Kapitel 35 - Party im Grimmauldplatz
„Achtung, Eule", sagte Hermine und ich brachte vorsichtshalber meinen Becher in Sicherheit, bevor ich ihrem Blick folgte. „Ist das nicht Errol?", murmelte ich und Ron neben mir verschluckte sich. Harry klopfte ihm kräftig auf den Rücken. Errol schlitterte über den Tisch und blieb reglos neben den Schüsseln mit den Marmeladen liegen. „Ich glaub's nicht. Dass der noch lebt. Warum benutzen meine Eltern den denn immer noch?", murrte Ron und griff nach dem Tier. „Ist ein Brief für dich, Flora", meinte er wenig später und streckte mir den Umschlag entgegen, ehe er der Eule Wasser und Toast fütterte. Ich leckte mir über die Lippen und öffnete den Brief. Warum sollten mir Molly und Arthur einen Brief schicken? Schnell kontrollierte ich die Unterschrift. Es waren nicht die beiden Eltern, sondern Bill, der mir geschrieben hatte. War etwas passiert? Aber dann hätte Minerva mir doch sofort Bescheid gegeben.
Hallo Flora!
Wie du vielleicht schon weißt, treffen wir uns am Samstag in großer Runde erneut. Da dort auch mein Geburtstag ist, wollte ich die Chance nutzen und ihn direkt mit allen feiern. Du bist herzlich eingeladen. Ich habe schon mit Minerva gesprochen, sie hat nichts dagegen, dass du nach unserer großen Runde noch dableibst und übernachtest.
Bis Samstag
Bill
Schmunzelnd steckte ich den Brief zurück in den Umschlag. Was für ein Glück, dass ich im Orden war. So hatte ich die Möglichkeit direkt mit Bill zu feiern. Letztes Jahr hatte ich ihm nur eine Karte schicken können. Dieses Jahr würde ich ihm auch noch ein Geschenk besorgen! Nur kam es mir irgendwie unfair vor, dass ich mit ihm feiern konnte, seine Geschwister aber nicht. „Wer schreibt dir denn?", wollte Hermine wissen. Ich steckte den Brief in meine Schultasche. „Bill. Er hat am Samstag Geburtstag und hat mich zu seiner Feier eingeladen", erklärte ich. „Hä, warum?", wollte Ron wissen. Ich verdrehte meine Augen. „Weil wir am Samstag eh wieder eine Versammlung haben. Da sehe ich ihn sowieso und er will direkt die Chance nutzen und mit uns feiern. Warum? Neidisch?" Ron schüttelte energisch seinen Kopf und stopfte sich eine große Gabel Rührei in den Mund. Kichernd setzte ich mein Essen fort.
Mit einem Mal fiel es mir ein. Am Samstag traf ich mich doch immer mit Draco! Wenn ich diesen Samstag allerdings außerhalb übernachtete, mussten wir das verschieben. Wie konnte ich ihm dass denn jetzt noch mitteilen? Ein Brief fiel aus, den würden seine Freunde am Tisch bestimmt mitlesen und da kam es mehr als komisch, wenn ein anonymer Absender ihm mitteilte, dass wir unser Treffen verschieben mussten. Da dachten die Jungs ja sonst was! Nein, ich musste irgendwie heimlich mit ihm sprechen. „Flora, beeil dich, wir müssen bald zu Zaubertränke." Aber natürlich! Wir hatten doch mit den Slytherins zusammen Zaubertränke. Vielleicht konnte ich Draco davor abfangen oder währenddessen einen Zettel an seinen Platz schmuggeln. „Flora? Hörst du mir überhaupt zu?" „Hm?", machte ich und wandte mich Hermine zu. Die runzelte ihre Stirn. „Sag mal, träumst du noch oder wirst du wieder krank?" „Ach was, ich bin einfach nur etwas müde. Und muss immer über so viel nachdenken." Ich biss mir auf die Zunge. Den letzten Satz hätte ich weglassen sollen. Auch wenn er stimmte. Hermine sah nun sehr besorgt aus und auch Harry hatte aufgehört zu frühstücken. „Wenn etwas ist, du kannst immer mit uns reden. Wenn dir die DA zu viel wird oder..." „Ist schon gut", unterbrach ich ihn. „Ihr wisst ja. Mit großer Macht kommt große Verantwortung. Das ist alles. Wird schon. Wie war das, wir müssen gleich zu Zaubertränke?"
Ich exte meinen Kürbissaft und zwang mir den letzten Rest Toast hinunter. Meine Freunde, von meiner Eile angesteckt, beendeten ebenfalls ihr Essen. Wir liefen zusammen hinunter in die Kerker. Vor der Klassenzimmertür standen schon die Slytherins – Draco in ihrer Mitte – und unterhielten sich eifrig. Ich ließ mich etwas hinter meine Freunde zurückfallen. „Hermine, ich muss noch mal aufs Klo, bin gleich wieder da", ließ ich meine Freundin wissen, die bloß nickte und weiterlief. Ich blieb neben dem Gang zu den Toiletten stehen und wartete, bis Draco seinen Blick auf meine Freunde richtete, ehe er weiter zu mir glitt. Sofort nickte ich in den Gang hinein und hoffte, dass er mein Zeichen richtig deutete. Ich lief vor und wartete ein paar Meter vor den Toilettentüren. Wenig später hörte ich eilige Schritte und atmete erleichtert auf, als wirklich mein Freund um die Ecke bog. „Was ist los?", flüsterte er und stellte sich dicht zu mir. „Ich kann am Samstag nicht kommen. Wir haben wieder eine Versammlung und Bill hat Geburtstag. Er hat mich zum Feiern und Übernachten eingeladen", erklärte ich. „Ist gut. Dann treffen wir uns am Sonntag vorm Abendessen." Ich nickte. „Alles klar. Geh du vor. Und viel Spaß am Samstag", meinte Draco. Ich umarmte ihn schnell. „Wir sehen uns." Eilig lief ich wieder zum Klassenzimmer und stellte mich zu Hermine, Harry und Ron.
Aufgeregt hastete ich durch die Gänge zu Dumbledores Büro. Immer wieder glitt meine Hand zur meiner Manteltasche, in der ich mein Geld verstaut hatte. Ich hatte Bill natürlich noch kein Geschenk kaufen können. Das wollte ich heute noch schnell vor der Versammlung erledigen und hoffte, dass Minerva oder Severus sich meiner erbarmten und mich mit nach Hogsmeade begleiteten. Alleine würde es für mich schwierig werden, da bräuchte ich wohl eine ausdrückliche Erlaubnis vonseiten der Schulleitung. Und wenn einer der beiden mit mir ging, konnten wir danach direkt zum Grimmauldplatz apparieren und mussten nicht erst wieder hinauf ins Schloss und über das Flohnetzwerk reisen. „Lakritzstange", nannte ich dem Wasserspeier das Passwort und stellte mich auf die Stufen. Gemütlich fuhr ich nach oben, auch wenn ich es heute kaum erwarten konnte. Ungeduldig klopfte ich gegen die Tür und trat ein ohne zu warten. „Miss Dawson", begrüßte Dumbledore mich. Ich nickte ihm leicht zu und wandte mich an die beiden Hauslehrer neben ihm.
„Kann einer von euch mich vielleicht nach Hogsmeade begleiten. Es wird auch nicht lange dauern. Ich will noch ein Geschenk für Bill kaufen gehen", meinte ich. „Natürlich", lächelte Minerva mich an und trat auf mich zu. „Geh du doch schon mal vor und sag den anderen Bescheid", wandte sie sich kurz an Severus, der nickte und an den Kamin trat. Ich winkte ihm und Dumbledore schnell und sprang die Stufen wieder nach unten. „Nicht so schnell, Flora", lachte Minerva und ich musste ebenfalls kichern. „Ich bin einfach nur aufgeregt! Ich will ein tolles Geschenk für ihn finden und überhaupt finde ich es toll, dass ich mit ihm feiern und im Grimmauldplatz übernachten darf. Danke nochmal für deine Erlaubnis." „Das ist doch keine Ursache. Ich denke es tut dir auch gut, wenn du mal etwas aus Hogwarts rauskommst." „Muss ich denn morgen früh sofort wieder nach Hogwarts kommen oder kann ich auch noch etwas bei Sirius bleiben?" Minerva seufzte unerwartet melancholisch und legte mir eine Hand auf die Schulter. „Du bist ein gutes Mädchen, Flora." „Ich bin kein Kind, Minerva." „Doch, genau das bist du. Und es macht mir Sorgen, dass du das nicht so siehst. Dass Dumbledore das nicht so sieht." Ich zuckte mit den Schultern und drückte ihre Hand kurz, ehe ich sie von meiner Schulter schob. „Mit großer Macht kommt große Verantwortung. Ich darf einfach kein Kind mehr sein. Aber dafür habe ich in den letzten anderthalb Jahren wohl einfach auch schon zu viel erlebt. Und jetzt beeil dich, ich will die Versammlung nicht so lange aufhalten."
Ich hüpfte wieder voran und ignorierte den bedauernden Gesichtsausdruck, den meine Hauslehrerin kurz aufsetzte, ehe wir in die belebte Eingangshalle kamen und an verwunderten Schülern vorbeiliefen. Draußen schlug uns ein eisiger Wind entgegen, der leichte Flocken von Neuschnee mit sich brachte. Ich schauderte und zog mir meine Mütze weiter ins Gesicht. Still und strammen Schrittes liefen Minerva und ich nach Hogsmeade. Dort überlegte ich nicht lange, sondern betrat das Schreibwaren- und Büchergeschäft. Ich fand mich der Qual der Wahl gegenüber. Schließlich stach mir ein Muggelbuch ins Auge – warum auch immer sie hier in einem Zaubererdorf auch Muggelbücher verkauften, beim letzten Mal hatte es die noch nicht gegeben. Ich kannte das Buch von meiner Zeit auf einer normalen Schule. Wir hatten es im Unterricht gelesen, in einer der unteren Klassen. Es ging um Abenteurer und Schatzsuche. Schmunzelnd legte ich es auf den Tresen. Das passte ja perfekt zu Bill! „Können Sie es mir bitte einpacken?", bat ich die Verkäuferin. „Das kostet dann aber extra." „Ist ok." Kurz darauf bekam ich das eingepackte Buch und übergab der Frau das passende Geld. Minerva und ich traten wieder auf den Bürgersteig.
„Also dann, sollen wir?", meinte die Frau und streckte mir ihren Arm entgegen. Schwer seufzte ich. Apparieren ging zwar schneller und verletzungsarmer als das Flohnetzwerk, aber mir wurde immer noch etwas schlecht davon. „Also gut", murmelte ich und klammerte mich an der Frau fest. Im nächsten Moment zog es unangenehm in meinem ganzen Körper, bis wir schließlich in einer Gasse nahe des Grimmauldplatz landeten. Kurz hielt Minerva mich noch fest und ich räusperte mich, um den ekligen Geschmack in meinem Rachen loszuwerden. „Alles gut, lass uns gehen", nickte ich und sie ließ mich los. Wir gingen aus der Gasse und stellten uns an die richtige Position. Der Grimmauldplatz erschien langsam zwischen Nummer 11 und 13. Ich musste wieder breit grinsen und wartete gar nicht erst, bis das Haus komplett erschien. Stattdessen ging ich schon einmal durch das Gartentor und öffnete die Tür. Minerva folgte mir. Im Flur machten wir extra leise, um das Portrait von Mrs Black nicht zu wecken. Aus der Küche kamen leise Stimmen, die lauter wurden, je näher wir dem Raum kamen. „Halli hallo", sagte ich in die Runde, als wir den Raum betraten. „Hallo Flora", grinste Bill und umarmte mich fest. „Alles Gute zum Geburtstag", wünschte ich ihm und übergab feierlich sein Päckchen. Lachend nahm er es an sich. „Danke. Ich mache es nach der Versammlung auf. Komm, wir haben nur auf euch gewartet." Bill brachte mein Geschenk zu einem kleinen Haufen von anderen Präsenten, die in einer Ecke der Küche lagen und nur darauf wartete von ihm geöffnet zu werden.
Doch zuerst eröffnete Moody unser Treffen und die allgemeinen Themen begannen von Neuem auf und ab diskutiert zu werden. Fast zwei Stunden später beendete Moody die ganzen Diskussionen endlich und die ersten verließen den Grimmauldplatz. Bill, Mundungus, Remus, Sirius, Arthur, Molly und Tonks blieben zusammen mit mir für Bills Feier. „Geschenke!", rief Tonks und eilte auf den Haufen zu, als wären alle Päckchen bloß für sie. Bill und ich lachten und überhörten gekonnt Mollys missbilligendes Schnauben. „Das hier ist von mir für dich!", lachte die heute glänzend Silberhaarige und streckte Bill ein unförmiges Paket entgegen. „Wartet, zuerst gibt es Kuchen!", sagte Molly. Arthur legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Lass den Jungen doch entscheiden, Liebling." Molly seufzte, nickte aber und so begann Bill mit seiner Bescherung. Er bekam ein paar verrückte Zauberapparaturen, die einem Schatzsucher wohl helfen sollten, von denen ich aber noch nie zuvor gehört hatte. Fast kam mir mein Buch lächerlich vor, doch als Bill den Titel sah und den Klappentext las, musste er so doll lachen, dass ich mir sicher war, er würde es nicht weniger mögen als die anderen Sachen. Nach den Geschenken folgte endlich Mollys ersehntes Kuchen-Essen.
„Ich muss dann los. Dringliche Angelegenheit", verabschiedete sich Mundungus, kaum dass er sein zweites Stück Kuchen verschlungen hatte. „Bestimmt wieder irgendwelche illegalen Geschäfte", flüsterte Tonks mir zu und kicherte. Auf den Nachmittag folgte der Abend und schließlich verschwanden Arthur und Molly nach Hause. Übrig blieben nur noch Bill, Tonks, Remus, Sirius und ich. „So, da deine Eltern jetzt endlich weg sind, können wir so richtig Party machen", lachte Tonks und schwenkte ihren Zauberstab. Ein paar Flaschen kamen angeflogen und setzten sich auf den Tisch. Daneben landete ein kleines Radio. Tonks begann an dem Gerät herumzuhantieren. Remus eilte zur Tür, schloss diese und richtete seinen Zauberstab darauf. Wir wollten Mrs Black ja nicht wecken. Die ersten rockigen Töne Musik erklangen und Tonks begann wild zu tanzen. Zwischen zwei Liedern griff sie sich eine der Flaschen und trank daraus. Ich schaute mir ihre Auswahl genauer an. Butterbier und Feuerwhisky. Dazu Getränke, die ich noch gar nicht kannte, die aber bestimmt hochprozentig alkoholisch waren. Spundfass Gewürzmet, Quintin Black und Beetle Berry Whisky. Ich wollte gar nicht wissen, was Tonks dafür ausgegeben hatte. Es sah jedenfalls nicht nach einer billigen Kleinigkeit aus.
„Das hier musst du probieren, Flora", meinte Sirius und zeigte auf den Berry Whisky. „Sirius, sie ist noch viel zu jung dafür!", zischte Remus. Das allein brachte mich schon dazu, alles einmal probieren zu wollen. „Ach was, ich probiere von allem ein Glas und halte mich dann ans Butterbier, da passiert schon nichts", grinste ich. Sirius lachte und füllte mir einen Becher mit dem Berry Whisky. Ich roch erst daran, bevor ich einen kleinen Schluck nahm. „Hm, der ist echt lecker!" Ich leckte mir über die Lippen und nahm gleich noch einen Schluck. „Sag ich doch. Lass uns Spaß haben!", lachte Sirius, entkorkte sich eine Flasche Feuerwhisky und begann mit den anderen zu tanzen. Lachend stieg ich mit ein. Bis Mitternacht machten wir ordentlich Party und ich probierte mich einmal durch den ganzen Alkohol durch. Ich war noch längst nicht so betrunken wie Tonks, die von Bill in ihr Zimmer getragen werden musste. Aber nüchtern war ich auch um Längen nicht mehr. Das erkannte ich sogar noch in meinem Zustand. „Nur noch ein Schluck", murmelte ich, musste hicksen und wollte nach meinem Becher greifen, doch Remus zog ihn mir vor der Nase weg. „Nichts da, du musst jetzt ins Bett. Sirius hätte dir das gar nicht anreden sollen", meinte der Mann. Kichernd drehte ich mich um und stolperte dabei. Sirius hing schnarchend halb auf dem Tisch, halb auf dem Boden, um ihn herum eine Reihe leerer Flaschen und auf seinem Kopf hatte Tonks ein Kartenhaus gebaut. Kichernd hielt ich mich an Remus fest. Im nächsten Moment flog ich. „Hui!", machte ich und musste laut lachen. „Sei bitte etwas leiser, wir wollen Mrs Black doch nicht wecken", zischte Remus, auf dessen Arm ich hing. Kichernd presste ich mir meine Hände auf meinen Mund und der Mann trug mich hoch in mein Zimmer. „Du kannst nicht sagen, dass ich dich nicht gewarnt habe, wenn du morgen mit einem Kater aufwachst. Schlaf gut, Flora." Mit diesen Worten legte Remus mich in meinem Bett ab und verschwand wieder. Ich kickte meine Schuhe von meinen Füßen, kuschelte mich in mein Kissen und schlief sofort ein.
Stöhnend rieb ich mir über meine Stirn. Verdammt, ich hätte doch nicht so viel Alkohol trinken sollen! Von wegen da passierte schon nichts. Einen verdammten Kater hatte ich! Seufzend stemmte ich mich hoch. Sofort begann mein Kopf mehr zu schmerzen. Aber es half ja alles nichts. Bestimmt hatte Sirius irgendwo hier in seinem Haus ein Schmerzmittel. Ob magisch oder nicht war mir dabei vollkommen egal. Ich wollte nur einen Liter Wasser trinken und was gegen diese Kopfschmerzen haben. Wenigstens war mir nicht auch noch zum Kotzen übel. Nur ganz leicht. Wie nach dem Apparieren. Ganz langsam streifte ich mir meine Schuhe über und griff nach meinem Zauberstab. Meine Hand tastete ins Leere. Natürlich, mein Zauberstab war ja noch in meinem Mantel. Und der war unten in der Küche. Schwer atmete ich durch, ehe ich mich aufraffte und langsam ins Bad tapste. Dort stürzte ich ein paar Becher Wasser hinunter und machte mich dann auf den beschwerlichen Weg in die Küche. Kein Laut war zu hören, das Haus lag in diesigem Licht da.
Ich rieb mir über die Augen, während ich die Stufen hinunter in die Küche stieg. Überrascht hielt ich inne. Der Raum sah nicht mehr so aus, wie wir ihn heute Nacht zurückgelassen hatten. Die Flaschen waren sauber aufgeräumt. Auf dem Tisch thronte ein kleines Frühstück und Sirius hing ohne Kartenhaus auf dem Kopf vor einem Teller voll mit Rührei. Langsam blinzelte er mich an und brachte ein halbes Grinsen zustande. „Morgen. Moony hat für uns aufgeräumt. Und Frühstück gemacht. Hier sind Schmerzmittel." Er schob mir ein Glas entgegen. Ich tapste zum Tisch und stürzte den Inhalt hinunter, ohne ihn mir genauer anzuschauen. Angewidert verzog ich das Gesicht. „Du siehst munterer aus als ich, als ich das erste Mal richtig betrunken war", grinste Sirius schwach. Ich setzte mich ihm gegenüber und musterte das Essen. Konnte ich meinem Magen das schon zutrauen? Schulterzuckend zog ich mir einen Teller hin und tat etwas Rührei und Speck darauf. „Ich bin ehrlich gesagt auch erstaunt, dass ich nicht kotzend über der Kloschüssel hänge. Ehrlich gesagt ist mir kaum schlecht. Aber mein Kopf bringt mich um", erklärte ich leise und nahm zaghaft einen Bissen. Ein paar Gabeln brachte ich hinunter, dann streikte mein Magen.
„Gut, ich denke du hast auch weniger Alkohol getrunken als ich bei meinem ersten Abschuss. Krone und ich waren den ganzen Tag danach zu nichts zu gebrauchen. Wir haben Remus ganz schön die Ohren vollgejammert." Schmunzelnd hörte ich Sirius dabei zu, wie er mir seine Vergangenheit ein Stück weit offenlegte. Ich hatte schon gelernt, dass er, Remus, Harrys Vater und Pettigrew in ihrer Schulzeit die engsten Freunde gewesen waren. Umso mehr musste es ihn schmerzen, dass Pettigrew sie alle verraten hatte. Und dass er den Spitznamen von Harrys Vater überhaupt in den Mund nahm, konnte nur heißen, dass er noch im Halbschlaf war. Normalerweise huschte immer ein schmerzerfüllter Zug über sein Gesicht, wenn er von der Vergangenheit oder seinen verlorenen Freunden sprach. Aber heute fehlte dieser Zug. Er war wirklich nicht auf der Höhe. Hätte das Wetttrinken mit Tonks gestern lassen sollen. „Sind die anderen schon gegangen?", wollte ich wissen und suchte in der Küche nach Spuren meiner Freunde, aber ich fand nur meinen Mantel. „Ja. Mussten arbeiten. Remus hat Tonks begleitet, ich glaube die hat sich krankgemeldet. Hat mir eine Nachricht geschrieben", meinte Sirius und hielt einen Zettel in die Höhe, ehe er einen langsamen Bissen von seinem Speck nahm.
Eine halbe Stunde später waren wir beide fertig und mir war immer noch übel. Ich wusste nicht, ob das am Essen lag oder einfach dem Alkohol geschuldet war. War mir aber auch egal. „Flora?", fragte Sirius. „Hm?", brummte ich. „Können wir wieder spazieren gehen?", wollte der Mann wissen. Ich leckte mir über die Lippen. War das wirklich so klug? Aber andererseits, warum nicht? Dumbledore hatte es verboten, allein deswegen wollte ich es schon riskieren. Außerdem war ich mächtig genug, um uns zu beschützen. Verdammt, ich hatte einen unbegrenzten Verschwindezauber gelernt, den ich auf uns beide anwenden konnte! Es würde schon nichts passieren. Nicht hier in dieser Gegend, wo es so ruhig war. „Ist gut. Frische Luft tut uns bestimmt auch gut", meinte ich. „Ja!", rief Sirius und sprang auf. Er stolperte und hielt sich stöhnend an der Tischplatte fest. „Dumme Idee", murmelte er und drückte seine Hand gegen seine Schläfe. Ich musste grinsen. Bei mir wirkte das Schmerzmittel langsam, bei ihm schien es allerdings noch eine ganze Menge Arbeit vor sich zu haben. „Komm, lass uns gehen", grinste ich und stand langsam auf. „Natürlich", schmunzelte Sirius, trat um den Tisch und zog mich in eine schnelle Umarmung, ehe er aus der Küche verschwand. Ich warf mir meinen Mantel über und kontrollierte, ob mein Zauberstab auch darin war. Schnell zog ich mir Schal, Mütze und Handschuhe über und wärmte sie ein bisschen vor, während ich in die Eingangshalle trat und auf Sirius wartete.
Schon kam der Mann in seiner Animagusform die Treppen hinunter und drückte seinen Kopf gegen mein Bein. Kichernd strich ich ihm übers Fell. „Und dir wird auch nicht zu kalt?", wollte ich wissen. Der Hund schüttelte sich und tapste zur Tür. Schmunzelnd folgte ich ihm und ließ ihn nach draußen. Sofort warf er sich in einen der Schneeberge im Vorgarten. „Na komm", lachte ich und öffnete ihm das Gartentor. Er preschte hinaus und tollte im Schnee am Wegrand. Auf der Straße befand sich nur noch Matsch. Auch der Gehweg war komplett geräumt. Schmunzelnd beobachtete ich Sirius in seiner Freude. Wir schlugen den Weg aus der Stadt Richtung Wald ein. Der Schnee wurde mehr. Die Landschaft war komplett weiß. Hier und da befanden sich Tierspuren im Schnee. Der Weg selbst war zum Glück geräumt, sodass ich ohne Probleme laufen konnte. Entspannt genoss ich die Ruhe und den Frieden. Die frische Luft brachte meine Kopfschmerzen endgültig zum Verschwinden. Sirius schien seinen Kater schon längst vergessen zu haben. Ausgelassen tobte er im Schnee, wälzte sich darin oder buddelte bis auf den Boden. Ab und zu jagte er einem Vogel hinterher. Doch immer wieder kam er kurz zu mir zurück, als würde er nach mir sehen wollen. Jedes Mal strich ich ihm grinsend über den Kopf, ehe ich meine Hände schnell wieder in meine Taschen schob. Nicht nur, weil es kalt war, sondern weil ich so auch die beruhigende Präsenz meines Zauberstabes spüren konnte. Auch wenn ich ihn im Notfall nicht brauchte, war es erleichternd zu wissen, dass er da war.
Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, aber irgendwann wurde mir trotz aller Kleidungsstücke kalt. Ich pfiff laut und der Hund vor mir blieb sofort stehen und blickte aufmerksam in meine Richtung. „Hey, Tatze, lass uns zurückgehen! Mir wird kalt!", rief ich. Der Hund bellte zustimmend und rannte an mir vorbei in Richtung Stadt. Lachend folgte ich ihm. Wir beeilten uns etwas und bald schon erschien Grimmauldplatz Nummer 12 vor unseren Nasen. Ich öffnete Sirius die Tür. Er schüttelte sich ordentlich, bevor er das Haus betrat und die Treppen nach oben verschwand. Ich lief schon einmal in die Küche, zog meine ganzen kalten Kleidungsstücke aus und rieb meine Hände aneinander. Schritte ließen mich herumfahren. Sirius eilte mit einem breiten Grinsen auf mich zu und schloss mich erneut an diesem Tag in seine Arme. „Danke, Flora! Ich habe das Gefühl, wenn du bei mir bist, kann gar nichts passieren", grinste er. Wie recht er doch irgendwie hatte. Grinsend löste ich mich wieder von ihm. „Und das liegt nicht zufällig daran, was du vor ein paar Wochen gesehen hast?" Sirius' Miene wurde ernst. „Ich will immer noch wissen, wie du dich selbst geheilt hast. Was die Weasleys damit meinen, dass du sehr gut zaubern kannst. Warum Dumbledore dich trotz deines Alters in den Orden gesteckt hat. Diese Neugierde wird auch nie aufhören. Aber ich kann auch verstehen, dass es ein großes Geheimnis ist, was andere gefährden könnte, was dich vielleicht auch in Gefahr bringt, je mehr Personen davon wissen. Deswegen belasse ich es dabei, dass du einfach eine unglaublich talentierte Hexe bist. Und jetzt ein anderes Thema: Bleibst du noch zum Mittagessen?" Schmunzelnd nickte ich. Sirius würde doch bloß allein sein, wenn ich jetzt schon wieder nach Hogwarts ginge. Ich musste ja nicht zwingend mit meinen Freunden dort essen. „Sehr gut, lass uns was kochen", lachte Sirius.
Eine Stunde und viel Improvisation später hatten wir ein genießbares Mittagessen zustande gebracht und unterhielten uns kichernd über verschiedene Anekdoten aus Sirius' Schulzeit. Danach räumten wir zusammen auf und dann wurde es Zeit für mich zu gehen. „Wir sehen uns", verabschiedete der Mann sich. Ich winkte und trat ins Flohnetzwerk. Ordentlich durchgeschüttelt landete ich in Dumbledores Büro. „Ah, Miss Dawson. Wie schön, dass Sie wieder hier sind", begrüßte der Schulleiter mich von seinem Schreibtisch aus. „Dumbledore. Wenn Sie mich entschuldigen, ich habe noch Hausarbeiten zu schreiben", meinte ich und wartete gar nicht erst auf seine Antwort, sondern verließ sein Büro.
Schnell eilte ich durch die Gänge. Im Gemeinschaftsraum traf ich auf Hermine, Harry und Ron. „Nein, du kannst das nicht erst morgen machen! Mach es heute fertig, Ron!", schimpfte Hermine gerade. Der Blick des Weasleys fiel auf mich. „Hallo Flora!", rief er. Hermine drehte sich um. Ron atmete erleichtert auf. „Flora, wie war's?", wollte sie lächelnd wissen. „Sehr gut. Ich habe mich nur auf der Party etwas zu sehr betrunken. Hatte heute Morgen einen Kater. Dafür war ich mit Tatze noch spazieren und wir haben zusammen gekocht", erklärte ich. „Wie geht's ihm?" wollte Harry wissen, bevor Hermine wieder eine Lektion halten konnte von wegen Sirius sollte nicht draußen rumlaufen. „Ganz gut. Ich denke die Einsamkeit macht ihm zu schaffen, aber das ginge, denke ich, jedem so. Deswegen bin ich ja auch noch bis eben bei ihm geblieben. Aber sonst ist er ok." Meine Freunde verfielen in Schweigen. Ich nahm das als Anlass und holte schnell aus meinem Schlafsaal meine fälligen Hausarbeiten, ehe ich mich zu den dreien setzte. Zwei Stunden später beendete ich mit einem doch recht schlampigen Schlusssatz meinen Aufsatz für Astronomie. Aber das war mir egal. Es wurde Zeit für mein Treffen mit Draco.
„Fertig. Ich bringe meine Sachen mal weg", meinte ich und verschwand schnell, bevor Hermine etwas einwenden konnte. Auf dem Weg hinauf und auch wieder die Treppen runter überlegte ich, was ich meinen Freunden sagen konnte, damit ich nicht komisch rüberkam, wenn ich jetzt schon wieder einfach so verschwand. Letztendlich entschied ich mich einfach, Minerva als Grund vorzuschieben. An einem Sonntagabend befand die sich meistens in ihrem Büro. Und ich glaubte kaum, dass Hermine bei ihr nachfragen würde, ob ich wirklich da gewesen war. „McGonagall wollte noch mal mit mir sprechen, wir sehen uns beim Abendessen", meinte ich kurz angebunden. „Was? Worüber denn?", wollte Hermine sofort wissen. Ich zuckte bloß mit den Schultern. „Keine Ahnung", war das einzige, was mir gerade einfiel. Schnell drehte ich mich auf dem Absatz um und kletterte aus dem Portraitloch.
Pünktlich stand ich im Raum der Wünsche, doch wie eigentlich fast immer war Draco natürlich schon da. „Hey. Na, wie war's?", fragte er und schloss mich in seine starken Arme. „Super. Ich hab's nur etwas mit dem Alkohol übertrieben. Ich hatte heute Morgen einen Kater", erklärte ich und mein Freund begann zu lachen. „Du hattest einen Kater? Du? Flora Dawson? Merlins Erbin? Und du hast dich betrunken?" Er musste noch mehr kichern. „Ach, so schlimm war's nun auch wieder nicht. Andere haben den Vogel noch mehr abgeschossen." „Warum sollte jemand einen Vogel abschießen?" Nun war ich diejenige, die aus voller Kehle lachen musste. „Das ist nur so ein Sprichwort. Es meint, dass es jemand komplett übertrieben hat, mehr als alle anderen." „Ach so." Draco stieg in mein Lachen mit ein.
Wenig später beruhigten wir uns wieder und ich zog Merlins Büchlein aus meiner Tasche. „Weiter geht's mit dem Zauber." „Na dann leg mal los", grinste Draco und warf sich aufs Sofa. Ich schlug die richtige Seite im Buch auf und ging noch einmal den ganzen Zauber durch. Dann warf ich ihm das Buch zu und er fing es geschickt auf. Tief atmete ich durch und konzentrierte mich. Beim ersten Versuch passierte gar nichts. Beim zweiten Versuch kribbelten meine Hände. Beim dritten Versuch kribbelte mein ganzer Körper. Konzentriert rief ich meine ganze Magie hervor. „Evanesco Humanum." Alles kribbelte. Und plötzlich sprang Draco vom Sofa auf. „Flora?", schrie er schon fast und schaute hektisch von links nach rechts. „Draco?", fragte ich und er machte einen Satz nach hinten. „Siehst du mich nicht mehr?", wollte ich wissen. „Nein, du bist unsichtbar", murmelte Draco und machte vorsichtig ein paar Schritte in meine Richtung. Grinsend streckte ich meine Hand aus und berührte seine Finger. Er zuckte zurück. Langsam breitete sich ein Lächeln auf seinen Lippen aus. „Das ist ja cool! Du hast es wirklich geschafft!" „Ja. Jetzt muss ich mich nur noch wieder sichtbar bekommen." Ich griff mir das Buch. „Ein fliegendes Buch", lachte Draco. Seine Augen glitten ungenau über mich.
Schmunzelnd las ich mir die Anleitung im Buch durch und legte es dann auf den Tisch. „Visibile Humanum." Mein ganzer Körper kribbelte. „Da bist du ja wieder", lachte Draco. „Dann kann ich ja als nächstes versuchen, uns beide unsichtbar zu machen", grinste ich. Dracos Grinsen schrumpfte etwas. „Wie wäre es, wenn du das erst nächste Woche machst?", schlug er vor. „Warum?" „Weil du es doch jetzt schon so arg bei dir alleine versucht hast. Ich will nicht, dass du dich zu sehr überanstrengst. Wir haben dafür auch noch nächsten Samstag Zeit." „Na gut", seufzte ich. Zwar hatte ich nicht das Gefühl, dass ich schon komplett ausgelaugt war, aber mit Draco diskutieren wollte ich auch nicht. Also beließen wir es für heute dabei und quatschten stattdessen noch etwas.
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