Schätzt das, was Ihr besitzt und dennoch nie beachtet
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Der nur in dünnen Fäden fallende Regen ist zum Glück nicht dringend genug, um unsere Mäntel zu durchtränken. Weiterhin von den in die Gesichter gezogenen Kapuzen vor Erkennung geschützt, nehmen wir vom Tor aus die sich tief in die nurtazhâr windenden Steige, in der trotz der Nässe erstaunlich viele Zwerge unterwegs sind. Sie hasten geschäftig an uns vorbei, führen Ponys oder große Ochsen, die Wagen voller Kartoffeln, Mehlsäcken und unbearbeiteten Erzen ziehen. Die meisten tragen schlichte, zweckmäßige Kleidung, die, wenn sie auch bunt und aus gutem Material gefertigt sind, wenig gemein haben mit denen der höfischen Gesellschaft. Kleine Häuser, erbaut aus dunkelgrauem, gut behauenem Stein, mit halbrunden Holzfenstern und schiefergedeckten Dächern, die auf niedrigen Dreiecksgiebeln ruhen, säumen die breite Hauptstraße. Ebenfalls wenn auch holprig gepflastert ist diese, so dass die Füße und Räder der Wägen nicht drohen im Schlamm zu versacken. Vereinzelte Gruppen klatschender Weiber oder gemeinschaftlich Pfeife rauchender alter Männer suchten unter Überständen Schutz vor dem Regen. Die Zwerglinge hüpfen dagegen laut jauchzend in Pfützen, die sich an den Enden fallender Rohe bilden, die wohl das von den Dächern rinnende Wasser leiten.
Sauber und hinlänglich intakt scheint alles. Ein etablierter Stadtteil. Jedoch nur zum Schein, denn sobald ich den Blick in die Gässchen schweifen lasse, die sich schummrig zwischen die Häuser furchen, wird mir gewahr, keinesfalls ein Viertel ist es, dass nur von Händlern, Handwerkern oder Bauern bewohnt wird. Lungernde Gestalten in zerrissene Mäntel gehüllt. Bettelnde Frauen, die knochigen Hände ausgestreckt, hoffend darauf, dass irgendjemand einen Pfennig hineinlegen wird. Überall herrscht Armut, so auch hier. Lothin versuchte sie vor uns zu verbergen, führte seine Gäste nur dorthin, wo Prunk und Protz sein Reich stärker und schöner erscheinen lässt, als es tatsächlich ist. Ob das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern ebenfalls unter ihnen hausen muss?, frage ich mich seufzend.
„Ihr seid nicht von Adel, habe ich Recht?" Die tückisch plötzliche Äußerung des Königs schreckt mich auf. „Zumindest nicht von Geburt." Ich weiß nicht, ob es nur eine Vermutung von ihm ist oder Thorin ihm davon erzählte. Letzteres kann ich mir nicht vorstellen, bei Ersterem schelte ich mich jetzt bereits für das unbedachte Verhalten, dass die Wahrheit verriet. „Wie kommen Majestät darauf?", frage ich daher gestelzt förmlich und mit einem gekünstelten Lächeln verbunden, das von der aufkommenden Beunruhigung ablenken soll.
Lothin hält daraufhin inne. Verwundert sehe ich zu ihm auf und mit einem leichten Kopfnicken deutet er in Richtung einer der schummrigen Gassen. „Viele habe ich bereits durch diesen Teil meines Reiches geführt, auch wenn er wahrlich nicht der schönste ist. Jedoch niemand warf einen tieferen Blick, so wie du. Sie alle konzentrierten sich auf das wenige Prächtige hier, schmeichelten mir ob der aufwändig gewarteten Häuser, der alten Architektur, des reichhaltigen Angebots in den Auslagen der Geschäfte. Du aber, siehst diese Welt mit Augen, die sich nicht blenden lassen, denn in zu viele düstere Abgründe haben sie schon sehen müssen."
Ich weiche seinem Blick aus. „Ihr irrt Euch, Majestät", revidiere ich schnell. „In den Eisenbergen, von denen ich stamme, nahm meine Mutter mich nur sehr oft mit in die Armenviertel, damit ich das Leben außerhalb des Hofs kennen und das privilegierte Schätzen lernen sollte." Ein hastig ersonnenes Lügenmärchen, auf das ich wahrlich stolz sein kann, das jedoch auch Schwächen hat.
„Und wer war Euer Vater?" Lothin kommt mir unangenehm näher. Kleine Wassertropfen stieben beim Sprechen von seinen Lippen und verlieren sich in dem dichten Bartgewirr. „Er entstammte einem weit entfernten Zweig des Hauses Ihrer Majestät König Thorins, ein Cousin vierten Grades, um genau zu sein." Eine Mär ist dies, die ich dagegen viele Jahre bereits trage. Einst klug ersonnen von Balin, um die niedere Abstammung zu verbergen. Kaum nachvollziehbar, denn der Stammesbaum, der aus Durins Geschlecht erwuchs und mit Fili seinen jüngsten Spross trägt, ist weitverzweigt und zudem oft verwoben mit den Ästen anderer.
„Wie hieß er? Ich studiere seit langem die Blutlinien der sieben Zwergensippen und noch nie ist mir Euer Tropfen unter ihnen aufgefallen." Zutiefst erschrocken blicke ich auf. Den Namen meiner wahren Mutter trage ich als Zusatz, denn niemals benannte Balin den des ausheckten Vaters. Schnell denke ich, verfluche das Gedächtnis, dass es sich nicht an die Inhalte der vielen Lehrstunden erinnern kann, und stoße schließlich den aus, der mir als Erster in den Sinn kommt, denn Gefühle verbinden mich mit ihm, seitdem die Herrin Dís ihn mir offenbarte. „Kalin."
Lothin zieht grübelnd seine Augenbrauen zusammen. Unbedeutend war sein Stand vermutlich nicht. Um als Envoyé in ein fremdes Königreich gesandt zu werden, muss man zwangsläufig ein hohes Ansehen genießen. Jedoch kann ich mich nicht mehr erinnern, ob dieses einen Platz in der Ahnentafel rechtfertigte.
„Er war ein großer Krieger und fiel in der Schlacht von Azanulbizar", murmelt Lothin schließlich. „Ich wusste nicht, dass er eine Tochter hatte, so jung, wie er war." Schnell bemühe ich mich darum, seinem Blick auszuweichen, denn leiderfüllte Schatten überziehen plötzlich das schiefergrau der Augen. Thorin erzählte mir, dass er uns sein Vater dereinst ebenfalls an der Seite der Langbärte kämpften. Schreckliches wie sie alle wird er gesehen haben. Blutvergießen. Schändung. Tod. Dunkle Rauchschwaden und auf die getränkte Erde niedergehender Ascheregen, verursacht von den Scheiterhaufen, die unsere Krieger verbrannten, die auf dem Feld der Ehre ihr Leben für eine am Ende misslungene Sache ließen.
„Er zog aus, als meine Mutter noch nicht wusste, dass sie mich trug. Sie kehrte nach der Geburt in die Eisenberge zurück und verfügte vor ihrem Tod, dass ich den Dienst meines Vaters zu Ende führen soll." Es ist nicht ehrenvoll zu lügen, aber die Umstände zwingen mich dazu.
Lothins Blick ruht weiterhin schattenschwer auf mir. Genug Lebenserfahrung hat er, um Geflunker zu erkennen. Jedoch nicht alles, was ich sagte, ist unwahr und der Gedanke an meine Mutter und ihr Schicksal beschwört eine wahre Traurigkeit herauf. Schließlich seufzt er schwer. „Verzeiht, dass ich Euch in den Abgrund der leidvollen Erinnerungen stürzte." Nicht zögernd nehme ich die Entschuldigung an. Jedoch Unruhe bei der plötzlich aufkommenden Vermutung ergreift mich, dass der geäußerte Verdacht über den nicht vorhandenen Adelsstand nur eine Prüfung war, um die Integrität zu beurteilen.
Langsam gehen wir weiter durch die regengrauen Gassen und ich bemühe mich redlich, den Blick nicht mehr schweifen zu lassen. Schließlich erreichen wir den Saum der nurtazhâr. Das Tal, vorher zwar nicht schmal, aber dennoch durch die dichte Bebauung wirkte es beengt, öffnet sich zu einem weiten, durch die über nur niedrige Hänge ungehindert einfallende Frühlingssonne, die langsam hinter den regenleeren Wolken hervorkriecht, üppig grasbegrünten Becken. Lediglich ein Weidenzaun musste als Abgrenzung der Koppel gezogen werden. An den Halmen hinabperlende Tropfen funkeln wie kleine Diamanten und einige Pferde weiden in der Ferne. Kaum erkennen kann ich ihre Fellfarben, denn durch die aufkommende Wärme, die nun auf die Feuchtigkeit des Bodens trifft, beginnen dunstige Nebelschwaden aufzusteigen.
Die über diese Frische schweifenden Augen erblicken schließlich den sich an einen der Hänge schmiegenden und schützend von zwei flach auslaufenden Felsnasen umgebenen Stall. Das eigentlich helle Tannenholz wirkt ob der einwirkenden Nässe dunkler. Ein breites Tor steht weit offen und ermöglicht den Blick auf einige der vorderen Boxen. Besonders groß ist das Gebäude jedoch nicht. Nur wenige Pferde werden darin Unterstand finden können. Wohl lediglich für die des Hofstaates wurde er erbaut. Sicher vor Raubtieren sind die Tiere hier und vereinzelte Bäume und Weidehütten bieten ebenso Schutz vor dem Wetter.
Lothin hebt eine Hand und lädt mich damit ein weiterzugehen. Aufregung macht sich plötzlich kribbelnd in mir breit. Lange schon sah ich Khajmel nicht mehr. Ob er sich ob meines Besuchs freuen wird? Ganz bestimmt jedoch über den extra heute vom Frühstückstisch entwendeten rotbäckigen Apfel.
Bereits bevor wir das Tor passieren, strömt mir der unvergleichliche Geruch aus staubigem Stroh, trockenem Heu, saugenden Sägemehl, Pferd und Futter in die Nase. Der Mittelweg zwischen den lediglich mit Holzwänden und gespannten Seilen separierten, großräumigen Boxen besteht aus sorgfältig verdichteter Erde. Alles ist sauber und aufgeräumt. An den Wänden am Eingang wurden Mistgablen, Schaufeln, Eimer und anderes Arbeitsgerät ordentlich aufgehängt. Einzig eine mit neuem Einstreu beladenen Schubkarre steht vor einer der Einzelboxen und lässt vermuten, dass das Pony darin gerade versorgt wird.
Lothin streift die Kapuze ab und räuspert sich übertrieben laut, um die Aufmerksamkeit des Stallmeisters oder -jungen zu erregen. Mit Erfolg, denn kaum einen Augenaufschlag später, kommt ein deutlich bereits älterer Zwerg aus dieser heraus. Sein Bart ist im Vergleich zu denen, die ich in diesem Reich bislang sah, recht kurz gehalten. Zwar ebenfalls rot wie Feuer, wenn auch mit kleinen Aschesträhnen durchzogen, aber ganz unglamourös nur an den Seiten geflochten und mit einer mattsilbernen Perle verziert. Seine Kleidung ist von der Arbeit mit dem Stroh staubig und einige der goldgelben Halme verfingen sich in dem nassen Saumfell der Stiefel.
Als er uns erblickt, verbeugt er sich an Ort und Stelle zur Begrüßung seines Königs. Lothin deutet ihm näher zu kommen, damit er nicht allzu laut reden muss und somit Gefahr läuft, die Pferde zu erschrecken. Denn obwohl von außen klein erscheinend, ist der Stall im Inneren erstaunlich weiträumig. Was vor allem daran liegen mag, dass einige der Boxen und wohl ausnahmslos andere Räume, in denen sich Sattelzeug, Futter, Einstreu und viele Weiteres, das man für die Versorgung der Tiere benötigt, in den Hang gegraben wurden.
Der Zwerg, vermutlich der Stallmeister, tritt dienstbar an uns heran und verneigt sich erneut. Lothin hebt seinen Blick über ihn. „Sag, wo sind die Ponys meiner Gäste? König Thorin würde gerne erfahren, ob sie gut versorgt werden." Knarzend wie froststarres Eis klingt seine Stimme plötzlich. Dass er mitunter die Dienerschaft seines Hofes mit wenig Aufmerksamkeit bedacht, ist mir so manches Mal bereits aufgefallen. Als existent sieht er sie zwar an, jedoch erkennt er nicht ihren Wert und würdigt Leistungen lediglich mit herrschaftlichen Gebaren, nie mit wohlwollenden Worten. Thorin hingegen, kennt die Namen jedes einzelnen seines Hofstaates. Hat Kenntnis über Freud und Not, Vergangenheit, Wünsche und Sorgen. Manche begleiten ihn seit seiner Geburt und ich bin mir sicher, Mahal bittet er in seinen Gebeten um ihr Wohlergehen. Er weiß um die Notwendigkeit einer strengen, aber auch entgegenkommenden Hand, um die bei den ihn unmittelbar Umgebenen bedingungslos benötigte Loyalität zu erringen.
„Diese befinden sich alle auf der Weide, Majestät", antwortet der Stallmeister. „Das Gras ist nach dem Regen frisch und schmeckt den Tieren noch besser." Lothin nickt verstehend und wendet sich ohne ein Wort der Erkenntlichkeit ab. Ich jedoch schenke dem dieses Verhalten wohl bereits gewohnten Zwerg ein dankendes Lächeln und senke meinen Blick. Ebenso dies lehrte mich Thorin, wenn auch unbewusst. Viel nahm ich mir allein durch Beobachten an.
Indes legte sich die Frühlingswärme wie eine leichte Decke auf die Berghänge. Wundervoll riecht es. Nach feuchter Erde und Gras. Die Luft vollständig gereinigt von den letzten Überresten des Winters. Weiterhin jedoch verweigert mir der Dunst das Erkennen der Pferde auf der Weide. Viel zu weit weg sind sie und zu wenig Zeit haben wir, um zu ihnen zu laufen. Daher lasse ich einen melodischen Pfiff erklingen. Zeitnah habe ich Khajmel antrainiert auf ihn zu hören und als äußerst nützlich erwies er sich schon öfters, denn auch bei uns zuhause stehen die Pferde häufig auf weitflächigen Weiden.
Lothin zuckt erschrocken von dem plötzlichen Geräusch zusammen, seine Verwunderung wandelt sich jedoch rasch in Erstaunen, als kaum drei Augenblicke später bereits ein von den zurückwerfenden Hängen verstärktes Wiehern über die Weide hallt und eine Gruppe Pferde näher galoppiert. An ihrer Spitze erkenne ich schnell Khajmel. Das schwarze Fell mit den wenigen weißen Zeichnungen schimmert im Licht der Sonne wie Rabenfedern und lange Mähne und Schweif wehen durch die Geschwindigkeit. Hinter ihm folgen Thorins Hengst und Dwalins und Gloins Stuten sowie die Packpferde und auch einige der hierher gehörenden Ponys.
Ich lächle und trete an den hölzernen Weidezaun heran. Khajmel legt seine Nüstern in meine Hände und schnaubt. „Ich habe dich vermisst", murmle ich und er nickt mit dem Kopf, ganz so, als wolle er mir das Gleiche sagen. Langsam streichle ich die gleichmäßige Blässe entlang und kraule ihn an der Stirn und zwischen den Ohren. Seine Lieblingsstellen.
„Ist das Euer Pferd?", fragt Lothin und nun erschrecke ich. So glücklich stimmte mich das Wiedersehens, dass ich ihn für den Moment ganz vergaß. „Ein wunderschönes Tier", würdigt er, nach meinem bestätigenden Nicken.
Derweil kamen auch die anderen näher und natürlich mit nicht weniger Aufmerksamkeit werden sie von mir begrüßt. Der mitgebrachte Apfel jedoch, kann Khajmel ganz alleine verspeisen. „Seid Ihr mit ihrem Aussehen zufrieden?", fragt Lothin schließlich, nachdem ich sie mir alle besah, sogar unter der untersten Zaunlatte hindurchkroch, um ihre Hufe zu prüfen. Vor kurzem erst frisch und äußerst fachmännisch beschlagen wurden sie allesamt, wie ich erstaunt feststelle.
Ich nicke. „Sie sind wohlgenährt und sehen hervorragend aus. Euer Stallmeister und die Jungen verrichten wahrlich ausgezeichnete Arbeit." Er lehnt sich mit verschränkten Armen auf den Zaun und für einen Moment, wirkt er kaum mehr wie der strenge König, der mich mit bestimmten Absichten hierher führte. Jedoch, nicht lange.
„Zabdûnayê, darf ich Euch eine Frage stellen?" Ich vermute und befürchte zugleich, was diese beinhalten wird, stimme dennoch zu. „Wollt Ihr nicht an meinem Hofe verbleiben? Als Abgesandte. Ein Jahr, zwei, drei ... Ihr könntet hier so vieles lernen und wärt eine wahre Bereicherung." Ein eiskalter Schauer läuft mir über den Rücken. Thorin stimmte dem Ersuchen nicht zu, aber wenn er mich überreden könnte, mit welchen Mitteln, Versprechungen, Drohungen auch immer, würde dies die Maßgeblichkeit für die Entscheidung schwächen.
Scheinbar um über seinen Vorschlag nachzudenken, jedoch stattdessen angestrengt nach einem Ausweg grübelnd, wende ich mich ab. Khajmel bemerkt wie immer die Anspannung und stupst schnaubend meine Schulter mit den weichen Nüstern an. Es hilft mir dabei, schneller zu denken.
„Ich danke Euch für dieses wahrlich verlockende Angebot, Majestät", sage ich schließlich weiterhin ihm abgewendet, damit er die Lüge in der Erkenntlichkeit nicht allzu schnell entlarvt. „Aber den Verpflichtungen zuhause, kann und will ich nicht entsagen. Sie sind mir zu wichtig." Sein Blick brennt auf mir und vermag sogar den dicken Stoff des Mantels zu durchdringen. Eine Ungehörigkeit ist es, ihm eine solch rüde Abweisung zu erteilen. Indes, da sie mehr als jede andere heute von mir getroffene Aussage wahr ist, weiche ich ihm nicht länger aus. Ernst ist es mir damit und zeigen will ich, dass er nicht darauf hoffen kann, mich mit welcher Art von Entlohnung auch immer umzustimmen.
Jedoch ein hohes Risiko gehe ich damit ein. Was ist, wenn dies sein Plan von Anfang an war! Mich hierher zu bringen, an einen Ort weit entfernt von helfenden Einsprüchen, um eine neue Chance zur Erfüllung seines Begehrs zu erhalten, dass Thorin abwies und ihm Kostbares beraubte. Bislang nur ein Handschlag im Verborgenen, ohne Zeugen oder Niedergelegtes ist der Pakt. Thorin und ich beglichen unseren Teil, jedoch schuldet er weiterhin seine Vollbringung. Unehrenhaft wäre dies zwar und könnte schlimmstenfalls eine Fehde heraufbeschwören, aber Lothin ist nach all dem, was ich erlebte, so manches zuzutrauen.
Gleichwohl weiterhin verbissen halte ich seinem brennenden Blick stand, während Khajmel mich unterstützen wollend näher kommt und den stolzen Kopf hebt. Größer als ohnehin wirkt er dadurch. Thorin schenkte ihn mir nicht nur als Reittier, sondern hoffte auf einen treuen Gefährten, der über viele Gefahren hinweg begleiten und schützen soll.
Schließlich schlägt Lothin die Augen nieder und lacht verhalten. „Nun gut, ich bemerkte unlängst, dass Euch Eure Aufgaben sehr wichtig sind, und weder Recht noch Mittel habe ich, Euch weiterhin zu überreden, ihrer abtrünnig zu werden, so betrüblich, wie es auch finde. Ihr hättet diesem Hof ein wenig Glanz, Frohmut und Jugendlichkeit verliehen, dass er lange schon verlor."
Fürchterlich Unrecht hat er damit. „Bei allem Respekt, Majestät, aber Ihr irrt Euch", sage ich furchtlos. „Eure Kinder tragen dies in sich, jedoch verschüttet wird es zuweilen unter strenger Etikette und Nichtbeachtung. Seht auf Eure Tochter, ein herzensgutes, mutiges Mädchen, das Geschichten liebt und so edel sein möchte, wie die Prinzessinnen alter Tage. Seht auf Euren Sohn, ein kluger und couragierter junger Krieger, der selbstlos für Schwächere eintritt und nicht davor zurückschreckt besonnen Schwert und Stimme zu erheben."
Lothin sieht mich erschrocken an. Wohl noch niemals wagte es jemand, ihn so unumwunden darauf hinzuweisen, dass seine Kinder seine wahren Schätze und tausend Mal mehr von Wert sind, als alles an Gold, Silber und Prunk, das seinen Palast kalt und für ihn leer erscheinen lässt.
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nurtazhâr – Zwergenstadt, die hauptsächlich über dem Boden erbaut wurde
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