97. Lass mich raus!
Hei meine Lieben :)
Ich hab das Kapitel erst grad geschrieben und bin voll motiviert, gleich weiterzuschieben, denn das Ende steht vor der Tür und es wird jetzt einfach alles so geil.
Aus der Collage wird wahrscheinlich nichts, da ich ein einziges Bild bekommen hab... (An dieser Stelle herzlichen Dank an JostaJS :D)
*****
In ihren Gedanken drehte sich alles und Adara hatte keine Ahnung, was sie nun tun sollte. Marlenes Kinder waren hier, von der Mutter fehlte jede Spur, Adara konnte den Palast nicht verlassen und dann war auch noch dieser verstörende Traum, der ihr einfach keine Ruhe lassen wollte. Und noch ein Detail beunruhigte Adara auf eine Art und Weise, denn im Gespräch mit ihrem Onkel war ihr etwas von unermäßlicher Bedeutung aufgegangen, etwas, das ihre ganze Situation verändern würde. Fast schon panisch schwamm sie durch die Flure auf der Suche nach einem ruhigen Ort, an dem sie ihr Medaillon benutzen konnte. Sie brauchte jetzt Tom's Hilfe, denn so wie es aussah, konnte sie selbst nicht mehr viel ausrichten. Doch jeder Raum, in den sie einen prüfenden Blick warf, schien besetzt zu sein. Ausgerechnet heute, wo sie dringend alleine sein musste, ausgerechnet heute waren so viele Meermenschen wie schon lange nicht mehr in den Palast geströmt wie Silberfische in ein dunkles, stickiges Badezimmer. Nachts hatte sie nie Mühe damit gehabt, sich immer wieder neue, unentdeckte Schlafplätze zu beschaffen, doch tagsüber schien das einfach unmöglich zu sein. Wieder öffnete sie eine Tür und steckte ihren Kopf durch den Türspalt, schaute sich hektisch um, ignorierte dabei die irritierten Blicke der wenigen Anwesenden, die gerade irgendetwas diskutierten und verschwand ohne Gruß sofort wieder. „Verdammt noch eins, ich muss Tom erreichen!", fluchte sie leise und eilte zur nächsten Tür. Irgendwann gelangte sie zu einer Tür in der Mitte eines langen Flures und riss auch diese ruckartig auf. Im Raum war es dunkel und es dauerte einige Sekunden, bis Adara begriff, dass sie sich in ihrem ursprünglichen Zimmer befand, in dem sie in jener Nacht von dem jungen Senator überfallen worden war. Ironischerweise war das tatsächlich der einzige Ort, an dem sie jetzt nicht gestört werden würde. „Wieso bin ich nicht gleich drauf gekommen", murmelte sie und schloss rasch die Tür hinter sich. „Komm schon Tom", flehte sie, den geöffneten Anhänger fest in ihrer Hand und auf das sehr zu ihrem Missfallen immer gleiche Bild starrend. Als sie es leid war, endlose Kreise durch den Raum du ziehen, setzte sie sich auf ihre Bett, stets das Amulett beschwörend, aber Tom meldete sich nicht. „Das kannst du mir doch nicht antun!", grummelte sie und spürte dabei, wie ihre innere Unruhe immer stärker wurde. Schon gestern Abend und während der gesamten letzten Nacht war Tom nicht im Medaillon erschienen. Er hatte keine einzige Sekunde in den Anhänger geschaut. In Adaras Kopf schwirrten die Gedanken unkontrolliert umher. Was konnte nur passiert sein, dass Tom ihre abendliche Verabredung ausließ? Sie selbst konnte es ja jedes Mal kaum erwarten. Ob er die Kette verlegt hatte? Oder ob sie verloren gegangen war, vielleicht sogar gestohlen? Oder noch schlimmer: weggeworfen? Und wenn Tom gar etwas passiert war? An dieser Stelle schloss Adara die Augen und atmete tief ein. Sie musste sich beruhigen und wieder runterkommen. Mit einem klaren Kopf würde sie viel mehr erreichen. Ihr Blick fiel auf das kleine Tischchen, das nahe dem Bett stand und worauf allerlei Kleinkram herumlag. Aber plötzlich stutzte Adara. Dort lag ein Ring, den sie noch nie zuvor gesehen hatte. Ihre Augenbrauen rutschten zusammen. Was hatte dieses Stück hier bloß zu suchen? Als sie ihn zwischen den Fingern drehte, konnte sie ihn deutlich besser erkennen. Er war dunkel und ziemlich schwer, filigrane Rosen reihten sich rundherum aneinander und schimmerten im Licht bläulich. „Rosen", wisperte Adara perplex. Es dauerte nicht lange, bis Adara dem Geheimnis des Ringes auf die Spur gekommen war. Er stammte eindeutig von oberhalb der Wasseroberfläche, nur schon die Rosen verrieten es. Aber die Gravur auf der Innenseite machte es noch deutlicher, denn die Namen, die dort zu lesen waren, waren ihr durchaus bekannt. Rosalia und Paul. Adara schluckte, als sie es realisierte. Es waren die Namen von Toms Eltern, wahrscheinlich ein Freundschaftsring oder gar jener, der ihre Verlobung besiegelt hatte. Und nun... war er... hier unten... bei ihr. Ein Gedanke drängte sich in ihr Bewusstsein. Die einzige Möglichkeit, wie er hierhergekommen sein konnte, war durch Marlene. Dann hatte er aber mehrere Wochen unbemerkt hier gelegen. Vorsichtig streift sich Adara den schönen Ring über den Finger und wie durch Zauberhand passte er tatsächlich. Nun ja, vielleicht war er ein bisschen eng, aber es störte sie nicht. Sie trug Toms Ring und es fühlte sich an wie ein Versprechen für sie. Und wenn es nur durch ihre Medaillons war, sie würden sich wiedersehen und bis dahin musste sie herausfinden, was mit Marlene geschehen war.
Wieder rauschten die Gedanken nur so durch Adaras Kopf, doch diesmal waren sie irgendwie geordneter, sie bekam sie besser zu fassen. Marlene war verschwunden und sie saß hier fest. Ihre Schwester konnte überall sein, aber wenn sie ihre Kinder so lange alleine ließ, musste einfach etwas passiert sein. Adara überlegte in alle Richtungen. Marlene hatte ihr das Medaillon zukommen lassen, das war nun schon wieder mehr als einen Monat her. Vor etwa zwei Wochen war sie verschwunden. Zu gerne hätte Adara jetzt Tom gefragt, wann er Marlene zuletzt gesehen hatte. Vielleicht hatte sie die Algenplantagen besucht, weswegen sie ihre Kinder nicht mitgenommen hatte – aber dann wäre sie nicht so lange fort geblieben. Oder aber sie war zu den Amethysthöhlen zurückgekehrt, um Tréan Dians Grab zu besuchen und war nun eingesperrt, schließlich waren die Höhlen nicht gerade ungefährlich und außerdem dafür bekannt, Leute zu „verschlucken". Aber hätte sie dann nicht ihre Kinder mitgenommen? Adara hatte das Gefühl, wertvolle Zeit zu vertrödeln. Und wenn Marlene gar nicht unter Wasser, sondern an Land war? Schnell vertrieb sie den Gedanken, der einen so bitteren Nachgeschmack hinterließ. Nein, Marlene und Tom waren garantiert nicht zusammen durchgebrannt, das war ausgeschlossen. Tom liebte sie und nicht Marlene und Marlene hätte nie im Leben einen Menschen über ihre Kinder gestellt. Nie. Aber wen sie doch nur wüsste, wo ihre Schwester gewesen war, bevor sie verschwand. „Denk, denk, denk, Adara!", schimpfte sie und bearbeitete ihre Stirn mit Daumen und Zeigefinger. Und dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Es gab ein Wesen, das wissen konnte, was mit Marlene geschehen war – zumindest solange sie sich im Wasser befunden hatte. „Orakel!", brüllte Adara in die Dunkelheit hinein. Diesmal ließ das Orakel nicht auf sich warten. „Weshalb so ungehalten?", fragte es und auch nun nahm seine Stimme fast mehr Platz ein, als der Raum zu bieten hatte, aber Adara ging nicht darauf ein. Viel zu wichtig war ihre Frage, als dass sie sich nun über ihren Umgangston hätte streiten wollen. „Wo ist Marlene?", fragte sie geradeheraus. In ihren Augen flammten glühend zuckende Funken auf, doch das bemerkte Adara gar nicht. Nur das Orakel tat es, verharrte einen Moment in Stille, was Adaras Geduld auf die Probe stellte, sodass sie die Worte wiederholte. „Wo ist meine Schwester?" Der Ring an ihrem Finger war fast schon wieder vergessen. „Ich weiß es nicht", antwortete das Orakel, doch diese Antwort wollte Adara nicht gelten lassen. Nicht diesmal. Nicht, wenn es um ihre Schwester ging und schon gar nicht, wenn Caylin Réalta und Léas Solas betroffen waren. Wut stieg in ihr empor. „Du nennst dich selbst allwissend? Das ist doch ein schlechter Witz", blaffte sie und funkelte das Orakel böse an. Sie beherrschte sich allerdings, der schimmernden Lichtkugel noch mehr an den Kopf zu werfen, sondern ließ es dabei bleiben. Es stellte sich ein Zustand ein, der als stummes Duell hätte interpretiert werden können. Einerseits war da Adara, die vor Wut allmählich kochte und sich nichts mehr gefallen lassen wollte, denn da sie die Krone trug, war sie auch diejenige, die Kontrolle ausübte. Andererseits war da das Orakel, das undurchschaubar wie immer regungslos in der Zimmermitte schwebte und eine Aura der Autorität ausstrahlte, die wohl jeden auf die Knie gezwungen hätte. Jeden bis auf Adara. Und Adara war sich nicht wirklich sicher, ob es nur an der Krone lag, die auf ihrem Haupt thronte, oder ob da noch etwas Anderes im Busch steckte. „Ich bin im Blick über alles, was in den Wassern der Welt geschieht", erwiderte das Orakel trocken. „Dann beweis es", folgte auf der Stelle Adara Antwort, nicht minder trocken und sogar noch eine Spur herrischer. Wieder folgte Stille, aber auch diesmal hatte das Orakel zu gehorchen. „Es ist sechzehn Tage her, seitdem Marlene das Wasser verlassen hat", sagte es. Seine Stimme ließ die Wände beben, aber Adara beachtete diesen Umstand gar nicht erst. Ihr Atem beschleunigte sich. Marlene war tatsächlich nicht mehr im Wasser. Panik machte sich breit, ihre Hände begannen zu zittern, nervös drehte sie den Ring an ihrem Finger. „Wo war sie?", hauchte sie und starrte das Orakel mit ihren Blicken regelrecht nieder, sodass man hätte annehmen können, dass Adaras Stimme und gar nicht die des Orakels die Wände zum Beben gebracht hatten. Die Machtverhältnisse zwischen diesen beiden wandelten auf einem schmalen Grat der Ebenbürtigkeit und jedes noch so kleine Ungleichgewicht hätte für den jeweils anderen die absolute Unterwerfung bedeuten können. Aber Adara brauchte diese Antworten, sie musste wissen, wo ihre Schwester war. Sie musste erfahren, woher dieses dumpfe, überaus schlechte Gefühl in ihrer Magengrube stammte. Und ihre Magengrube täuschte sie nur äußerst selten. Außerdem war da diese seltsame Vorahnung, die sie schon seit Tagen nicht mehr loslassen wollte, seit...
Seit ihr Onkel Quirin ihm von seinen beiden Söhnen erzählt hatte. Und das Schlimmste war: die Namen kamen ihr verdammt bekannt vor. „An der irischen Küste, in der Nähe der Bucht, die du selbst immer aufgesucht hast, Adara. Und da war auch ein Boot." „Was für ein Boot?" Doch das Orakel schwieg auf diese Frage. Klar, über dem Wasser, dachte Adara bei sich. Und dann brannten bei ihr alle Sicherungen durch. Später konnte sie sich nicht mehr daran erinnern, wie sie an dem Orakel vorbei-, aus dem Zimmer raus- und die Flure entlang gestürmt war. Wie blind war sie ohne nach links oder rechts zu schauen durch den Palast gejagt und hatte erst angehalten, als sie gegen die unsichtbare Barriere der weit geöffneten Tore des großen Portals geschlagen war. Schmerz hatte ihren Kopf erfüllt und ihren ganzen Körper durchfahren, doch davon hatte sie sich nicht abhalten lassen. Immer wieder war sie wild entschlossen gegen diese nur für sie vorhandene Mauer geschwommen, mit aller Kraft und völlig unbeeindruckt von allen Verletzungen, die sie sich dabei zuzog. „Lass mich raus!", hatte sie immer wieder geschnauft. Immer und immer wieder und ihr war eines so klar gewesen wie geschliffenes Glas: Marlene und Tom waren in allerhöchster Gefahr. Niemand, kein Meermensch und kein Fisch, hatte sie davon abhalten können, nicht immer wieder mit aller Wucht gegen die Mauern ihrer ganz persönlichen Strafe zu schlagen und schließlich war es das Orakel höchstpersönlich gewesen, das versucht hatte, die Königin wieder zur Gesinnung zu bringen, aber es hatte alles nichts genützt. Auch als die Kugel aus reinem Licht alle im ganzen Palast paralysiert hatte und sich nicht einmal mehr der kleinste Fisch auch nur im geringsten hatte rühren können und selbst das Atmen für alle zur Qual geworden war, so hätte man meinen können, dass Adara nicht nur nicht davon betroffen gewesen wäre, sondern dass es ihr sogar gänzlich entgangen wäre. Ja, es hatte fast so ausgesehen, als hätte das Orakel mit seinen Zaubern und all seiner Macht keinerlei Macht, überhaupt keinen Einfluss mehr auf die Meeresherrscherin, die noch immer unentwegt gegen die Wasserwand donnerte und verlangte, hinausgelassen zu werden.
Und in Adaras Ohren – und diese Tatsache würde sie bis an ihr Lebensende nicht mehr vergessen – hatten in diesem Augenblick, wie zuvor in ihrem Traum, zwei Herzen simultan geschlagen. Und dann war es passiert. Erst hatte man es gar nicht bemerkt und schon gar nicht sehen können. Aber mit jedem Mal, da die Trägerin der blauen Krone erneut und zum zighundertsten Mal mit Anlauf gegen die Mauern ihres unsichtbaren Gefängnisses geprallt war, verschoben sich die Mauern ein Stück weit und so gelangte sie immer weiter hinaus, aus dem Palast heraus und ihrem Ziel entgegen. „Hör auf!", hatte das Orakel ein letztes Mal versucht, diesem Treiben Einhalt zu gebieten, jedoch hatte es damit keinen Erfolg gehabt. Adara hatte ihre Ohren fest verschlossen für alles andere als den zweifachen Klang ihres Herzens, der sie immerwährend vorwärts trieb. „Lass!", hatte sie mit aller Kraft geschrien und damit sogar die gewaltige Stimme des Orakels übertönt. „Mich!", mit jedem Mal, das sie gegen die Wand geschwommen war, hatte sie ihre Glieder zwar weniger gespürt, doch gleichzeitig war sie auf seltsame Weise auch immer stärker geworden. Sie war noch nie so entschlossen gewesen, etwas zu tun, wie sie es in diesem Moment gewesen war. „Raus!"
*****
Schon wieder ein Kapitel zu Ende. ._.
Es macht mich richtig traurig zu sehen, wie schnell es jetzt schon wieder geht. Andererseits freue ich mich aber auch riesig darüber, endlich eine Geschichte abschliessen zu können und eine neue anfangen zu dürfen, denn da gibt es ein paar unendlich geile Stories, die schon picobello von A bis Z in meinem Kopf sind und nur darauf warten, aufgeschrieben zu werden.
Ich setz mich ans nächste Kapitel und hoffe, ihr mögt das hier genauso wie ich :3
LG Janine
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top