Kapitel 3 - Harrys Ankunft im Grimmauldplatz

Mit dem August kam die große Sommerhitze. Es wurde stickig im Grimmauldplatz. Der Staub stand in der Luft. Ich war mehr als froh, dass Tonks mich ab und zu auf einen Spaziergang einlud. Molly fing zwar irgendwann an sich zu beschweren, aber da mehr Ordensmitglieder ein- und ausgingen als Tonks und ich das Haus verließen, konnte sie nicht allzu viel sagen. Und Tonks und ich spazierten meistens auch nur abends, wenn sie mit ihrem Job fertig war und keinen Auftrag mehr für den Orden erledigen musste. Heute war einer dieser Abende, wo Tonks verplant war. Auch sonst war der ganze Orden ausgeflogen, nicht einmal Remus war beim Abendessen dabei. Nur Sirius, Hermine, die Weasleys und ich. „Wo bleibt Arthur nur?“, murmelte Molly, als wir das dreckige Geschirr abräumten. „Er muss bestimmt nur länger arbeiten. Das kommt in letzter Zeit doch öfters vor“, meinte Hermine. Molly nickte bloß und stellte einen Teller mit Essen zurück.

Wenig später klackte die Tür. Eilige Schritte bahnten sich ihren Weg zu uns. Das Oberhaupt der Weasleys erschien in der Küche. Ich runzelte meine Stirn. „Ach Arthur, da bist du ja endlich. Wir haben dir…“ Molly drehte sich um und stockte wie ich. „Was ist passiert?“, fragte Sirius. Nun wurden auch meine Freunde aufmerksam. „Kinder, geht bitte nach oben“, sagte Arthur; Seine Stimme zitterte und ließ mich schlucken. War jemand gestorben? „Aber…“, setzte Fred an, doch Molly schnitt ihm das Wort ab. „Habt ihr euren Vater nicht gehört? Auf eure Zimmer. Hermine, du auch.“ „Flora, du bleibst hier“, murmelte Arthur. Also eine Ordenssache. „Das ist nicht fair!“, rief Ginny auf dem Weg zur Tür. „Doch, ist es“, antwortete Molly und drückte Fred und George aus der Küche. Hinter ihren Kindern schloss sie die Tür, richtete ihren Zauberstab darauf und murmelte ein paar Worte. „Also? Was ist los?“, wandte sie sich an ihren Mann. „Es geht um Harry“, begann Arthur. Mein Herz begann schneller zu schlagen. „Was ist mit ihm?“, rief Sirius und sprang von seinem Platz auf. „Er hat in Gegenwart seines Cousins den Patronus-Zauber ausgeführt. Das Ministerium wollte ihm sofort den Zauberstab abnehmen und hat ihn von Hogwarts verwiesen.“ Mein Mund klappte auf. Bitte was? „Dumbledore ist gerade im Ministerium um alles gerade zu biegen. Ich habe dem Jungen schon einen Brief geschrieben, dass er nicht mehr zaubern und seinen Zauberstab auf gar keinen Fall abgeben soll. Ich hoffe, Dumbledore bekommt das wieder hin.“

„Ich muss auch einen Brief schreiben“, murmelte Sirius und stürmte an uns allen vorbei aus dem Raum. Erdrückende Stille legte sich über die beiden Erwachsenen und mich. Tief atmete ich durch. „Was passiert, wenn Dumbledore die Sache nicht regeln kann? Das Ministerium ist ja gerade nicht sehr gut auf ihn zu sprechen“, wollte ich wissen. Arthur zuckte hilflos mit den Schultern. „Wir müssen einfach abwarten“, seufzte er. „Nein, wir müssen jetzt handeln!“, kam es hinter ihm von Sirius. „Das ist keine gute Idee“, sagte Molly sofort. „Wenn wir nicht handeln und Dumbledore das Ganze nicht regeln kann, verliert Harry seinen Zauberstab und wird vielleicht eingesperrt“, gebehrte Sirius auf. „Du wirst gar nichts tun, verstanden? Dumbledore will nicht, dass du das Haus verlässt“, machte Arthur ihm klar. „Aber wir können doch nicht einfach nichts tun!“ „Doch, genau das werden wir müssen.“

Plötzlich ein sanfter Wind. Ein blaues Leuchten tauchte neben mir auf und formte sich zu einem Phönix. Ich legte meinen Kopf schief. Zuckte leicht zurück, als Dumbledores Stimme aus dem Patronus sprach. „Ich habe die Sache mit dem Ministerium geregelt. Harry darf seinen Zauberstab behalten. Am zwölften August findet eine Anhörung wegen des Vorfalls statt. Wir werden Harry am Samstag abholen und in den Grimmauldplatz bringen. Hierzu stellt Alastor eine Gruppe Freiwilliger zusammen.“ Der Phönix verpuffte. Ich blickte wieder zu den drei Erwachsenen. „Da haben wir unsere Antworten. Wenn ihr mich entschuldigt“, murmelte ich und drängte mich in die Eingangshalle.

Ein Klicken aus Richtung Haustür ließ mich dort innehalten. Moody humpelte herein. „Habt ihr Dumbledores Nachricht schon bekommen?“, wollte der Ex-Auror wissen. „Ja“, nickte ich. „Gut“, nickte Moody und humpelte an mir vorbei. „Alastor!“, rief ich ihm hinterher. Brummend drehte sich der Mann wieder zu mir um. Ich schluckte. Meinen ehemaligen Professor beim Vornamen zu nennen, war komisch. Erst recht, weil mein Professor nicht mal der echte Moody gewesen war. „Was gibt’s, Flora?“, hakte Moody nach. „Ähm. Ich melde mich freiwillig, um Harry abzuholen.“ Mir egal, wie und wann wir das anstellten. Harry konnte ein bekanntes Gesicht in einer Gruppe von unbekannten Erwachsenen sicher gebrauchen. Moodys Fratze verzog sich zu einem schwer erkennbaren Lächeln. „Kannst du auf einem Besen fliegen?“ Ich schluckte, nickte aber. Ich mochte das Fliegen nicht besonders, aber für Harry würde ich es auf mich nehmen. „Sehr gut. Du gefällst mir, Mädchen. Abflug ist hier am Samstag um acht Uhr abends. Mal schauen, wer sich noch alles meldet.“ Moody drehte sich wieder um und humpelte in die Küche. Ich atmete tief durch und verschwand die Treppe rauf.

„Ich hätte es wissen müssen“, murmelte ich beim Anblick meiner Freunde in meinem Zimmer. Ich musste mich wohl daran gewöhnen, meine Zimmertür abzuschließen. „Was ist los?“, wollte Hermine wissen. „Es ist niemandem etwas passiert. Mehr kann ich nicht sagen“, erklärte ich. Zwar würde Harry den anderen alles erzählen, spätestens wenn er hier war, aber das war mir egal. Momentan stempelte ich die ganze Angelegenheit noch als Ordenssache ab. Da durften die anderen nichts wissen. „Geht es um Harry?“, fragte Ron. Ich verdrehte meine Augen. „Ihm geht’s gut. Er kommt bald her, wenn euch das beruhigt. Und jetzt raus aus meinem Zimmer! Wir gehören alle ins Bett!“ Denn ein Blick auf meinen Wecker zeigte  mir, dass wir schon kurz vor elf Uhr hatten. Und ich würde nach diesem Abend bestimmt eine Weile brauchen um einschlafen zu können. Wenigstens verließen meine Freunde ohne Wiederworte oder weitere Fragen den Raum. Ich schloss hinter ihnen die Tür ab, zog mich um und legte mich hin. Wie vermutet, kreisten meine Gedanken noch sehr lange um alles Mögliche.

Die drei Tage bis zum Samstag verliefen zäh und im immer gleichen Muster. Ich wachte durch einen schlechten Traum auf, an den ich mich Sekunden später schon kaum mehr erinnern konnte. Das Frühstück verging schweigend und erdrückend, so wie alle restlichen Mahlzeiten auch. Sirius tigerte durchs ganze Haus und murmelte vor sich hin. Molly versuchte die ganze Stimmung zu lockern, machte es dadurch aber bloß noch schlimmer. Und meine Freunde stellten Fragen, bis sie jemand zum Schweigen brachte. Wir alle waren mehr als erleichtert, dass der Samstag nun endlich Einzug hielt. Zum Mittagessen tauchte Remus auf, der mir später aufzählte, wer alles mit uns Harry abholen würde. Neben mir, ihm und Moody würden noch Tonks, Kingsley, Elphias, Dädalus, Emmeline, Sturgis und Hestia mitkommen. Ich zweifelte daran, dass eine zehnköpfige Gruppe wirklich unauffällig sein konnte. Aber da Moody das Ganze organisiert hatte, machte ich mir weniger Sorgen. Der Ex-Auror war so sehr auf Sicherheit fixiert, dass bestimmt nichts passieren würde. Konnte es einfach gar nicht. Das Abendessen verschoben wir auf den Zeitpunkt, an dem Harry hier war und die Ordensversammlung des heutigen Abends endete. Molly schickte die anderen wieder auf ihre Zimmer.

Remus und ich warteten unsere Zeit ab. Um halb acht ging ich mich umziehen. Immerhin war es nachts nicht mehr so warm und bei Flugwind würde ich noch frieren, wenn ich nichts Langes anhatte. Kaum trat ich wieder in die Eingangshalle, streckte mir Remus einen Besen entgegen. Ich schluckte und nahm ihm das Holz ab. Tief atmete ich durch. „Alles gut?“, wollte der Mann sofort wissen. Ich zuckte mit den Schultern. „Ich bin ein wenig aufgeregt. Fliegen gefällt mir nicht so sehr. Zumindest nicht auf einem Besen. Da fühle ich mich so unsicher“, gestand ich und blickte nervös zu meinem Gegenüber. Würde er mir jetzt raten, doch lieber hier im Grimmauldplatz zu warten? „Und trotzdem kommst du mit, um Harry abzuholen? Das finde ich sehr gut“, grinste Remus mich unerwartet an und ich lächelte zurück. In diesem Moment klickte die Tür und Moody kam zu uns in die Halle gehumpelt. „Wo bleiben die anderen denn? Es ist kurz vor acht!“, brummte er und zog eine Taschenuhr hervor.

„Sie kommen bestimmt gleich“, ertönte Mollys Stimme. Wenig später stand die Frau vor mir und legte mir einen Schal um die Schultern. „Dass du auch ja nicht frierst“, murmelte sie und schob das Wollstück etwas in meinen Ausschnitt. „Danke, Molly“, meinte ich und spürte, dass meine Wangen warm wurden. „Pass bloß auf dich auf, Flora. Und viel Glück“, sagte Molly und strich mir fürsorglich über die Schulter. Ein Klicken an der Tür. Wir beobachteten Tonks und Kingsley beim Eintreten. „Denk dran, dass die anderen auch bald zur Versammlung kommen sollten“, meinte Remus zu Molly. Die nickte. „Aber klar, wie könnte ich das vergessen? Große Versammlung heute“, murmelte sie und wuselte davon in die Küche. Nun kamen Elphias, Dädalus, Emmeline, Sturgis und Hestia in einem Schwung in die Eingangshalle. „Sehr schön, alle pünktlich“, nickte Moody. „Habt ihr alle eure Besen dabei?“, wandte er sich an uns, wartete aber nicht auf eine Antwort. „Wir fliegen geschlossen über der Wolkendecke. Alle mir nach. Schnelligkeit und Heimlichkeit sind heute gefragt. Na los.“ Moody drängte sich durch alle hindurch zur Tür. Wir folgten ihm.

Als wir auf den Bürgersteig kamen, quetschte sich Tonks neben mich. „Das wird ein Spaß“, grinste sie mich an. Ich wollte es gerne erwidern, aber für mich würde das Fliegen nicht wirklich Spaß machen. Ich hoffte nur, dass ich nicht ausversehen abstürzte oder so. „Formation einnehmen“, sagte Moody weiter vorne. Ich umklammerte den Besenstiel fester und schwang mein eines Bein darüber. „Abheben.“ Tief atmete ich durch, ehe ich mich vom Boden abstieß und in der Luft schwebte. „Und los.“ Hinter Elphias und flankiert von Tonks und Remus ging es hoch in die Luft und über die Wolken. Der Mond schien hell und schön heute Nacht. Leider konnte ich die Aussicht nicht genießen. Oder irgendwas anderes. Ich war zu sehr damit beschäftigt, mich an diesen verdammten Besen zu klammern und ruhig zu atmen. Ich fieberte unserem Ankommen nur so entgegen und war mehr als erleichtert, als wir endlich wieder zum Landen ansetzten und in einer unscheinbaren Vorstadtgegend vor einem der immer gleichen Häuser landeten. „Kommt. Die Besen nehmen wir mit rein“, zischte Moody und stapfte als erster zur Haustür. Dort zog er seinen Zauberstab, murmelte etwas und öffnete uns die Tür. Wir folgten ihm in das dunkle Haus und legten unsere Besen ab.

Bei zehn Köpfen in der Dunkelheit war es nicht verwunderlich, dass wenig später irgendetwas klirrend zu Bruch ging. „Pst“, zischten Remus, Moody und Kingsley gleichzeitig. „Entschuldigung“, kam es von Tonks. „Wo ist der Junge?“, wollte Elphias wissen. „Sein Zimmer ist oben“, meinte Remus. „Flora, Mädchen, komm her. Wenn der Junge dich sieht, wird er nicht mit einem Angriff rechnen“, zischte Moody. Ich folgte seiner Stimme und stiefelte mit ihm und Remus im Schlepptau die Treppen nach oben. Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit und ich konnte wieder Umrisse erkennen. Kaum standen wir oben auf der Treppe, da wandte sich der Mann vor mir einer Tür zu und richtete seinen Zauberstab darauf. Das Schloss klickte. Die Tür schwang nach innen auf. Der Mondschein erhellte Harrys Zimmer und den Jungen mit dem erhobenen Zauberstab gleich mit. „Den Zauberstab runter, Junge, bevor du jemandem das Auge ausstichst“, knurrte der Ex-Auror. Kurz war es still. Dann. „Professor Moody?“ Ich konnte nur schwer ein Kichern unterdrücken. „Den ‚Professor lass mal stecken, bin nie groß zum Unterrichten gekommen, oder? Nun aber runter hier, wir wollen dich richtig sehen.“ Harry blieb weiterhin unverändert stehen.

„Hey Harry“, murmelte ich und trat an dem Mann vorbei in das Zimmer meines Freundes. Sachte hob ich meinen Zauberstab und murmelte: „Lumos.“ Ich musste meine Augen vor dem hellen Licht zusammenkneifen. Blinzelnd blickte ich wieder zu Harry. Der senkte im gleichen Augenblick seinen Zauberstab. „Flora?“, fragte er. Ich nickte leicht. „Wir sind hier, um dich abzuholen“, erklärte ich. Kurz blieb Harry noch starr stehen. Dann begann er zu grinsen, machte ein paar schnelle Schritte nach vorne und zog mich in seine starken Arme. Überrascht hielt ich inne, erwiderte die Umarmung dann aber. „Ich freu mich so dich zu sehen“, murmelte der Junge. „Gut, dass wir sie mitgenommen haben“, hörte ich Remus zu Moody sagen. Oder vielleicht auch nur zu sich selbst. Sachte löste ich mich wieder von Harry. „Und jetzt komm mit runter. Dann können wir bald von hier verschwinden“, meinte ich und lief voran. Remus und Moody machten sofort kehrt und gingen zu den anderen Ordensmitgliedern nach unten. Dort hatte Tonks mittlerweile auch ihren Zauberstab erleuchten lassen. „Oooh, er sieht genau so aus, wie ich ihn mir vorgestellt hab“, meinte sie und ich verdrehte grinsend meine Augen. „Ja, jetzt versteh ich, was du meinst, Remus, er sieht genau wie James aus“, nickte Kingsley. „Nur die Augen nicht. Lilys Augen“, warf Elphias ein.

„Seid ihr euch ganz sicher, dass er’s ist? Wär doch ˋne Schöne Bescherung, wenn wir ˋnen Todesser mitbringen würden, der seine Gestalt angenommen hat. Wir sollten ihn was fragen, was nur der echte Potter wissen kann. Oder hat jemand zufällig Veritaserum dabei?“, meinte Moody mit einem Mal. Ich überlegte kurz. „Im Irrgarten“, begann ich dann und schaute unsicher zu meinem Freund, „bei der dritten Turnieraufgabe.“ Ich sah, wie sein Gesicht versteinerte, und stockte. Er nickte mir zu. Ich atmete tief durch. Um uns herum war es totenstill. „Was habe ich da zu dir und Cedric gesagt?“ Harry presste die Lippen zusammen. „Ob wir noch lange diskutieren wollen.“ „Er ist es“, sagte ich zu Moody. Der nickte mir zu. Vielleicht anerkennend. Oder erkennend. Was wusste ich schon. Der Ex-Auror humpelte in einen anderen Raum davon. „Wie geht’s dir?“, wandte Remus sich an Harry und schüttelte dem Jungen die Hand. „G-Gut“, murmelte dieser bloß. Kurz war es still. „Ich – Sie haben wirklich Glück, dass die Dursleys nicht da sind…“, begann Harry dann. „Glück, ha! Weggelockt hab ich sie. Hab ihnen per Muggelpost einen Brief geschickt, in dem ihnen mitgeteilt wurde, dass sie in der Endauswahl im Wettbewerb um den bestgepflegten Kleinstadtrasen Englands sind. Sie sind gerade auf dem Weg zur Preisverleihung … oder glauben das wenigstens“, erzählte Tonks stolz. „Das hast du mir ja gar nicht erzählt“, wandte ich mich überrascht an sie. Meine Freundin hielt inne. „Stimmt. Ich wollte es dir erzählen, aber dann habe ich es wohl vergessen“, zuckte sie mit den Schultern.

„Wir gehen weg von hier, ja? Bald?“, wollte Harry wissen. „Jeden Moment, wir warten nur noch auf das Okay“, nickte Remus. „Wo gehen wir hin? Zum Fuchsbau?“ Ich konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Harry würde Augen machen, wenn wir erst im Grimmauldplatz waren! „Nein, nicht zum Fuchsbau. Zu riskant. Wir haben das Hauptquartier an einem unaufspürbaren Ort aufgeschlagen. Das hat uns einige Zeit gekostet…“, erklärte Remus und führte uns alle zu Moody. Das war dann wohl die Küche. Remus begann nun, ein Ordensmitglied nach dem anderen vorzustellen. Alle, die Harry bis jetzt noch nicht begafft hatten, taten es nun, kaum dass ihr Name fiel. Ich leckte mir über die Lippen und stellte mich näher neben den Jungen, der prompt einen Schritt hinter mich machte. Grinsend verschränkte ich die Arme; Freute mich über Harrys Vertrauen in mich. „Es haben sich überraschend viele freiwillig gemeldet, um dich abzuholen“, flüsterte ich ihm über meine Schulter grinsend zu und zwinkerte. Moody schien mich gehört zu haben. „Tja, je mehr, desto besser. Wir sind deine Leibgarde, Potter“, antwortete der Mann prompt. „Wir warten nur noch auf das Signal, dass es sicher ist, aufzubrechen. Wir haben noch etwa 15 Minuten“, meinte Remus. Welches Signal? Und von wem? Ich hätte mich wohl besser über den Plan informieren sollen. Stattdessen hatte ich nur an Harry und den bevorstehenden Besenflug denken können.  

„Hören Sie, was ist eigentlich los, mir hat keiner was gesagt, was macht Vol…“, begann Harry. Ich schlug meine Hand gegen meine Stirn. Hatte er noch nicht gelernt, dass man in Anwesenheit der Zauberergemeinschaft diesen Namen nicht aussprechen sollte? Sonst resultierte das in Schreie, Zischlaute, erschrockenes Umkippen und so weiter, wie es nun hier der Fall war. Moody knurrte meinen Freund sogar an. „Was?“, fragte Harry verwirrt. „Hier wird nichts beredet, das ist zu riskant … Verfluchtes Ding! Bleibt dauernd stecken – seit dieser Schweinehund es getragen hat.“ Moody fasste sich an sein magisches Auge. Und plötzlich zog er es mit einem schmatzenden Geräusch aus der Halterung. Ich räusperte mich und wandte mich leicht ab. „Mad-Eye, du weißt, dass das eklig ist, ja?“, meinte Tonks. „Hol mir doch mal ein Glas Wasser, Harry“, ignorierte Moody die Frau, und legte das Auge in das kommende Wasserglas. Mich schüttelte es. „Auf der Rückreise will ich 360 Grad Sicht haben“, erklärte der Ex-Auror sein Tun. „Wie kommen wir hin – wohin auch immer?“, wollte Harry sofort wissen. Ich schmunzelte. Das Fliegen lag ihm verdammt gut, er würde bestimmt Spaß haben.

„Besen. Geht nicht anders. Du bist zu jung zum Apparieren, die werden das Flohnetzwerk überwachen, und wir wären lebensmüde, wenn wir einen nicht genehmigten Portschlüssel aufbauen würden“, erklärte Remus. Harrys Blick schwankte sofort zu mir. „Ihr seid mit Besen hergekommen?“, fragte er erstaunt. Ich zuckte mit den Schultern. „Muss ja wohl“, murmelte ich. „Ich dachte du hast Flugangst.“ Hinter mir begannen meine Mitstreiter zu tuscheln. Ich kniff meine Lippen zusammen. So schlimm war das nun auch wieder nicht. Ich mochte das Fliegen bloß einfach nicht, aber so große Angst hatte ich nicht. Vielleicht nur ein ganz kleines Bisschen. „Ich wollte zu deiner Abholung mitkommen, damit du ein bekanntes Gesicht hast. Immerhin sind wir ja hier um dich zu retten – irgendwie. Da muss ich doch dabei sein“, grinste ich schwach. Harry begann fast zu strahlen. „Danke, dass du trotzdem gekommen bist. Du bist eine wahre Freundin“, meinte er. „Danke“, schmunzelte ich. „Harry, du gehst jetzt besser und packst deine Sachen. Wir wollen startbereit sein, wenn das Signal kommt“, meinte Remus nach einer kurzen Stille. „Ich komm mit und helf dir“, sagte Tonks sofort und die beiden verschwanden nach oben.

Wir anderen warteten in der Stille. Die hielt nicht lange. Nach ein paar Sekunden begann Hestia in den verschiedenen Schubladen zu kramen. Kingsley und Sturgis diskutierten über die Mikrowelle. Moody setzte sein Auge wieder ein. Und Remus schrieb an einem Brief. Ich lehnte mich an den Türrahmen zum Flur und wartete auf Harry und Tonks, die wenig später mit Koffer, Besen und leerem Eulenkäfig eintrudelten. „Bestens. Wir haben noch ungefähr eine Minute, denke ich. Vielleicht sollten wir raus in den Garten, damit wir bereit sind. Harry, ich lass einen Brief an Tante und Onkel hier, damit sie sich keine Sorgen…“ „Tun die sowieso nicht“, meinte Harry. „…dass du in Sicherheit bist…“ „Das deprimiert sie nur.“ „…und dass du sie nächsten Sommer wieder besuchst.“ „Muss das sein?“ Remus sagte nichts mehr und legte den Brief auf den Küchentisch. Moody stand von seinem Platz auf. „Komm her, Junge. Ich muss dich desillusionieren.“ „Sie müssen was?“, fragte Harry verwirrt. „Desillusionierungszauber. Lupin meint, du hast einen Tarnumhang, aber der flattert weg, während wir fliegen; das hier verbirgt dich besser. Los geht’s.“ Moody schlug seinen Zauberstab auf Harrys Kopf und ich beobachtete, wie Harrys Körper immer mehr die Farben des Hintergrunds annahm. Er wurde zu einem menschlichen Chamäleon!

„Komm“, sagte Moody und verschwand mit seinem Besen als erster aus dem Haus. Wir anderen folgten ihm in den Garten. „Klare Nacht. Ein paar mehr Wolken als Deckung wär’n nicht schlecht gewesen. Jetzt hör mal, wir fliegen in enger Formation. Tonks fliegt direkt vor dir, bleib dicht an ihrem Schweif. Lupin deckt dich von unten. Ich bin hinter dir. Flora an deiner Seite. Die anderen umkreisen uns. Wir bleiben um jeden Preis zusammen, verstanden? Wenn einer von uns getötet wird…“ „Kann das passieren?“, warf Harry ein und blickte zu mir. Ich schüttelte meinen Kopf. Sehr unwahrscheinlich. „…fliegen die anderen weiter, stoppen nicht, bleiben in Formation. Wenn sie uns alle ausknipsen und du überlebst, Harry, steht die Nachhut bereit und übernimmt; flieg weiter Richtung Osten, dort werden sie dich in Empfang nehmen.“ „Nur nicht so gut gelaunt, Mad-Eye, er wird noch denken, wir nehmen das nicht ernst“, spöttelte Tonks. „Ich erklär dem Jungen nur den Plan. Unser Job ist es, ihn sicher im Hauptquartier abzuliefern, und wenn wir bei dem Unternehmen sterben…“ „Niemand wird sterben“, sagte Kingsley bestimmt. „Rauf auf die Besen, das ist das erste Signal!“, unterbrach Remus uns alle.

Tief atmete ich durch, umklammerte den Holzstiel fester und schwang mein Bein darüber. Ich warf einen Blick zu Harry neben mir, der entschlossen nickte. Also gut. „Zweites Signal, los geht’s!“ Und wir hoben ab. Der Flug zog nur so an mir vorbei. Wir flogen wirre Kurven und scharfe Bahnen. Es glich einem Wunder, dass ich nicht vom Besen kippte. Meine Beine waren ganz wackelig, als wir endlich vor dem Grimmauldplatz landeten. „Wo sind wir?“, wollte Harry gleich wissen. „Moment noch“, zischte Remus. Moody zog ein kleines Gerät aus seiner Tasche und zog damit alles Licht der Straßenlaternen ein. Das war ja praktisch! „Hab ich mir von Dumbledore geborgt. Damit wir keine Probleme mit Muggeln haben, die vielleicht aus dem Fenster gucken, kapiert? Jetzt kommt, rasch“, meinte der Mann und zog uns bis vor den Grimmauldplatz Nummer 12. Dort reichte er Harry ein Blatt Pergament.

„Was ist der Phönixor-?“ Ich zuckte zusammen. „Nicht hier, Junge! Warte, bis wir drin sind!“, zischte Moody, nahm den Zettel an sich und verbrannte ihn. „Aber wo ist-?“ „Denk an das, was du dir gerade eingeprägt hast“, meinte Remus. Dann endlich schien auch Harry das Haus mit der Nummer 12 zu sehen. „Los, beeil dich“, zischte Moody und wir alle drängten uns nach und nach in die Eingangshalle des Hauses. „Hier“, meinte Moody und klopfte Harry auf den Kopf. Der Chamäleon-Effekt verschwand und ich konnte meinen Freund wieder richtig sehen. Na ja, so gut man in der Dunkelheit sehen konnte. Erst Moodys Zauber brachte den Kronleuchter in der Eingangshalle zum Brennen. Kaum geschehen, ertönten schnelle Schritte und Molly tauchte auf. „Oh, Harry, wie schön dich zu sehen!“, grinste die Frau und schloss den Jungen in ihre Arme. „Du siehst schmal aus; wir müssen dich ein wenig aufpäppeln, aber ich fürchte, du musst ein bisschen warten, bis es Abendessen gibt.“ Molly wandte sich an uns. „Er ist gerade angekommen, die Versammlung hat begonnen“, flüsterte sie.  

Die anderen begannen zu tuscheln und liefen Richtung Küche. Auch ich war gespannt, was Snape so zu berichten hatte. „Bis später, Harry“, verabschiedete ich mich von meinem Freund und folgte Tonks in die gut gefüllte Küche. Dort setzte ich mich zwischen Bill und Tonks. „Alles gut gegangen?“, wandte der Weasley sich flüsternd an mich. Ich nickte leicht und richtete meine Aufmerksamkeit auf Snape, der vor uns allen stand und wie immer eine düstere Miene zog. Aber heute schien er noch missgelaunter zu sein als sonst. Lag es an Harry? Diesem Ort? Oder seinen Nachrichten? „Mir ist es gelungen, mit dem dunklen Lord Kontakt aufzunehmen“, begann mein Professor mit schnarrender Stimme. Kurz fühlte ich mich nach Hogwarts in den Zaubertrankunterricht zurückversetzt. Fast alle Anwesenden begannen zu tuscheln. Snape ließ seine Nachricht kurz wirken und räusperte sich dann. Augenblicklich wurde es wieder still. „Wie wir vermutet haben, sucht er nach Wegen und Mitteln, die er im letzten Krieg nicht hatte. Wie wir bereits gemerkt haben, hegt er ein besonderes Interesse an der Mysteriumsabteilung. Bisher ist es ihm aber noch nicht gelungen, dort einzudringen.“ „Wie denn auch? Wir bewachen die Tür ja die ganze Zeit“, warf Tonks ein. Snape verengte seine Augen und Dädalus zischte ein „Pst“ in die Richtung meiner Freundin. Die wurde tatsächlich etwas kleiner auf ihrem Platz.

„Momentan setzt er noch fast alle seine Möglichkeiten daran, einen Weg in die Mysteriumsabteilung zu finden, doch er verfolgt auch andere Pläne, die er mir bei unserem ersten Treffen nicht weiter ausgeführt hat. Ich werde bald erneut mit ihm in Kontakt treten“, endete Snape seinen Vortrag und setzte sich wieder. Ich nickte anerkennend. Dass Snape ein Doppelleben für das Gute im Schatten des Bösen führte, ließ ihn in einem völlig neuen Licht erscheinen. Fast würde ich sagen, er war bei seinem Tun mutig wie ein Gryffindor. Wenn Harry das wüsste, würde er vielleicht nicht mehr so sehr über den Mann herziehen. Wahrscheinlicher war aber, dass er mir gar nicht glaubte.

„Kommen wir zum zweiten Punkt auf unserer heutigen Liste. Mundungus‘ Versagen“, zischte Moody und stand auf. Der kleine Mann ein paar Plätze weiter machte sich noch kleiner. „Mad-Eye, du musst das verstehen, ich…“ „Halt die Klappe“, unterbrach Sirius den jämmerlichen Erklärversuch kalt. Mundungus schluckte und nickte. Wir alle wussten, was er angerichtet hatte. Es war seine Schicht gewesen, seine Zeit auf Harry zu achten. Wäre er bei ihm gewesen, hätte er selbst die Dementoren abwehren können und Harry würde nun nicht so in der Klemme stecken. Andererseits bezweifelte ich, dass Mundungus überhaupt den Mumm gehabt hätte, Dementoren zu verjagen. Wahrscheinlich wäre er abgehauen. „Wie wir alle wissen, ist Potter mittlerweile hier im Hauptquartier angekommen. Er wird bis zum Ende der Ferien bleiben. Sind wir uns alle einig, dass er und seine Freunde – ausschließlich Flora natürlich – weiterhin nichts über den Orden oder Ihr-wisst-schon-wen erfahren sollen?“, sprach Moody. Zustimmendes Murmeln folgte. Auch ich nickte entschlossen. Sollten die anderen involviert werden, würde sie das nur in unnötige Gefahr bringen. Die kam früher oder später sowieso, da mussten wir es nicht schon jetzt herbeiführen. „Da wir nun keine Leute mehr für Potters Bewachung entbehren müssen, verstärken wir die Überwachung der Mysteriumsabteilung. Füllen Lücken und Leerstellen; Ermöglichen einen nahtlosen Übergang zwischen den Zeiten. Ich arbeite einen neuen, vorläufigen Plan aus und lasse ihn euch dann zukommen.“

Moody setzte sich wieder und Kingsley stand auf. „Mit der Anwerbung neuer Leute klappt es – wie wir erwartet haben – nicht sehr gut. Sobald wir im Ministerium bloß den Namen Dumbledore in den Mund nehmen, flüchten die Leute. Der Minister persönlich nimmt jeden in die Mangel, der mit dem Mann sympathisiert.“ Eine lange Diskussion später, inklusive der Berichte über die Todesserüberwachungen, war unsere Versammlung zu Ende. Es wurde auch langsam mal Zeit, ich hatte schon richtigen Kohldampf. Und irgendwann war das ständige Hin und Her zwischen Kingsley, Moody und Remus dann doch langweilig geworden. Plaudernd standen wir alle auf. Die meisten verließen die Küche. Bill, Arthur, Sirius und Mundungus – der gegen Ende der Versammlung eingeschlafen war – blieben zurück.

Ich sprang auf und folgte Tonks in die Eingangshalle. „Willst du nicht noch zum Essen bleiben?“, fragte ich sie direkt. „Ach, ich hatte gehofft, dass du fragst“, grinste die Frau mich an. „Weißt du, ich brauche mal deinen Rat. Ich habe in der Zeitung eine klasse Frisur gesehen, aber ich weiß einfach nicht, ob die mir steht. Muss es denn unbedingt blond sein. Sähen meine Haare nicht in hellblau viel besser aus? Und kurz ist sowas von vor einer Stunde. Aber lange Haare stören mich einfach…“ Tonks begann ohne Punkt und Komma zu reden. Grinsend warf ich einen Blick durch die sich leerende Halle. Kurz trafen meine Augen auf die von Snape und wir nickten uns respektvoll zu. Schon komisch, dass wir nun mehr als nur Lehrer und Schüler waren. Wir waren nun auch Komplizen. Kampfgenossen. Konnte ich schon sagen, dass wir sowas wie Bekannte waren? Und bei McGonagall war es genau das Gleiche. Verrückt. Und wie würde es erst werden, wenn wir wieder in Hogwarts waren? Molly trat an Tonks und mir vorbei. „Könnt ihr beim Versiegeln helfen?“, flüsterte sie. Wir nickten und folgten ihr zu Remus an die Tür. Zu viert zogen wir unsere Zauberstäbe und schlossen alle magischen Riegel und Schlösser und was wusste ich was noch. Dann drehten wir uns wieder um. Ich sah Harry, Hermine und Ron die Treppe hinunterkommen und lächelte ihnen schwach zu. Die drei sahen alles andere als begeistert aus. Was sie wohl während unserer Versammlung beredet hatten? „Und diese andere Frisur“, begann Tonks erneut zu erzählen.

Im Augenwinkel sah ich, wie sie plötzlich strauchelte. Blitzschnell drehte ich mich um und versuchte meine Freundin abzufangen, doch es war zu spät. Sie fiel mitsamt dem massiven Schirmständer um. Es knallte laut. „Tonks!“, schrie Mrs Weasley schon fast und das gab der Sache den Rest. Mrs Black fing an zu kreischen. Die Vorhänge vor ihrem Portrait flogen auseinander. Ich schloss meine Augen und atmete tief durch. Diese Frau hatte ich seit meiner Ankunft hier schon oft genug erlebt! „Dreck! Abschaum! Ausgeburten von Schmutz und Niedertracht! Halbblüter, Mutanten, Missgeburten, hinfort von hier! Wie könnt ihr es wagen, das Haus meiner Väter zu besudeln!“ Ich öffnete meine Augen wieder und eilte zu dem Portrait. Energisch riss ich Molly den einen Vorhang aus der Hand und zog selber daran. Hinter uns murmelte Tonks immer wieder Entschuldigungen und ein Quietschen zeigte mir, dass sie den Schirmständer über den Boden zog. Sie sollte das blöde Ding einfach stehen lassen! „Sei still, du elende alte Sabberhexe, sei still!“, donnerte Sirius und ich zuckte zusammen. Er riss mir seinerseits den Vorhang aus der Hand und zog ihn zusammen mit Remus zu. Endlich wurde es ruhig. Ich hatte Mrs Black eindeutig satt!

Sirius drehte sich um und blickte über mich hinweg. „Hallo, Harry. Wie ich sehe, hast du meine Mutter kennengelernt“, meinte er trocken. Ich drehte mich um und blickte in das bleiche Gesicht des Jungen mit der Blitznarbe. „Deine…“, murmelte er. Sirius unterbrach ihn. „Tja, meine liebe alte Mum. Seit einem Monat versuchen wir sie nun schon abzuhängen, aber ich fürchte, sie hat den Bildrücken mit einem Dauerklebefluch an die Wand gehext. Lass uns schnell nach unten gehen, bevor sie alle wieder aufwachen.“ Ich hatte damals gar nicht erst versucht den Fluch zu lösen. Wäre zwar schön, wenn Mrs Black uns nicht mehr so terrorisieren konnte, aber wenn nicht mal Moody das Ding von der Wand bekam, wollte ich nicht im Mittelpunkt stehen, sollte ich es schaffen. Und dass ich es schaffen konnte, daran hegte ich fast keine Zweifel. Wir verließen die Eingangshalle und liefen nach unten in die Küche. Wobei wir nicht weit liefen, nur drei kleine Stufen hinunter und schon waren wir da. „Aber was hat das Portrait deiner Mutter hier zu suchen?“, wollte Harry wissen. „Hat dir das keiner erzählt? Das war das Haus meiner Eltern. Aber ich bin der letzte noch lebende Black, deshalb gehört es jetzt mir. Ich hab es Dumbledore als Hauptquartier angeboten – so ziemlich das einzig Nützliche, was ich beitragen konnte.“

Wir betraten die Küche. Seufzend verdrehte ich meine Augen. Was hatten die anderen denn gemacht, während wir draußen gewesen waren? Warum waren die Sachen von der Versammlung noch nicht weg? Molly neben mir räusperte sich vernehmlich – sie schienen die Karten und Pergamentrollen auf dem Tisch ebenfalls zu stören. Während Arthur Harry nun ablenkte, indem er ihn umschweifend begrüßte, half ich Bill beim Zusammenräumen der ganzen Sachen. „Gute Reise gehabt, Harry? Mad-Eye hat dich also nicht über Grönland umgeleitet?“, rief Bill und drückte mir einen Schwung Pergamentrollen in die Hand. „Er wollte uns über Grönland fliegen lassen?“, rief ich entsetzt und dachte daran, dass wir wohl alle erfroren wären bei der Kälte. „Er hat’s versucht“, nickte Tonks in diesem Moment. „Wirklich? Na dem werde ich was erzählen, wenn ich ihn das nächste Mal sehe!“, brummte ich und versuchte nach dem letzten Pergament zu greifen. Molly eilte herbei und drückte es mir in die Hand. „Solche Dinge sollten nach der Versammlung schleunigst weggeräumt werden!“, zischte sie Bill zu, der den Kopf etwas einzog. „Kannst du die alle kurz halten?“, wandte er sich an mich. Seufzend nickte ich. Bill lud seine Pergamentrollen auf meinen Arm. Ich sackte etwas ein und schwankte. Der Weasley zog seinen Zauberstab. „Evanesco!“ Erleichtert atmete ich aus, als das Gewicht in meinen Armen verschwand.

Ich schüttelte meine Arme etwas aus und blickte mich in der Küche um. Mundungus war wieder aufgewacht und unterhielt sich mit Harry und Sirius. Molly bereitete das Essen vor. Arthur half ihr dabei. Wobei eher die Magie die meisten Aufgaben erledigte. Ginny, Hermine und Tonks halfen beim Tischdecken. „Ich gehe mich mal umziehen“, flüsterte ich Bill zu, wartete auf sein Nicken und verschwand aus der Küche. Eilig stieg ich die Stufen in den ersten Stock hinauf und betrat mein Zimmer. Ich zog mir gemütliche Sachen an und lief wieder nach unten. „Nein, ihr sollt es tragen!“, vernahm ich Mollys Stimme schon auf der Treppe. Ich schluckte. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Schnell schlüpfte ich durch die Tür zur Küche und schloss sie fest hinter mir. Gerade in dem Moment, als ich mich umdrehte, ging das große Chaos los. Der große Kessel mit Eintopf fuhr über den Tisch und hinterließ eine dickes Band verbranntes Holz. Ein Krug flog auf die Platte. Ein Wunder, dass er nicht kaputtging. Stattdessen spritzte der Inhalt über den ganzen Tisch. Zu guter Letzt fiel ein Messer Richtung Sirius und blieb vor ihm wackelnd im Holz stecken. Kurz war es still. Dann legte Molly los. „Um Himmels Willen! Das war nicht nötig – jetzt reicht’s mir – nur weil ihr jetzt Magie gebrauchen dürft, müsst ihr eure Zauberstäbe nicht wegen jeder Kleinigkeit rausholen!“, schrie sie Fred und George an.

Seufzend zog ich meinen Zauberstab aus meiner Hosentasche – ich lief eigentlich kaum mehr ohne ihn herum – und richtete ihn auf den Tisch. Mit ein paar schnellen Zaubern lag das Messer wieder auf dem Schneidebrett. Der Inhalt des Kruges flog zurück und die Brandspur auf dem Tisch verschwand. „Wir wollten doch nur ein wenig Zeit sparen! Sieh mal, Flora hat schon wieder alles heil gemacht“, meinte Fred. Arthur trat kopfschüttelnd an den Kessel und trug ihn in die Mitte des Tisches. „Jungs, eure Mutter hat recht, ihr solltet jetzt, da ihr volljährig seid, ein gewisses Verantwortungsgefühl an den Tag legen. Ihr könnt euch nicht immer darauf verlassen, dass Flora alles für euch geradebiegt“, sagte er bestimmt. „Keiner eurer Brüder hat solchen Ärger gemacht! Bill hatte nicht das Gefühl, er müsse wegen ein paar Metern gleich apparieren! Charlie hat nicht alles verhext, was ihm vor die Nase kam! Percy…“ Molly hielt inne. Mit ihr hielt das ganze Zimmer den Atem an. Allein der Name des ausgestoßenen Weasleys war schon ein Unding in Mollys Anwesenheit. Und auch Arthur blickte nun noch mürrischer drein als vorher.

„Lasst uns essen“, unterbrach Bill die erdrückende Stille. Wir alle setzten uns. Ich setzte mich ganz an den Rand der Versammlung und nahm einen Schöpfer Eintopf von Remus entgegen. Mein Magen knurrte erfreut, als er endlich das lang ersehnte Abendessen bekam. Ich blendete die Unterhaltungen um mich herum aus. Keiner bezog mich mit ein. Also war nichts Wichtiges dabei. Ein flüchtiger Blick die Tafel hinunter zeigte mir, dass sich gute Redegrüppchen gebildet hatten. Tonks amüsierte Ginny und Hermine. Fred, George und Ron hörten Mundungus‘ Gaunergeschichten zu. Remus, Bill und Arthur diskutierten am anderen Ende des Tisches, aber ich verstand nicht, worum es ging. Und Harry hielt sich natürlich an Sirius – wie ich herausgefunden hatte war er sein Pate. Da konnte ich das verstehen. Meine Gedanken schweiften ab zu unserer heutigen Ordensversammlung. Ohne es wirklich zu wollen, analysierte ich Snapes Bericht und verknüpfte ihn mit seinen vorherigen. Spann weitere Verbindungen zu den Berichten der Todesserüberwachungen.

„Hier, Flora, Liebes“, unterbrach Molly meine Gedanken. Ich zuckte zusammen und brauchte kurz, um zu realisieren, dass wir schon beim Nachtisch angekommen waren. Unterbewusst hatte ich meinen ganzen Eintopf gegessen. Leicht lächelnd nahm ich die große Portion Rhabarberauflauf mit Vanillesoße entgegen und löffelte sie in mich hinein. Die Gespräche wurden ruhiger. Die Zeit ging gen Mitternacht. „Bald Zeit fürs Bett“, stellte Molly richtig fest. Die Hälfte von uns gähnte schon. Auch ich fühlte mich ausgelaugter als die letzten Tage zusammen. Musste wohl an unserer heutigen Abholaktion für Harry liegen. Und an dieser späten Ordensversammlung. „Noch nicht ganz, Molly“, warf Sirius ein. Ich zog meine Augenbrauen hoch und blickte zu dem Mann. Der wandte sich an Harry. Ich runzelte meine Stirn. „Ehrlich gesagt, du überraschst mich. Ich hätte gedacht, sobald du hier ankommst, stellst du Fragen über Voldemort.“ Ich atmete tief durch. Beobachtete die erschrockenen Mienen meiner Freunde. Remus stellte seinen Kelch betont laut ab und blickte mehr als unzufrieden drein. „Hab ich doch! Ich hab Ron und Hermine gefragt, aber die sagten, wir seien im Orden nicht zugelassen, also…“ „Und sie haben vollkommen recht. Ihr seid zu jung“, unterbrach Molly den Jungen.

Schon gemein, wenn man bedachte, dass ich im gleichen Alter aber im Orden war. Noch trauriger, dass ich nur ein Mitglied war, weil ich Merlins Macht geerbt hatte und Dumbledore mich als Unterstützung haben wollte. „Seit wann muss jemand im Orden des Phönix sein, um Fragen zu stellen? Harry saß einen Monat lang in diesem Muggelhaus fest. Er hat das Recht zu erfahren, was pass…“ „Wart mal!“, unterbrach George Sirius. „Wieso kriegt eigentlich Harry Antworten auf seine Fragen?“, wollte Fred wissen. „Wir versuchen seit einem Monat, dir was aus der Nase zu ziehen, und du hast uns kein einziges stinkendes Wort gesagt! Nicht mal Flora verrät uns was!“, rief George. Ich presste meine Lippen aufeinander und umklammerte meine Arme mit meinen Händen fester. Ich hatte doch nichts sagen dürfen! Und jetzt bekam Harry einfach so Antworten? Da schien ich ja wirklich eine schlechte Freundin zu sein! Hätte ich das gewusst, hätte ich meinen Freunden dann was verraten? Ich konnte es nicht mit Bestimmtheit sagen.

Molly und Sirius begannen sich nun zu streiten, ob und was man Harry anvertrauen konnte. Ich blendete die Unterhaltung aus und ließ meine Gedanken schweifen. Ich war ein 15-jähriges Mädchen in einer Widerstandsgruppe, die im Geheimen arbeitete. Bisher hatte ich nicht viel dazu beigetragen. Eigentlich saß ich immer nur schweigend in den Ordensversammlungen, stimmte ab und zu mit ab und nickte oder schüttelte meinen Kopf. Einmal hatte ich Fred und George beim Spionieren erwischt und heute hatte ich Harry mit hierher gebracht. Aber das war auch schon alles gewesen. Hatte Dumbledore nicht gesagt, dass ich voll in den Orden mit eingebunden werden sollte? Doch bisher hatte ich nichts gemacht. Weder mögliche Todesser ausspioniert, noch die Mysteriumsabteilung bewacht oder etwas besorgt. Ich hatte nicht mit Hexen und Zauberern über die Rückkehr Voldemorts gesprochen und tat sonst auch nichts, was dem Orden irgendwie helfen konnte. Warum verdammt noch mal war ich hier? Ein stiller Zeuge, mehr nicht. Wie würde meine Zukunft in diesem Orden aussehen? Und wie würde überhaupt die Zukunft des Ordens aussehen? Wer konnte schon sagen, ob wir nicht vielleicht entdeckt wurden und alle nach Askaban kamen. Oder direkt hingerichtet wurden. Vielleicht sogar von Voldemort höchstpersönlich. Wann würde ich das erste Mal Kontakt mit Todessern und dem Dunklen Lord haben? Und wie würde ich dann handeln? Eigentlich durfte das Böse nicht wissen, dass ich Merlins Erbin war. Dann würde ich keine ruhige Minute mehr haben. Musste immer auf der Flucht sein. Konnte nicht einmal mit meinen Freunden in Kontakt treten. Die würden ebenfalls gejagt werden. Vielleicht gefoltert, um meinen Aufenthaltsort in Erfahrung zu bringen. Die ganze Zaubererwelt kannte meine Prophezeiung! Jeder wusste, dass die Seite gewinnen würde, auf der ich stand. Wobei das ja auch nicht sicher war. Nur wahrscheinlicher.

„Ins Bett!“ Ich schreckte auf und erhaschte einen Blick auf Ginny, die fluchend und schreiend aus der Küche verschwand. Wenig später erklangen Mrs Blacks Schreie. Remus stand seufzend auf und bereitete dem Toben ein Ende. Ich warf einen Blick in unsere Runde. Offenbar waren sich Molly und Sirius endlich einig geworden. Nicht nur Harry saß am Tisch, sondern auch Fred, George, Ron und Hermine. Offenbar durften alle fünf nun etwas über den Orden erfahren. Ginny tat mir leid. Ich konnte mir vorstellen, wie scheiße es war, als einzige ins Bett geschickt zu werden und keine Informationen zu kriegen. Aber dass die anderen jetzt alle welche bekamen… Ich fühlte mich verarscht. Da versprach ich Dumbledore, meinen Freunden nichts über den Orden zu erzählen, stritt mich deswegen ab und zu mit ihnen und kaum tauchte Harry auf, durften alle was wissen. Wozu hatte ich eigentlich geschwiegen? Und hatten wir nicht vorher bei der Versammlung noch beschlossen, dass wir den anderen nichts verraten würden? „Gut, Harry … was willst du wissen?“, fragte Sirius. „Wo ist Voldemort? Was hat er unternommen?“, kam es sofort von dem Jungen.

Meine Gedanken schweiften wieder ab. Voldemort versuchte eine Armee aufzubauen und in die Mysteriumsabteilung einzubrechen. Und wir standen dagegen. Der Orden des Phönix hielt gegen ihn und versuchte, so viele Leute wie möglich von seiner Rückkehr zu überzeugen. Dumm nur, dass das Ministerium das um jeden Preis verhindern wollte. Dumbledores Ruf litt ganz schön darunter, aber das machte dem Schulleiter nichts aus. Er gab nicht auf und machte einfach weiter. Das musste man ihm hoch anrechnen. Aber hier ging es ja immerhin auch um Krieg. Um unser aller Zukunft. „Aber was ist mit Flora?“, rief Fred und ich schreckte erneut auf; Wandte meine Konzentration auf die Diskussion vor mir. „Flora ist noch minderjährig und in der Schule, aber trotzdem ist sie im Orden“, nickte George. „Wenn sie hier mitkämpft, warum darf ich das dann nicht?“, wollte Harry wissen. Ich umklammerte meine Arme fester und zuckte zusammen, als ein scharfer Schmerz hindurchjagte.

Remus seufzte. „Seht mal“, begann er und fuchtelte mit seiner Hand. „Es war Dumbledores Entscheidung. Er hat uns Anfang der Sommerferien alle zu einer Versammlung einberufen, wo er sie uns vorgestellt hat. Er hat betont, dass sie ein vollständiges Mitglied des Ordens ist. Und als solches sehen wir sie auch. Es war allein Dumbledores Entscheidung, wie es auch seine Entscheidung – und auch unsere Ansicht – ist, dass wir keine anderen Minderjährigen oder Schüler aufnehmen. Wir vertrauen Dumbledore in dieser Sache“, erklärte der Werwolf. Meine Freunde warfen mir lange Blicke zu, die ich nicht deuten konnte. Ich drehte mich leicht und zeigte kurz auf meinen rechten Oberarm, wo ich Merlins Zeichen versteckt unter der magischen Binde trug. Hoffentlich verstanden sie es. „Jetzt verschwindet ihr aber alle ins Bett“, sagte Molly in die aufkommende Stille. Fred öffnete seinen Mund, doch ein scharfer Blick seiner Mutter genügte und er stand wortlos auf. George, Ron, Hermine und Harry folgten ihm und Molly hinaus aus der Küche. Ich verschränkte meinen Arme und schielte zu den Übriggebliebenen. Arthur, Bill, Sirius, Remus, Mundungus und Tonks. „Also dann, ich muss wohl mal“, verabschiedete sich Letztgenannte nach kurzer Stille und stand auf. „Ja, ich auch“, murmelte Mundungus und die beiden verschwanden schweigend und schnell aus dem Raum.

„Eigentlich haben die Kinder ja recht“, begann Sirius mit einem Mal und warf einen scharfen Blick zu mir. „Warum darf Flora im Orden sein und sie nicht? Immerhin ist sie noch minderjährig und geht zur Schule. Die anderen auch, aber sie dürfen uns nicht beitreten. Was ist so besonders an ihr, dass Dumbledore sie in den Orden holt und keine Wiederrede zulässt?“ „Sie sitzt hier mit dir am Tisch“, knurrte ich. „Und es stimmt. Es hat einen besonderen Grund, warum Dumbledore mich in den Orden geholt hat. Arthur und Bill können ihn euch bezeugen. Aber er bleibt trotzdem mein Geheimnis. Zu unser aller Sicherheit“, erklärte ich kurzentschlossen; Wollte mich rechtfertigen. Remus und Sirius wandten sich den beiden Weasleys zu. Die nickten synchron. „Es stimmt. Flora hat ihre Daseinsberechtigung im Orden. Wenn ihr mich fragt, fühle ich mich sogar viel sicherer und vor allem siegessicherer, da ich sie an unserer Seite weiß“, erklärte Arthur. Remus seufzte erneut. Das tat er an diesem Abend häufiger. „Ich vertraue Dumbledore. Und ich vertraue Arthurs Wort. Und weil ich den beiden vertraue, vertraue ich auch deinen Fähigkeiten, Flora. Ich habe selbst gesehen, wie schnell du einen gestaltlichen Patronus zustande gebracht hast. Und was für eine Gestalt er angenommen hat. Du im Übrigen auch, Sirius. Dieses Können ist unglaublich, deine Zauberkraft muss es auch sein. Ich bin mir sicher, dass du einen guten Teil zum Orden beitragen wirst.“

Diese netten und ehrlichen Worte flossen durch meinen ganzen Körper, füllten ihn mit angenehmer Wärme und überzogen meine Haut mit einem Kribbeln. Ich grinste schief und nickte Remus leicht zu. Der nickte zurück. „Ich denke, du solltest jetzt auch ins Bett gehen, Flora“, kam Molly von hinten. Ich nickte erneut und stand auf. „Gute Nacht“, wünschte ich in die Runde und bekam es vielstimmig zurück. Molly legte mir den Arm um die Schulter und führte mich die Treppen nach oben bis vor meine Zimmertür. Davor blieb sie stehen und zog mich unvermittelt in ihre Arme. Sie sagte nichts. Ich sagte nichts. Wir standen nur so da, sie mich umarmend. Dann löste sie sich wieder von mir und lief ein Stockwerk höher zu den Zimmern der anderen. Ich betrat mein dunkles Zimmer, knipste das Nachttischlicht an und zog mich schnell um. Obwohl ich hundemüde war, kam mein Geist nicht zum Stillstand. Noch zwei Stunden später lag ich hellwach in meinem Bett, starrte in die Dunkelheit und dachte über den Orden und unser aller Zukunft nach.

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