Kapitel 11
Sein Schrei wurde immer lauter und so grausam, dass mir das Blut in den Adern gefror. Ich musste mir mit meinen Händen sofort die Ohren zuhalten und konnte mich keinen Millimeter von der Stelle bewegen, wie wenn ich am Erdboden festkleben würde mit einem gigantischen Riesenkaugummi, der mich nicht mehr gehen lassen wollte.
Während ich einfach nur betete, dass Jason endlich verstummen würde und vielleicht ein Zeichen von Erkennen zeigen würde ging Thomas auf ihn zu, schnell, aber dennoch behutsam. Er zeigte ihm seien Handflächen, um ihm somit wohl klarzumachen, dass er ihm nichts tun wollte. Er ging zu Jason und fing an, seine Arme festzuhalten, die er wie ein Kraken durch die Gegend schlug. Sie bewegten sich ohne Sinn und Verstand, als wollten sie nach etwas schlagen, er wüsste aber dennoch nicht die Richtung, in der sich ein Feind befinden würde. Er starrte mich auch nicht an, er starrte nirgendwohin, sein Blick blieb auch nicht an Thomas hängen, er irrte ständig umher, als wollte er etwas finden, das allerdings nicht mal ansatzweise in der Nähe war.
Wenn er nicht in den nächsten Sekunden verstummen würde, dann wären auch schon die Krankenschwestern und wahrscheinlich auch ein Psychologe hier und würden ihm eine Spritze zur Beruhigung geben. das würde bedeuten, dass wir von hier verschwinden mussten und sicherlich auch Besuchsverbot haben würden und das so lange gelten würde, wie er hier drin festsitzen würde. Sicherlich müsste ich mich dann auch erst langsam an ihn herantasten. Ich müsste wahrscheinlich ständig zu den Sitzungen mit seinem Therapeuten erscheinen und ich müsste dann immer wieder für ein paar Sekunden in den Raum kommen, jedes Mal ein bisschen länger, bis Jason sich wieder an mich gewöhnt hätte.
Was mir klar war, selbst, wenn er dann keine panische Angst mehr vor mir haben würde, er würde mich nie wieder als seine Schwester anerkennen. Ich würde sicherlich nur eine Bekannte sein, die immer bei seinen Sitzungen dabei ist und die ihm danach in seinem Leben sicherlich immer nur auf den Geist gehen wird, wenn sie sich nach ihm erkundigt oder Zeit mit ihm verbringen will. Denn es ist klar, dass er mich nicht erkennt, es müssen wohl alle Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit aus seinem Gedächtnis ausradiert worden sein und ich bin mir sicher, dass wir auch keine wichtigen Erinnerungen mehr zusammen schaffen können.
So viele Jahre, unsere Kindheit, wird ihm fehlen und er wird noch nicht einmal mehr die Witze verstehen, die ich mache und die noch nicht einmal Thomas versteht, da die Insider schon entstanden sind, als wir Kinder und Teenager waren.
Ich fing fast an zu weinen, während ich sah, wie Thomas sich noch immer mit Jason abmühte. Ich hörte die Schritte der Schwestern, die jetzt nicht mehr wirklich weit entfernt waren und ich konnte nur hoffen, dass Thomas keinen Ärger bekommen würde, da er Jason ja jetzt angefasst hatte und ihn angesprochen hatte, in dem Versuch, ihn zu beruhigen.
„Jason, bitte beruhige dich doch, erkennst du uns denn nicht? Ich bin Thomas, dein bester Freund. Ich bin der, den du bei deinen Videospielen immer so gerne fertigmachst und ich es immer zulasse, obwohl ich es nicht wirklich verstehe. Wir haben schon so viele Nächte durchgezockt und haben uns mit Pizza und Chips vollgestopft und dazu zu viele Softdrinks und Bier getrunkenen, dass uns am nächsten Tag meistens schlecht war, wir es dennoch immer wieder getan haben. Und da ist auch noch May, deine Schwester. Sie ist die, über die du dich immer wieder ein bisschen aufgeregt hast, weil sie dich nie verstehen konnte, wie es so Spaß machen konnte, die ganze Nacht durch vor der Konsole zu sitzen und dabei nichts anderes zu tun. dabei hast du oft gedacht, dass eher das, was sie macht die Zeitverschwendung ist und nicht das, was du machst."
Thomas redete so nett und herzlich und ruhig auf ihn ein, dass mir das Herz aufging. Ich war Jason noch nicht einmal sauer, dass er so ein kleines bisschen über mich 'gehetzt' hatte, da ich im Moment einfach nur wollte, dass er sich erinnerte. Es wäre ja schließlich auch nicht normal, wenn er an mir nichts zum Aussetzen hätte, das wäre dann eher für Thomas bestimmt, auch wenn ich wusste, dass bei ihm das nicht der Fall war. Jeden regte mal eine kleine Sache des anderen auf.
„Thomas?", hörte ich nun Jason flüstern und ich zuckte zusammen. Er erkannte ihn? Das war ein so gutes Zeichen, dass ich schon wieder fast anfing, in Tränen auszubrechen. Ich war heute echt nahe am Wasser gebaut. Bitte, Gott, es sollte einfach alles wieder so werden, wie es all die Jahre über gewesen war. Ich wollte gar keine Veränderung.
„Thomas, was machst du hier bei mir? Hilfst du mir? Beschützt du mich vor dem Monster? Es wird mich töten! Es ist gekommen, um mich für alle meine Sünden büßen zu lassen und es sagt, dass es keine Gnade walten lassen wird! Bitte rette mich, ich will nicht sterben! Ich habe mich doch schon gebessert, ich wurde hier zu unrecht eingesperrt und ich muss hier raus. Doch zuerst muss ich dieses Monster überleben!"
„Wen meinst du, Jason? Ich werde dir helfen, das Monster zu besiegen, keine Sorge, aber ich sehe es nicht. Du musst mir sagen, wo es sich befindet, wie es aussieht oder einfach mit dem Finger darauf zeigen. Beruhige dich, ich weiß, dass wir beide es zusammen schaffen werden, es zu besiegen, das kann ich dir versichern, da bauchst du gar nicht beunruhigt sein!"
Thomas sah mich ängstlich an. Ich konnte erkennen, dass er sich wirklich große Sorgen um meinen Bruder machte. Er wusste nicht, wie er ihm helfen konnte, denn hier war niemand, vor dem man ihn beschützen konnte.
Genau in der Sekunde, in der nun die Schwestern und ein Arzt das Zimmer betraten und uns mit weit geöffneten Auge anstarrten, richtete Jason sich in seinem Bett auf.
Er zeigte direkt auf mich und starrte mich dabei voller Angst und Panik an.
„Thomas, da ist es. Wenn du mein Freund bist, dann töte es!"
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