Kopf. «Wir haben uns auf Farbzucht spezialisiert. Wir haben Mareike und Way Lady, beides Scheckstuten. Dazu suchen wir passende Hengste, am besten auch Schecken.» Aber wir hatten auch schon einfarbige Fohlen.» Carmen winkte mich zu ihr und ich lenkte De Medici zu ihr. «Im Achtelfinale reitest du gegen Kevin. Beginn wieder mit traben, so lange geht es nicht mehr.»
Das Achtelfinale ging weniger gut. De Medici wurde langsam müde und Kevin mit seinem Junghengst waren auch wirklich eine starke Konkurrenz. Wir hatten eine Stange um und waren somit ausgeschieden. Trotzdem war ich zufrieden, mit einem fremden Pferd hätte es auch ganz anders gehen können. Ich liess De Medici am langen Zügel austraben, der Wallach schnaubte zufrieden ab und trabte vor sich her. Als ich fertig war mit abreiten, konnte ich gerade noch das Finale schauen. Kevin ritt auf einem Fuchshengst gegen eine Jugendliche aus dem lokalen Reitverein. Sie ritt eine schneeweisse Araberstute, die laut Anzeigetafel Janan hiess. Zuerst dachte ich Kevin würde gegen das zierliche Paar gewinnen, aber ich hatte die beiden unterschätzt. Das Mädchen ritt wie Henker, das Tempo halsbrecherisch, die Wendungen eng. Die Stute galoppierte schnell und war unglaublich flink. Auf der letzten Distanz gaben sie noch einmal richtig Gas und hängten Kevin und seinen Warmbluthengst endgültig ab. Überrascht applaudierte ich und konnte mir ein Lächeln über Kevins perplexen Gesichtsausdruck nicht verkneifen. Er schien nicht recht zu realisieren was gerade passiert war.
Die französischen Sätze in diesem Video sind von einer Person geschrieben, die kein Wort Französisch kann. Wenn jemand einen Fehler feststelllt, bitte sagt es mir.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top