11~Vielleicht hat das ganze ja was mit Luisa zu tun
"Buenos noches, Casita!", sagte ich und wank dem bunten Haus zum Abschied zu. Die Fensterläden bewegten sich quietschend, als würde es sich ebenfalls verabschieden.
"Echt nett, uns noch etwas zu Essen mitzugeben.", meinte Abuelo und biss genüsslich in eine Apera. "Hoffentlich regnet es nicht gleich."
Verwirrt sah ich ihn an. "Ich dachte, bei Regen würde Essen besser schmecken?"
"Eiscreme, Y/n! Eiscreme und nicht Apera." Er ließ es als Selbstverständlich klingen. So, als wüsste jeder, dass man im Regen Eiscreme und nicht Apera aß.
"Aber vielleicht schmecken sie auch gut im Regen?"
"Hm", machte er und nahm einen weiteren Bissen. "Das könnte durchaus möglich sein. Also gut, gehen wir Nachhause und wenn wir großes Glück haben, regnet es auch."
Ich sah in den klaren Himmel. "Glaub nicht, dass es heute noch regnen wird."
"Schade."
Der Regen prasselte auf uns hinab, während wir um die Kurve preschten. Meine Haare flogen wie nasse Schlangen hinter mir her.
Als wir schließlich triefnass heimgekehrt waren, lag ein Brief auf der Fußmatte vor der Tür. Ich merkte schon beim ersten Blick auf den Umschlag, dass es nichts sonderlich Gutes war- meine Fröhlichkeit verflog auf einen Schlag.
Abuelo las das Schreiben mit angespanntem Gesicht.
"Was ist das?" Ich versuchte, einen Blick über seine Schulter zu werfen, doch er war zu groß. "Wer ist der Absender? Worum geht es?"
"Schwer zu sagen." Seine Miene war wie verwandelt. "Offenbar hat man eine Inspektion angesetzt."
"Und was soll inspiziert werden? Ich etwa?"
"Wir beide. Das Schreiben kommt von der Behörde für das Kinderwohl. Darin heißt es, dass man jetzt, da du eine junge Frau bist, Zweifel an meiner Befähigung hat, für dich zu sorgen. Diese Leute sind der Meinung, dass ich dich nicht zu einer Dame erziehen kann."
"Wie bitte? Das ist doch verrückt!"
Er seufzte. "So sind sie, die Behörden."
"Ich bin erst zwölf! Genau genommen noch elf.", stieß ich aus.
Abuelo seufzte erneut. "Sie bestehen trotzdem auf einen Besuch."
"Und wer sind sie? Wer hat den Brief geschrieben?"
"Zwei Herren. Einer heißt Carl Fernandó. Den anderen Namen kann ich nicht entziffern." Er zuckte mit den Schultern und ich verschränke die Arme vor der Brust. "Es kann doch nicht sein, dass zwei Fremde über mich entscheiden! Sie kennen mich doch gar nicht! Das sind bloß irgendwelche....Männer!"
"Männer?", sagte Abuelo und lachte spöttisch auf. "Tja. Ich kenne diese Sorte. Das sind keine Männer, sondern Schnurbärte, an denen Trottel hängen."
Ich lachte schnaubend und wischte mir dann über die Augen. "Und was tun wir jetzt?"
"Wir sollten erst einmal putzen.", schlug Abuelo vor und ich nickte.
Wir beide schauten uns im Flur um. Ich fand ihn recht ordentlich, wenn man einmal von den Spinnweben oder den Gedichten absah, die sie auf die Tapete geschrieben hatten. Ich mochte Spinne und deshalb verschonte ich beim Staubwischen die Netze.
"Muss ich etwa die Spinnen entfernen?"
"Ja, leider", sagte Abuelo. "Und ich werde wohl den Efeu beschneiden müssen."
Triumphierend sah ich ihn an. "Guck, ich sagte doch, dass es nicht mehr regnen wird."
"Heute vielleicht nicht" Abuelo grinste mich an. "Aber morgen ganz bestimmt."
"Jaja.", meinte ich lachend und stellte meine Schuhe sorgfältig neben die Tür. Dann pflanzte ich mich auf einen der Stühle, am großen Tisch in der Küche und seufzte zufrieden. "War es nicht super toll bei den Madrigals?"
Abuelo nickte. "Auf jeden Fall. Die Familie war sehr reizend."
Empört sah ich ihn an. "Reizend? Mehr nicht?"
"Du hast Recht", sagte er und neigte den Kopf seitlich. "Es war super toll bei den Madrigals."
"Wo warst du eigentlich die ganze Zeit über?" Neugierig sah ich ihn mit großen Augen an. "Ich habe dich zwischendurch nicht gesehen. "
"Hast du mich denn gesucht?"
Ich schüttelte langsam mit dem Kopf. "Zumindest nicht, als ich getanzt habe."
Überrascht sah er mich an. "Mit wem denn? Etwa mit diesem Madrigal Jungen?"
"Naja" Nervös sah ich auf meine Hände. "Ja. Und er heißt Camilo. Camilo Madrigal."
"Ist gut." Abuelo nahm sich eine Tasse und füllte sich Trinken ein. "Ich war kurz bei Luisa und sie hatte mir erzählt, dass ihre Abuela ziemlichen Druck machen soll."
Ich spitzte die Ohren. "Ach echt?"
"Ja", meinte er langsam. "Sie scheint viel von den...Gabenträgern zu verlangen. Darüber hinaus sollen es ihr auch die Menschen im Dorf nicht leichter machen."
"Das ist ja schrecklich.", sagte ich und überlegte. "Aber warum redet sie denn nicht einfach mit Alma oder ruht sich mal zwischenzeitig aus?"
Er seufzte. "Weiß ich auch nicht genau. Auf jeden Fall glaube ich aber, dass sie vielleicht Angst hat, die anderen zu enttäuschen."
"Verstehe.", murmelte ich. Dann leuchtete es mir ein. "Das muss ich unbedingt Maribel erzählen!"
Verblüfft sah er mich an. "Wieso denn das, mi pequeño?"
Aufgeregt trommelte ich mit den Händen auf das Holz. "Die Risse die sie heute gesehen hatte! Sie sagte, dass Haus sei in Gefahr...vielleicht hat das ganze ja was mit Luisa zu tun!"
"Gut möglich" Er schien nachzudenken. "Am besten berichtest du ihr gleich morgen früh von deiner Idee. Sicherlich kann es ihr helfen."
Ich nickte eifrig. "Ja. Aber erstmals werde ich schlafen gehen. Ich bin müde."
"Buenos noches, mi pequeño.", flüsterte Abuelo und drückte mir einen Kuss auf den Scheitel. "Und bis morgen mein Sonnenschein."
Ich ging die Treppe rauf, bis in mein Zimmer und ließ mich in mein Kissen sinken.
Mit schweren Lidern starrte ich an die Wände meines Zimmers, die im Mondlicht fahl leuchteten.
Alejandro.
"Papà?", rief ich, als ich die Haustür geöffnet hatte.
"Wart' mal, Y/n. Bleib, wo du bist!"
"Hä?", sagte ich und blieb automatisch stehen.
"Einen Moment. Aua, Evita, das war ich!"
Evita?
Ich dachte, meinte Tía Evita, wäre mit Mamà unterwegs?
"Tut mir leid, Paco", trällerte Evita. "Wie ist das?"
"Ich blute ihn voll."
"Ach was. Deine Haut ist nicht mal angekratzt- vertrau mir."
"Was ist denn hier los?", fragte ich und blieb noch immer zögerlich im Eingang unserer Casita stehen.
"Dreißig Sekunden, Y/n. Bitte.", sagte Tía Evita. "Deine Geduld wird belohnt werden."
Ich tippte mit dem Fuß auf den Boden und zählte jeden Schlag- Zumindest so weit ich zählen konnte. Obwohl ich schon bis dreißig zähle kann, lasse ich immer ein paar Zahlen aus oder vertausche welche.
Kurz bevor ich bei dreißig angekommen war (nachdem ich mich zweimal fast vertählt hatte), rief mich Tía Evita zu sich.
Vorsichtig bog ich um die Ecke und trat ins Zimmer.
"Oh.", stieß ich aus. "Papà. Du siehst ja-"
"Affig aus?", fiel er mir ins Wort und ich zuckte mit den Schultern. "Du siehst nicht wie ein Affe aus, finde ich."
"Ich hätte jetzt eher Todschick gesagt.", meinte Evita und Papà wurde rot.
Sie fasste ihm am Ellbogen und führte ihn in einer langsamen Drehung herum, um seinen blassgrauen Smoking vorzuführen.
"Nun lass mal gut sein, Evita. Ich sehe aus wie ein Trottel."
"Niemand, der von mir eingekleidet wird, sieht aus wie ein Trottel.", meinte sie schnaubend.
"Sie hat Recht, Papà. Du siehst wundertastisch aus. Gibt's eine besonderen Feier dafür?"
Evita verdrehte die Augen. "Es ist eine Anprobe."
Plötzlich hörte ich das Stapfen von Alejandros Stiefeln auf dem Gehweg.
Er war wieder Zuhause!
Der Schlüssel rasselte unnötigerweise in der bereits offenen Tür.
Ich bemerkte wie Papà und Tía Evita einen unheilvollen Blick wechselten und runzelte verwirrt die Stirn.
Die Tür knallte ins Schloss, und ich zuckte zusammen, als hätte ich einen elektrischen Schlag bekommen.
Mein Bruder kam um die Ecke und sah mich überrascht an. "Y/n? Schon Zuhause?"
Schüchtern nickte ich. "Ja.."
"Papà wieso trägst du das? Gibt es einen besonderen Anlass dafür?"
"Wir möchten gerne mit dir sprechen", sagte Evita, ganz gelassen. "Wir haben gute Neuigkeiten."
In Sekundenschnelle wechselte Alejandros Gesichtsausdruck von freundlich zu höchst misstrauisch. "Gute Neuigkeiten?"
"Ja.", sagte nun Papà und deutete auf einen Sessel. "Setz dich doch."
Alejandro sah mich fragend an und ich zuckte nur mit den Schultern.
Was waren die guten Neuigkeiten?
Er hob eine Augenbraue, starrte mich fünf Sekunden lang an, stapfte dann zum Sessel und setzte sich ganz vorn an den Rand, den Rücken stocksteif.
"Reg dich bitte nicht auf Alejandro.", sagte Evita nach einem kurzen, spannungsgeladenen Schweigen. "Wir wissen, dass Y/n dir alles bedeutet und du es ganz sicher nicht gut finden wirst, aber-"
"Aber es ist bereits beschlossen. Das heißt, dass du unternehmen kannst was du willst", meinte Papà und seine Miene wurde ganz hart und kalt. "Es hätte keinen Sinn."
Verwundert verzog ich das Gesicht.
Es ging um mich?
Was war denn bereits beschlossen und nicht mehr zu ändern?
Und warum sollte Alejandro sich nicht aufregen?
Was war denn überhaupt los?
~
"Buenos Dias Casita!", begrüßte ich am nächsten Morgen das Haus und wie gestern Abend, wackelte es daraufhin mit dessen Fensterläden. So, als würde es mir zurück winken.
"Na dann", murmelte ich, atmete tief aus und stieß das mächtige Tor auf- Ohne ein einziges Ächzen oder Quietschen, schwingt das Tor zu beiden Seiten, sanft nach außen auf.
Obwohl es noch sehr früh war, herrschte im Dorf reges treiben.
Das Geschnatter der Dorfbewohner wehte, gemeinsam mit den leichten Brisen des Windes, den Hügel hinauf und mischte sich mit dem rauschen der Bäume am Abhang.
Schließlich setzte ich mich in Bewegung und trat durch die großen Tore.
Hoffentlich finde ich Maribel schnell, denn ich musste es ihr unbedingt erzählen.
Das Luisa sich so quält, könnte vielleicht eine Auswirkung auf das Haus haben und es somit schwächen.
Es ist wichtig und ich muss unbedingt-
"Hola Y/n!"
Ich erschrak, als ich direkt in Maribels Arme ran. "Oh, hola Maribel."
"Tut mir leid." Sie zog mich an den Händen wieder auf meine Arme und ich klopfte mir den nicht sichtbaren Staub von meinem Rock. "Schon gut. Schließlich bin ich ja in dich reingerannt! Wo wolltest du denn überhaupt hin? Stör ich?"
"Was? Du doch nicht! Ach, so ein Quatsch!" Sie lachte und ich sah verlegen zur Seite. "Wohin wolltest du denn jetzt?"
"Eigentlich ja zu dir! Und du? Also wenn du Camilo suchst....ich-"
"Nein, Nein!", meinte ich schnell und sie zog überrascht eine Augenbraue hoch. "Nein, Nein? Hat er dir etwa etwas getan, dass du-"
"Nein hat er nicht.", sagte ich und seufzte. "Ich wollte doch nur auch zu dir und dir was erzählen. Nähmlich...Warte! Wieso denkst du denn gleich, dass er was gemacht haben könnte? Camilo ist doch schließlich vernünftig!"
Sie zuckte mit den Schultern. "Ja, kann sein."
"Hm" Ich sah sie an. "Und warum wolltest du jetzt zu mir?"
"Oh ja ja ja, gut, dass du da bist! Ich wollte dir nämlich was erzählen.", sagte sie und wurde zum Ende hin immer leiser. Ich beugte mich näher an sie ran. "Was denn?"
"Nicht hier Y/n...also wirklich!" Sie schlug mir leicht gegen den Arm, woraufhin ich sie nur böse ansah. "Das ist doch gar kein Grund mich jetzt zu schla-"
"Shhh!", machte sie und schleifte mich am Handgelenk in ihr Zimmer. Verblüfft, und neugierig zu gleich, sah ich sie an. "Was gibt's so wichtiges?"
Maribel holte tief Luft. "Die Risse gestern...sie-"
"Ich glaube dir."
"Du hast mich nichzmal zu Ende reden lassen...glaub mir doch! Die Risse sie waren" Sie brach den Satz abrupt ab und sah mich verdattert an. "Echt? Du glaubst mir?"
"Natürlich glaube ich dir!", beharrte ich und sie nickte erleichtert. Sanft legte ich ihre Händenin meine und sah sie an. "Ich glaube dir. Wenn es das ist worauf du hinaus möchtest."
"Das möchte ich aber nicht."
"Ach nein?" Verwirrt ließ ich ihre Hände los.
"Was? Nein, Nein! Also doch, natürlich möchte ich das. Aber im Moment nicht...Es gibt nähmlich was ganz anderes, was aber auch mit den Rissen zu tun hat. Nur eben auf eine andere Weise und-"
"Luft!", merkte ich an, denn dadurch das Maribel ihren Text so schnell es wohl möglich war runter ratterte und sich ihre Stimme mehrmals überschlug, verstand ich kaum ein Wort.
Sie atmete laut hörbar ein und wieder aus. "Also. Ich-"
"Diesmal aber ein klein bisschen langsamer, okay?", fragte ich und sie nickte.
"Also", fing Maribel erneut an. "Seitdem ich gestern diese Risse und das mit der Kerze und den Türen gesehen habe, konnte ich in der Nacht an nichts anderes mehr denken. Ich entschloss mich dazu, mir die Kerze einfach nochmal genauer anzusehen. Einfach, um sicherzugehen, dass auch wirklich alles mit ihr stimmte."
2150 Wörter
Hey!
Also: Ich wurde von einer Leserin per Nachricht gefragt, ob ich nicht mal 🍋 in die Story mit einbauen kann und wollte fragen, wie ihr denn diese "Idee" findet?
Ich persönlich, hätte kein Problem damit, 🍋 zu schreiben, aber ihr müsst bedenken, dass ich das dann versuchen (!) würde, detaillierter zu schreiben...
Quasi, ist es euch Entscheidung...haha (Vom Ding her könntet ihr dann ja auch einfach das Kapitel dann überspringen)
Und als zweites, wollte ich mal fragen, wie ich euch alle ansprechen soll?
Ich weiß ja nicht, ob ein paar von euch Tiktok haben, aber dort geben viele ihrer Community einen Namen (z.b Bromatos)
Klar, kann man das noch keinen wirklichen Community nennen, aber ich möchte nicht immer nur >>Hey<< schreiben, versteht ihr?
Übrigens, habe ich mich an zwei Türen versucht:
Welches ist besser?
Naja, ansonsten war's dann erstmal.
Tschüss!
Duddeldum<3
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