Kapitel 37 - Das letzte DA-Treffen vor den Ferien

„Du weißt aber schon, dass wir noch eine Ewigkeit Zeit haben, bis die anderen kommen? Und eigentlich wollten wir heute überhaupt nichts Neues mehr machen, außer alle Zauber ordentlich durchzugehen", erinnerte ich Harry an seine eigenen Worte nach unserem letzten DA-Treffen. Da hatte ich die ersten schon in den Protego einführen können und schließlich hatte auch Colin eingesehen, dass er sich ein bisschen mehr auf sich selbst konzentrieren sollte. Er hatte mir also einen perfekten Lähmzauber vorgeführt und ich hatte ihm den Verwirrungszauber beigebracht. Nur noch Dennis haperte ein bisschen mit dem Zauberspruch, aber ich war zuversichtlich. „Ich will einfach früher da sein. Hab's im Gefühl. Und auf das kann ich mich immer verlassen", meinte Harry und lief vor dem Wandteppich auf und ab. Kopfschüttelnd verschränkte ich meine Arme und wartete auf die Tür. Er immer mit seinem Gefühl. Irgendwann würde es uns alle bestimmt noch mal so richtig in Schwierigkeiten damit bringen. „Bitte die Dame", grinste Harry und öffnete mir die Tür. Schmunzelnd trat ich in den Raum. Und blieb sofort wieder stehen. 

Mir klappte der Mund auf. „Was ist denn das?", fragte Harry neben mir fassungslos. Von der Decke hingen unzählige goldene Christbaumkugeln mit Harrys Gesicht darauf und den Worten ‚Harry Christmas'. Ich konnte nicht anders als schallend loszulachen. „Das ist..." Ich schnaufte und prustete und bekam Seitenstechen. „Warum hast du ... dir das ... denn vom Raum der Wünsche gewünscht?", kicherte ich und strich mir Tränen aus den Augen. „Das war ich doch nicht!", rief Harry und trat energisch zu einer Leiter. Die stellte er mitten im Raum auf und begann, die ganzen Kugeln wieder abzuhängen. „Aber wer denn sonst?", kicherte ich und rieb mir meine Seite. „Mir fällt nur einer ein, der vom Raum der Wünsche und von unserem Trainingsraum weiß und so etwas tun würde. Dobby." Ich verschluckte mich und musste husten. Der Hauself war schon eine Nummer für sich. Immerhin hatte er sich bis jetzt noch nicht verplappert was sowohl Dracos und meine Treffen anbelangte, als auch die Tatsache, dass der Slytherin von seiner Existenz wusste und ihn ab und zu in der Küche besuchen kam. Meine Angst, dass alles auffliegen würde, war zwar immer noch da, aber mit der Zeit war sie immer kleiner geworden. Am Anfang hatte ich wirklich nicht gedacht, dass Dobby dichthalten würde und könnte. 

„Stehst du da jetzt nur dumm rum und lachst mich aus oder hilfst du mir auch mal?", schimpfte Harry. Tief atmete ich durch. „Nur nicht so gereizt mein Lieber. Wenn du wieder nett bist, helfe ich dir sehr gerne. Aber anschnauzen lasse ich mich nicht." Ich konnte nicht so ärgerlich klingen wie ich wollte, aber meine Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. „Hast recht, entschuldige Flora. Ich weiß doch, dass du nichts dafür kannst. Nein, bei dir kann ich mir als einzige wirklich sicher sein, dass du auf meiner Seite bist", seufzte Harry. Ich runzelte meine Stirn. Was meinte er denn jetzt damit? Aber ich wollte die langsam kippende Stimmung nicht noch weiter runterziehen, also half ich meinem Freund, indem ich ihm die Kartons hochhob, in die die Christbaumkugeln verstaut werden mussten. Nun war es ein Glück, dass wir früher gekommen waren. So hatten wir genügend Zeit alle Kugeln abzuhängen, ehe unsere Mitschüler kamen. 

Gerade verstaute ich den letzten Karton in einer Ecke und Harry griff sich die letzten Kugeln, als sich die Tür öffnete und Luna als erste den Raum der Wünsche betrat. „Hallo", summte sie und beäugte neugierig die Kugeln in Harrys Händen. Der zog sie schnell hinter seinen Rücken. „Oh, die sind aber hübsch, wolltest du die aufhängen?" Ich musste kichern. Luna war schon so eine. „Nein, wollte ich nicht. Dobby der Hauself hat sie aufgehängt. Flora und ich haben sie wieder runtergeholt", erwiderte Harry und warf mir den zerbrechlichen Schmuck zu. Schnell machte ich einen Satz nach vorne und verhinderte Scherben. Genervt sah ich zu Harry, doch der wandte sich wieder Luna zu. Ihr Blick schwenkte nach oben. „Misteln", kicherte sie und ihr Finger schwebte in der Luft wie der eines Dirigenten. Harrys Blick schoss nach oben. Noch schneller machte er einen Satz zur Seite, als er den Mistelzweig erkannte, den Dobby in die Mitte des Raums gehängt hatte. Den abzuhängen, daran hatte der Junge gar nicht gedacht. „Würd ich auch machen. Die sind oft mit Nargeln verseucht", nickte Luna. Schmunzelnd wandte ich mich den Kisten zu und verpackte die letzten Kugeln. 

Im gleichen Moment schnauften Angelina, Alicia und Katie herein. „Tja, wir haben dich endlich ersetzt", meinte Angelina. Ich zog meine Augenbrauen nach oben und wandte mich ihr zu. Bitte was? „Mich ersetzt?", fragte Harry und ich sah, wie seine Hand sich zur Faust ballte. Ob er das überhaupt bemerkte? „Dich und Fred und George. Wir haben einen anderen Sucher!", erklärte Angelina, schien dabei aber ganz und gar nicht zufrieden. „Wen?", wollte Harry natürlich sofort wissen. „Ginny Weasley." Mein Mund klappte auf. Dann musste ich breit grinsen. Wie cool war das denn bitte? Ginny durfte im Team Quidditch spielen! Sie hatte sich immer beklagt, dass ihre Brüder sie zu Hause kaum mitmachen ließen und jetzt bekam sie hier die Chance dazu, sich endlich zu beweisen. „Ja, ich weiß schon, aber ehrlich gesagt, sie ist ziemlich gut. Nichts gegen dich natürlich, aber da wir dich ja nicht haben können...", schnaubte Angelina und Harry schnaubte ebenfalls. Kurz war es unangenehm ruhig. Nur Luna summte und umrundete den Platz unter dem Mistelzweig immer wieder, wohl auf der Suche nach ihren Nargeln. „Und was ist mit den Treibern?", wollte Harry schließlich wissen. Angelina, Alicia und Katie seufzten synchron auf. „Andrew Kirke und Jack Sloper. Keiner von denen ist spitze, aber verglichen mit den anderen Idioten, die sich gemeldet haben...", meinte Alicia und schüttelte ihren Kopf. 

Da betraten Ron, Hermine und Neville den Raum und dieses traurige Gespräch kam zum Erliegen. Immer mehr unserer Mitschüler strömten herein. Luna betrachtete noch ein letztes Mal eingehend den Mistelzweig, dann gesellte sie sich zu Susan und Hannah. „Okay", rief Harry, als wir vollzählig waren. Ich klopfte laut in die Hände und wir beide bekamen die volle Aufmerksamkeit. „Flora und ich haben uns gedacht, heute Abend sollten wir einfach noch mal wiederholen, was wir bisher gemacht haben, weil es das letzte Treffen vor den Ferien ist und es keinen Sinn hat, kurz vor einer zweiwöchigen Pause noch was Neues anzufangen", meinte Harry. „Wir machen heute nichts Neues? Wenn ich das gewusst hätte, wär ich nicht gekommen", murrte Zacharias. Ich verdrehte meine Augen. Der Junge fand doch immer was zum Meckern. „Auch Übung und Wiederholung gehört zum Training. Das solltet ihr alle inzwischen sehr gut wissen. Wer von euch unbedingt noch den Protego machen will, dem werde ich den Zauber zeigen, aber dann erwarte ich auch von euch, dass ihr ihn nach den Ferien nicht vergessen habt. Kapiert, Zacharias?", rief ich und der Junge nickte kleinlaut. Fred und George fingen an zu kichern und ein paar unserer Mitschüler stiegen mit ein. 

Ich verdrehte erneut meine Augen und klatschte in die Hände. „Also, ihr kennt die Auswahl für heute: Expelliarmus, Lähmzauber, Confundo und Protego. Verhext euch nicht gegenseitig und das Wichtigste: Habt Spaß. Übermorgen sind Ferien", grinste ich und meine Mitschüler jubelten. Eine Stunde verbrachten wir entspannt und mit lauter Erfolgen das Training. Dann pfiff Harry in die Trillerpfeife und ich stellte mich zu ihm. „Ihr werdet allmählich richtig gut", grinste er in die Runde. Bevor er weitersprach, warf er mir einen schnellen Blick zu. „Wenn wir aus den Ferien zurückkommen, packen wir mal was von den richtig großen Sachen an – vielleicht sogar den Patronus", meinte er darauf und unsere Mitschüler begannen aufgeregt miteinander zu flüstern. Kopfschüttelnd verschränkte ich meine Arme vor der Brust und zog meine Augenbrauen hoch, als Harry erneut zu mir sah. Er entschied schon wieder über meinen Kopf hinweg! Aber er hatte ja auch recht. Es wurde langsam Zeit für die großen Sachen, wenn wir ordentlich vorankommen wollten. Unsere Freunde verließen uns in kleinen Gruppen, um zu ihren Gemeinschaftsräumen zu kommen. Harry und ich räumten die Kissen zusammen. Hermine und Ron halfen uns kurz, dann gingen auch die beiden. 

Als ich meinen Blick schweifen ließ, bemerkte ich Cho und Marietta, die sich noch im Raum herumdrückten. Ich folgte Chos Blick zu Harry. Wenig später spähte der Junge über den Rand seiner Brille zu Cho. Ah, so war das also. Schmunzelnd warf ich die Kissen in meiner Hand in eine Ecke. „Also, du machst den Rest, ja? Wir sehen uns später", verabschiedete ich mich von Harry und lief zur Tür. Im gleichen Moment schubste Cho Marietta sachte zum Ausgang. Ich verließ zusammen mit der Ravenclaw den Raum der Wünsche und wir ließen Harry und Cho alleine zurück. Grinsend blickte ich zu dem Mädchen neben mir, das allerdings nur schnaubte und in Richtung ihres Gemeinschaftsraumes abbog. Kopfschüttelnd eilte ich durch die Gänge und nannte der Fetten Dame das Passwort. Im Gemeinschaftsraum fand ich Hermine und Ron vor dem Kamin sitzen, schon wieder ordentlich vertieft in neue Arbeiten. Hermine schrieb auf einem Pergament. Da ich kein Buch fand, musste sie wohl einen Brief schreiben. Ron saß wie immer in letzter Minute an einem Aufsatz, vermutlich der für Zauberkunst. Verteidigung machte er immer zuerst, seit Umbridge Strafe bei Nichtabgabe angedroht hatte. Auch ein paar unserer Mitschüler saßen noch an den Tischen, schrieben an Hausarbeiten oder spielten irgendwelche Spiele. Ich überlegte, ob ich noch irgendwas zu erledigen hatte. Aber die Aufsätze für morgen waren geschrieben und Briefe musste ich auch keine versenden.

Also eilte ich schnell in den Schlafsaal und holte mir eins meiner Bücher. Damit bewaffnet lief ich wieder nach unten und warf mich neben Hermine und Ron in einen Sessel. Rons Kopf schoss nach oben. „Wo ist Harry?", wollte er sofort wissen. Ich musste schmunzeln. „Er und Cho müssten noch im Gemeinschafstraum sein." Hermines Kopf ruckte ebenfalls nach oben. Erst sah sie mich mit offenem Mund an, dann kicherte sie leicht. „So ist das also", grinste sie und wandte sich wieder ihrem Brief zu. „Wie, so ist das also?", wollte Ron wissen. „Ich bin mir sicher, er erzählt dir alles, wenn er wieder da ist. Mach dir keine Sorgen", grinste ich und vertiefte mich in mein Buch. 

Die nächste halbe Stunde arbeiteten wir in angenehmer Stille – na gut, ich arbeitete ja nicht wirklich – und der Gemeinschaftsraum leerte sich immer weiter. Da öffnete sich das Portraitloch und Harry ließ sich auf den Sessel mir gegenüber fallen. Sein Gesicht war gerötet und er grinste leicht. „Was hat dich aufgehalten?", wollte Ron sofort von seinem besten Freund wissen. Ich senkte mein Buch in meinen Schoß und Hermine legte ihre Feder ab. Gespannt sahen wir alle zu Harry. Fast schüttelte ich über unser Verhalten den Kopf. Wir waren schon Kindsköpfe. Harry aber blieb ruhig und nach ein paar Minute erhob Hermine ihre Stimme: „Alles in Ordnung mit dir, Harry?" Harry zuckte mit den Schultern und das Grinsen verging ihm nach und nach. Besorgt runzelte ich meine Stirn. Was war im Raum der Wünsche passiert? Hatte Cho ihm einen Korb gegeben oder so? Aber warum schockierte ihn das so sehr? Oder war er verwirrt? „Was ist los? Was ist passiert?", wollte Ron wissen und stemmte sich von dem Teppich auf, auf dem er lag und seine Hausarbeit schrieb. „Ist es wegen Cho? Weil sie dich nach dem Treffen abgefangen hat?", fragte Hermine, nachdem Harry weiterhin beharrlich schwieg. Harry nickte leicht. Ron fing an zu kichern. Hermine warf ihm einen bösen Blick zu und er verstummte wieder. Ich nahm meine Augen nicht von Harry. Was bitteschön hatte Cho getan, das den Jungen so aus der Fassung brachte? „Und – ähm – was wollte sie?", fragte Ron nach. „Sie ... Sie – ähm ..." 

„Habt ihr euch geküsst?", unterbrach Hermine den Jungen mit der Blitznarbe. Ron sprang auf die Beine. Irgendwas klirrte. Mit großen Augen sah er zu Harry. „Na?" Harry blickte zu Ron. Dann zu Hermine. Schließlich blieb sein Blick an mir hängen. Er nickte leicht. „HA!", rief Ron und fing an zu lachen. Ich zog meine Augenbrauen nach oben und schüttelte meinen Kopf. So ein Kindskopf. „Und? Wie war's?", wollte Ron dann wissen. Ich verdrehte meine Augen. Hermine schnaubte. „Nass", antwortete Harry und ich runzelte meine Stirn. Bitte was? Ron würgte. „Weil sie geweint hat", erklärte Harry. Jetzt war ich aber vollkommen verwirrt. Warum weinte Cho, wenn sie Harry küsste? Warum küsste sie ihn dann überhaupt? „Oh. Bist du so schlecht im Küssen", versuchte sich Ron an einem schwachen Witz, der kläglich scheiterte. „Weiß nicht. Vielleicht schon", seufzte Harry. Ich schlug mir die Hand an die Stirn und schüttelte meinen Kopf. Das war ganz sicher nicht der Grund! „Nein, natürlich nicht", sprach Hermine meine Gedanken aus. „Woher willst du denn das wissen?", schnappte Ron, als befürchtete er, Hermine hätte tatsächlich Erfahrungen mit Harry. Schmunzelnd schüttelte ich meinen Kopf. „Weil Cho in letzter Zeit fast dauernd weint. Sie weint beim Essen, auf dem Klo, einfach überall", erklärte Hermine. Stimmt, das hatte ich ja auch schon mitbekommen. Ein Trauerspiel war das. „Da könnte ein bisschen Küssen sie doch aufheitern", meinte Ron und kratzte sich am Hinterkopf. „Ron, du bist der unsensibelste Rüpel, den ich je das Pech hatte zu treffen", schnaubte Hermine. Ich wusste, dass sie es nur halb so meinte. „Was soll das jetzt wieder heißen? Wer heult denn schon, wenn man ihn küsst?", entrüstete sich der Weasley. „Ja, wer tut das?", wollte Harry wissen und bei ihm klang es so traurig verzweifelt, dass ich Mitleid mit ihm bekam. 

„Versteht ihr nicht, wie Cho sich im Moment fühlt?", sagte Hermine. „Nein", antworteten die beiden Jungs im Chor. „Natürlich nicht, sie sind ja auch Jungs, Hermine", seufzte ich. Meine Freundin warf mir einen schnellen Blick zu. „Hätte ja sein können", meinte sie, ehe sie sich wieder unseren Freunden zuwandte. „Nun, offensichtlich ist sie sehr traurig, weil Cedric gestorben ist. Dann, vermute ich, ist sie durcheinander, weil sie Cedric gernhatte und jetzt Harry, und sie kriegt nicht auf die Reihe, wen sie am liebsten mag. Und dann fühlt sie sich wohl auch schuldig, weil sie glaubt, dass sie Cedrics Andenken beleidigt, wenn sie Harry überhaupt küsst, und sie macht sich wahrscheinlich auch Gedanken, was all die anderen über sie sagen könnten, wenn sie anfängt mit Harry auszugehen. Und sie ist sich wohl ohnehin nicht im Klaren, was sie für Harry empfindet, weil er mit Cedric zusammen war, als er starb, deshalb ist das alles sehr kompliziert und schmerzhaft. Oh, und außerdem hat sie Angst, dass man sie aus der Ravenclaw-Quidditch-Mannschaft rauswirft, weil sie in letzter Zeit so schlecht fliegt." Kurz sahen die beiden Jungs Hermine sprachlos an. Dann brach es aus Ron heraus: „Das kann doch ein Mensch nicht alles auf einmal fühlen, er würde ja explodieren." „Nur weil du die Gefühlswelt eines Teelöffels hast, heißt das nicht, dass es uns allen so geht", zischte Hermine, griff nach ihrer Feder und schrieb an ihrem Brief weiter. 

Harry machte ein verwirrtes Geräusch. „Sie hat doch damit angefangen. Ich hätt das nie gemacht – sie ist mir sozusagen auf die Pelle gerückt – und dann plötzlich heult sie mich voll – ich wusste nicht, was ich machen sollte...", jammerte er. „Gib dir doch nicht selbst die Schuld, Mann", meinte Ron und klopfte Harry auf die Schulter. Der machte nur ein klägliches Geräusch und zuckte mit den Schultern. „Du hättest einfach nett zu ihr sein sollen", meinte Hermine. Sie hielt inne und blickte zu Harry. „Das warst du doch, oder?" „Na ja, ich hab ihr irgendwie – 'n bisschen den Rücken getätschelt", druckste der herum. Ich schüttelte seufzend meinen Kopf. Jungs mussten echt einiges lernen. Besonders diese beiden hier. „Also, ich denk mal, es hätte schlimmer kommen können", seufzte Hermine und schrieb weiter an ihrem Brief. „Triffst du sie wieder?", wollte sie wissen und ich lehnte mich gespannt etwas weiter nach vorne. „Muss ich doch, oder? Wir haben schließlich DA-Treffen", sagte Harry. Kopfschüttelnd lehnte ich mich wieder zurück. „Du weißt schon, was ich meine", murrte Hermine. „Nein, ich glaube das weiß er nicht", murmelte ich ganz leise, sah es aber in Harrys Kopf arbeiten. Hoffentlich war er schlau genug, selbst auf die Antwort zu kommen. Denn Hermine schwieg und ich hatte nicht vor, mich in Harrys Liebesangelegenheiten einzumischen. Außerdem hatte ich ja selbst keine Erfahrungen. 

Ein paar Minuten schwiegen wir alle und ich wollte gerade wieder mein Buch nehmen und weiterlesen, da seufzte Hermine und schüttelte ihren Kopf. „Ach, was soll's, du hast noch genug Gelegenheiten, sie zu fragen", meinte sie. „Was, wenn er sie gar nicht fragen will?", schnappte Ron zurück. „Das liegt ja wohl ganz bei Harry. Nicht bei Hermine, nicht bei dir, Ron. Auch nicht bei mir. Das muss Harry ganz alleine entscheiden und auf die Reihe bekommen. Aber ich denke, nachdem er schon so lange für Cho was übrig hat..." Ich ließ den Satz unbeendet und musterte den Jungen mir gegenüber kurz, ehe ich in meinem Buch weiterlas. Kurz war es ruhig. „An wen schreibst du eigentlich diesen Roman?", lenkte Ron dann vom Thema ab und spähte in Hermines Brief. Die zog das Pergament zur Seite und rollte es zusammen. Ich ließ mein Buch wieder sinken, bereit einen möglichen Streit sofort im Keim zu ersticken. „An Viktor." „Krum?" „Wie viele Viktors kennen wir noch?" „Schreib ihm Grüße von mir mit rein", bat ich Hermine. Die nickte grinsend, entrollte das Pergament wieder und kritzelte ein paar Zeilen unter ihren letzten Absatz. 

Ron schnaubte und ließ sich wieder auf den Boden fallen, um an seinem Aufsatz weiter zu schreiben. Harry blickte dumpf vor sich hin. Ich begann in meinem Buch zu lesen. Die letzten Schüler verschwanden aus dem Gemeinschaftsraum und nur noch das Knistern des Feuers und das Ticken der Uhr durchbrachen die Stille. Schließlich rollte Hermine ihren Brief zusammen und versiegelte ihn. „Also", meinte sie und sammelte ihre Sachen zusammen. Ich klappte mein Buch zu und stand auf. „Nacht", wünschte Hermine den beiden Jungs. „Gute Nacht, schlaft gut", verabschiedete ich mich ebenfalls. Harry winkte. Ron brummte missmutig. Ich verdrehte kopfschüttelnd meine Augen und lief mit Hermine nach oben in unseren Schlafsaal. Dort verstaute ich mein Buch und griff mir meinen Pyjama. 

Mit einem Mal seufzte Hermine schwer. Ich runzelte meine Stirn und blickte zu ihrem Bett. Sie saß auf der mir zugewandten Seite und blickte auf ihre Hände herunter. „Hey, was ist denn?", fragte ich leise, warf meinen Pyjama auf einen Stuhl und setzte mich zu ihr. „Ich ... ach ... es ist..." Wieder seufzte sie schwer. Ich legte meinen Arm um ihre Schulter. „Ist es wegen der Sache mit Cho?" Sie nickte leicht. Schüttelte ihren Kopf. Ich nickte verstehend. „Ist es wegen Ron." Sie stockte. Dann nickte sie. „Er ist einfach so ... Im einen Moment ist er total süß und nett zu mir und ich denke er mag mich vielleicht auch ein bisschen mehr. Und im nächsten Moment ist er wieder so unsensibel und hat keine Ahnung von Gefühlen und..." Sie warf die Hände in die Luft und ließ sie wieder in ihren Schoß sinken. „Ich weiß einfach nicht ... Ich verstehe das nicht ... Ich verstehe ihn nicht." „Ich denke, keiner kann den anderen wirklich zu 100 Prozent verstehen. Und Ron ist gerade in dieser Phase, wo er das ganze Ding mit den ganzen Gefühlen herausfinden muss. Oder eher erlernen." „Ich will doch einfach nur, dass er mehr nett und verständlich zu mir ist. Ein bisschen mehr Gefühl zeigt", murmelte Hermine. 

Ich drückte sie leicht an mich. „Da musst du wahrscheinlich noch etwas warten. Am besten ist es, du ergreifst selbst die Initiative", schlug ich vor. Hermines Wangen wurden rot. Sie schüttelte leicht ihren Kopf. „Ich kann das doch nicht ... es ist so ... Ich will unsere Freundschaft doch nicht gefährden." Seufzend schüttete ich meinen Kopf. Jetzt wusste ich auch nicht mehr, was ich sagen sollte. Ich war mir sicher, dass alles schon zur rechten Zeit genauso klappen würde, wie es sollte. Die Frage war nur, wann die rechte Zeit gekommen war. „Na komm, lass uns schlafen gehen. Morgen müssen wir die letzten Sachen packen und dann geht es ja auch bald nach Hause", meinte ich, löste mich von meiner Freundin und griff erneut nach meinem Pyjama. Hermine seufzte ein weiteres Mal und tat es mir gleich. Nacheinander machten wir uns im Bad fertig. „Gute Nacht", wünschte ich meiner Freundin, bevor ich unter meine warme Decke schlüpfte und die Wärmflasche an mich drückte.

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