26. Kapitel
"Du bist zu spät", motzte Black und tippte auf seine Armbanduhr.
"Oh, halt die Klappe, Black!", fuhr Alekto ihn an. Sie war von der Auseinandersetzung mit Lea noch etwas durcheinander. Sie versuchte sich zu erinnern, ob in den Ferien etwas vorgefallen war oder vielleicht schon etwas davor. War sie so auf sich selbst fixiert gewesen, dass sie nicht mitgekriegt hatte, was in den Leben ihrer Freundinnen läuft? Sie las auch regelmäßig den Tagespropheten, der Krieg tobte immer noch, aber große Änderungen gab es nicht.
Black warf ihr einen fast schon warnenden Blick zu, sagte aber nichts. Auch er wirkte verstimmt. "Hier ist der Plan: Du bringst mich in den Gemeinschaftsraum und gehst dann in die Jungen-Schlafsäle zu den Siebtklässlern. Er sollte leer sein, aber du wirst eh nicht reinkommen, sondern vor der Tür bleiben."
"Du willst, dass ich Wache schiebe?", fragte Alekto und er verdrehte die Augen.
"Nenne es, wie du willst. Sobald ich wieder rauskomme, bringst du mich wieder aus dem Gemeinschaftsraum hierhin und dann ist deine Schuld beglichen und wir werden nie wieder über unser nächtliches Zusammentreffen sprechen."
Die Slytherin nickte als Zeichen, dass sie verstanden hatte. Dennoch hatte sie etwas anzumerken. "Wir mögen keine Ravenclaws sein, aber wir sind nicht blind." Black trug eine einfache Jeans und der graue Pullover der Schuluniform, darunter konnte man die Ränder eines Tshirts erkennen.
"Kümmere dich nicht darum, dafür habe ich einen Zauber, dreh dich um!"
Beinahe hätte Alekto aufgelacht. Was auch immer er für eine bekloppte Idee hatte, hoffentlich brachte er ihr keinen Ärger ein. Etwas trotzend drehte sie sich um.
"Gut, gehen wir", sagte Black und Alekto drehte sich wieder ihm zu, nur um den Gryffindor nirgends mehr zu sehen. Sie öffnete überrascht den Mund. Sie kannte keinen Zauber, der einen unsichtbar machen konnte.
"Myrddin", erklang seine Stimme genervt aus dem Nichts.
Sie machte sich auf den Weg in den Gemeinschaftsraum. Umso besser, wenn man sie nicht zusammen sieht. Black war ein Blutsverräter, mit so jemandem sollte jemand wie sie sich nicht abgeben.
Der Gemeinschaftsraum war fast leer, als sie eintraten. Da es das erste Wochenende war, dass sie wieder nach Hogsmeade durften, waren fast alle gegangen. Möglicherweise auch aus Angst, dass sie die Aufhebung wieder rückgängig machen. Jeden Tag war neu die Rede von Tot und Zerstörung in den Zeitungen und keiner getraute sich, die Frage auszusprechen, wie lange das Ministerium noch standhalten würde. Immer wenn sie an die Todesser dachte, knotete sich ihr Herz zusammen und es wurde ihr wieder bewusst, wie dankbar sie dafür war, in Hogwarts zu sein. Am liebsten würde sie selbst nach ihrem Abschluss noch hier bleiben. Nicht, weil sie Hogwarts über alles liebte (was sie auch tat), aber momentan schien Hogwarts der einzig wirklich sichere Ort zu sein und Alekto war überzeugt, dass selbst der dunkle Lord schwächer war als Albus Dumbledore.
Sie warf einen Blick zu einer Gruppe Zweitklässler, die ziemlich falsch Schach spielten, bevor sie geschwind abbog zu den Schlafsälen der Jungen. Der kurze Gang endete in einer runden Halle mit einer gewölbten, gläsernen Decke, durch die man in den großen See sehen konnte. An den schwarzen Türen mit den Türknäufen in der Mitte waren, mit silbernen Lettern, die Jahrgänge notiert. Dahinter würde sich den Schlafsaal mit einem kleinen Bad befinden.
Der Schlafsaal für die Siebtklässler war, die zweite Tür links. Alekto drehte den Türknauf und drückte die Tür mit dem Fuß auf. In ihrem Kopf ließ sie sich bereits eine Ausrede einfallen, falls Black sich geirrt haben sollte und jemand da war. Aber glücklicherweise war das nicht der Fall.
Sie blickte zögerlich in den sechseckigen Raum. Sie hatte keine Ahnung, ob Black noch bei ihr war, erst als die Tür vor ihrer Nase zuschlug, wusste sie es. Sie lehnte sich an die Wand neben der Tür und blickte zur Decke hoch. Das grünliche Wasser war trüb, aber hin und wieder konnte man einen Schatten vorbeischwimmen sehen. Sie versank wieder in ihren Gedanken. Dumbledore war wohl der mächtigste Zauberer ihrer Zeit, niemand konnte gegen ihn ankommen. Alekto hatte ein immenses Vertrauen in ihn, obwohl sie ihn noch nie kämpfen sehen hatte. Aber er war bekannt für seine Taten, sein Wissen und nicht zuletzt für seinen Sieg über Grindelwald. Auch wenn er ein alter Mann war, mit einer Vorliebe für farbige Roben, mit passendem Hut, der eine Schule führte, durfte man ihn nicht unterschätzen.
Und unter genau seiner Nase hatte Alekto beschlossen, schwarze Magie auszuführen. Sie warf einen Blick auf ihre Hände, als könnte man da Spuren davon sehen. Seit dem zweiten Zauberspruch schienen sich ihre Kräfte stabilisiert zu haben, aber so richtig hatte sie es noch nicht ausprobiert. Sie konnte immer noch spüren, wie sich die Magie unermüdlich in ihr bewegte wie das Meer und sie hatte Angst, wie schnell es sich in einen unbändigbaren Sturm verwandeln konnte.
Stimmen drangen vom Gemeinschaftsraum an ihr Ohr. Das hörte sich an, wie Lestrange und Charles. Alekto sah sich um, sie konnte sich nirgends verstecken, da sie nicht wusste, ob die anderen Zimmer leer sind. Sie sah zu der Tür für die Siebtklässler. Lestrange war in der vierten Klasse und Charles ein Jahr über ihm. Die Stimmen kamen näher. . .
Eher sie es sich versah, riss sie die Tür auf und drückte sie sanft hinter sich zu. Black war vermutlich immer noch unsichtbar, daher sah sie sich nicht einmal nach ihm um. Sie machte rückwärts einen Schritt in den Raum und starrte die Tür an. Die beiden hätten sicher den anderen erzählt, dass sie hier herumgelungert war und Charles hätte es auch Helen erzählt.
Die Stimmen wurden lauter. Ihr Herz setzte einen Schlag aus, als sie sah, wie sich der Türknauf drehte. Was wollten sie hier?
Bevor sie reagieren konnte, wurde ihr etwas über den Kopf geworfen und eine Hand über den Mund geschlagen. Sie spürte Blacks Körper an ihrem Rücken, als er einen Arm um ihren Torso legte und sie mit sich von der Tür weg zog.
Durch den seltsamen Stoff vor ihrem Gesicht konnte sie Lestrange und Charles sehen, wie sie in den Raum traten.
"Ist das Averys Bett?", fragte Lestrange und ging bereits drauf zu.
Der Stoff bedeckte sie und Black bis zu den Füßen und es dämmerte ihr, wie er sich hatte unsichtbar machen können: Einen Tarnumhang. Aber sie fragte sich, wie bei Merlin er zu so einem gekommen war, so teuer wie die waren.
Black löste den Arm von ihren Rippen und warf einen Blick auf die Gegenstände in seiner Hand, während er mit der anderen immer noch Alektos Mund zuhielt. In der Hand hielt er ein zusammengefaltetes Pergament und etwas, das aussah, wie ein Bild von Potter. Sie hinterfragte das Bild gar nicht erst.
"Muss ich mich ernsthaft durch seine schmutzigen Socken wühlen?", fragte Lestrange.
"Oder du zauberst einfach", antwortete Charles. "Accio Rabastans Buch."
Aus einem Kleiderhaufen kam ein Buch geflogen und Lestrange fing es auf. "Ich hätte es ihm nie ausleihen sollen", schimpfte er, bevor sie das Zimmer wieder verließen. Aber selbst, nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, rührten sich die beiden Eindringlinge nicht.
"Ist gut, sie sind weg", sagte auf einmal das Bild von Potter und ließ Alekto zusammenzucken.
Black nahm den Mantel ab und ließ sie frei. Verwirrt, aber auch neugierig sah sie auf das Objekt in seiner Hand, das aussah wie ein Stück Glas oder ein Spiegel, nur, dass es nicht das eigene Gesicht zeigte.
"Danke, Krone", sagte Black und warf einen Blick zu Alekto. "Ich vertraue dir nicht ganz mit dem Wache stehen", sagte er nur kurz.
"Wo ist Potter?", fragte Alekto. "Wie konnte er das wissen?"
"Wir sind im Kerker, habe sie kommen sehen", antwortete ihr Lupin und Black drehte das Objekt so, dass sie nicht mehr drauf sehen konnte. Sie könnte schwören, in Potters Hintergrund den Gryffindor-Schlafsaal erkannt zu haben. "Bist du dir sicher, dass du es hast?", wollte Lupin wissen.
"Ich denke schon." Black warf ihr einen Blick zu, unsicher, ob er vor ihr sprechen sollte.
"Was, wenn sie eine Kopie davon haben oder es gesichert ist?" Das war nun Pettigrews Stimme, die ganze Bande also.
"Eine Kopie weiß ich nicht, aber egal, mit welchem Zauber sie das Bild belegt haben, wir können ihn sicher knacken."
"Spielt keine Rolle, ob sie eine Kopie haben, solange wir auch eine Abbildung haben, sind wir in diesem Departement gleich auf", sagte Lupin und Black räusperte sich.
"Besprechen wir das, wenn ich wieder bei euch bin." Er steckte das Objekt in die Hosentasche, zusammen mit dem Blatt, bevor er sich wieder den Tarnumhang umwarf und Alekto das Zeichen gab zu gehen.
Als Alekto vom Gang in den Gemeinschaftsraum trat, war dieser immer noch fast leer. Nur eine Person war gerade daran, ihn zu verlassen. Sie erkannte die Jacke und die braunen Locken, die unter der Mütze hervorquollen.
"Lea", rief sie und ihre Freundin drehte sich um. "Gehst du nach Hogsmeade?"
Doch Lea wartete nicht, bis Alekto sie erreicht hatte. "Ja, ich treffe mich mit einer Cousine, um mal etwas von dem Reinblütermist wegzukommen", sagte sie kurz angebunden, bevor sie durch die Tür verschwand. Alekto wäre ihr gerne hinterhergegangen, aber zuerst musste sie Black herausschaffen.
Sie bog im Kerker ein paar Mal ab, bis sie sich sicher war, weit genug weg zu sein. Dabei hielt sie immer Ausschau nach dem Rest der Rumtreiber, die sich anscheinend irgendwo hier herumtreiben wollten.
Black nahm den Tarnumhang ab und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. "Reinblütermist, das gefällt mir", meinte er amüsiert. "Harris hat dir eine ganz schöne Abfuhr verpasst."
"Halt die Klappe", gab Alekto wütend zurück. "Du hast keine Ahnung."
"Möglicherweise nicht. . .", sagte er nur schulterzuckend. "Jetzt, da unsere Zusammenarbeit beendet ist, will ich dir ein anderes Angebot machen."
Alekto runzelte die Stirn. Er wollte was?
"Ich hätte gerne ein paar Informationen, was in diesem Reinblütermist läuft."
"Informationen?", wiederholte die Slytherin und er nickte.
"Einfach was aktuell läuft, die neusten Gerüchte, ein paar Informationen über gewisse Familien. . . über meinen Bruder."
Sie musterte ihn abschätzend, sie kam nicht darauf, was er wollte. Sie wusste, dass es ein Trick war, es konnte nicht anders sein, hoffte er, dass sie ihm Informationen über Merlins Geheimnis lieferte?
"Im Gegenzug gebe ich dir Nachhilfe", beendete er das Angebot.
"Nachhilfe worin?", fragte Alekto.
"Im Zaubern, was immer du gerade brauchst. Das Angebot beleibt unter uns."
Sie starrte ihn entgeistert an. Sie konnte gar nicht in Worte fassen, wie sehr sie ihn gerade hasste. Und sie konnte nicht in Worte fassen, wie sehr sie sich gerade selbst hasste, das Angebot in Betracht zu ziehen.
"Nur über meine Leiche", brachte sie schließlich hervor.
Was haben die Rumtreiber wohl gerade gestohlen?
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