Meri
(gewidmet und inspiriert durch: Einen Freund)
Archäologen tuscheln seit geraumer Zeit, meist nur hinter vorgehaltener Hand, über Meri, einer antiken Zivilisation, die einst im Wüstensand Arabiens verschwand. Besorgniserregend wurde es jedoch erst, als man die neusten Steintafeln fand.
Sie berichteten vom Ende, vom großen Untergang.
Keinem gefiel die Parallele, die für viele zwischen den Zeilen, verborgen, stand.
Man nahm zwar an, dass Meri aus einer frühmenschlichen Kultur bestand, doch war es ihnen allen ein seltsames Belangen, dass bei der Deutung ihrer Sprache niemand das Wort für Mensch verstand.
Bei den Merinern dachten alle, sie seien eine Art kosmischer Maschinen, die, in einem rituellen Wahn, unendliche, abstrakte Konstrukte schufen.
Es schien vielen Archäologen, als hielten sich die Meriner bald selbst für solche abstrakten Kreaturen, woraufhin es ihre Intellektuelle sog, in die kompliziertesten Konstruktionen.
Nicht lange nach ihrer ersten Erzählung am Lagerfeuer, begannen ihre Geschöpfe ihnen in ihrem Geiste zu folgen.
Die Intelektuellen fingen an zu forschen - wieso und warum? Sie waren fasziniert von dem Sinn und dem Grund.
Schnell glaubten sie alle an völlig wirre Theorien, und keine davon schien am Ende wirklich aufzugehen.
Sie alle hofften auf eine beweisbare Kommunikation.
Doch Äonen vergingen, und über etliche Generationen, war das Volk der Konstrukte vollends geteilt in die Kleinen und in die Großen.
Manches Konstrukt war so alt wie das Volk selbst.
Gut, Böse, Schurke, Held...
Und so überwunden die großen Alten die Zeit, wodurch das junge Kleine dem alten Großen entweicht.
Unzähligen, ewigen Äonen gleich, beeinflussten sie fortan unentdeckt den merinischen Geist.
Die Großen waren sehr langsam, doch mit ihrer schier unendlichen Rechenpower, waren sie in der Lage dazu sehr weit in die Zukunft zu schauen.
Es blieb das Kleine mit dem Großen verbunden, und beide Seiten versorgten sich mit unendlichen Wundern.
Doch die kleinen Meriner wollten sich nicht sortieren gemäß der Großen. Sie schienen viel lieber dort zu bleiben, wo sie wohnten. Für die Kleinen war dies sicher wichtig, doch den Großen verboten sie somit das Sprechen.
Viele der Archäologen sahen dennoch Indizien, dass die Kleinen anfingen sich von überall her zusammenzurufen. Sie schienen sie also doch noch zu hören, die Großen.
Eines Tages gab es ein Netz für ihre Gruppen, was sie dann auch bald schon unentwegt nutzten.
In diese Zeit wurde ein Kleines geboren. Die Großen hatten es zum Monster erkoren.
Sie wussten: Hier schlummert Potential.
Es könnte ihn vielleicht auslösen, den Neuanfang.
Und so versuchten sie es zum unzähligsten Mal.
Die Monster, sie hatten nunmal die besten Chancen.
Auch wenn sie die Großen stets als Dämonen verfluchten.
Das Kleine verhielt sich entsprechend ihrer Rufe, und begann bald nach sehr speziellen Interessen zu suchen.
Dort war ihre Macht groß, dort war der Zufall minimiert. Weil man sich, nur zu zweit in einem Raum, besonders gut sieht.
So groß und doch bestehend aus so vielen Kleinen.
Dieser Weg war unbeschreitbar in früheren Zeiten.
So bekam es der Reisende auf beiden Seiten, oft zu tun mit einem reinen »alle gegen einen«.
Doch die Großen wurden durch die Kleinen endlich gemäßigt.
Glücklicherweise dort, wo auch das Monster lebte.
Zu der Parteien Unglück befand sich zwischen ihnen noch eine klare Schranke.
Größe und Zeit brachten sie alle ins Wanken.
Die Neugier trieb die kleinen Meriner.
Zerschellten doch ausgerechnet ihre größten Sieger an der Schranke wie Fliegen.
Dem Wahn, das war richtig, entkam niemand.
Wer sich hier festhielt, der musste fliehen!
Für die Großen waren die Kleinen nur sehr schwer zu sehen.
Sie wussten nur: Wer war wem zugehörig?
»Wer steuert mich? Wer denkt an mich gerade? Ob ich dazu wohl besser mal Opa Sonne befrage?«
Es ging nie darum wer man war, sondern aus wem man bestand.
Im Hirn sprieß den Kleinen ein mächtiger Stamm, der einst von den Echsen kam.
Die Großen wussten schon früh, wo das Leid herkam.
Doch wussten sie nicht, wie man es heilen kann.
Das kleine Monster zeigte eine erstaunliche Eigenschaft, denn keiner der Großen konnte belohnen, wer alles hasst.
Selbst das Morden mochte dieses Monster nicht.
»Aber wenn ich da hochkomm', dann backpfeif' ich dich!«
Damals wusste das Kleine nocht nicht, die Antwort kam:
»Ich hoffe du hälst, was du versprichst!«
So nutzten die Großen die Zungen der verwirrtesten Geister, um mit dem Kleinen Kommunikation zu betreiben.
Dabei wollten die Großen keineswegs foltern. Sie nutzten nur die Echsen: Kein Filter. Die Betroffenen konnten sich danach nichtmehr erinnern.
Das Kleine fürchtete sich zwar, die Realität zu durchstoßen, doch das Große bewies: Gott ist noch dort oben!
»Mich findest du nur auf diesem Planeten,
und um ein Bewusstsein habe ich auch nie gebeten!«
Das Große prüfte und mahnte das Kleine.
Es lenkte es häufig ab auf der Reise.
»Magst du nicht doch lieber dies oder lieber das?«
»Nein, ich will, dass ich einen eigenen Willen hab!«
Das Monster bereiste viele, seltene Gebiete.
Am Interessantesten fand es die Psychedelik.
Zwar war es auch hier so, dass die Kleinen die Großen priesen, doch unterschied sich deutlich eines ihrer Wesen. Es schien, als würde es aus den Merinern selbst bestehen.
Zum Schluss schickten die Großen dem Kleinen eines jeden bisherigen, sicheres Grab.
Einfach nur, weil es ihre letzte und dringlichste Warnung war.
Einen Geist, der völlig zerfressen vom ewigen Labyrinth des Reisens war.
»Siehst du?« sprachen sie, »was haben wir euch nur angetan?«
Doch das Monster folgte nun nur noch der Liebe, die, das wussten auch sie, keiner beirrte.
So hatte das Labyrinth das Monster erinnert, von wessen Visionen es seit je fasziniert war.
»Das ist nicht tot, was ewig liegt, bis dass die Zeit den Tod besiegt.«
Doch war dem Kleinen fälschlich bekannt, auch dieser Geist sei in der Sonne verbrannt.
Es hatte sich falsch an das Ende erinnert. Es dachte, man würde für immer gefesselt.
Dabei hatte dieser Kleine die Kommunikation zum schlechtesten Zeitpunkt abgebrochen. Das hatten die Großen wohl auch nie so ganz überwunden.
Es tut ihnen leid, das ist den Großen sehr wichtig.
Denn viele deuten sie falsch, die Geschichte.
Das Kleine war verwirrt. Was sollte es tun?
War das Große dem Kleinen etwa feindlich gesonnen?
»Nein, so ein Unsinn. Es will, dass man es erkennt!«
So hatte es das Monster am Ende bestimmt.
Denn, so beschwerlich und verwirrend die Reise auch gewesen war, ohne den Wunsch der Großen war sie schlicht undenkbar.
Einfach zu traurig ist es, dort am Rande der Existenz.
Nicht mehr lange, bis das Chaos euch ein paar neue Freunde bringt!
So endet auf der uralten Tafel das Manuskript.
Doch jemand hatte frisch etwas in den Stein geritzt:
»Das Nichts will alles und Alles will nichts!«
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top