30. Lord and Lady


Als Tom das nächste Mal geweckt wurde, kitzelten ihn warme Sonnenstrahlen an der Nase. Das dachte er zumindest. Als er die Augen aufschlug, hatte er Adaras Haarmähne im Gesicht. Etwas verwundert hob er ganz vorsichtig den Kopf etwas an und stutzte. In dieser Position waren sie letzte Nacht ganz bestimmt nicht eingeschlafen. Fé lag mit dem Rücken an seinen Bauch gekuschelt und sein linker Arm war eng um sie geschlungen. Mit einem Lächeln stellte er fest, dass sie noch immer seine Hand hielt. Erst als er versuchte, sich zu bewegen, merkte er, dass auch sein rechter Arm belagert war. Und zwar verschwand er unter dem blonden Schopf und kam erst auf der anderen Seite des hübschen Kopfes wieder zum Vorschein. Also ließ Tom sich wieder zurück in die Kissen sinken. Was konnten ein zwei Stündchen Schlaf mehr schon ausrichten? Außerdem genoss er es irgendwie ja schon. Hoffentlich würde bloß Fé nicht allzu sehr erschrecken, wenn sie erwachte. Sie schien jedenfalls ruhig zu schlafen und das hatte sie nach den Ereignissen der letzten Tage auch bitter nötig. Bald war er wieder eingenickt, mit einem zarten Lächeln auf den Lippen.

Leise klopfte es an der Tür und Tom schlug die Augen wieder auf. Die Sonne stand jetzt hoch am Himmel und warf ihr Licht durch die großen Fenster. Fé lag noch immer bei ihm, doch nun wurde die Tür geöffnet und eine ziemlich aufgewühlte Maria kam herein. Wahrscheinlich hatte sie sein leeres Bett entdeckt und sich Sorgen gemacht. Als sie die beiden aber erblickte, erstarrte sie und Tom meinte, trotz ihrer dunklen Haut einen glühenden, rötlichen Schimmer in ihrem Gesicht entdeckt zu haben. Er lächelte gezwungen und gab ihr zu verstehen, dass er sich nicht rühren konnte. Maria lächelte ebenfalls, zwinkerte ihm wissend zu und trat dann den Rücktritt an. „Mhh", machte in diesem Moment Adara in Toms Armen und sowohl er als auch Maria erstarrten in ihren Bewegungen. Maria beeilte sich daraufhin aus dem Zimmer zu kommen, denn so rücksichtslos wollte sie dann doch nicht in die Privatsphäre der jungen Leute eindringen. Und Tom war ihr mehr als dankbar dafür. Das hätte wirklich peinlich werden können. Apropos peinlich. Einen Moment lang überlegte er, was er tun sollte, denn so sehr er sich auch bemühte, es war schon eine verdammt verzwickte Situation. Am Ende entschied er sich für die einfachste Variante. Er würde Fé einfach wecken, komme was wolle. Allerdings stellte sich nun wieder die Frage, wie er das am besten anstellte... „Guten Morgen", raunte er neben ihrem Ohr und versuchte, seine linke Hand endlich frei zu bekommen. Doch nichts passierte. Schließlich versuchte er, sich auf seinen rechten Ellenbogen zu stützen, was relativ kompliziert war, da ja Fés Kopf auf ihm lag, doch so stemmte sich Tom einen Moment später einige Zentimeter in die Höhe und versuchte es erneut, als er endlich über ihre Schulter sehen konnte. Ganz behutsam entwand er ihr seine linke Hand und strich ihr damit die blonden Locken aus dem Gesicht. „Guten Morgen", wisperte er noch einmal und diesmal fruchteten seine Bemühungen. Fé schlug die Augen auf und blinzelte einige Male, aber irgendwie schien Tom noch nicht ganz zu ihr hindurch zu dringen. „Hast du gut geschlafen?", fragte er und jetzt zuckte sie unweigerlich zusammen, was auch Tom aus dem Gleichgewicht brachte und ihn mit einem dumpfen „hmmpf" wieder zurück in die Kissen fallen ließ. „Sachte, sachte", meinte er etwas gezwungen lachend und pustete sich eine Feder aus dem Gesicht. Woher war die nun wieder gekommen? Adara hatte noch immer nichts gesagt, aber nun war sie immerhin wach und Tom meinte, dass sie sich gar nicht so sehr erschrocken hatte. „Ich will dich ja nicht in deiner Ruhe stören", begann er nach einer Weile „aber mein Arm schläft langsam aber sicher ein." Und es stimmte. In seinen Fingern kribbelte es schon gewaltig. Adara hob ihren Kopf ruckartig an, so als ob sie sich davon vergewissern wollte, ob das Bett auch ganz bestimmt noch unter ihr war und sie trug. Tom konnte nun endlich seinen Arm unter ihr hervorziehen und ließ seine Schulter einige Male kreisen. Fé schaute ihn seltsam verwirrt an, so entwaffnend und unschuldig wie sie nun vor ihm saß mit den zerzausten Haaren, die ihr noch halb ins Gesicht hingen. Und nun sah Tom erst genauer, was sie da eigentlich trug. „Sag mal, ist das etwa mein T-Shirt?" Sie schaute an sich herab und zupfte am Saum der Bettdecke herum. „Maria hat es mir gegeben", meinte sie nur, wollte aber eigentlich etwas ganz anderes sagen. Sie schaute wieder auf und ihre Blicke kreuzten sich. „Danke", wisperte sie. Eine lange Zeit war es still im Zimmer mit den lavendelblauen Wänden und den weißen Möbeln. Die dünnen Vorhänge plusterten sich bei jedem Windstoß auf und das Sonnenlicht tauchte alles in seinen goldenen Schleier. Sie schauten sich noch immer an, unfähig, die Blicke voneinander zu lösen. Und dann klopfte es wieder.

Um Viertel nach zwei - kurz nach dem späten Frühstück – klingelte es an der Haustür. Henry öffnete die Tür und herein traten zwei vollbeladene Herren samt Kosmetikerin und wurden in den Salon geführt. Tom stand ganz verwundert im Türrahmen und ließ die Leute vorbei. „Nanu? Habt ihr ein ganzes Team bestellt, oder wie darf ich das verstehen?", fragte er sowohl an Henry als auch an Adara gewandt, die sich aber nur vielsagende Blicke zuwarfen. Oh, oh. „Wissen Sie, Tom", begann Henry in seinem diplomatischen Tonfall und legte ihm freundschaftlich eine Hand auf die Schulter. Mal ehrlich, der alte Butler hätte seinen Platz gefunden in der Politik. „Da haben wir gestern so lang und breit über das Thema gesprochen", fuhr er fort und zog Tom ein wenig zur Seite „und dabei haben wir das Wichtigste vergessen." Tom hob nur abwartend eine Augenbraue. Henry seufzte. „Das sind Ian Bell und Dave Franconi. Sie arbeiten für Cartier und wollten sich persönlich um den Auftritt heute Abend kümmern. Sie haben sogar eine Limousine zur Verfügung gestellt. Samt Fahrer. Damit ich meinen freien Abend genießen kann", raunte er und zeigte über seine Schulter. „Auftritt?", flüsterte Tom, erinnerte sich aber sogleich an die Abmachung, die ja Fé mit den Herren hatte. Da musste er jetzt wohl oder übel durch. „Ich hole dann wohl besser meine Sachen", gab er seufzend von sich, fuhr sich durchs braune Haar und wollte gerade gehen, als der braungebrannte, glatzköpfige junge Mann mit der Hornbrille zu ihnen herüberkam und sich als Ian Bell, Werbe-Manager und Model-Scout vorstellte. „Wer ist das Date für heute Abend?", fragte er gerade heraus und warf Tom vielsagende Blicke zu. Diesem blieb das Wort im Halse stecken. Wie bitte? Date? Ah, er sprach von Adara. Halt. Model-Scout?! „Ich hoffe doch, dass diese reizende, junge Dame heute nicht alleine dort aufkreuzen wird?", fuhr Ian tadelnd fort und ließ Tom nicht zu Wort kommen. „Sonst hätten wir den passenden Smoking umsonst mitgebracht, das wäre eine wahre Schande!" Tom unterging der schelmische Unterton in Ians Stimme natürlich nicht. Hinter Ian trottete er also zurück in den Salon, wo auf halber Höhe eine weise zwei mal zwei Meter Raumtrennung aufgebaut worden war. Fé saß etwas hilflos auf der Couch und beschaute sich den ganzen Tumult, den die drei Neuankömmlinge hier veranstalteten. Tom ging zu ihr herüber, und setzte sich neben sie, aber kaum hatte sein Hintern das Sofa berührt, stand schon Ian hinter ihnen und forderte ihn auf, ihn hinter den Vorhang zu begleiten. Tom warf Adara einen entschuldigenden Blick zu, stand wieder auf und wurde hinter die Stoffwand bugsiert. Zeitgleich wurden zwei große, weiße Kleiderüberzüge von der kleinen Stylistin mit den hochgesteckten, braunen Haaren hereingetragen. Adara konnte sich noch schwach von den Vermessungsarbeiten bei Cartier an sie erinnern. Der eine Kleidersack wurde nach hintern an Ian weitergereicht, während der zweite neben Adara über die Couch gelegt wurde. „Bitte, Miss", forderte Clarice, die Stylistin, sie auf und schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. Sie hatte behände einen Schminktisch auf „ihrer" Wohnzimmerseite aufgebaut und zahlreiche Farbtöpfe und Pinsel darauf ausgebreitet. Henry und Maria hatten freundlicherweise die blickdichten Vorhänge zugezogen. Nur aus Vorsicht, denn das gesamte Areal wurde ja ohnehin von etlichen Sicherheitsmännern bewacht.

Keine dreieinhalb Stunden später stand Adara geschminkt, frisiert und in das Kleid, das zuvor noch in dem weißen Kleiderüberwurf gesteckt hatte, gekleidet da und betrachtete sich im Spiegel. Ihre Augen stachen ungewöhnlich hervor, durch die Schminke betont wie Edelsteine. Dazu die halb hochgesteckten Haare, die hinten im Rücken aber in Locken bis zu ihren Hüften fielen und nur die zwei verspielten Strähnen übrigließen, die ihr Gesicht charmant umrahmten. Doch, die Leute bei Cartier hatten Stil. Und sie wussten, was einem stand und was nicht. Clarice klatschte begeistert in ihre Hände. „Das Kleid ist ein Traum!", flötete sie und hinter der Trennwand mischte sich Ian ein: „Ja, wir haben wirklich lange hin und her überlegt, ob wir Sie in ein enges, dunkles Kleid stecken sollten oder in das hier. Am Anfang gab es noch diesen Traum aus Pink, aber der hat sich mit dem Schmuck gebissen." Adara betrachte den Traum aus Tüll und Organza von allen Seiten. Das enge Mieder mit dem schönen Herzausschnitt und den dunklen, blumig-rankenden Applikationen, das in der Hüfte in einen gerafften, weiten Rock überging. Sie fühlte sich zum ersten Mal seit langem wieder wie eine richtige Prinzessin. Nein, dieser Vergleich wollte bei ihr irgendwie keine Freude auslösen. Sie hatte die Existenz ihres Titels Zeit ihres Lebens gehasst und verflucht. Nein, sie brauchte etwas anderes. Wie hatte Tom es damals ausgedrückt? Star. Sie fühlte sich wie ein Star. Und nun strahlte sie auch wie einer. In diesem Moment wurde die Trennwand verschoben und sie erblickte Tom, der ihr den Rücken zudrehte und einen beeindruckend gutaussehenden, schwarzen Smoking trug – soweit sie das von hinten beurteilen konnte. Als auch er endlich bemerkte, dass sich etwas geändert hatte und sich zu ihr umdrehte, aber schon auf halber Strecke wegen Atemnot wieder stehenblieb, erblickte Adara ein schmuckes Einstecktuch in seiner Brusttasche. Es hatte – ganz zufälligerweise – dieselbe Farbe wie ihr Kleid, ebenso wie die Fliege, die er um den Hals trug. Beide trugen eine einzelne, dunkel gestickte Pflanzenranke, wie sie auf Adaras Kleid zu hunderten vorkamen. Tom sah richtig, richtig gut aus! Ein Lächeln schlich sich auf Adaras Lippen. Er würde sie also doch auf den Mittsommernachtsball begleiten. „Du... du... wow!", keuchte er nur und holte sie damit wieder zurück in die Gegenwart. „Du auch", hauchte sie fast stimmlos, doch bevor sie noch etwas sagen konnte, unterbrach Ian sie. „Na na, das Wichtigste fehlt ja noch!", warf er ein und holte eine kleine Tüte hervor. Daraus zog er eine flache, quadratische Lederschatulle und eine höhere, schmalere. Elegant präsentierte er ihr den Inhalt. Ein in Silber gefasstes Collier mit glitzernden Aquamarinen, die dazu passenden Ohrringe und ein Armband, bestehend aus sieben Reihen brillierender Steine kamen zum Vorschein. „Dazu haben Sie uns inspiriert", meinte Ian und zwinkerte ihr verschmitzt zu. Hätte man Adara vor einem Monat gesagt, dass alles so kommen würde, wie es gekommen war, hätte sie denjenigen für verrückt erklären und abführen lassen. Und nun stand sie hier, umringt von Menschen, die alle ihr Geheimnis kannten – war es überhaupt noch ein Geheimnis, wenn alle davon wussten? – und es war ihr einfach nur schnuppe. Sie freute sogar richtig, hier zu sein und das alles erleben zu können. Und sie freute sich, dass Tom wieder da war, auch wenn sie ein wenig verwirrt war, was ihre Beziehung zu ihm anging, denn was letzte Nacht geschehen war – ob geplant oder nicht – ging ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf. Er war ihr so verdammt nah gewesen! Derzeit legte Ian ihr das Collier um und klippte ihr die Ohrringe an. Er hatte erst ausgerufen, als man ihm gesagt hatte, dass Adaras Ohren nicht gestochen waren, aber Ian Bell wäre nicht Ian Bell gewesen, wenn er auch für dieses Problem keine Lösung parat gehabt hätte. Tom schluckte bloß leer. Fé sah wirklich umwerfend schön aus...

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Hi Leutee! :D Ich MUSS euch was empfehlen! Ich bin ja immerzu am Stöbern und zwischen den viiiieeeelen FF's (von denen leider nur echt wenige wirklich gut sind...     ._.  ) und den vielen Fail-Books hier auf Wattpad habe ich wiedermal ein paar Diamanten entdeckt! Und zwar ist das zum einen die Story "New Elves" von YvonneKiwi  Darin geht es im Groben um Elfen, die im Untergrund New Yorks leben und die Menschen vor magischen und nichtmagischen Gefahren retten, aber das sollt ihr selbst lesen, ich mag die ersten Kapitel schonmal total *~* Ausserdem lese ich gerade "Die Magie der Namen" von nicole-gozdek und bin echt hammermässig beeindruckt! Nicht umsonst hat sie den ersten erzählesuns vom Piper-Verlag gewonnen. Lohnt sich echt, da mal reinzulesen! :D wünsche euch einen schönen Abend! :*

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