Strafe und Ergebenheit
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Der Weg zurück fällt mir schwer. Oft bitte ich Vilí darum, anhalten zu können, denn der Kopf schmerzt, die Beine zittern bei jedem Schritt und die vernarbenden Wunden am Rücken brennen gereizt durch die Reibung des Stoffes auf ihnen, schützt sie doch seit einigen Tagen kein Verband mehr. Sorgenvoll betrachtet mich der Großherzog.
„Ich hätte dich nicht aus dem Bett lassen sollen", schimpft er sich selbst ob des jämmerlichen Anblicks, den ich bieten muss. „Thorin wird fürchterlich böse auf mich sein." Seine Aussage verdeutlicht, dass er keine Kenntnis von der Anweisung des Königs hat. Ein wenig wird das die Strafe abmildern, die auch ihn treffen wird, sollten wir entdeckt werden. Jedoch erst gar nicht dazu kommen lassen will ich es. Daher über den Dienstboteneingang betreten wir das Anwesen. Spät am Abend ist es bereits und kaum mehr ein Zwerg in dem dunklen Gang dahinter unterwegs. Nur Dienstmägde auf dem Weg, eilend die letzten Verpflichtungen zu erledigen. Sie freuen sich, mich auf den Beinen zu sehen, denn ihre Sorge war groß, hörten sie doch von Jassin, wie furchtbar die Verletzungen waren und was und gleichermaßen angetan wurde.
Nicht mehr weit ist es zu meinem Zimmer, fast geschafft, da hören wir, wie hinter uns die Tür zur Bibliothek, unter der bereits ein unheilvoll hindurchsickernder Schimmer verriet, dass sich jemand darin befindet, knarzend aufgeht. Wir erstarren vor Schreck und beten zu Mahal, dass es Balin oder sogar nur ein Hausangestellter ist ... jedoch diese Hoffnung währt nicht lange.
„Ich war so voller Zuversicht, dass Verletzungen und Erschöpfung dich an dein Bett fesseln und du nicht dickköpfig handelst." Es ist die schwere Enttäuschung in Thorins geseufzten Tadel, die mich härter trifft als ein derber Knüppelschlag. Nicht mit Mutwill untersagte er mir, die Gefangenen aufzusuchen, denn wie auch dieser selten werden seine Befehle leichtfertig ausgerufen. Sorge gestaltete ihn. Nicht nur um das Seelenwohl, da er mir den schrecklich-entstellten Anblick meines Peinigers ersparen wollte, sondern vor allem, da er hinreichend aus eigener Erfahrung weiß, wie sehr die wiederkehrenden Kräfte überschätzt werden können.
„Und von dir, mein lieber nadad'dli, hätte ich erwartet, dass du ebenfalls vernünftiger und vor allem standhafter bist gegen die langen Wimpern, die bettelnde Augen umranden." Vilí neben mir senkt den Kopf. Thorins bedingungsloses Wohlwollen ist selbst für ihn als Gemahl seiner Schwester keine Selbstverständlichkeit. Hart über viele Jahre voller Prüfungen und peinlichen Befragungen erkämpfen musste er sich die Erlaubnis um ihre Hand zu werben und gleichermaßen heute noch vergewissert sich Thorin immerzu seiner Tauglichkeit.
Wir getrauen uns nicht, den König anzusehen, auch wenn dies einer unverzeihlichen Beleidigung gleichkommt. Daher langsam kommt er näher. Umkreist uns. Mustert uns. Straft uns mit Schweigen und Blicken. Seine Präsenz groß und wütend. Sie imponiert mir, schüchtert mich ein. Oft bereits war ich anwesend, wenn er sie vor Untergebenen auferbieten musste. Jedoch selten bisher nutze er sie, um die Gewalt zu demonstrieren, die er unzweifelhaft und vollkommen über mich innehat. Gleichwohl spürbar, und es schaudert mir dies vor euch zuzugeben, wirkt sie entflammend auf den Leib. Eine Macht wie niemand anders besitzt er. Ein provokanter Blick, eine auffordernde Bewegung des Kopfes ... kleine Gesten nur, jedoch Einfluss nehmen sie auf Anwesende, und besonders Frauen, dem er sich vermutlich nur allzu bewusst sein mag.
„Wo ward ihr?" Nicht fragen müsste er, denn er argwöhnt bereits, kaum von einem lapidaren Spaziergang werden wir zurückgekommen sein. Nicht, nachdem ich mit den Bitten um ein Aufsuchen der Kerker an ihn trotzend der immerwährenden Ablehnung nicht locker ließ. Daher keinen Sinn hätte es und wäre zudem gefährlich, ihn anzulügen.
„Bei dem Gefangenen", berichtet Vilí daher unverzüglich. Thorin schnauft und wendet sich mir zu. „Trotz meines Verbotes." Ich senke den Blick noch etwas tiefer, denn schuldig nicht nur gegen seinen Befehl gehandelt, sondern auch Vilís Unwissenheit darüber ausgenutzt zu haben, muss ich mich bekennen. Jedoch lässt sich der Großherzog nichts von der unzweifelhaften Überrumpelung anmerken.
„Schelte nicht mit ihr, Thorin", sagt er „nichts Besseres hätte uns zuteilwerden können, denn Astâ fand endlich einen Weg, ihn zum Reden zu bewegen." Kaum wird den König das beschwichtigen, so fürchte ich. Aber es weckt unausweichlich seine Neugierde.
„Dann werde ich es darauf beruhen lassen ... vorerst", murmelt er für den Moment besänftigt und bittet uns, mit sich zu kommen. Er geht jedoch davon aus, dass das, was wir herausfanden, von hoher Bedeutung ist, denn einem Dienstmädchen, das uns auf dem Weg zu seinen Gemächern entgegenkommt, befiehlt er, Balin und Dwalin zu holen. Die versteckte Ankündigung mich zu disziplinieren, sobald wir alleine sind, bedingt indes ein magenflaues Gefühl.
Sein Gemach ist warm und unüblich aufgeräumt. Wenig Zeit wird er in den letzten Tagen hier verbracht haben, womöglich nur zum Schlafen eingekehrt sein, sobald ihn die unüberwindbare Müdigkeit dazu zwang. Thorin scheut die Einsamkeit. Immer schon. Unwohl fühlt er sich allein mit seinen dann oft trübsinnigen Gedanken, verfällt ihnen allzu schnell, triftet tief in Gram und Schwermut, aus dem nur wenig und wenige vermögen ihn zu befreien. Sonst bewahrt meine Anwesenheit ihm gewöhnlich vor dem Erliegen. Mit Gesprächen, dem Vortragen von Geschichten, Berichte über Klatsch und Tratsch, der im Berg herumgeistert, und manchmal einfach nur mit dem schweigsamen Beisammensitzen am knisternden Kaminfeuer, versuche wir unser beider Einsamkeit zu mindern.
„Setzt euch", weißt er an und deutet auf die Sessel vor dem Kamin, während er auf einem weiteren Platz nimmt, der in eine der Ecken steht. Staub wirbelt aus dem Polstern auf, als er sich darauf niederlässt. Selten wird er benutzt, finden Besprechungen doch sonst ausschließlich in formellen Räumlichkeiten statt. Diese jedoch wird vertraulich geführt. Niemand außer den Anwesenden soll über den Inhalt Kenntnis erlangen, denn viel zu brisant ist dieser.
Dwalin und Balin treffen zur Erleichterung ein, bevor die Schweigsamkeit zwischen uns entsetzlich unangenehm wird und mich dazu bringen könnte, nervös auf der Sitzfläche herumzurutschen. Beide reagieren verständlicherweise verblüfft über meine Anwesenheit, wähnten sie mich doch weiterhin in meinem Krankenzimmer. Vermutlich ihre Schlüsse ziehen sie jedoch aus dem Umstand und warum Thorin sie rufen ließ.
Dieser bittet sie um Verzeihung, dass er ihnen keine weiteren Sitzgelegenheiten anbieten kann, sodass ich mich dienstbeflissen erhebe, um zumindest Balin meinen Platz zur Verfügung zu stellen. Dieser jedoch lehnt das Angebot ab, nachdem er wohl sieht, wie ich während des Aufstehens schwanke ob des plötzlichen Schwindels, der den Kopf übernimmt. Unangenehm ist mir die gezeigte Schwäche und Dwalins sorgenvoller Blick darüber noch sehr viel beschämender.
„Auch wenn sie damit gegen meinen Befehl handelten, scheinen Vilí und Astâ eine wichtige Information von dem Gefangenen erfahren zu haben", legt Thorin endlich den Grund für das Zusammenkommen offen. Die unwissenden Anwesenden sehen uns daraufhin erwartungsvoll an, aber ich möchte Vilí das Wort überlassen. Dieser jedoch verdeutlicht mit einer auffordernden Handbewegung, dass ich sprechen soll.
Zögerlich erhebe ich die Stimme, nachdem ich sie räuspernd von dem schweren Gefühl des Unwohlseins zu befreien versuchte, und wundere mich, über ihre leise Verschämtheit. „Wir erlangten Kenntnis darüber, dass Mirschag ein entfernter Verwandter von Meister Abarron ist und dass er von einem Unbekannten den Auftrag erhielt, Fili und seine Begleitung zu entführen. Außerdem, dass sich das Versteck der übrigen Nachtzwerge in den Ruinen der alten Stadt Annúminas befindet." Viel ist es, wenn auch nur wenig davon uns wirklich zu Nutzen gereicht. Gerne hätte ich meinem König mehr dargelegt dafür, dass ich seinen Befehl missachtete. Kaum für eine Rechtfertigung wird es ausreichen.
Thorin erhebt sich träge aus seinem Sessel, läuft schweigend im Zimmer umher und stützt sich schließlich mit den Händen auf den Sims des Kamins ab. Glitzernde Drusen und Geoden von Amethyst und Achat stehen dort. Kostbare Relikte aus den Tiefen dieser Welt.
„Was haben Norgrim und seine Leute bisher herausgefunden?", fragt er die Anwesenden. Natürlich. Er ist nicht dumm. Keinesfalls allein auf das Geschick der Folterknechte wollet er sich verlassen, um an Informationen zu Verbindungen, Verbleib und Intrigen heranzukommen. Der Meister der Flüsterer herrscht über ein Netz aus unbestimmbar vielen Zuträgern, die ihre Augen und Ohren überall im und auch außerhalb des Berges, sogar in anderen Reichen, geschickt nutzen, um solcherlei habhaft zu werden.
Balin schüttelt den Kopf. „Dürftig wenig", seufzt er. „Abarron und sein Hausstaat stehen zwar unter dauernder Beobachtung, allerdings unauffällig verhalten sie sich. Auch die Suche in den anderen Reichen, aus denen die Gefangenen der Lichtung stammen, brachte bisher keine Hinweise zutage. Die Nachtzwerge wissen ihre Spuren gewandt zu verwischen. Annúminas jedoch, keinerlei Vermutung hatten wir, dass sie sich dort aufhalten könnten."
Thorin nickt. „Sendet Kundschafter zur Festung. Sie sollen das Herausgefundene bestätigen." Keinen Zweifel hat er an dem, was ich sagte, gleichwohl umsichtig muss er jetzt handeln. Sofort eine Streitmacht loszuschicken, deren Abmarsch vermutlich Aufsehen erregt und dadurch schlimmstenfalls alles verderben könnte, wäre äußerst unklug.
Dwalin nimmt den Befehl mit einem Kopfsenken entgegen und wendet sich mit seinem Bruder zum Gehen, denn alles Wichtige wurde nun besprochen. Jedoch einen letzten Blick wirft er dabei auf mich. Sorge trübt ihn. Um mein Wohlergehen, die drohende Strafe, da ich Thorins Anweisung missachtete. Aber auch Stolz, da ich dies so schnell und wohl nur mit den richtigen Worten herausfand.
Das Klicken des sich hinter ihnen verschließenden Türschlosses ist kaum verstummt, da erhebt Thorin erneut seine Stimme, gleichwohl ohne uns anzusehen. „Was habt ihr ihm versprochen, damit er seinen entstellten Mund endlich öffnete?" Eine Gegenleistung für die wertvolle Information zu fordern ist legitim, selbst für einen Verbrecher. Jedoch eine Zusicherung dieser darf nur er aussprechen, zumindest, solange seine Macht dies zulässt.
„Wir wießen ihn darauf hin, dass Mandos seiner Seele wohl gnädig sein wird und den Eintritt in seine Hallen trotz der Vergehen, die er sich schuldig machte, gewährt, sollte er sein Gewissen durch eine Mithilfe erleichtern." Zuversicht gaben wir vor, denn ob der Herr der Totenhallen eine solche Vergebung zugesteht, ist lediglich Spekulation. Nicht das ganze Ausmaß seiner Untaten kennen wir. Vielleicht wiegen diese gewichtiger als gedacht. Obwohl, was schon zählt frevelschwerer als Mord?
Thorin dreht sich zu uns. Müde sieht er plötzlich aus. Von Anspannung gequält schläft er wohl geraume Zeit kaum mehr als ein paar karge Stunden unter alpbelasteten Träumen. Die zurückliegenden Tage, in denen Neffe und Dienerin vermisst wurden, der Anblick ihrer angerührten Leiber und Seelen, nachdem er sie endlich durch die Hilfe der kundschaftenden Raben finden konnte, die zermürbenden Verhöre ohne Erfolge, all dies lastet gewichtig auf den eh bereits durch Bürde und Verantwortung niedergedrückten Schultern.
„Nur dies?", fragt er. Gehörig wenig kommt es ihm vor, als dass es den Verurteilten zum Sprechen hätte bringen können, nachdem selbst die geschicktesten Methoden der Folterknechte es nicht vollbrachten. Sein Gefühl täuscht ihn nicht. Mehr war es. Das Ersuchen nach Gnade in seinem Namen versprach ich. Einen würdevollen Tod. Nicht auf dem Scheiterhaufen. Nicht verbrennend zu einem Häufchen Asche, das dem Wind übergeben wird.
Vilí sieht mich erwartungsvoll an. Nur ich vermag Thorin darum zu bitten. Die Gewogenheit, die er mir entgegenbringt, manifestiert sich in vielerlei Zusprüchen. Sein Verderben werde ich einst sein ... so meint er oft, denn kaum einen Wunsch bewältite er mir abzuschlagen.
Jedoch ich kann mich nicht dazu durchringen, diesen zu formulieren. Die Worte wollen nicht hinaus, denn kein Ansinnen ist es, das ich ehrlich in mir trage. So viel Leid tat er Fili, Jassin, all den Frauen und Kindern und mir an. Er verdient es nicht, geschont zu werden. Wenn seiner Seele tatsächlich Eintritt gewährt wird in die Hallen Mandos und seine Familie ihn dort wiedersieht, so sollen sie erkennen, welch Schandtaten er sich schuldig machte. Daher schüttle ich den Kopf. „Ja, nur dies."
Thorin kräuselt misstrauisch die Augenwinkel. Er glaubt mir nicht. Aber lässt es darauf beruhen und wendet sich erneut ab. Ein Wink dafür, dass wir entlassen sind. Alles wurde gesagt und geklärt und innerlich erleichtert aufatmend, dass ich einer Schelte entkam, stehe ich auf und will zusammen mit Vilí den Raum verlassen, da brummt er plötzlich doch, dass ich bleiben soll. Das Bedauern darüber, dass er mich nicht bei dem nun Kommenden unterstützen kann, sehe ich dem Großherzog an, als er geht. Jedoch froh bin ich, dass er wohl ungeschoren davonkommt.
Vor Schuldbewusstsein klein verweile ich an der Tür stehend. Den Blick allerdings nicht gesenkt. Das regelmäßige Ticken der großen Standuhr neben mir hallt ungewöhnlich laut in dem ansonsten stillen Raum. Lediglich das Knacken und Knistern der verbrennenden Holzscheite im Kamin stört ab und an die Monotonie. Thorin schweigt. Steht regungslos vor seinem mit Büchern, Karten und Pergamentrollen überladenen Schreibtisch, den Rücken mir zugewendet. Breit ist er. Kräftig. Jeder Muskelstrang der ihn definiert angespannt, deutlich unter dem beigen Leinenhemd das er trägt erkennbar. Leicht schimmern die schwarzen Linien, Runen und Bildnisse die dort prangen durch den Stoff. Seine Haare ein sich über die Schultern kräuselnder Wasserfall, vereinzelt bereits durchzogen von ersten dünnen Silbersträhnen.
„Was soll ich nur mit dir machen?" Seine unerwartet einsetzende Stimme schreckt mich auf und lässt mir allzu verlegen bewusst werden, dass ich ihn geradezu unschicklich anstarrte. Er wendet sich um, sieht mir direkt in die Augen und ich kann nicht anders, als dem durchdringenden Blick auszuweichen. Gleichwohl nicht, da er mich bereits mit berechtigter Wut strafte oder Enttäuschung ihn trübte. Nein, etwas sah ich kurz darin aufblitzen, dass diesen erwarteten Empfindungen nicht unähnlicher sein könnte. Barmherzigkeit wärmte die Iriden. Nachsicht ob des Vergehens. Verständnis. Freilich obwohl er dies empfindet, so muss er doch das Handeln gegen seinen Willen vergelten. Jede Strafe werde ich akzeptieren.
Er kommt näher und ich bekämpfe den Drang zurückzuweichen. Das alleinige Recht hat er mich zu züchtigen. Seine Schläge werden schmerzen, das weiß ich, obwohl noch nie einer von seiner Hand ausgeführter meinen Leib traf. Die Weisungen zu Strafarbeiten werden hart sein, schlimmstenfalls reißen sie mich für unbestimmte Zeit von seiner Seite oder sind so erniedrigend, dass das Ansehen und die Stellung darunter leiden werden. Auf alles bin ich gefasst, jedoch nicht auf die warme, starke Hand, die schließlich die Wange zärtlich, sanft, geradezu liebevoll berührt. Ich erstarre unter ihr.
„Sieh mich an", bittet er, sein nach Kaffee wohlriechender Atem streicht warm über die Haut des Gesichts, so nahe steht er mir. Ich kann nicht. Sein Daumen fährt die verblassende Linie einer Narbe entlang, die von einem Peitschenhieb der mich dort traf übrigblieb. Auffordern soll die Geste, seinem Ersuchen zu folgen, das nicht als Befehl formuliert wurde, aber dennoch einer ist. Gleichwohl verweigere ich mich Gehorsam zu leisten. Thorin schnauft daraufhin. Weder wütend noch frustriert, nachgebend wohl eher.
„Konntest du in dieser Zelle finden, was du so verbittert gesucht hast?" Ich nicke leicht. Genugtuung. Rache. Befriedigung ob des Anblicks des geschundenen Leibes meines Peinigers. Vielleicht war es das, wovor er mich schützen wollte. Empfindungen sind es, die schrecklich sind, gefährlich und hassenswert. Sie bringen niemanden weiter im Leben. Schlecht fühle ich mich ob ihrer, denn der Moment der Erfüllung währte nicht lange.
Die Wärme seiner Hand schwindet von der Haut der Wange, nur um Sekunden später die des Nackens zu entflammen. Empfindlich ist dort einjeder. Die Stelle verwundbar. Deutlich fühle ich jede kratzig, raue Schwiele, die seine Finger erhärtet, obzwar sie nur locker liegen. Das flaue Gefühl kommt gleichwohl auf, er wolle mich zwingen, in die Knie zu gehen. Leichter Druck würde genügen. Noch nie hat er dies von mir verlangt, obwohl ihm das Recht zustünde, die Demut zu fordern. Bislang immer freiwillig beugte ich mich ihm. Daher auch jetzt aus freien Stücken, so denke ich zumindest, denn seine Hand ruht weiterhin ohne jegliche Nötigung, lasse ich mich hinabsinken. Von Ergebenheit, Respekt und Hingabe zeugt die Geste. Eine Bitte um Verzeihung ist sie, um Gnade.
Ich spüre, wie sein Blick auf mich hinabfällt, jedoch nicht abfällig. Schwer liegt er dennoch. Dringt in meinen Kopf. „Vergebt mir, Majestät", flüstere ich. Wenig Aussicht auf Erfolg hat die Bitte. Eine infame Entgleisung war das Vergehen.
„Schau mich an", fordert er erneut und nun gehorche ich. Blicke zu ihm auf. Groß steht er über mir. Ein König von Zwergen, Nachfahre eines edlen Geschlechts. Ein Krieger ohne Furcht, entschlossen im Gefecht. Ein Mann mit wenigen Makeln, sich dessen nur allzu bewusst.
Erneut legt er eine Hand an meine Wange, streicht mit den schwieligen Daumen über die Lippen, öffnet sie leicht. „Wenn du mir noch einmal nicht gehorchst, werde ich dich strafen müssen", droht er, aber nicht sicher bin ich, ob mir vor dieser Bang sein sollte.
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nadad'dli – Schwager
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