Kapitel 2
Ich lauschte eine Weile, um zu hören, ob ich mir das Geräusch eingebildet hatte, doch dem schien nicht so, denn ich hörte es ein paar Sekunden darauf schon wieder.
Es klang so, wie wenn jemand unsere Haustür zumachen würde und zwar von innen. Das würde bedeuten, dass es jemand geschafft haben müsste, hier reinzukommen und ich konnte nur hoffen, dass es kein Einbrecher war.
Mein Herz fing an, total schnell zu klopfen, als ich dann ebenfalls Schritte hörte, die über den Boden schlurften und nicht gerade sehr leise waren. Wenn es ein Einbrecher war, dann ein verdammt schlechter, denn so weckte man fast das ganze Haus.
Ich wollte Thomas wecken und mir von ihm bestätigen lassen, dass ich nicht ganz dicht war und mir das alles nur einbildete, doch ich hatte ein bisschen Panik, dass er mich für verrückt erklären würde, wenn ich ihn nur wegen eines Geräusches einfach wecken würde.
Ich würde einfach versuchen, selbst herauszufinden, was hier vor sich ging. Da ich nicht wusste, was ich nehmen könnte, um mich zu verteidigen, nahm ich das fette Buch der Uni in die Hand. Ich studierte Psychologie und ich hatte ein paar echt fette Wälzer, mit denen ich lernen musste. Da ich vorhin erst gelernt hatte, lag es auf meinem Nachttisch.
Das würde mir zwar nicht wirklich viel helfen, doch wenn man einem mit so einem dicken Buch eins ordentlich überbraten würde, würde es den Einbrecher vielleicht wenigstens für ein paar Sekunden außer Gefecht setzen.
Ich tapste leise und behutsam über den Boden und hielt immer wieder inne, um zu lauschen, wohin sich die Schritte begaben. Es schien wohl die Küche zu sein, so wie es sich anhörte. Sie war direkt nebenan und die Schritte schienen von dort zu kommen. Ich wusste echt nicht, was ein Einbrecher in der Küche zu suchen hatte, dort hatten wir doch gar nichts Wertvolles.
Außer er hatte keine Waffe dabei und wollte sich ein Küchenmesser schnappen, um so auf Thomas und mich losgehen zu können.
Bei dem Gedanken bekam ich Panik. Thomas durfte nichts passieren! Ich würde ihn mit meinem Leben verteidigen, denn er war auch mein ganzes Leben. Ohne ihn wäre mein Leben nicht mehr lebenswert.
Der Kühlschrank und das Gefrierfach wurden geöffnet, das merkte ich daran, dass es quietschte und das Geräusch nunmal dazu gehörte und daran, dass auf einmal da Licht anging, ein ganz schwaches Licht, das man allerdings vom Flur, auf dem ich mich nun befand, erkennen konnte.
Was zur Hölle wollte ein Einbrecher an unserem Kühlschrank? Ich lauschte und hörte, wie die Person auf einmal anfing, zu schmatzen, wie wenn sie das Leckerste auf der ganzen Welt essen würde. Was war nur los? Das war wirklich beängstigend. Und wirklich nicht mehr normal.
Ich hielt mein Buch fest, jederzeit bereit, damit zuschlagen zu müssen.
Ich begab mich in die Küche, ganz langsam und konnte schon am Eingang erkennen, dass die Person mit dem Rücken zu mir stand und sich über das Essen aus dem Eisfach hermachte.
Ich lief immer weiter an die Person heran. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich war bereit, mich jede Sekunde zur Wehr zu setzen.
Auf einmal drehte die Person sich herum und sah mir in die Augen. Ich konnte in dem schwachen Licht allerdings nur erkennen, dass der Mund voller Fleisch verschmiert war und er mit offenem Mund kaute und sich dort auch überall rohes Hackfleisch befand. Das war so widerlich und ich war so geschockt, dass ich einen schrillen Schrei von mir gab und anfing, wie eine Bekloppte mit meinem Buch nach dieser Person zu schlagen.
Die Person rief mir irgendetwas zu, doch ich konnte nicht aufhören, mit dem Buch nach ihr zu schlagen, bis auf einmal das Licht in der Küche anging und ich in der Bewegung innehielt.
Ich sah Thomas auf der Schwelle stehen und er starrte diese fremde Person entsetzt an.
„Jason?! Was zum Himmel machst du hier? Und was machst du an unserem Kühlschrank und was mit unserem Hackfleisch?" Da erkannte ich meinen Bruder auch.
Er sah eigentlich so aus wie immer, deswegen fragte ich mich, warum ich ihn nicht sofort erkannt hatte. Er war nur völlig voller Fleisch besudelt und das sah wirklich ekelerregend aus.
„Warum brichst du mitten in der Nacht bei uns ein und fängst an, unser Fleisch zu essen, das auch noch roh ist. Was ist denn los mit dir?"
Jason sieht mich ängstlich an. „Ich weiß ja auch nicht, was mit mir los ist. Ich hab solchen Hunger gehabt und du hast gesagt, dass du mir nichts mehr zu essen holst. Der kleine Supermarkt hatte kein Fleisch mehr, doch ich hatte ein solches Verlangen danach. Ich hatte das Gefühl, sterben zu müssen, wenn ich es nicht bekommen würde. Also bin ich in mein Auto gestiegen und zu euch gefahren, denn ich war mir sicher, dass ihr noch etwas Hackfleisch haben würdet. Ich weiß nicht, warum ich einfach eingebrochen bin, ich weiß ja, wo euer Schlüssel versteckt ist und dann dachte ich, dass ich euch ja auch nicht wecken muss. Ich wollte einfach essen und dann wieder verschwinden. Ihr solltet gar nicht mitbekommen, dass ich da gewesen bin. Ich brauchte das Essen einfach, es war wie eine Droge, ich habe angefangen zu zittern, wenn ich daran gedacht habe, dass ich es nicht bekomme und nun geht es mir besser. Doch ich habe das Gefühl, dass der Hunger sehr bald wiederkehren wird. Macht euch keine Sorgen um mich. Es ist bestimmt nur eine Heißhungerattacke, die wird sicherlich auch wieder vergehen."
Ich sah Thomas an. Sein Blick sagte mir, dass ich nicht völlig falsch lag. Ich machte mir Sorgen um Jason, denn das war wirklich nicht normal. Doch ich konnte momentan nichts für ihn tun. Ich musste einfach schauen, wie es sich die nächsten Tage über entwickeln würde und wenn es nicht aufhören würde, müsste ich mit ihm zu einem Arzt gehen.
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