Kapitel 38 - Angriff auf Arthur Weasley

„Es muss geschehen." „Er ist in Gefahr." „Du bist meine Erbin." „Erwache." „Beschütze." „Flora Dawson." „Tu deine Pflicht." Dunkelheit. Blinzelnd blickte ich mich in dem Raum um. Nein, kein Raum. Ein Flur. Mein Atem dröhnte in meinen Ohren. Ich wandte mich um. Es war dunkel. Ich kannte diesen Korridor. Diesen Flur. Diesen Ort. Das Ministerium. Meine Hand glitt zu meiner Tasche. Kein Zauberstab. Ich blickte an mir herab. Mein Pyjama. Ein Schnarchen. Langsam hob ich meinen Kopf. Die Tür. Zur Abteilung. Die wir bewachten. Der Orden. Arthur Weasley. Er hatte Wache. Er schlief. Ein Zischen. Langsam wandte ich mich um. Schlange. Eine Schlange. Ich streckte meine Hand aus. Sie bewegte sich so langsam. Zeitlupe. Die Schlange kam näher. Ich stellte mich ihr in den Weg. Sie glitt durch mich hindurch. Ein Schauder ergriff mich. Unglaublich langsam drehte ich mich um. Arthur. Die Schlagen wollte Arthur. Arthurs Kopf ruckte hoch. Er riss die Augen auf. Keuchte. Sprang von seinem Platz. Ich machte einen Schritt auf ihn zu. Es ging so unfassbar langsam. Arthur griff nach seinem Zauberstab. Die Schlange zischte. Stieß sich nach vorne. Ich riss meinen Mund auf. Kein Ton kam heraus. Meine Hände bewirkten keinen Zauber. Blut. Überall Blut. Und Arthur verstummt. Reglos. Eine warme Hand legte sich auf meine Schulter. „Er ist in Gefahr, doch es musste geschehen. Flora Dawson, du bist meine Erbin. Tu deine Pflicht als solche. Erwache und beschütze. Wach auf!"

Keuchend schreckte ich hoch. Stürzte aus dem Bett. Griff mir meinen Zauberstab. Starrte in der Dunkelheit umher. Da war nichts. Mein Herz dröhnte laut in meinen Ohren. Ich schloss meine Augen. Sah Arthurs Bild vor mir. Riss die Augen wieder auf. Was war das gewesen? Ganz bestimmt kein einfacher Traum. Meine Hände zitterten. Ich ballte sie zu Fäusten. Sowas konnte sich mein Gehirn nicht ausdenken. Und Merlin. Ich hatte Merlins Stimme gehört. Mein Herz machte einen Satz. Er hatte mir die Geschehnisse der Wirklichkeit gezeigt! „Erwache und beschütze. Eile dich, meine Erbin!" Mein Kopf schoss herum, doch da war niemand. Nur Merlins Worte, die in der Dunkelheit verklangen. Ein Ruck ging durch meinen Körper. Ich schnappte mir meinen Pullover und warf ihn über mein Shirt. Schlüpfte in bereitgelegte Socken und Schuhe. Zog mir Dracos Kette und Ring über. Sie gaben mir Kraft. Sie gaben mir Halt. Den Zauberstab fest in der Hand stürzte ich aus dem Schlafsaal. Trampelte die Treppen hinunter und riss das Portrait der Fetten Dame zur Seite. 

„Lumos!", keuchte ich und eilte weiter in Richtung Schulleiterbüro. Dumbledore war bestimmt noch wach. Er könnte Arthur schneller helfen als jeder andere. Und vor allem würde er mir mehr glauben als jeder andere. Ich stolperte über meine eigenen Füße. Fing mich an der Wand, stieß mich ab und rannte weiter. Die Treppen stellten mir keine Fallen, als ob sie genau wüssten, dass es nun um Leben und Tod ging. Keuchend rannte ich den Flur zum Wasserspeier hinauf. „Zischende Zauberdrops!", rief ich schon von Weitem. Scherte mich nicht darum, ob mich jemand hörte. Ich musste schnell sein. Die Treppe begann nach oben zu fahren. Ich hechtete die ersten ausgefahrenen Stufen hoch und hüpfte ungeduldig von einem Bein auf das andere. Warum dauerte das so lange? Es musste schneller gehen! 

Endlich kam die Tür in Sicht. Ohne anzuklopfen riss ich sie auf und stolperte hinein. „Merlin hat mir etwas gezeigt!", schrie ich schon fast. Riss meine Augen auf, als ich bemerkte, wer sich alles im Raum befand. Dumbledore war nicht alleine. Minerva warf mir einen Blick zu, den ich beim besten Willen nicht deuten konnte. Dann rauschte sie an mir vorbei und eilte die Treppen hinunter. Noch nie hatten sich ihre Schritte so laut angehört. Ginny drängte sich dicht an Fred, George und Ron. Die Blicke der Weasleys sagten mir, dass sie wusste, dass etwas nicht stimmte. Und Harry sah so furchtbar aus, als wäre er dem Tod persönlich gegenübergestanden. Nur Dumbledore war mal wieder die Ruhe selbst. Ich ballte meine Hände zu Fäusten. „Was ist hier los? Was ist passiert?", verlangte ich zu wissen. „Nun, unser Harry hier hat in seinem Traum gesehen, wie Arthur Weasley angegriffen wurde. Was treibt Sie hierher, Miss Dawson?" Ich riss meine Augen auf. Warum hatte Harry den Angriff ebenfalls in seinem Traum gesehen? Hatte Merlin es ihm gezeigt? Aber warum sollte er. „Du bist meine einzige Erbin. Nur du verdienst meine Eingabe", hauchte die Stimme des toten Zauberers durch meinen Kopf. Ich schüttelte diesen und rieb mir meine Stirn. Das war zu viel für eine Nacht. Noch nie hatte ich meinen Ahnherr so oft und so klar vernommen. 

„Merlin hat mir den Angriff gezeigt", antwortete ich doch noch auf Dumbledores Frage. „Ich will, dass Sie mit den anderen zum Grimmauldplatz reisen. Tun Sie, was Sie tun können", forderte Dumbledore. Widerstand regte sich in mir. Ich schüttelte meinen Kopf. Nickte leicht. Merlin hatte das von mir gefordert. Ich war verpflichtet zu helfen. Abgesehen davon, dass es hier um meine Freunde ging. Bekannte. Um den Orden. Ich musste meine Pflicht als Merlins Erbin erfüllen und tun, was ich konnte. Es war mehr, als alle anderen schaffen konnten. „Also kommen Sie her. Und rasch, bevor noch jemand zu uns stößt", sprach Dumbledore. Ich beobachtete meine Freunde dabei, wie sie zu Dumbledore eilten und einen Kessel auf seinem Schreibtisch berührten. Ein Ruck ging durch meinen Körper. Ich drängte mich an Harry und verhakte meinen Finger am Kesselrand. „Ich zähle bis drei – eins ... zwei..." Ein Schmerz zuckte durch die Hand, die auf Harrys Schulter lag. Ich runzelte meine Stirn. Meine Magie begann augenblicklich zu wirken. „...drei", rief Dumbledore und wir wurden nach vorne gezogen. Schleuderten durch Raum und Zeit. Ich kniff meine Augen zusammen. Machte mich auf den Aufprall gefasst. Der Kessel rutschte mir aus den Fingern. Dann kam der Boden. 

Ich federte den Schwung ab. Sprang in die Luft. Und stellte mich aufrecht hin. Blinzelnd erkannte ich die Küche des Grimmauldplatzes wieder, wo Sirius mit Kreacher auf uns wartete. „Da sind sie ja, die Blutsverräter-Gören. Stimmt es, dass ihr Vater im Sterben liegt?", lachte der mürrische Hauself düster. „Raus hier!", brüllte Sirius und warf den Elf am Kragen aus dem Raum. Dann eilte er auf uns zu. „Was ist los?", richtete er die Frage direkt an mich, bevor er begann, den anderen auf die Füße zu helfen. Ich sah nur zu. Ballte meine Hände zu Fäusten. Spürte das feine Holz meines Zauberstabs darin. „Frag Harry." „Ja, ich will das auch hören", meinten Fred und George. Die Weasleys stellten sich Harry gegenüber. Ron verschränkte die Arme. Harry ballte die Fäuste. Entspannte seine Finger wieder. Ich beobachtete ihn. Sirius schaute zwischen uns allen hin und her. Sein Blick blieb bei mir hängen. Fragend. Als könnte er nicht einschätzen, warum ich hier war. 

„Es war ... Ich hatte – so was wie eine – Vision...", begann Harry zu sprechen. Ich zog meine Augenbrauen nach oben. Eine Vision hatte ich auch gehabt. Nur, dass meine mir von Merlin eingegeben worden war. Mein Ahnherr hatte aber bestätigt, dass er nur mir solche Träume gab. Woher hatte Harry dann also die seine? „Ich ... ich war in diesem Korridor. Da war Mr Weasley, er saß vor einer Tür. Schien eingenickt zu sein. Und dann hab ich die Schlange gesehen. Sie kam über den Flur gekrochen. Mr Weasley hat sie bemerkt und wollte sie mit seinem Zauberstab abwehren. Da hat sie ihn angegriffen, bis er sich nicht mehr geregt hat", erzählte Harry. Ich runzelte meine Stirn. Das klang haargenau so wie meine Vision. Aber irgendwas schien falsch. Irgendwas war falsch. Ich konnte nicht sagen was, aber etwas passte mit Harrys Geschichte nicht. Mein Gefühl sagte es mir. Ron wandte den Blick von Harry ab. Ginny klammerte sich mit den Händen an Freds Morgenmantel. Sie alle trugen noch ihre Pyjamas. 

„Ist Mum hier?", wollte Fred von Sirius wissen. Der schüttelte leicht den Kopf und wandte sich dem Jungen zu. „Sie weiß wahrscheinlich noch gar nicht, was passiert ist. Das Wichtigste war, euch fortzuschaffen, bevor Umbridge sich einmischen konnte. Ich vermute, Dumbledore teilt es Molly jetzt mit", erklärte der Mann. Warum hätte Umbridge sich einmischen sollen? Wusste sie etwas von den Vorkommnissen? War Minerva deswegen so schnell aus Dumbledores Büro verschwunden? „Wir müssen ins St. Mungo", meinte Ginny. „Wartet mal, ihr könnt jetzt nicht einfach zum St. Mungo abhauen!", erwiderte Sirius. „Natürlich können wir, wenn wir wollen. Er ist unser Dad!", sagte Fred bestimmt. „Und wie wollt ihr erklären, woher ihr erfahren habt, dass Arthur angegriffen wurde, noch bevor das Hospital seine Frau unterrichtet hat?" Da hatte Sirius mehr als nur ins Schwarze getroffen. „Weshalb sollte das wichtig sein?", schimpfte George und zog sich sein Oberteil zurecht. „Es ist wichtig, weil wir keine Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken wollen, dass Harry Visionen von etwas hat, das Hunderte von Meilen entfernt geschieht! Könnt ihr euch vielleicht vorstellen, was das Ministerium von einer solchen Information halten würde?", brauste Sirius. Es würde all unsere Bemühungen bezüglich Harrys Sicherheit zunichtemachen. Die Arbeit des Ordens wäre Geschichte. „Irgendjemand hätte es uns sagen können ... Wir hätten es doch auch von jemand anderem als Harry hören können", meinte Ginny. Ich schüttelte meinen Kopf. Wer denn? Es gab niemanden. „Und von wem? Hört zu, euer Dad wurde verletzt, während er im Auftrag des Ordens tätig war, und die Umstände sind ohnehin schon verdächtig genug, ohne dass seine Kinder Sekunden später davon erfahren. Ihr könntet die Sache des Ordens schwer beschädi..." „Der blöde Orden ist uns egal!" 

„Genug!", rief ich so laut, dass meine Stimme durch den Raum donnerte und ich fürchtete, Mrs Black geweckt zu haben. Aber es blieb ruhig. Gespenstig ruhig. Ich ballte meine Hände zu Fäusten, dass sie zitterten. Sirius hob beruhigend seine Hände. Fred und George schauten mich herausfordernd an. Ginny versteckte sich hinter den beiden und Ron hatte den Kopf eingezogen. Nur Harry stand da, als wäre er noch immer in seiner Vision und würde dem Geschehen bloß zusehen. Ich leckte mir über die Lippen. Schüttelte leicht meinen Kopf. „Sirius hat Recht. Am Orden hängen viele Leben dran. Mein eigenes verdammtes Leben hängt da mit dran, genauso wie das eurer Mutter und eurer Brüder. Wenn der Orden in Gefahr ist ... Wenn er entdeckt werden würde ... Was glaubt ihr, was dann mit uns allen passiert? Alle hier kennen die Risiken, die unser Wirken mit sich trägt. Und wir sind diese Risiken freiwillig eingegangen. Arthur wird es im Krankenhaus schon gutgehen. Immerhin sind das dort ausgebildete Heiler. Wir beherrschen Magie, verdammt noch mal! Er wird schon wieder. Und dann wird er eine Untersuchung zu fürchten haben, weil er sich unbefugt dort aufgehalten hat, wo er bei seinem Angriff war. Es ist besser, wenn wir da niemanden mit hineinziehen. Wenn wir euch da nicht mit hineinziehen. Ich will nichts mehr hören! Wir bleiben hier und warten auf Nachrichten. Ende." 

Auf meine Ansage blieben alle ruhig. Bis Ginny schwer seufzte und sich an den Esstisch fallen ließ. Die anderen taten es ihr nach und nach gleich. Ich warf einen Blick zu Sirius. Der nickte mir zu. Dann hob er seinen Zauberstab. „Also, lasst uns – lasst uns was trinken, während wir warten. Accio Butterbier." Ein paar Flaschen kamen aus der Speisekammer geflogen und versammelten sich auf dem Tisch. Ich blieb stehen. Verschränkte meine Arme. Und wartete. Die anderen tranken. Sirius brachte eine Flasche zu mir. Ich nahm sie entgegen. Hielt sie in der Hand. Trank nichts. Und wartete. 

Plötzlich zischte eine Stichflamme über dem Tisch in die Höhe. Ich hob meinen Zauberstab, bereit anzugreifen. Aber nichts geschah. Nur eine kleine Pergamentrolle fiel auf den Tisch. Über ihr schwebte eine Feder von Dumbledores Phönix. „Fawkes!", stieß Sirius hervor und schnappte sich die Rolle. Eilig öffnete er sie. „Das ist nicht Dumbledores Handschrift – das muss eine Nachricht von eurer Mutter sein – hier", meinte er und reichte George den Brief. Der begann umgehend vorzulesen: „Dad ist noch am Leben. Ich mache mich jetzt auf den Weg ins St. Mungo. Bleibt, wo ihr seid. Ich benachrichtige euch, sobald ich kann. Außerdem muss Flora unverzüglich zum St. Mungo kommen. Bill holt sie gleich ab. Mum." George senkte das Pergament. Die Augen aller Anwesenden flogen zu mir. Ich warf Sirius die volle Flasche Butterbier zu und eilte in die Eingangshalle. Im gleichen Moment klickte die Tür und Bill stürmte herein. „Flora..." „Ich weiß", unterbrach ich ihn und schlüpfte an ihm vorbei in die Kälte. 

Nur die Straßenlaternen erhellten die Dunkelheit. Der Schnee türmte sich auf und ließ mich in meinem Pyjama frieren. Immerhin hatte ich ordentliche Schuhe und einen Pullover übergezogen. Meinen Zauberstab steckte ich in meinen Ärmel. „Wie kommen wir hin?" „Wir apparieren rein. Sie haben eine extra Zone für Notfälle wie diesen eingerichtet." Bill streckte mir seinen Arm entgegen. Ich ergriff ihn ohne zu zögern und schon verschwamm alles. Wir kamen in einem dumpf erhellten Raum an. Ich blinzelte mehrmals. Vor uns stand eine Krankenschwester – nein, eine Heilerin in grünem Kittel. „Mr Weasley, Ms Dawson, bitte folgen Sie mir", sprach die junge Frau und verschwand aus der Tür. Ich versuchte den dicken Klos in meinem Hals herunterzuschlucken, während ich an Bills Hand in eine Art Eingangshalle trat. Am Empfangstresen blätterte eine ältere Hexe durch die Hexenwoche, doch die Stühle im Wartebereich waren komplett verlassen, die Beleuchtung heruntergefahren. 

Ein Gedanke schoss durch meinen Kopf. Merlin hatte mich hierhergeschickt. Und ich war nicht unvorbereitet. Erst letzte Woche hatte ich doch einen Heilzauber mit meiner uralten Magie gelernt. Bestimmt konnte der jetzt helfen! Wenn ich nur nah genug an Arthur herankam. Wenn niemand etwas bemerkte. Wenn Bill mich heimlich stützte. Meine Kräfte würden mich bestimmt verlassen. Nicht umsonst stand in dem Büchlein, dass ich zwar tödliche Verletzungen heilen konnte, dafür aber auch ziemlich geschwächt werden würde. Und ich hatte den Zauber erst einmal geübt! Ausprobiert noch nie. Ich schluckte schwer, doch der Klos in meinem Hals wollte sich nicht lösen. Ich musste es schaffen. Für Arthur und seine Familie. Die Heilerin führte uns in ein Zimmer. Dort lag Arthur auf einer Liege. Ich schloss kurz meine Augen. Überall Blut. 

Ein leises Schluchzen ließ mich wieder aufblicken. Molly stand in einer Ecke des Zimmers. Ihre glänzenden Augen fielen auf Bill und mich. Ein Ruck ging durch ihren Körper. Bills Hand zitterte, als er meine losließ und seine Mutter in eine feste Umarmung zog. Sein Blick wich nicht von seinem Vater. Dann kam Molly zu mir. Ich drückte sie fest an mich. „Bitte rette meinen Mann", hauchte sie mit tränenerstickter Stimme. Ich leckte mir über die Lippen. „Lenk die Heilerin ab." Sofort löste sich Molly von mir und sah mir in die Augen. Ich nickte entschlossen. Sie atmete tief durch und nickte ebenfalls. „Entschuldigen Sie", wandte sie sich an die Heilerin. Die schien froh über eine Pause. Oder vielleicht sah sie auch keine Hoffnung mehr für Arthur. Jedenfalls verabreichte sie ihm noch einen letzten Trank, dann stellte sie sich mit Molly etwas abseits. Die beiden begannen leise zu reden. 

„Komm", murmelte ich und zog Bill mit mir zu der Liege. „Halt mich, wenn ich falle", bat ich den Weasley. Ohne auf eine Erwiderung zu warten, griff ich nach Arthurs blutüberströmter Hand. Ich hielt sie mit beiden Händen fest. Versicherte mich, dass die Heilerin nicht zusah. Ich hatte keine Ahnung, ob der Zauber ein Leuchten bewirkte. Ich hoffte nicht. Sonst hätte ich ein Problem. Ich suchte den Zauberspruch in meinen Erinnerungen. Jetzt musste ich nur noch ganz leise flüstern. Oder vielleicht musste ich ihn auch gar nicht aussprechen. Denken konnte genügen. Das hatte es schon ein paar mal. Ich sammelte meine Gedanken. Konzentrierte meine Magie. Ich würde nicht sprechen, ich würde nur denken. Und es würde funktionieren. 

Sana iniurias. Conserva. Meine Finger wurden warm. Meine Hände kribbelten. Ich versuchte ruhig weiter zu atmen. Sana iniurias. Conserva. Die Wärme wurde stärker. Das Kribbeln breitete sich in meinem ganzen Körper aus. Ich konzentrierte mich darauf. Schickte meine Magie mit aller Macht in Arthurs Körper. Sana iniurias. Conserva. Unter all dem Blut und den Verbänden konnte ich nicht erkennen, ob mein Zauber überhaupt etwas brachte. Aber er musste. Er musste wirken. Mein Sichtfeld begann zu flimmern. Er wirkte. Ganz sicher. Sana iniurias. Conserva. Die Wunden mussten sich schließen. Nicht alle, aber einige. Ich war mir sicher. Mit einem Mal blieb mir mein Atem weg. Ich versuchte ruhig zu bleiben. Mit dem nächsten Atemzug kam wieder Luft in meine Lungen. Ich schwankte leicht. Spürte Hände an meinen Schultern, die mich aufrecht hielten. Noch ein letztes Mal. Sana iniurias. Conserva. Es reichte. Es musste reichen. Ich konnte nicht mehr. Ich hatte alle Magie gegeben, die ich entbehren konnte. 

Langsam löste ich meine Finger wieder von Arthurs Hand. Lehnte mich schwer gegen Bill. Der schlang seine Arme um mich. Es musste so aussehen, als würden wir um Arthur trauern. „Mum, es wird Zeit, dass du mit Flora nach Hause gehst", unterbrach Bill die Stille. Die Heilerin unterbrach ihr Gespräch mit Molly und kam wieder an Arthurs Liege. Sie begann ihr Handwerk aufs Neue. Wir alle sahen ihr kurzes Stocken. Meine Magie hatte gewirkt. „Ich bleibe bei Dad und schicke euch sofort eine Nachricht, wenn etwas ist." Molly blickte fragend zu mir. Ich nickte ihr leicht zu. Ich hatte es geschafft. Molly nickte erneut, sofort einverstanden. Wäre ich nicht, wäre sie es wohl nicht. „Na komm, Flora. Du hattest eine lange Nacht und musst dich ausruhen", meinte die Weasley und nahm meine Hand in ihre. Ihren freien Arm legte sie um meine Schulter und stützte mich auf dem Weg hinaus. Ich versuchte mich aufrecht zu halten. Wollte keine unnötige Aufmerksamkeit auf mich lenken. Wir gingen nicht zurück in den Raum, aus dem Bill und ich gekommen waren. Stattdessen durchquerten wir die leere Eingangshalle und liefen durch eines der Fenster. 

Kaum draußen in der Dunkelheit der Nacht, keuchte ich und brach zusammen. „Flora", murmelte Molly und ging mit mir in die Knie. „Geht schon ... gleich wieder", keuchte ich und stützte mich mit den Händen auf den Boden. Ein Würgen überkam mich. Ich behielt meinen Mageninhalt bei mir und atmete tief durch. „Kind, was hast du nur getan?" „Deinen Mann vor dem Tod gerettet", keuchte ich und würgte erneut. Schauderte. Hatte ich zu viel Magie angewandt? Oder war das bei dem Zauber normal? Tief atmete ich durch. Blickte mich in der Gegend um. Wir mussten irgendwo mitten in London sein. Wir saßen in einer Einkaufsstraße voller Läden. Hinter uns ragte ein altes, hässliches Gebäude in die Luft. An den Türen hing ein Schild: ‚Wegen Renovierung geschlossen' und außer ein paar alten Schaufensterpuppen stand nichts im Fenster. Kein Wunder, dass Muggel das St. Mungo nicht betraten. Oder fanden. „Lass uns einfach..." Ich räusperte mich und blinzelte mehrmals. Jetzt bekam ich auch noch Kopfschmerzen. „Lass uns einfach schnell zum Grimmauldplatz apparieren." „Bist du sicher, dass du in deinem Zustand apparieren kannst?" „Ist mir egal. Wir müssen schnell hier weg und schnell dort hin. Jetzt." Mollys Griff um meinen Arm wurde fester. Ich schloss meine Augen. Schon disapparierten wir. 

Hart landeten wir auf dem kalten Bürgersteig vor dem Grimmauldplatz. Ich würgte erneut. Hielt nur mit Mühe meinen Mageninhalt zurück. „Ist schon gut, gleich sind wir da. Halt nur noch ein bisschen durch", murmelte Molly und zog mich auf die Beine. Ich schwankte. Öffnete blinzelnd meine Augen. Tief atmete ich durch. Sammelte meine Kraft. Schwankte an Mollys Seite hinein in das große Haus. Durch die Eingangshalle. Und in die Küche. Alles drehte sich. Molly setzte mich auf einen Stuhl. Erleichtert atmete ich auf. Legte meine Arme auf den Tisch und meinen Kopf darauf. Schlafen. Einfach nur schlafen. Und Kraft tanken. Meine Magie zur Ruhe bringen. Ja, das brauchte ich jetzt. „Er wird durchkommen. Dank Flora. Er schläft jetzt. Später können wir ihn alle besuchen. Bill ist noch bei ihm; er nimmt sich den Morgen frei", erklärte Molly und ein Aufatmen ging durch die Küche. Ob meine Freunde sich in der Zwischenzeit überhaupt mal bewegt hatten? Ich brummte etwas, um Mollys Aussage zu kommentieren. Ich wollte mich nicht mit Ruhm bekleckern. Aber wer wusste schon, ob Arthur auch ohne meine Hilfe durchgekommen wäre? Seinem Anblick nach zweifelte ich schon daran. 

Arme legten sich um mich und Köpfte drückten sich gegen meinen. „Danke Flora." „Ja, wirklich. Danke", murmelten Fred und George. Ich brummte erneut. Brachte nicht die Kraft auf, mich zu bewegen. Oder auch nur aufzusehen. „Danke Flora", schluchzte Ginny neben mir und drückte meinen Arm. Jemand klopfte sachte auf meine Schulter. Das konnte nur Ron sein. Trotz allem musste ich leicht schmunzeln. „Frühstück!", schrie Sirius mit einem Mal. Ich zucke zusammen. Verzog mein Gesicht. Presste meine Hände auf meine Ohren und döste weiter vor mich hin. Von wegen Essen. Ich wollte doch nur schlafen. War mir nicht mal sicher, ob ich überhaupt was runterbringen würde. Nur nebenbei bekam ich mit, wie Molly und Sirius redeten. Ich musste grinsen. Jetzt würden wir alle wohl erst mal im Grimmauldplatz bleiben. Es freute mich ehrlich, dass Sirius über Weihnachten nicht alleine sein musste. Mein Plan, bei meinem Vater vorbeizuschauen, bestand aber trotz allem. 

„Hier, Flora, du musst etwas essen." Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, aber plötzlich roch es im ganzen Raum nach Eiern und Würstchen und Toast. Ich brummte etwas. War mir nicht sicher, ob ich überhaupt etwas essen wollte. Oder konnte. „Doch, du musst dich stärken, keine Widerrede. Danach kannst du immer noch schlafen", bestimmte Molly. „Mum, wir machen das schon", meinte Fred. Die Stühle neben meinem Platz quietschten. „Komm, Flora", murmelte George und zog sanft meinen Kopf nach oben. Er legte ihn auf seiner Schulter ab. Blinzelnd blickte ich in die Runde. Ich war so kraftlos. Und das mochte ich nicht! Die anderen sollten mich nicht so sehen! Ginny mir gegenüber grinste mich zittrig an und nickte auf den Teller vor mir, den die Zwillinge mit Essen füllten. Ich schüttelte leicht meinen Kopf. Schluckte schwer. Ich hatte kaum Kraft. 

„Komm, Flora. Mum hat recht, du musst was essen", meinte Fred, griff sich die Gabel und spießte etwas Rührei auf. Das war demütigend. Mich von jemandem füttern zu lassen wie ein Baby. Ich schüttelte leicht meinen Kopf. George begann mir übers Haar zu streichen. „Komm schon. Es ist wichtig. Bitte", flüsterte er. Seufzend gab ich mich geschlagen. Ließ mich von Fred füttern. War den anderen am Tisch dankbar, die mich nicht einmal mit einem merkwürdigen Blick bedachten. Nein, die Augen der Weasleys strahlten voller Dankbarkeit. Und Sirius war bester Laune, wohl weil er jetzt für eine Weile nicht mehr alleine war. „Jetzt ist gut. Schluss", murmelte ich. Die Portion Rührei, das Würstchen und der Buttertoast waren zwar nicht viel im Vergleich zu meinem normalen Frühstück, aber zu viel für meinen empfindlichen Körper und gereizten Magen. „Ist gut, hast gut gegessen", meinte Fred und legte die Gabel zur Seite. 

„Na komm, ich bringe dich ins Bett", kam Sirius' Stimme von hinten. Schon schwebte ich auf seine Arme und aus der Küche. Seufzend kuschelte ich mich an ihn. „Was auch immer du gemacht hast, Flora. Es ist unglaublich. Du bist eine wahrhaft große Hexe", meinte Sirius. „Ich weiß", grinste ich schwach. Sirius lachte leise. Wir betraten mein Zimmer. Er legte mich aufs Bett. Zog mir meine Schuhe aus. Deckte mich sanft zu. „Schlaf gut", meinte er, strich mir über den Kopf und verschwand. Ich schlief augenblicklich ein.

Sorry für die Verspätung, ich hab's irgendwie voll verpeilt und meine Handy-Erinnerung wurde mir nicht angezeigt...

Na, wie findet ihr das Kapitel? Ich hab währenddessen 'Destruction of Hogwarts' in Dauerschleife gehört, um das Feeling für die Szenen zu haben :) 

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