23. Kapitel
"Wenn ich in der Nacht diese Treppen hoch und runter müsste, würde ich mir auch das Genick brechen", meinte Lea am nächsten Tag, als sie auf eine der sich bewegenden Treppen warteten. Alekto war keine bessere Ausrede eingefallen, als die, die Black schon Madam Pomfrey aufgetischt hatte.
"Welche Treppe bist du denn runtergefallen?", fragte Helen interessiert.
"Spielt das eine Rolle, Len? Kein Wunder, siehst du so grauenvoll aus, in letzter Zeit, was treibst du dich auch Nachts herum?", schimpfte die Slytherin weiter und Alekto schloss resignierend die Augen. Die neue Magie zerrte immer weiter von ihren Kräften, sie musste heute den Zauber versuchen.
"Was habt ihr jetzt?", fragte sie, um vom Thema abzulenken.
"Nichts, aber ich gehe in die Bibliothek, um die Hausaufgaben zu machen", sagte Lea. "Es ist zwar erst Januar, aber die Abschlussprüfungen kommen schneller als man denkt."
"Ich treffe mich mit Celina." Celina war eine gute Kindheitsfreundin von Helen, die ein Jahr unter ihnen in Ravenclaw war.
"Ich habe Zauberkunst, daher trennen sich unsere Wege wohl hier", meinte Alekto und verabschiedete sich schnell.
"Al, warte!" Helen rannte ihr hinterher und hakte sich bei ihr ein. "Ich muss auch in diese Richtung. Was hast du überhaupt in der Nacht gemacht?"
Alekto zupfte an dem grauen Pullover der Uniform herum. "Es ist kompliziert", war das Einzige, was ihr einfiel. "Ich bin ganz überrascht, dass du deine Zeit mal mit jemand anderem verbringst als uns und Charles, ist etwas bei euch vorgefallen?" Vielleicht konnte sie so das Thema wechseln.
Helen seufzte. "Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, was ihr im Zug gesagt habt wegen Geheimnissen und so. Am Samstag haben wir dann ein sehr langes Gespräch geführt und wir versuchen besser zu kommunizieren. Außerdem haben wir bereits Pläne für den Valentinstag gemacht", sie fing an über ein Café in Hogsmeade zu erzählen, das anscheinend sehr beliebt war bei Pärchen, doch Alekto hörte nur halb zu. Der ganze Beziehungs- und Romantikkram interessierte sie nur wenig. "Hast du jemanden getroffen?", wollte Helen plötzlich wissen.
"Getroffen?"
Das blonde Mädchen schnitt eine Grimasse. "Weil du dich rausgeschlichen hast. Ist es jemand von einem anderen Haus?" Sie suchte Alektos Gesicht nach Hinweisen ab. "Oder hast du etwas gesucht? Wo warst du überhaupt?"
Alekto drückte sie etwas von sich weg, als ihr eine Idee kam.
"Es tut mir leid, ich. . . ich brauchte etwas Zeit für mich. Es war nicht einfach zu Hause zu sein, wenn mein Bruder. . ." Sie blickte auf ihre Schuhspitzen.
Helen öffnete den Mund, ohne etwas zu sagen, bevor sie Alekto in eine Umarmung zog. "Tut mir leid, ich hätte nicht nachbohren sollen." Alekto versuchte das Brennen in ihren Augen zu ignorieren. Sie wollte Helen und Lea wirklich nicht anlügen, aber die beiden würden es nicht verstehen. Der Einzige, der sie verstehen würde, wäre wohl. . . Sie verbannte diesen Gedanken schnell aus ihrem Kopf.
Sie löste sich eilig von ihrer Freundin, bevor ihre Gedanken noch weiter wanderten. "Ich sollte mich wirklich auf den Weg machen, sonst komme ich zu spät."
Normalerweise hoffte Alekto immer, im Unterricht nicht drangenommen zu werden, doch heute hoffte sie noch mehr als sonst. Unruhig rutschte sie auf ihrem Stuhl herum, sie spürte, wie die Magie in ihrem Inneren immer wieder wie die See gegen die Klippen donnerte.
Flitwick teilte sie in Zweiergruppen ein für das Üben des Zaubers. Sie wurde eingeteilt mit Marlene McKinnon aus Gryffindor, sie mussten den Impervius üben, der einen Gegenstand wasserabweisend machte.
McKinnon richtete ihren Zauberstab auf das Stück Stoff vor ihnen, bevor sie es in den Kelch gefüllt mit Wasser tunkte. Es blieb fast trocken, nur an den Rändern nicht. Alekto sah sich im Raum um und hoffte, dass die Doppelstunde schnell vorbeiging. Flitwick hatte die Klasse wild durchgemischt, vor allem die Häuser, Potter und Evans waren die einzige Gruppe aus demselben Haus. Gerade sagte Potter etwas zu ihr und Evans schien einen Moment zu überlegen, bevor sie nickte und etwas im Buch nachschlug. Gleich neben ihnen waren Evan Rosier mit Dorcas Meadows und einer Hufflepuff in einer Dreiergruppe.
"Du bist", meinte McKinnon und schob den getrockneten Stoff zu ihr. Alekto griff nach ihrem Zauberstab, der neben ihr lag. Schon als sie die Finger um das Holz schloss, spürte sie, wie sich die Wogen der Magie vergrößerten. Sie konzentrierte sich und versuchte es wieder zu beruhigen. Sie atmete flach, als sie den Zauberstab hob und den Zauber sprach. Etwas knackte laut hinter ihr.
Die Gryffindor riss den Kopf hoch. "Was war das?" Beide drehten sich zum Fenster, wo man einen großen Riss im Glas sehen konnte.
Alekto räusperte sich. "Ein Vogel vermutlich."
McKinnon runzelte die Stirn, bevor sie das Stück Stoff in den Kelch tunkte, wo es sich augenblicklich mit Wasser vollsog.
"Willst du es nochmals versuchen?"
Das andere Mädchen schüttelte den Kopf, sie hatte plötzlich kalt und fühlte sich erschöpft.
"Miss Myrddin?", der kleine Lehrer kam auf sie zu. "Ist bei Ihnen alles in Ordnung?"
Sie blinzelte die schwarzen Punkte vor ihren Augen weg und ergriff die Chance. "Ich gehe wohl besser in den Krankenflügel."
Flitwick nickte mit besorgter Miene. "Miss McKinnon, Sie können mit jemandem von der Dreiergruppe weitermachen."
Alekto warf einen Blick um sich, um zu sehen, ob jemand das gesprungene Glas schon bemerkt hatte, aber alle schienen mit der Aufgabe beschäftigt zu sein. Aber als sie sich erhob, konnte sie sehen, wie Black sie mit zusammengezogenen Brauen beobachtete. Ihr Treffen war morgen und am liebsten würde sie ihn einfach dann stehen lassen, aber sie hatte mehr zu verlieren als er und sie würde es ihm absolut zutrauen, dass er sie verpetzte.
Sein Blick folgte ihr noch bis zur Tür, bevor er sich zu Potter beugte und ihm etwas sagte.
Alekto ging nicht in den Krankenflügel, sondern verkroch sich in ihrem Bett. Sie holte etwas Schlaf vor, bevor Helen und Lea sie für das Abendmahl weckten.
Als sie mitten in der Nacht aufstand und sich anzog, konnte sie die Nächte ohne ausreichend Schlaf in der letzten Zeit bis in die Knochen spüren. Dennoch schlüpfte sie in ihren Morgenmantel und kontrollierte, ob sie alles dabei hatte, bevor sie sich in die verbotene Abteilung schlich. Wieder holte sie das Grimoire der Cyhyraeth hervor und legte es auf die Seite, während sie den Beschwörungskreis auf den Boden zeichnete und die Kerzen aufstellte. Innerlich bereitete sie sich auf den Schrei vor, als sie das Buch wieder öffnete. Letztes Mal wirkte es, als hätte direkt jemand hinter ihr geschrien, doch als sie dieses Mal das Buch aufklappte, war der Schrei weiter entfernt. Als würde die Person in der Bibliothek stehen und wieder wartete Alekto ein paar Sekunden, ob es jemand gehört hatte. Vielleicht konnten andere es gar nicht hören. Waren die Schreie der Cyhyraeth auch für andere zu hören oder nur für die sterbende Person? Das musste sie mal nachschlagen.
Als sie bei dem gewünschten Kapitel ankam, sah sie sich die Unterkapitel an. Es gab zwei, eines zur Stabilisierung und eines zur weiteren Verstärkung. Die Bilder, die sie unter dem der Verstärkung sah, waren grausig und Alekto war sich nicht ganz sicher, was genau sie sah, aber es war etwas über den menschlichen Körper. Sie korrigierte die Änderungen am Beschwörungskreis und las die Ausführung für die Stabilisierung aus.
Dieses Mal brauchte sie viele der Zutaten nicht, aber sie musste den blauen Eisenhut in der Schale zerdrücken und mit etwas ihres Blutes und Wasser mischen. Sie beobachtete die sich spiegelnde Oberfläche der bräunlichen Flüssigkeit, als sie anfing, die Worte zu lesen. Wieder wurde sie wie in eine Trance gezogen, während um sie herum alles warm wurde. Doch als sie dieses Mal das letzte Wort sprach, löste sich der Zustand nicht auf. Stattdessen flammte auf der Wasseroberfläche kurz eine grüne Flamme auf, bevor sie die Schale in die Hände nahm. Sie hob sie hoch vor sich wie irgendeine antike Priesterin und sprach weitere Worte. Dann legte sie die Schale an ihre Lippen. Innerlich flehte sie Merlin an, sie nicht durch eine Eisenhutvergiftung sterbe zu lassen, bevor sie den ganzen Inhalt in einem Zug trank.
Die Schale fiel klackernd auf den Holzboden, als die Kerzen erloschen und die Dunkelheit über Alekto hineinbrach.
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