Kapitel 22 - Arbeit, Arbeit, Arbeit

„Also dann, wir sind beim Quidditch-Training“, sagte Harry und stand von der Bank auf. Ron schoss so schnell nach oben als hätte er eine Spinne gesehen. „Ja, ja, bis … ähm … dann“, stammelte er und eilte hinter Harry aus der Großen Halle. Schmunzelnd schüttelte ich meinen Kopf und warf einen Blick an die Decke. Immerhin regnete es nicht, aber es schien ein ganz schöner Wind zu gehen. Und natürlich wurde es draußen auch immer kälter, der Sommer war endgültig vorbei. „Lass uns beim Training zuschauen“, meinte Hermine mit einem Mal. Ich kniff meine Lippen zusammen und blickte zu ihr. „Bitte?“, machte sie und zog einen Schmollmund. Seufzend starrte ich in meine halbgegessene Schüssel Porridge. Nahm einen großen Löffel in den Mund und kaute. Die ganze Zeit konnte ich Hermines Blick auf mir spüren. Ich schluckte. „Aber es ist kalt“, warf ich schwach ein. „Wir können uns ja warme Sachen anziehen. Außerdem ist kein schlechtes Wetter“, sagte Hermine. Ich nahm einen weiteren großen Löffel. Ich wusste schon, warum Hermine so gerne beim Training zusah. Und vor allem, wem sie zusah. Aber dass sie immer mich mitnehmen musste! Gut, Ginny konnte sie schlecht mitnehmen, die würde noch darauf kommen, dass Hermine auf ihren Bruder stand. Aber da war auch die Frage, ob das überhaupt so schlimm war. Vermutlich nicht, aber aus Hermines Sicht wohl schon. Da war ich ihre einzige Lösung. Mit Lavender und Parvati war sie nicht so gut befreundet und mit den anderen außerhalb unseres Hauses hatte sie auch kaum etwas zu tun. Wieder die Häuserrivalität, die ganzen Freundschaften im Weg stand. Dracos und meiner eingeschlossen! Allein deswegen schon musste ich hier Lehrerin werden. Um etwas dagegen zu unternehmen.

„Bitte, Flora“, fing Hermine nun an zu flehen. Ich seufzte schwer. „Lass mich noch aufessen und dann gehen wir uns schnell warme Sachen anziehen“, meinte ich. „Ja!“, rief Hermine und umarmte mich strahlend. Lachend drückte ich sie weg und schaufelte den restlichen Porridge in meinen Mund. Noch kauend stand ich auf, schnappte mir einen Apfel und rannte hinter Hermine her aus der Großen Halle. Auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum mampfte ich das Obst. Irgendwann schnappte sich meine Freundin meine Hand und zog mich energisch hinter sich her. Ich war ihr nicht schnell genug. „Hermine!“, konnte ich mir ein Lachen nicht verkneifen. Diese schrie der Fetten Dame das Passwort entgegen und bahnte sich mit mir im Schlepptau einen Weg durch die Schüler im Gemeinschaftsraum. Erst in unserem Schlafsaal ließ sie meine Hand los und stürzte zu ihrem Kleiderschrank. Kopfschüttelnd warf ich das Kerngehäuse vom Apfel weg und zog mir wärmere Klamotten und eine dicke Jacke an. Gryffindor-Mütze und -Schal durften auch nicht fehlen.

Kaum hatte ich auch noch meinen Zauberstab in meiner Jackentasche verstaut, schnappte Hermine sich wieder meine Hand und zog mich hinter sich her. Erst auf dem Innenhof ließ sie mich wieder los. Der Wind pfiff uns um die Ohren, aber nicht so schlimm wie das letzte Mal, als wir uns auf den Weg zum Quidditch-Stadion gemacht hatten. Ohne Vorkommnisse kamen wir an unserem Ziel an und stiegen die Stufen zur Tribüne nach oben. Ein paar unserer Mitschüler hatten sich ebenfalls eingefunden, um unserer Mannschaft beim Training zuzuschauen. Aber es waren längst nicht so viele, woran wohl auch das Wetter und die Temperaturen schuld waren. Hermines Augen flogen sofort zu den Torringen und waren dann kaum noch von ihnen wegzubringen. Schmunzelnd schüttelte ich meinen Kopf. Sie stand eindeutig auf Ron. So wie sie sich benahm, war sie regelrecht verliebt. Bei dem Gedanken tauchten jede Menge neuer Fragen auf. Was war mit Ron? Wie waren seine Gefühle bezüglich Hermine? Manchmal hatte ich schon das Gefühl, dass er sie auch etwas mehr mochte als nur eine normale Freundin. Aber es wurde nie so ganz klar, ob er nun auf sie stand oder nicht. Dass er mit Gefühlssachen ein absoluter Trampel war, das stand außer Frage. Aber es war auch nicht meine Aufgabe, mit ihm über seine Gefühle zu sprechen. Vor allem, weil dann vielleicht herauskam, dass Hermine in ihn verliebt war. Ich könnte Harry als Rons besten Freund dazu beauftragen, mehr über dessen Gefühle herauszufinden. Aber er war eben auch ein Junge und genauso schlecht mit Gefühlssachen. Das war doch eine verzwickte Lage.

Kopfschüttelnd beendete ich meine Gedanken. Wenn Ron wirklich in Hermine verliebt war, würde er das bald deutlicher zeigen. Und wenn Hermine wirklich richtig in Ron verliebt war, würde es auch da bald noch genauere Zeichen geben. Und dann mussten Harry und ich vielleicht doch zusammen Amor spielen. Immerhin waren wir ja schon ein Lehrer-Team, da sollte die Zusammenarbeit ja klappen. Hermine fluchte lauthals auf und ich wandte mich dem Spielgeschehen zu. „Alicia hat eindeutig getrickst, hast du das gesehen? Sonst hätte Ron den Ball klar gehalten!“ Ich nickte einfach und Hermine wandte ihre Aufmerksamkeit wieder den Torringen zu. Ich fieberte während dem Training nicht nur mit der Mannschaft mit, sondern auch dem Treffen mit Draco entgegen.

Kaum hatte sich die Vorfreude daran in mir festgesetzt, zog sich die Zeit dahin wie zäher Sirup. Das Mittagessen, die Zeit in der Bibliothek zum Hausarbeiten schreiben, das alles dauerte so unendlich lange. Dann jedoch war es endlich wieder Zeit. Eine Ausrede zu erfinden, fiel mir nach all den Malen spielend leicht – fast schon erschreckend leicht. Den Weg legte ich gemächlich zurück, um nicht irgendwie verdächtig auszusehen. Wie meistens war Draco schon vor mir da und empfing mich in unserem Wohnzimmer mit einer festen Umarmung. „Na? Wie war deine Woche?“, wollte er von mir wissen und ließ sich aufs Sofa fallen. „Ach, nicht viel los. Ich hab Neville, Dean, Lavender und Parvati etwas Nachhilfe in Zauberkunst gegeben…“ „Ach deswegen war Longbottom auf einmal so gut! Wir haben uns schon gewundert. Blaise hat schon gewitzelt, dass er irgendeinen Trank genommen hat. Dabei war das bloß deine Hilfe.“ Mein Freund kicherte. „Ja, ich weiß auch nicht, warum Neville das Zaubern nicht so liegt. An sich macht er ja alles richtig. Aber irgendwas stimmt da nicht. Vielleicht liegt es an seinen Selbstzweifeln. Oder sein Zauberstab passt doch nicht zu ihm, wer weiß. Jedenfalls hatten wir am Mittwoch unser zweites DA Treffen, da lief alles super. Ein paar der anderen konnten den Expelliarmus schon richtig gut, deswegen habe ich mit ihnen den Lähmzauber angefangen zu üben. Und der Rest wird bestimmt beim nächsten Mal auch fertig mit dem Expelliarmus. Und alle nehmen Harrys und meine Tipps ernst und befolgen unsere Ratschläge. Es ist wirklich schön.“ „Du bist eben die geborene Lehrerin“, lachte Draco. Und schüttelte schmunzelnd meinen Kopf und spürte, wie meine Ohren warm wurden.

„Und wie war deine Woche?“, lenkte ich schnell ab. „Ach, nicht viel los. Schule halt. Bisschen Zeit mit den anderen Slytherins. Quidditch. Und ein Brief von meiner Mutter. Sie möchte wissen, wie es mir so in Hogwarts ergeht und all das. Elternkram eben.“ „Den ich nicht habe“, erinnerte ich Draco leise. Der stockte. Fuhr sich stöhnend übers Gesicht. „Tut mir leid, das habe ich voll vergessen.“ „Schon ok. Es ist ja auch lange her, dass … meine Mutter gestorben ist. Und mein Vater ist sowieso nie da.“ Ich zuckte betont lässig mit den Schultern, doch mein Innerstes spannte sich an, machte sich bereit zur Flucht. Eine unangenehme Stille senkte sich über uns, die Draco mit einem neuerlichen Seufzen durchbrach. „Hast du Merlins Büchlein dabei? Wollen wir mal schauen, welchen Spruch der uralten Magie du als nächstes ausprobieren könntest?“, fragte er. Ich nickte und sprang auf, um das Heftchen aus meiner Tasche zu holen. Ich schlug es schon im Gehen auf und setzte mich wieder neben Draco. Der legte seinen Kopf auf meine Schulter und ich blätterte langsam durch die Seiten.

Bis eine Überschrift mir förmlich strahlend ins Auge sprang und ich nicht anders konnte als darauf zu zeigen. „Nein“, sagte Draco sofort. „Doch, ganz bestimmt!“, erwiderte ich energisch. „Flora, das ist ein Ritual, bestimmt schaffst du das noch gar nicht.“ „Damit kann man die Geister der Toten heraufbeschwören!“ Draco stöhnte. „Hätte ich mich vorhin doch bloß nicht versprochen!“, fluchte er und ballte die Hand zur Faust. „Ich werde dieses Ritual machen.“ Vielleicht konnte ich damit meine Mutter endlich wiedersehen. „Das ist bestimmt viel zu gefährlich. Vielleicht verlangt es dir zu viel Kraft ab. Was machen wir, wenn du in einen tagelangen Schlaf fällst? Ich will nicht, dass du selbst zum Geist wirst! Du wolltest mir doch Verteidigung beibringen. Wir sind beim Patronus stehengeblieben, lass uns das als nächstes machen.“ Der Junge wollte mir das Büchlein aus den Händen nehmen, doch ich zog es weg. „Ich werde dieses Ritual machen, ob mit dir oder ohne dich! Ich bin Merlins Erbin und trage dazu noch uralte Magie in mir. Wer wenn nicht ich habe genügend Macht, um dieses Ritual zu vollbringen!“ Draco seufzte und schloss seine Augen. Dann fixierte er mich. Seine erhobene Hand legte sich auf meine Schulter und drückte sie. „Darf ich nicht Angst um dich haben?“, murmelte er leise. Ich schluckte. Legte meine eine Hand auf seine. „Ich werde es trotzdem tun“, flüsterte ich. Mein Freund nickte leicht und sah mir direkt in die Augen. „Ich helfe dir. Versprochen.“ Ich konnte nicht anders als zu lächeln, was er erwiderte. Wir setzten uns wieder richtig hin und lasen zusammen die Anleitung im Buch durch.


Ritual der Geister
Beschwört den Geist der Toten herauf

1.       Man zeichne untenstehendes Symbol mit Kreide auf den Boden. Der Kreis muss von der Mitte aus in jede Richtung mindestens einen Fuß messen, zwei Fuß sind optimal.
2.       Man stelle auf die Linie des Kreises sieben Kerzen in gleichmäßigen Abständen und zünde diese an.
3.       Man trinke den Trank, der die Pforte zur Geisterwelt öffnet. Anleitung auf der nächsten Seite.
4.       Man spreche die Formel: Coniuro te spiritus. Praesentiam tuam peto. Fac me in conspectu tuo. Und rufe den Namen des gewünschten Toten.
5.       Gewährt der Geist den Wunsch, so wird sich die Pforte öffnen und der Tote wird in

Erscheinung treten. Jedoch gib acht: Kein Lebender darf zu lange an der Schwelle stehen!
Ich schaute mir das Symbol genauer an, das wir in den Kreis zeichnen mussten. Dann blätterte ich um und las mir die Zubereitung des Zaubertrankes durch. Die meisten Zutatennamen sagten mir gar nichts und ich war mehr als erleichtert, dass Merlin Bilder von den Pflanzen hineingezeichnet hatte. Denn daraus bestand der Trank hauptsächlich: Aus Pflanzen. „Oh man, die meisten von denen findet man nicht hier in Hogwarts. Schau mal, ein paar Sachen kann ich von meinem Patenonkel stibitzen, aber die anderen Pflanzen finden wir nur im Verbotenen Wald“, meinte Draco. Ich zog meine Augenbrauen nach oben. „Du würdest echt von Snape klauen? Und noch viel wichtiger: Woher weißt du, dass es die Pflanzen im Verbotenen Wald gibt?“ Draco grinste leicht. „Irgendein verrückter Autor hat es sich mal zur Aufgabe gemacht die Pflanzen im Verbotenen Wald zu erforschen. Er hat natürlich längst nicht alles geschafft und ich glaube, das Buch ist auch mittlerweile verboten, damit niemand wegen den Pflanzen die Gefahr auf sich nimmt und in den Verbotenen Wald geht, aber mein Vater hat mir eines der wenigen Exemplare besorgt. Ich habe es ein paar Mal gelesen. Die Zeichnungen sind zwar längst nicht so gut wie diese hier, aber ich bin mir sicher, es sind dieselben Pflanzen.“

„Ok. Interessant. Weißt du, was das bedeutet? Merlin war hier, auf den Ländereien von Hogwarts und hat in unserem Wald die Pflanzen für seinen Trank entdeckt. Ist das nicht cool?“ Mir wurde ganz warm bei dem Gedanken, dass mein Erbvater vor hunderten von Jahren ganz in meiner Nähe gestanden und Rituale und Zaubersprüche erfunden hatte. „Nur gab es Hogwarts damals noch gar nicht und wahrscheinlich war der Wald auch nicht annähernd so gefährlich“, schmunzelte Draco. „Bestimmt. Gut, dann brauchen wir also zum einen Kreide für das Symbol und sieben Kerzen…“ Weiter kam ich nicht, da leuchtete es mit einem Mal vor uns. Der Raum der Wünsche hatte uns Kerzen und weiße Kreide geschenkt. „Danke Raum der Wünsche“, grinste ich und hatte das Gefühl, kurz ein warmes Pulsieren zu spüren. Kopfschüttelnd blickte ich wieder ins Buch. „Ich fürchte, die Trankzutaten kann er uns aber nicht geben“, seufzte ich. „Aber die verwelkten Blumen hat er uns doch auch gebracht“, runzelte Draco seine Stirn. Ich zuckte mit den Schultern. „Wir haben doch keine Ahnung, wie der Raum funktioniert. Vielleicht hat er unendlich viele Formen und in eine dieser Formen hat mal jemand verwelkte Blumen reingestellt. Und in eine andere Kerzen und Kreide. Macht das Sinn? Jedenfalls glaube ich aber kaum, dass jemand seltene Pflanzen aus dem Verbotenen Wald hier einfach abgestellt hat. Derjenige wird sie zum Brauen verwendet haben oder vielleicht für Medizin. Das heißt also, wir müssen uns mal rausschleichen und die Zutaten selbst besorgen.“

Draco neben mir räusperte sich. Ich blickte zu ihm. Er sah blass aus. Natürlich. Um die Zutaten zu besorgen, mussten wir in den Verbotenen Wald, in dem ein Haufen gefährlicher Kreaturen lauerte. Trotzdem würde ich es durchziehen! Ich musste dieses Ritual machen und meine Mutter wiedersehen! „Ich bin dabei. Auch wenn mir der Gedanke überhaupt nicht gefällt, ich komme mit dir mit“, nickte Draco schließlich. Ich konnte nicht anders als ihn anzustrahlen. „Danke!“, rief ich aus und umarmte ihn fest. Lachend legte er seine Arme um mich. Nach ein paar Sekunden lösten wir uns wieder voneinander. „Wann sollen wir es machen?“, fragte ich. Draco runzelte seine Stirn. „Wie wäre es mit der Nacht von Dienstag auf Mittwoch? Da hab ich morgens Geschichte der Zauberei“, schlug er dann vor. „Und ich Alte Runen, das passt also ganz gut.“ „Gut, dann hole ich dich um eins vor deinem Gemeinschaftsraum ab“, meinte Draco. Ich grinste und nickte. Eigentlich war es für ihn ja geschickter, wenn wir uns unten in der Eingangshalle trafen. Aber er schlug von sich aus vor mich abzuholen und das war mir tausendmal lieber. „Dann holen wir in der Nacht die Zutaten aus dem Verbotenen Wald. Kannst du dann vielleicht die restlichen Sachen von Snape besorgen? Wir sollten schauen, dass wir alles sofort in den Raum der Wünsche in unser Wohnzimmer bringen, da wird sie bestimmt niemand finden.“

Draco nickte meine Worte ab und ich schloss seufzend das Buch in meinen Händen. „Das wird ein Spaß. Erst in den Verbotenen Wald und dann noch in den Raum der Wünsche. Wir bekommen bestimmt kaum Schlaf in der Nacht.“ „Den holen wir ja dann im Unterricht nach“, grinste Draco. Ich boxte ihm schmunzelnd gegen die Schulter. „Du willst aber nicht in der gleichen Nacht noch bei Snape einsteigen, oder?“, wollte ich wissen. Draco schüttelte sofort seinen Kopf. „Bei Merlins Erbin, nein.“ Ich boxte ihm wieder gegen die Schulter. Er lachte. „Das mache ich vielleicht vor Astronomie. Oder ich lasse mal unter der Woche das Abendessen ausfallen, wenn er in der Großen Halle isst.“ „Gut. Wenn alles glatt läuft, können wir nächsten Samstag das Ritual machen.“ „Ja“, murmelte Draco. Unvermittelt drückte er mich nach unten. Ich landete mit meinem Kopf in seinem Schoß und er begann, mir übers Haar zu streichen. „So enden unsere Treffen gerade immer“, kicherte ich. Draco schmunzelte bloß. Also schloss ich meine Augen und ließ die Zeit genießend verstreichen, innerlich aufgeregt auf unseren Ausflug in den Verbotenen Wald und das Ritual, mit dem ich meine Mutter wiedersehen konnte.

„Gehen wir heute wieder etwas früher in den Raum der Wünsche?“ Erstaunt blickte ich zu Harry auf. „Sag mal, wirst du auch noch richtiger Lehrer?“, stöhnte Ron. Harry boxte ihm gegen die Schulter und blickte dann wieder zu mir. Schmunzelnd nickte ich. „Das fällt dir aber echt früh ein. Lass uns schnell fertig essen und dann muss ich noch mal in den Gemeinschaftsraum, um mein Notizbuch zu holen.“ Harry nickte und wir schlangen unser Abendessen herunter. Etwas mehr als eine halbe Stunde vor unserem nächsten DA Treffen standen wir in unserem Trainingsraum im Raum der Wünsche und setzten uns auf die Sitzkissen. Wie letztes Mal auch schon gingen wir noch einmal unsere Planung durch und besprachen die Fortschritte unserer Mitschüler. Dann griffen wir uns wieder Bücher und studierten weiter die Zaubersprüche.

Pünktlich auf acht Uhr trudelten die anderen ein. Ich deutete ihnen, direkt stehen zu bleiben, und legte mein Notizbuch beiseite. „Schön, dass ihr alle pünktlich seid. Heute gibt es nicht sehr viel zu sagen. Alle, die beim Expelliarmus sind, gehen bitte auf diese Seite des Raumes. Alle, die beim Lähmzauber sind, auf die andere Seite. Die Leute vom Lähmzauber üben bitte zuerst noch mal den Expelliarmus, bevor sie sich weiter am Lähmzauber versuchen. Also, legt los“, startete ich das Training. Harry salutierte lässig grinsend vor mir und verschwand zu der Expelliarmus-Gruppe. Ich wandte mich dem Rest zu und beobachtete die Wiederholung des Entwaffnungszaubers. Der saß bei allen noch genauso einwandfrei wie letztes Mal, also musste ich niemanden eine Stufe nach unten setzen. „Flora, könntest du uns vielleicht noch mal den Zauber zeigen“, bat Susan mich mit einem Mal. Ihre Partnerin – heute Cho – nickte leicht. Schmunzelnd nickte ich. „Klar. Aber nur als Trockenübung.“ Ich holte meinen Zauberstab heraus und machte die Bewegung vor. Dann steckte ich ihn wieder weg und legte die richtige Betonung auf den Zauberspruch. „So, probiert’s mal“, wies ich die beiden an. Susan stellte sich vor ein paar Kissen am Boden. Cho richtete ihren Zauberspruch auf sie. „Impediendum“, betonte sie genau richtig und führte gleichzeitig die Stabbewegung aus. Noch passierte nichts, außer dass Susan leicht erzitterte. „Sehr gut. Nur weiter so, dann hast du es bald“, grinste ich Cho an. Dann ließ ich noch Susan vorführen und machte mich zufrieden auf den Weg zum nächsten Paar.

„Flora, ich glaube wir können den Expelliarmus jetzt gut genug“, erklang eine Jungenstimme hinter mir. Ich drehte mich um und musste prompt grinsen. Vor mir standen Justin und Luna. Der Junge sah mich fast schon flehend an, während das Mädchen mal wieder träumte. „Dann zeigt mir euren Expelliarmus doch mal“, meinte ich und stellte mich neben die beiden. „Ok. Luna, konzentriere dich!“, rief Justin und das Mädchen schien tatsächlich etwas aus ihrer eigenen Welt gerissen zu werden. Summend hob sie ihren Zauberstab und vollführte einen einwandfreien Zauber. Mein Grinsen wurde breiter. Ich musste sagen, ich war stolz auf sie. Auch Justin machte seine Sache super und so erklärte und zeigte ich den beiden, wie der Lähmzauber funktionierte. So ging es nun fast im Minutentakt weiter.

Immer mehr Leute der anderen Gruppe kamen zu mir, zeigten mir einen perfekten Expelliarmus und wurden von mir in den Lähmzauber eingeführt. Ich konnte nicht anders als zu strahlen, als schließlich auch Neville bei mir landete und einen Expelliarmus zeigte, gegen den ich nichts einzuwenden hatte. „Sehr gut, Neville! Ich bin stolz auf dich!“, lobte ich so überschwänglich, dass der Junge ganz rot anlief und grinsend zu Dean eilte. Schließlich standen nur noch die beiden Creeveys bei Harry und übten sich am Expelliarmus. Ich winkte meinen Kollegen zu mir und warf gleichzeitig einen Blick auf die Uhr. Es war neun. Wir mussten aufhören und in unsere Gemeinschaftsräume zurück. „Wie sieht’s aus? Denkst du sie werden in nächster Zeit einen Expelliarmus zustande bringen?“, wollte ich flüsternd von Harry wissen. Dessen Augen folgten meinem Blick zur Uhr. Er leckte sich über die Lippen. „Geben wir ihnen noch ein paar Minuten“, flüsterte er zurück. Ich verschränkte meine Arme und beobachtete die beiden Brüder. Harry tat es mir gleich. Die beiden schienen den Zauber fast rauszuhaben. Die Zauberstäbe wackelten schon, nur flogen sie nie ganz weg.

Irritiert bemerkte ich, dass der Lärm hinter mir verschwunden war. Ich warf einen schnellen Blick über meine Schulter und sah, dass unsere Mitschüler alle innegehalten hatten und ebenfalls Dennis und Colin beobachteten. „Ihr schafft das, Jungs!“, rief Fred und ein mehrstimmiges „Ja!“ ertönte. Grinsend wandte ich mich den neu motivierten Jüngsten zu. Und keine fünf Minuten später machte es zack. Erst entwaffnete Colin Dennis. Dann Dennis Colin. Die beiden brachen in Freudenschreie aus und fielen sich in die Arme. Die anderen hinter mir fingen an zu jubeln. Harry und ich klatschten. „Sehr gut, das habt ihr toll gemacht, Jungs“, rief ich über den Lärm hinweg und deutete dann mit meinen Händen, dass alle ruhig werden sollten. Ein paar Sekunden später hatte ich die ganze Aufmerksamkeit. „Ich bin echt stolz auf euch alle. Ihr habt es alle geschafft, einen perfekten Expelliarmus zu erzeugen und ich bin mir sicher, die ersten werden das nächste Mal auch schon den Lähmzauber schaffen. Für heute machen wir aber Schluss, es ist wieder nach neun.“ Damit trat ich zurück und übergab Harry das Sprechen. Irgendwie verstanden wir uns da ohne Worte.

„Habt ihr irgendwelche Vorschläge für das nächste Treffen?“, fragte er in die Runde. „Gleich morgen!“, rief Colin und Dennis nickte energisch. „Da haben wir abends Quidditch-Training“, warf Cho ein. „Dienstag?“, machte Harry weiter. Ich schluckte. Da musste ich früh ins Bett gehen, um nachts einigermaßen fit zu sein. „Da haben wir Training, schon vergessen?“, grinste Angelina. „Stimmt, sorry. Also dann wieder Mittwoch?“ „Da wären wir allerdings dagegen. Nicht, dass wir nicht wollen würden. Aber wir stehen Astronomie sonst nicht mehr durch. Das war schon die letzten Male eine Zumutung“, warf Lavender ein und zeigte auf sich und Parvati. Da musste ich ihr allerdings zustimmen. „Gut, dann Donnerstag?“, fragte Harry. Dieses Mal hatte keiner irgendwelche Einwände. „Also dann Donnerstag um acht wieder hier. Denkt dran, nur in kleinen Gruppen zurück in eure Gemeinschaftsräume. Seid vorsichtig und passt auf Mrs Norris und Filch auf, die sind sonntags besonders viel unterwegs“, meinte Harry und unsere Mitschüler verließen uns nach und nach. Auch Hermine und Ron machten sich zusammen auf den Weg, wie ich schmunzelnd feststellte. Also liefen Harry und ich alleine zurück zum Gemeinschaftsraum, still und zufrieden mit den Erfolgen des Abends.

Eine nur zu bekannte Situation tat sich am nächsten Montag auf. Hermine, Harry, Ron und ich waren auf dem Weg zur Bibliothek – Hermine hatte die beiden Jungs gezwungen mitzugehen und an den Hausarbeiten zu schreiben. Die beiden liefen vor uns. Mit einem Mal packte Hermine mein Handgelenk und zog mich in einen Seitengang. Ich verkniff mir einen Protest und wartete, was meine Freundin vorhatte. Die lief noch um ein paar Ecken und öffnete schließlich die erstbeste Tür. Eines von so vielen verstaubten Klassenzimmern kam zum Vorschein. Hermine zog mich in den Raum, schloss leise die Tür und begann in ihrer Tasche zu kramen. „Was brauchst du dieses Mal von mir?“, seufzte ich und holte vorsorglich schon einmal meinen Zauberstab heraus. „Du sollst das hier für mich verzaubern“, meinte Hermine und stellte ein Säckchen auf den Tisch. Neugierig lugte ich hinein. „Ich soll Galleonen für dich verzaubern?“ Das war irgendwie ziemlich verrückt. „Es sind keine echten Galleonen, sondern nur nachgemachte. Gehören zum Scherzartikelsortiment von Zonkos. Sie sind täuschend echt, nicht wahr? Du sollst sie mit ein paar Zaubern belegen.“ „Gleich ein paar? Hermine! Wofür soll das überhaupt gut sein?“, stöhnte ich. Ich hatte keine Lust, vielleicht völlig verausgabt zu werden, wenn das so mächtige Zauber waren, dass Hermine meine Hilfe brauchte.

„Schau mal. Ich möchte, dass diese zwei Münzen die Leitmünzen werden. Die bekommen Harry und du. Siehst du diese Seriennummer außen? Bei normalen Galleonen ist das ein Hinweis auf den Kobold, der sie gefertigt hat. Hier sollen sie Datum und Uhrzeit unseres nächsten DA Treffens zeigen. Die beiden Leitmünzen sollen veränderbar sein. Und wenn Harry oder du das Datum und die Uhrzeit eingestellt habt, soll sich das auch bei den anderen Galleonen ändern und sie sollen kurz heiß werden. Damit müssen wir uns nicht immer so viel abstimmen. Besonders, wenn die Quidditch-Saison wieder richtig anläuft und die Trainings kurzfristig beschlossen werden, ist das verdammt hilfreich. Und dann müssen wir das nicht jeden Abend direkt bei den Treffen entscheiden, sondern Harry und du habt etwas Zeit zum Überlegen“, erklärte meine Freundin. Verblüfft blinzelte ich sie an. „Hermine, das ist genial. Darauf wäre ich im Traum nicht gekommen“, grinste ich und sie wurde leicht rot. „Ach was, das ist doch nicht so besonders. Außerdem musst du ja auch die ganze Arbeit machen, ich hatte nur die Idee. Hier sind die Zauber, ich habe sie gleich in die richtige Reihenfolge gebracht.“

Hermine reichte mir ein Stück Pergament, auf dem sage und schreibe fünf Zaubersprüche standen, alle mindestens zwei Wörter lang. Seufzend setzte ich mich auf den Tisch und betrachtete die Zeichnungen neben den Zaubersprüchen, die wohl die Stabbewegung darstellen sollten. „Also gut“, murmelte ich und begann mit dem ersten Spruch. Nach dem dritten Spruch bekam ich Durst. Nach dem vierten Spruch kribbelten meine Hände. Und nach dem fünften Spruch ging es mir zwar gut, aber ich war erschöpft. Tief atmete ich durch. „Danke Flora! Das war unglaublich. Ich staune jedes Mal. Wenn ich nicht wüsste, dass du Merlins Erbin bist…“ Hermine schüttelte ihren Kopf und packte die Münzen wieder in ihre Tasche. „Gehen wir zusammen in die Bibliothek?“ „Nichts für ungut, Hermine, aber ich glaube ich will jetzt in den Schlafsaal und mich etwas ausruhen.“ „Na klar. Soll ich dich noch begleiten?“ „Gerne“, grinste ich und ließ mir von ihr aufhelfen. Wer wusste schon, ob ich nicht vielleicht auf dem Weg doch noch umkippen würde. Dann käme ich aber in arge Erklärungsnot.

Hermine hakte sich bei mir unter und brachte mich bis in den Gemeinschaftsraum. Dort verabschiedete sie sich von mir und ich stieg die Stufen nach oben in den Schlafsaal. Parvati und Lavender waren nicht da. Vielleicht waren sie noch beim Essen oder saßen tatsächlich in der Bibliothek und lernten. Oder sie machten Snapes Extraaufgaben, die er jedem aufgedrückt hatte, der in seinem Test ein A oder schlechter bekommen hatte. Hermine und ich hatten beide ein O geschafft und wir waren sehr stolz darauf. Mein erster Weg führte mich zu meinem Bett, aber nicht, um mich hineinzulegen. Stattdessen zog ich meinen Koffer hervor und angelte mir mein Tagebuch. Mit ihm und meiner Feder bewaffnet setzte ich mich an den Schreibtisch und öffnete es. Schmunzelnd las ich mir die ersten Einträge durch. Über die Umstände, wie ich Merlins Erbin geworden war, zu den schrecklichen Ereignissen des Trimagischen Turniers bis hin zu den Freundschaften, die ich geschlossen hatte. Den letzten Eintrag hatte ich vor knapp neun Wochen im Grimmauldplatz niedergeschrieben. Danach war einfach keine Zeit mehr gewesen. Jetzt hatte ich wieder einiges zu berichten. Bis ich zu Alte Runen musste, schaffte ich es tatsächlich, die ganzen Umstände und Neuigkeiten der letzten zwei Monate zusammenzufassen. Dann musste ich aber rennen, um noch pünktlich zu sein.

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