Von Raben und Wölfen und ihren Pflichten
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Widerstrebend erwache ich aus traumruhigen Schlaf, jedoch der Anblick, der mich wie jeden Morgen seit nunmehr bereits einen Monat beim Öffnen der Augen erwartet, entschädigt dafür, dass ich immer noch müde bin. Thorin liegt neben und mir zugewandt, ebenso ruhig schlafend wie ich vor wenigen Momenten. Eine Weile erlaube ich es mir trotz der Eile, in die ich mich eigentlich begeben müsste, ihn zu beobachten. Betrachte völlig entspanntes Antlitz, bewundere die langen, dichten Wimpern, wie sich das ungebändigte Haar über Schultern und Kissen ergießt, ergründe die Bedeutungen der Bindrunen, Zeichen und Abbildungen auf seiner Brust und finde immer neue Details und Sinne in ihnen. Glücklich bin ich, wir mir plötzlich bewusst wird, denn selten bisher in meinem Leben breitetet sich dieses warme, wohlige Gefühl im Körper aus und lässt mich vollkommen sorgenlos und erfüllt von Freude sein. So wie es ist, ist es gut, auch wenn Verborgenheit und ständige Vorsicht gegeben sein muss, damit niemand die Affäre bemerkt.
Tief seufzend richte ich mich schließlich auf und greife nach Unterkleid und Mantel, die im abendlichen Ungestüm der Leidenschaft unachtsam ihren Weg zu Boden fanden. Kaum jedoch bedeckt seidiger Stoff die Blöße, schlingt sich ein starker Arm von hinten um meine Hüfte. „Geh nicht", murmelt Thorin schlaftrunken. „Der Tag ist doch noch fern, es dämmert nicht einmal." Ich lege eine Hand liebvoll auf die seine, fahre mit den Fingerkuppen die Erhebungen des Siegelringes entlang. „Ich muss, Bombur bat mich darum, ihm beim Richten des Frühstücks zu helfen, da Jassin so mit der erneuten Schwangerschaft zu kämpfen hat und sie eine weitere Fehlgeburt nicht riskieren wollen. Außerdem soll ich noch einiges für die Jagd heute Nachmittag vorbereiten." Trotz der dringlichen Erklärung lockert sich der Griff nicht, näher heran zieht er sich stattdessen sogar und legt den zweiten Arm um mich. „Thorin", mahne ich zur Einsicht, kann ein Lachen über die Beharrsamkeit dabei aber nicht unterlassen.
„Nur ein Kuss zum Abschied", erbittet er. „Nach dem Bankett heute Abend werden wir kaum mehr Zeit und Kraft haben, uns zu treffen." Gerne erfülle ich ihm den Wunsch, denn ebenso ich befürchte, dass wir schwerlich zwischen all den Verpflichtungen dieses Tages auch nur ein paar Augenblicke allein verbringen können. Jedoch, ich hätte eigentlich damit rechnen müssen, zieht er mich, just, dass ich mich zu ihm hinunterbeuge, an seine Brust und in eine feste Umarmung. Jede Möglichkeit der Rührung wir durch den unerbittlichen Schraubzwingengriff seiner Arme verhindert. „Thorin, was soll das?!", versuche ich daher in nun wirklich ernst gemeintem Tonfall zu rügen. „Lass mich los, du unvernünftiger Sturkopf!"
Er hebt jedoch wenig eingeschüchtert eine Augenbraue und stoppt weitere drohende Schimpftiraden mit einem leidenschaftlichen Kuss, mit kunstfertiger Überredung durchwirkt. Ich ahne, was er vorhat, aber so sehr mir dies ebenso gefallen würde, ich habe Verpflichtungen zu erledigen. Nicht meine Art entspricht es, verspätet zu erscheinen, auffallen würde solcherlei also, Fragen nicht ausbleiben, und mir zudem ein schlechtes Gewissen einbringen, denn Bombur zählt auf die zugesicherte Unterstützung. Jedoch ist es nicht meine erste und damit wichtigste Pflicht, meinen König und Herren zu dienen? Seinen Gesuchen zu entsprechen, egal welcher Art sie sind?
Daher, unmittelbar nachdem er den Kuss löste, beginne ich seinen Hals mit federleichten Berührungen von neckenden Lippen und vorwitziger Zunge zu erkunden. Tief vibriert das Brummen des Triumphes in seiner Kehle. „Wie Ihre Majestät wünscht", raune ich und das Pulsieren des Blutes durch die große Schlagader dicht unter der Haut, über die mein Mund dabei streicht, wird umgehend hitziger.
Da keine Gefahr mehr besteht, dass ich ihn verlasse, lockert er den Griff und ermöglicht dadurch, ungehindert weiter abwärts zu gleiten. Zunge und Lippen schmecken das Salz der letzten fordernden Nacht auf seiner Brust, das herbe Zeugnis der erfüllten Lust, das sich über seinen Bauch ergoss und nur unzulänglich beseitigt wurde. Die glühende Hitze durch Bemühungen und Erwartung vehement wiedererweckter Leidenschaft streift meinen Körper entlang, drückt sich bereits hart und verlangend an mich, nur darauf wartend, dass Mund und Zunge sie erreichen, der fiebrig pochenden Dringlichkeit nachkommen, um ihr Erleichterung zu verschaffen.
Thorin stöhnt, Ungeduld gleichsam wie Begierde darin, als die Fingernägel das krause Haar durchkämmen, dabei mit einer Andeutung von Zufall über die Haut kratzen. Sicher gehe ich, dass er sieht, wie ich mir erwartungsvoll die Lippen mit der Zungenspitze benetze, noch bevor ich sie, quälend langsam, um die Glans seiner Männlichkeit kreisen lasse. Vor wenigen Tagen erst getraute ich mir, diese Methode anzuwenden, denn die Sammlung von Wissen darüber sowie Mut dauerten und ebenso einiges an Überwindung bedurfte es. Nun jedoch, erregt es mich unerwartet heftig, seinen Schwanz in meinem Mund zu spüren. Das Pulsieren des Blutes in den deutlich hervortretenden Adern, der Eindruck, wie er unter jeder Bewegung an Größe und Umfang zunimmt, das Gefühl der seidigen Haut, der leicht salzige, nussige Geschmack, sein Stöhnen und ja, auch die Macht, die ich in diesen Momenten uneingeschränkt über ihn - (m)einen König - und seiner Lust besitze.
Er legt eine Hand auf meinen Kopf, jedoch nicht drängend, nicht drückend, nicht fordernd, nicht in Ungeduld ein rascheres Vorstoßen erzwingen wollend, sondern, um sanft über die Haare zu streicheln. Ich blicke zu ihm auf und lasse die Zunge in Hochgenuss seine gesamte Länge hinauf und hinab gleiten, immer und immer wieder. Kleine Schweißperlen glänzen auf seiner Stirn. Mit halb geschlossenen Augen, dessen fiebriges Funkeln es gleichwohl zu vollbringen vermag prickelnde Feuergarben in meinen Leib und besonders ohne nennenswerte Umwege zwischen die Beine zu senden, beobachtete er mich. Genüsslich lecke ich die ersten süßen Zeichen der Lust von der glänzenden Spitze, stoße in die kleine Vertiefung, entlocke ihm ein wohliges Stöhnen. Und obwohl ein gern genutztes Mittel, so ist das Echauffieren dennoch groß, als ich sie plötzlich gänzlich mit den Lippen umschließe. Langsam lasse ich sie entlang der samtartigen Haut hinabgleiten, an der ich mir geradezu die Zunge verbrenne. Er stöhnt, bei jedem neuen Zentimeter lauter und tiefer, und vergräbt die Hände in meinen Haaren und der Bettdecke, um den Drang zu beherrschen, sich mir nicht ungehemmt entgegenzudrängen.
Pulsierend schießt das Blut durch die Adern, lässt das willige Fleisch in meinem Mund noch mehr anschwellen. Thorins guttural ausgesprochene Worte, mit denen er mich anspornt, eine durch Wollust abgewandelte Form von Khuzdul, die nur im intimsten Kreis verwendet werden darf, bringen die Wangen heiß zum Erröten. Die starken Beine beginnen zu zittern, als ich zusätzlich die Wurzel mit der Hand umfasse und sie im Einklang mit dem Saugen und Lecken und Küssen stetig auf und ab bewege.
Oh Mahal, er sieht so begehrenswert aus in der ungezähmten Lust. Nur noch übertroffen vom Anblick den er bietet, sobald der orgasmische Kontrollverlust vollkommenen Besitz von ihm ergreift. Trotzdem so lange wie mir möglich zögere ich ihn heraus, lasse immer wieder kurz von ihm ab, verändere das Tempo, übe mal mehr, mal weniger Druck aus. Ein Tanz auf der brennenden Zündschnur, ein gefährliches Spiel mit dem Essenfeuer der Leidenschaft, jedoch Thorin weiß sich zu beherrschen, genießt dieses wohl – zumindest bis zu einem gewissen Punkt - genau so sehr wie ich.
„Lass mich kommen." Ein Befehl, flehend ausgesprochen, dem ich allzu gerne nachkomme, jedoch erst, nachdem ich noch einmal, quälend gemachsam, mit spitzer Zunge und heißem Atem, die Länge hinab und wieder hinauf führ, ihn gänzlich in den Mund nahm, jeden Aspekt der Kontrolle bis zum letzten Moment auskostend. Salzig, herb und leicht bitter schmeck das Zeugnis der befriedigten Lust. Kein Tropfen mag ich verschwenden.
Er küsst mich danach, tief und innig, zufrieden und anerkennend. „Jetzt darfst du gehen", erlaubt er mit leichtem Lächeln, das verdeutlichen soll, dass es dieser auch vordem nicht benötigt hätte. Freiwillig bin ich geblieben, andere Pflichten vernachlässigt, um derer an ihm nachzukommen.
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Winter hielt Einzug über Mittelerde. Unter einer schweren, weißen Decke verborgen liegt das Land der Elben, Zwerge, Menschen und Hobbits. Unberührte Unschuld auf Ästen, Feldern, Wiesen, Bergen und zugefrorenen Seen. Glitzernd in der Mittagssonne, die von einem blassblauen Himmel hinab scheint. Der Schnee, harsch gefroren von der Kälte der letzten Tage, knirscht unter den Hufen der Pferde und derben Stiefeln der Treiber, klebt in Klumpen an den langen Behängen und Fellbesätzen.
Der ganz in Weiß liegende Wald unweit des Berges ist das Ziel der Jagdgesellschaft. Viel Wild findet sich darin. Hasen, Füchse, Rehe, Kaninchen, Marder, Auerhähne, Wildschweine ... eine erfolgreiche Jagd verspricht es zu werden. Thorin, an seiner Seite seine Neffen, denen zum ersten Mal erlaubt wurde teilzunehmen, Balin und einige wenige Adlige von hohem Rang führen den berittenen Zug an. Vor ihnen lediglich die zu Fuß gehenden Treiber und Aufspürer, erfahrene Spurenleser, die die Spitzen ihrer Bärte unentwegt durch den Schnee ziehen, so tief gebeugt laufen sie, um ja keine Fährte zu verpassen. Andere Adlige, unter ihnen auch ich, und zuletzt mehrere Burschen mit noch leeren Rucksäcken und Bahren folgen.
„Boah, ist das kalt", mault Bofur neben mir und reibt sich die mit Fellhandschuhen geschützten Hände. Sein Pony trottet mit hängendem Kopf daher, ebenso ihm friert es. In seinem warmen, wohligen Stall will es jetzt womöglich lieber sein, das Maul voll Heu, dicht an sich gekuschelt eine hübsche Stute. Ich lächle zu meinem ehemaligen Reitlehrer hinüber und versuche damit ein wenig Behaglichkeit zu schenken. „Bei der Hatz wird dir wieder wärmer", prophezeie ich. Als Schirmer der Flanken sind wir beide eingeteilt, verhindern so, dass das von den Treibern aufgescheuchte Wild nach den Seiten ausbricht und somit nicht den Jägern zuläuft. Er nickt gähnend und bringt mich ebenfalls dazu. Eine kurze Nacht mit dürftig an Schlaf habe ich hinter mir.
„Fährte!", ruft einer der Spürer, kaum, dass wir zwischen die dichtstehenden schneebehangenen Kiefern, Fichten und immergrünen Tannen ritten. Thorin lässt sich von ihm die Spur zeigen. Eine Rotte Wildschweine suchte wohl am Saum nach Nahrung. Aufgewühlt von kräftigen Hufen, gewaltigen Hauern und unersättlichen Schnauzen ist der gefrorene Boden. Thorin überlegt, berät sich mit den Treibern, denn eine große Rotte schien es zu sein, mit etlichen adulten Tieren und erst vor einigen Monaten entwöhnten Frischlingen. Obwohl gleichwohl gefährlich, dürft ihr euch die Wildschweine in Mittelerde nicht gänzlich wie in eurer Welt vorstellen. Sehr viel massiger und von außerordentlicher Stärke und Wildheit sind sie. Die Keiler besitzen spitze Stoßzähne, die weit aus den Seiten des Mauls herausragen und die Bachen entwickeln eine unberechenbare Aggressivität, besonders, wenn sie ihre Jungen verteidigen wollen. Angesichts dessen schüttelt Thorin schließlich den Kopf. Niemanden der Jagdgesellschaft will er diesem Risiko aussetzen.
Weiter streifen wir, führen dabei die Pferde durch das mitunter dichte Unterholz. Kalt werden mir langsam die Füße, obwohl ich dicke mit Fell ausgekleidete Stiefel trage. „Fährte!", ruft ein anderer Spürer erneut. Eine Fuchsspur, ganz frisch. Thorin nickt und Jäger wie Treiber und Schirmer bringen sich in Stellung. Nicht lange und Rufe, Trommelschläge und Gesänge durchdringen den bislang elysisch ruhigen Wald, scheuchen Vögel aus ihren Nestern, schrecken Eichhörnchen aus ihrem Winterschlaf und hetzen das Wild aus den Verstecken.
Aufgereiht wie Perlen auf einer Kette, stehen die Schirmer parat, bilden einen Trichter, in den die Tiere laufen und unweigerlich am anderen Ende von ihn entgegensurrenden Pfeilen getroffen werden. Einen aufgescheuchten Hasen sehe ich als Erstes an mir vorbei huschen. Hacken schlagend verschwindet er wieder im Unterholz, nachdem er mich und keinen Ausweg sah. Der vermutlich zuerst aufgespürte Fuchs bricht als Nächster durch das Gesträuch. Auffallend hebt sich sein dichter, roter Pelz von dem weißen Schnee ab. Einen Moment scheint er überrascht von mir, duckt sich zu Boden, knurrt und faucht ganz wie eine Katze. Khajmel wird unruhig, obwohl er ein erfahrenes Jagdpferd ist und sonst ruhigen Gemüts. Jedoch die Unerschrockenheit und Angriffslust des Tieres ist ungewöhnlich. Ich nehme den Bogen in Anschlag und lasse einen schnellen Pfeil durch seinen Pelz jagen, gerade rechtzeitig, denn zum Sprung auf uns wollte er soeben ansetzen.
Die Treiber teilen wenig später das Unterholz. Einiges an Getier scheuchen sie vor sich her. Stolze Rehe sehe ich. Hoch sind ihre fliehenden Sprünge. Auffliegende Auerhähne, die von den Schirmern erschossen werden. Ich sammle den toten Fuchs auf, hänge ihn an einen Knauf des Sattels und verstärke mit den anderen Berittenen die Linie.
Reichlich Jagderfolg konnten wir nach dem ersten Trieb bereits verbuchen. Aufgereiht liegen etliche Füchse, Kaninchen, Hasen, Dachse, Rebhühner, Auerhähne, sogar ein paar Rehe vor der Gesellschaft, die sich gegenseitig zum Erfolg beglückwünschen. Mitleid überkommt mich beim Anblick, obwohl keines der Tiere umsonst starb. Restlos werden sie weiterverarbeitet, Felle für Kleidung und Decken, Fleisch zum Verzehr, Werkzeuge, Seifen und anderes werden aus den Knochen gefertigt, die Federn zum Scheiben verwendet.
Thorin schoss wohl die zweitmeisten der Tiere, denn Kili ist nicht nur zu meinem Stolz König der Jagd. Vorerst zumindest, denn während sich ein Teil der Bediensteten mit der Beute auf den Rückweg begeben, schlägt Thorin vor, in kleinen Gruppen weiter zu jagen. Nicht verwunderlich ist es, weder für mich und zum Glück auch nicht für die Anwesenden, dass er einzig mich als seine Partnerin auserwählt.
Ruhig wurde es wieder im Wald. Nicht länger stark genug, um ihn tragen zu können, befreien sich einige dünne Äste rauschend von der Last des Schnees. Weniger harsch gefroren ist er hier und dementsprechend lautlos unser Ritt durch das farblose Unterholz. Ausschau halten müssen wir daher, Spuren lesen, sie richtig deuten, Höhlen erkunden und dabei den Weg durch kleine Markierungen kennzeichnen, um auch wieder zurückzufinden.
Plötzlich steigt Khajmel, als ein Hermelin, aufgeschreckt wohl von den Hufschlägen, aus seiner Erdhöhle getrieben wird. Ganz weiß ist sein Fell und daher kaum zu erkennen vor dem Schnee. Jedoch blitzschnell reagiert Thorin und erschießt es mit einem gezielten Pfeil in die Brust.
Er steigt ab und hebt es stolz ob des gut platzierten Schusses auf, der das Fell an einer für die Weiterverarbeitung günstigen Stelle durchbohrte. „Daraus lasse ich dir einen edlen Besatz für ein Kleid fertigen", verkündet er begeistert ob der Idee. Ich trete neben ihn und betrachte das Tier. Ein wenig Mitleid überkommt mich auch bei seinem Anblick. Die Herrin Yavanna um Verzeihung für seinen Tod bittend, streiche ich daher über das wahrlich weiche Fell.
Thorin betrachtet mich dabei, wohl bemerkend, dass sich meine Stimmung änderte. „Du bist zu gutherzig für diese Welt, uzfakuh", flüstert er gegen den sanften Wind, der kleine Schneegestöber von den umgestürzten Baumstämmen um uns herum auftreibt. Ich lächle entschuldigend, dass ich mich nicht gebührend über den Vorschlag freute, ein so kostbares Geschenk von ihm zu erhalten. „Er ist nur so schön und hätte lieber weiter im Wald herumtollen sollen, anstatt mir um den Hals zu liegen, damit edle Frauen ihn bestaunen können, die Natur und ihre Wunder nur von Erzählungen ihrer Männer kennen, wenn überhaupt."
Er versteht. Zuwider ist ihm die Heuchelei am Hofe zuweilen auch, denn er weiß nur zu gut, dass viele der Bewunderer diese nur vorspielen, um dem Günstling des Königs näher zu kommen, damit sie oder ihre Nächsten womöglich gewinnbringende Gelegenheit erhalten, um ebenfalls in seiner Gunst aufzusteigen. Er verstaut die Beute an seinem Sattel. Den wirbelnden Schnee beobachtete ich derweil von ihm abgewandt und erschrecke daher, als sich seine Hände unvorhergesehen um meine Hüften legen.
„Ich würde so gerne mir dir hierbleiben, fern des Hofes, fern misstrauischer und missgünstiger Augen, fern dem Zwang die Leidenschaft zu unterbinden, die ich für dich empfinde." Ich lächle glücklich ob seines frommen Wunsches, wissend, dass er niemals in Erfüllung gehen wird. Er und ich im Wald, welch aussichtsloses Unterfangen!
Momente der Zweisamkeit in Ruhe gönnen wir uns, nichts weiter als stille Bäume und reinen Schnee um uns herum, lediglich beobachtet von Hasen mit faszinierend langen Ohren. Jedoch unerwartet öffnet er auf einmal einen Knopf meines Mantels und lässt die Hand zwischen den Stoff schlüpfen. Warm ruht sie auf dem Bauch, allerdings nicht während, denn strebsam gleitet sie abwärts und unter den Bund der Hose. „Thorin, nicht hier", mahne ich, kann aber nicht verhindern, dass das Gefühl seiner Finger, wie sie bereits sanft über den Hügel der Scham streifen, die Erregung entfacht. „Ich habe mich für heute früh noch nicht revanchieren können", flüstert er an mein Ohr und der warme Atem sendet einen Schauder entlang des Rückgrates, der zielsicher zwischen den Beinen seine Wirkung nicht verfehlt.
Jedoch plötzlich dringt ein hoher Hilfeschrei durch den Wald und lässt die aufflammende Leidenschaft abrupt zu Eis erstarren. „Das war Kili!", stelle ich erschrocken fest. Mit seinem Bruder und Bofur zog er zusammen los. Thorins Gesicht verliert jäh jegliche Farbe und wird so weiß wie der Schnee. Hastig steigen wir auf unsere Ponys und galoppieren in die Richtung, aus der der Angst und Bange verbreitende Schrei drang.
Brocken von Schnee und Eis werden von den Hufen empor und an den Bauch der Pferde und unsere Beine geschleudert. Tief hängende Äste streifen das Gesicht und ritzen Kratzer in die Haut. Mehrmals geraten die Tiere ins Straucheln, rutschen aus, stürzen beinahe, jedoch nicht langsamer werden wir, bis zwischen dem Wirrwarr an Bäumen und Gesträuch endlich die Gesuchten auftauchen.
Kili drückt sich mit dem Rücken an den Stamm einer großen Tanne, ihn beschützend vor ihm steht sein Bruder, den Dolch in der zitternden Hand haltend, den er von seinem Vater erbte und der ihn seither begleitet. Bofur baute sich mit gezogenem Schwert unweit von ihnen auf, denn zwei das kohlrabenschwarze, zottige Fell gesträubt, mit zum Buckel gekrümmtem Rückgrat, schauervoll gefletschten Zähnen, die vor Geifer triefen und ihre beängstigenden mondgelb leuchtenden Augen fest auf ihre Opfer gerichtete Schattenwölfe bedrohen sie. Am Bein verletzt ist einer der Wölfe, ebenso wie Bofur. Der Schnee unter ihnen verschandelt von rotem Blut.
Wir stoppen die Pferde und springen noch bevor sie gänzlich auf eisigem Untergrund zum Halt kommen aus den Sätteln. Schnell ziehen wir unsere Schwerter, denn das Ankommen lenkte die Aufmerksamkeit der Raubtiere von ihrem eigentlichen Ziel auf uns. Riesig sind sie. Ihre Köpfe breit und die Schnauzen mit den hochgezogenen Lefzen lang und stark. Ohne viel Mühe selbst die kräftigsten Knochen können sie damit brechen.
Einen Schritt vorwärts schleicht der Größere von ihnen, vermutlich ein Rüde, knurrt angsteinflößend und positioniert sich zwischen uns, seiner Gefährtin und unseren Liebsten. Die Krallen seiner Pfoten graben sich tief in den Schnee. Sicheren Stand erlangt er mit ihnen und kann jederzeit zum weitreichenden Sprung ansetzen. Trotz der Gefahr, für einen Moment fasziniert mich dieses Geschöpf zutiefst und gewaltige Ehrfurcht habe ich vor ihm. Das Tier meines Wappens ist es. Steht für Stärke. Wildheit, Unerbittlichkeit, aber auch Treue und Ehrbarkeit.
Thorin hebt sein Schwert zum Angriff, und noch bevor der Wolf näher kommen kann, stürmt er auf ihn zu. Ich tue es ihm gleich, obwohl die Courage etwas stärker hätte ausgeprägt sein können. Schreckliche Orks, riesige Warge, selbst heuchlerische Verschwörer erweckten nicht solch einen Respekt in mir wie diese Bestien, die so selten auf Mittelerdes Landen wandeln, wie Mithril unter Stein zu finden ist. Jedoch war dies nicht immer so. Früher nützten sie dem dunklen Herrscher auf dunklem Thron und seinem obersten Fürsten. Gezüchtet allein, um zu töten, obwohl sie vordem wildlebende Raubtiere waren und dem Bösen nicht dienlich. Indes ihre Herren besiegt wurden, vermischten sie sich mit gewöhnlichen Wölfen. Warge entstammen daher ihrem Blut. Diese allerdings, sind Nachfahren der originären Rasse, vielleicht sogar Abkömmlinge derer, die niemals von Boshaftigkeit infiltriert wurden.
Der Schattenwolf springt uns entgegen. Thorin weicht aus, versetzt ihm mit dem Schwert einen Schlag an der Flanke, während ich den zubeißenden Fangzähnen im letzten Moment entkomme und den Knauf hart auf seine Nase niedergehen lasse. Er jault auf vor Schmerzen, aber keinesfalls scheinen sie ihn zu schwächen, denn kaum aufgekommen, setzt er zum erneuten Sprung an. Währenddessen sehe ich aus den Augenwinkel, wie Bofur zum Glück mit der Fähe zurechtkommt, die gleichwohl sie sehr viel kleiner ist und zudem durch ausmergelnden Hunger geschwächt scheint, eine enorme Kraft und Aggressivität zeigt.
Der Rüde umkreist uns, nachdem wir seinen wiederholten Sprung ebenfalls parieren konnten. Langsam, abschätzend, gewiss jederzeit zum Angriff bereit. Zwei wehrhafte Zwerge sind wahrlich keine leichten Opfer. Thorin jedoch will den Moment des Zögerns ausnutzen und nach einem absprechenden Zeichen, stürmen wir gleichzeitig auf den Wolf zu. Keine Chance hat er unter den schweren Attacken auf seine Flanken. Allzu mühelos bohren sich sie Spitzen der Schwerter durch Fell, Fleisch und Muskeln tief in seinen Leib. Er jault auf, ein schreckliches, trotz allem zutiefst anrührendes Geräusch, das den Wald erfüllt. Einen letzten Atemzug röchelnd liegt er zu unseren Füßen. Sein heißes Blut schmilzt den Schnee unter ihm. Tod ist das gleichwohl kostbare Geschöpf, denn vielleicht der letzte seiner Art war er, da auch Bofur es derweil schaffte, das Weibchen zu töten. Gleichsam ihr Blut fließt schnell aus einer klaffenden Wunde am Hals.
Ich stürme zu Fili und Kili, die wie gelähmt vor Angst die Kämpfe beobachteten, knie mich vor ihnen in den kalten Schnee. „Ist alles in Ordnung?", frage ich den ältesten Bruder. Aber er antwortet nicht, hält weiterhin den Dolch in der zitternden Hand und starrt mit weiten Augen auf den unweit langsam ausblutenden Kadaver. „Fili?". Erst die direkte Ansprache und eine sanfte Berührung am Arm lenkt sein Augenmerk auf mich. Ich wiederhole die Frage und er nickt. Auch äußerlich scheint er nicht verletzt, ebenso wie sein Bruder, der ebenfalls erst nachdem ich ihn erleichtert in die Arme schloss, aus der Schockstarre erwacht.
Ich hätte sie begleiten sollen! Ich hätte sie beschützen sollen! Bei Mahal, ich hätte bei ihnen sein sollen! Jedoch viel wichtiger war mir, Zeit alleine mit Thorin zu verbringen. Unverzeihlich ist dieses eigennützige Vergehen!
„Schaut mal", sagt Fili plötzlich und deutet uns gegenüber auf einen schneebedeckten Holunderstrauch am Rande des Kampfplatzes. Wir folgen mit den Blicken seinem weisenden Finger und entdecken dort, kauernd unter dem Gestrüpp, ein kleines, zitterndes, zutiefst verschrecktes Schattenwolfjunges. Beschützen wollten es seine Eltern nur. Griffen uns daher an.
Thorin fischt es am Kragen unter dem Dickicht heraus, hält es präsentierend nach oben. Trotzdem es so kein und zierlich ist, wehrt es sich heftig dagegen, knurrt und strampelt und sieht dabei dennoch irgendwie niedlich aus. Mutig wagen sich Fili und Kili vor, beäugend im Vorbeigehen die beiden Kadaver interessiert und stellen sich schließlich neben ihren Onkel.
„Es wird verhungern, jetzt, da es keine Eltern mehr hat", sagt Kili traurig und wird leider Recht behalten. Und wenn nicht das, dann erfrieren oder von anderen Raubtieren gefressen werden. „Können wir es nicht mitnehmen?"
Thorin schaut erstaunt auf seinen jüngsten Neffen herunter. „Das ist nicht dein Ernst?!", möchte er ernsthaft wissen, jedoch sehe ich an dem durisch-sturen Funkeln in den Augen des Zwerglings, todernst meint er dies. „Eure Mutter wird mich umbringen, noch eher es diese Bestie wird, sobald sie erst einmal ausgewachsen ist." Ein gutes Argument. Gleichwohl las ich von Wölfen, die von Hand aufgezogen, treu und loyal gegenüber denen waren, die sie retteten, und sie ein Leben lang begleiteten wie Hunde. „Bitte!", flehen die Brüder nun aus einem Munde.
„Verzeiht Majestät, aber wäre es nicht wundervoll, wenn die Nachfahren des Rabenvolkes vom Erebor einen Schattenwolf als loyalen Gefährten hätten?", wage ich mich einzumischen. Thorin blickt erstaunt über die angezeigte Verbindung. Er ist ebenso ein Rabe und ich eine Schattenwölfin. Die kunstvolle Verschmelzung unserer Bannertiere ziert seitdem ich ihm ewige Treue im Leben wie im Tod schwör mein Schulterblatt.
Erneut und weiterhin mit Skepsis blickt er das zappelnde Etwas in seinem Griff an. „Er hat schon ein klein wenig dein Temperament", scherzt er schließlich und übergibt den Welpen an Fili. Kaum zur Wehr setzt er sich in seinen Armen, beruhigt sich sonderbarerweise sofort und schaut den Jungen mit großen, mondgelben Augen an.
„Danke, Onkel Thorin!" Ich lächle glücklich über die ehrliche Freude der beiden Kinder und als wir zurück reiten, schläft das kleine Wolfsjunge sogar selig eingekuschelt in dem Fellbesatz von Filis Mantel.
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