Die erste Prüfung

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Noch nie genoss ich frische Luft so sehr. Auch wenn sie gewitterwarm auf die Haut trifft, so ist ihre Reinheit nach dem stickigen, ekelerregenden Geruch, der in dem Hort der Orks vorherrschte, eine sinnenfreudige Wohltat. Allerdings sogleich sorgenvoll blicke ich zurück in den Schlund der Höhle. Einzig Stille, Stank und Dunkelheit quillt daraus hervor.

„Lauft zum Grund, rasch!", befiehlt der Kommandant. Unsere Kameraden warten dort, gut verborgen und angriffslustig. Wenn die Feinde uns folgen, laufen sie direkt in die gestellte Falle. Jedoch ich zögere. Dwalin ... wo bleibst du nur!? Auch andere Krieger verweilen entschlossen. Treue Seelen, die bereits lange unter ihm dienen. Niemals lässt ein Zwerg seinen Heerführer zurück, selbst in der größten Not nicht. Gedankenschwere Sekunden verstreichen wie Stunden. Angst breitet sich in unser aller Herzen aus. Ihr lautes Klopfen hallt durch den Schacht ... und wird plötzlich wettgemacht von einem Jaulen. Sie kommen ...

Unentschlossen wechseln unsere Blicke vom Tal zum Eingang des Stollens. Den richtigen Moment müssen wir abpassen, in ihm entscheiden, ob Flucht oder Kampf. Schritte kommen näher. Feste, sichere, gestiefelte Schritte. Und dann sehe ich endlich seinen kahlen Kopf die Dunkelheit durchbrechen. Schweißtropfen glänzen auf ihm und vermischen sich mit denen aus Blut, die aus einem Schnitt oberhalb seiner Stirn rinnen.

Allerdings weiterhin keine Verletzungen scheint er auf den ersten flüchtigen Blick, den ich mir ohne aufzufallen erlauben kann, erlitten zu haben. Erleichterung beruhigt mein Herz, jedoch schnell wir diese ersetzt durch Hektik, als er uns dazu antreibt endlich zu verschwinden. Gleichwohl sehe ich in seinen Augen den Respekt aufflammen, den er darob verspürt, dass wir ihn nicht zurücklassen wollten.

Wir hasten stolpernd über vertrocknetes Gestrüpp und kleine Steine den Hang hinunter. Hinter uns braust ein Tumult auf, als die Orks den Berg verlassen. Solcherart sind sie, denen die Helligkeit der Sonne zwar zuwider ist, sich aber unter ihr bewegen können, wenn auch langsamer. Daher verfluchen sie ihre Strahlen mit genauso giftigen Wörtern wie uns, währenddessen ihre platten Füße beim Nachjagen eigenartige Geräusche auf den Felsen erzeugen, als würde ein glitschiger Fisch, der überhastet aus dem Wasser sprang, auf dem Trockenen herumspringen.

Wie haben kaum die Wurzel der Bergkette erreicht, da spüre ich, wie einer von ihnen nach mir greift, um mich zurückzuhalten. Ich wirble herum, noch immer mein Schwert in Händen haltend, und befreie zielgerichtet die Welt von der hässlichen Fratze, die sein Gesicht darstellen soll, bevor ich die Angriffsstellung einnehme, denn die anderen werden ihn vermutlich auf dem Schritt folgen. Jedoch einer der Schnelleren seiner Kameraden war er, gleichwohl erschrecke ich fürchterlich, als ich die drohend nahe Masse an Feinden erblicke. Viel, viel mehr als erwartet sind es. Einer stinkend verdreckt, zähen Flüssigkeit gleich, fließen sie dicht an dicht gedrängt den Berghang hinunter. Matt angelaufen und rostig sind ihre Rüstungen, kaum schützende Helme tragen sie, dennoch Wut und Verachtung schimmert gefährlich in den großen, der Schwärze der Dunkelheit angepassten Augen.

Sigrun, die lange vorauslief, kommt zurück, um mich mit sich zu reißen. Tiefer in die Falle locken müssen wir sie. Unsere Kameraden warten versteckt, bereit zur unvermuteten Attacke, wenn die Orks ihre Stellungen passieren. Nicht zwischen ihre Linien sollten wir geraten, und so hasten sie und ich weiter.

Dwalin jedoch lässt uns am Ende der Schneise in Angriffsposition gehen. Ein Mittel zum Zweck ist es, um die Feinde blind für ihre Umgebung zu machen, in dem sie nur die vermeintlich geringe Anzahl an Zwergen sehen, die es wagten in ihre Höhle vorzudringen und leichtfertig annehmen, uns problemlos besiegen zu können.

Näher kommen sie, heben ihre krummen Schwerter und schartigen Äxte und allerhand unbenennbare Waffen, deren Form vielmehr an Heugabeln und Sensen erinnern. Und dann plötzlich, ertönt ein hoher, schnörkelloser Pfiff wie der eines Kirinki und niederwirft den durch die Orks aufgewirbelten Staub. Das Signal zum Angriff.

Wahrlich vergleichsweise wenige unserer Mannen stürmen auf die Flanken der schwarzen Welle an Feinden zu, jedoch äußerst effektiv ist die Attacke aus dem Hinterhalt. Sie rechneten nicht damit, sind völlig unvorbereitet und ungeschützt. Wie aufgescheuchte Fliegen stieben sie auseinander, rennen unkoordiniert in alle Richtungen, einige sogar direkt in die nur auf sie wartenden Waffen. Diejenigen, die nach vorne zu entkommen versuchen, werden von uns mit Leichtigkeit niedergestreckt.

Mühelos dringt mein Schwert durch die leichten Rüstungen. Schwarzes Blut trifft mich heiß und klebrig, als ich einen von ihnen den Arm abtrenne, mit dem er einen Kameraden gerade erschlagen wollte. Sigrun weicht nicht von mir. Erstaunlich effektiv kämpfen wir gemeinsam, so, als hätte der gleiche Lehrmeister uns zu einer Einheit geformt. Sie schütz mich und ich schütze sie. Wenn die eine den Angreifer schwächt, so gibt die anderem ihm den Todesstoß. Sobald er überrascht ist ob einer kräftig standgehaltenen Abwehr, trifft ihn ein gezielter Schlag. Verwundert darüber, sehen wir uns während einer kurzen Verschnaufpause an. Unerklärlich ist diese Verbundenheit. Aber nutzbringend.

Trotz ihrer Anzahl, schnell haben wir die Orks besiegt und gänzlich ohne eigene Verluste, wie ein erleichterter Blick über das Kampffeld offenbart. Gleichwohl mitgenommen sehen einige Krieger aus. Blutige Schrammen, mitunter klaffend, verraten, dass es nicht jedem so leicht fiel. Hervorragend ausgebildet wurden sie alle, gewiss vielen fehlt die Erfahrung. Wenngleich besonders stolz können diese auf sich sein und so betrachten sie die erschlagenen Körper vor ihren Füßen auch mit solcherlei.

Unweit von uns reißt Dwalin einen von ihnen allerdings mit zutiefst angewiderten Gesichtsausdruck wieder auf seine Füße. Blut läuft dem Unhold aus einer tiefen Wunde am haarlosen Kopf über die von Narben, Furchen und Geschwülsten entstellte Fratze. Die linke der verkrüppelten Hände wurde ihm abgeschlagen und die übriggebliebene hängt nurmehr an wenigen dünnen Hautfetzen und Sehnenbändern. Gleichwohl atmet er, erlaubt sich sogar die Dreistigkeit, unserem Heerführer einen hochgewürgten Klumpen aus Blut und Geifer ins Gesicht zu spucken. Dwalin erwidert jedoch sofort mit einer ebensolchen Ehrenbezeigung.

„Hört zu, du mit Übel gestaltete Kreatur eines Verräters", grollt er und die Stimme voller Verachtung und Wut lässt uns alle die um ihm herum stehen zusammenzucken. Bislang wenige Male nur, habe ich ihn mit solcher sprechen hören und es waren weiß Mahal dererlei, in denen er ebensolchem Abschaum gegenüberstand. „Du wirst zurück in das stinkende Loch, dass du zuhause nennst kriechen und den anderen Missgeburten deiner erbärmlichen Rasse mitteilen, dass wir genau hier bei Sonnenuntergang auf sie warten werden. Ihr seid elendige Feiglinge, aber habt wenigstens so viel Wertgefühl, eure Frauen, Kinder und Kameraden rächen zu wollen."

Der Ork lacht hämisch, erstickt dabei allerdings beinahe an seinem eigenen blutig-schaumigen Sabber. Seine Lunge scheint verletzt. Lange wird er nicht überleben. „Ihr traut euch recht viel zu, dafür, dass diese verlumpte Truppe so mickrig ist. Das ist das Elend mit euch hässlichen Zwergen, Selbstüberschätzung brachte schon einige eurer Sippe den Untergang." Dwalin trifft der Hohn tief, jedoch nur zum Schein.

„Daher dürfte es euch ja umso leichter fallen, eure Rache zu bekommen", brummt er und schubst den Orks brutal in Richtung Berg. Dieser krümmt sich vor Schmerzen, betrachtet erst seine abgehackte, dann die unrettbar verletzte Hand und schnaubt wissend, dass die Überbringung der Nachricht sein letztes Handeln auf dieser Welt sein wird. Er schleppt sich zurück, zieht dabei eines der Beine nach. Verachtende Blicke treffen ihn beim vorüberschleichen, Schwerter werden gehoben und Äxte über die Schulter geworfen, aber sein Auftrag schützt das wenige Leben. Nachdem er wieder in dem Loch am Hang verschwand, aus dem sie kamen, befiehlt Dwalin den Rückzug.

Einige wenige Kameraden müssen gestützt werden und ich bin froh, dass Oin sowie ein Heiler der Rohirrim im Lager auf sie warten, um die Wunden wirkungsvoll versorgen zu können. Auch ich helfe einen von ihnen zurück. Ein blutjunger Krieger, gerade erst seine Reife erreichte er vermutlich. Sichtlich unangenehm ist es ihm, so schwer zerschunden zu sein, aber ein Ork traf ihn von hinten und verletzte den Oberschenkel, wie er mir derweil kleinlaut erzählte. Mit einem Streifen Verbandsstoff, den ich mir angewöhnte immer mitzuführen, versuchten wir die Blutung zu stoppen. Jedoch bald schon sickert das Rot durch die Lagen hindurch. Sorgen mache ich mir darum und bin erleichtert, als wir endlich den kleinen Hügel überschritten und das Feldlager erreichen.

Sofort kommen Krieger beider Rassen näher und nehmen uns die Verletzten ab, um sie zum Krankenzelt zu bringen. Ich folge ihnen, nachdem Sigrun mir, nicht ohne zuzugeben, dass sie vordem ihre Zweifel daran hegte, für den guten Kampf dankte und ich sie bat, Bofur beruhigend auszurichten, dass es mir gut geht.

Die schweren Stoffe, die ich um einzutreten beiseiteschieben muss, halten die Hitze des Sommertages fern und verhindern gleichzeitig, dass der Geruch nach Kräutern, Ölen und allerhand medizinischen Tinkturen gen draußen dringt. Ein unverwechselbares Gefilde der Heilung schaffen sie somit. Oins Wirkungsstätte zu Hause und der Raum, in dem er seine Ingredienzien lagert, beschwören dies ebenfalls herauf. Allein das Einatmen der Düfte und die bedächtige Ruhe, mit der sich die Heiler durch den Dunst bewegen, bewirken eine Besserung.

Die verwundeten Krieger wurden in provisorische Lager aus auf den Boden ausgebreiteten Decken gelegt. Oin kniet gerade neben dem Jungen, den ich hierher schleppte, und näht die Wunde an seinem Bein. Unbesorgt sieht er aus, was mich erleichtert.

„Bist du ebenfalls verletzt?", fragt plötzlich ein herantretender Mann, der zwei Schüssel mit vermutlich reinigenden Sud schleppt. Der langsam ergrauende Bart lässt ihn wohl älter erscheinen, als er tatsächlich ist, denn wach und wissend schimmern die blauen Augen, die Vielen seines Volkes zu Eigen sind. „Ich möchte helfen", erwidere ich zuversichtlich, dass man meine Unterstützung benötigt. „Einiges an Erfahrung in der Versorgung von Wunden kann ich aufweisen."

Der Mann, offensichtlich der Heiler der Rohirrim, schaut mich jedoch kritisch an. Noch immer meinen Helm und die blutverschmutzte Rüstung trage ich. Auch werden Hände und Gesicht nicht gerade tauglich sauber sein. Ich zweifle plötzlich selbst daran, dass dies eine gute Idee war, jedoch, „lass sie sich nützlich machen, wenn sie möchte, wir können jede Hilfe gebrauchen", bestärkt Oin unvermutet das Angebot, während er noch nicht einmal von der Wunde die er versorgt aufschaut. Der Menschenheiler nickt schließlich. „Aber wasch dich vorher, dort stehen Schüsseln dafür bereit", knurrt er dennoch missgelaunt, deutet mit einem Nicken in die Richtung, aus der er kam, und verschwindet dann hinter einem einen kleinen Bereich des Zeltes abtrennenden Vorhang, der wohl den leidenden Anblick eines Schwerverletzten verbirgt.

Natürlich befolge ich seinen Befehl. Kühl ist das Wasser. Eine Wohltat seine reinigende Wirkung, denn das Blut der Orks brennt auf der Haut. Eine Stelle an meiner Hand vermochte es sogar schon zu beschädigen. Ein kleiner Fleck nur ist es, gerötet und trocken, aber unbehandelt von einer speziellen Salbe aus Moosbeeren, die jeder Krieger mit sich führt, kann er sich schnell ausbreiten und zu einer tödlichen Vergiftung führen. Ich werde Sigrun oder Bofur nach ihr fragen müssen, denn wie mir plötzlich einfällt, habe ich vergessen, sie mitzunehmen. Prüfend blicke ich umher, ob sich niemand in meiner unmittelbaren Nähe befindet, und nehme den Helm ab. Kaum schmutzig ist das Gesicht, aber auch auf ihm prickelt die Klarheit des Wassers und schenkt neue Energie nach dem ersten von noch so vielen bevorstehenden Kämpfen.

Meine Rüstung findet einen vorübergehenden Platz neben dem Tisch, auf dem die Schüssel stand, aber alsbald wird mir nun bewusst, dass ich eines nicht bedachte. Unerkannt kann ich mich nun nicht mehr bewegen, denn jegliche wohlüberlegt Tarnung legte ich ab. Daher eine Alternative, die nicht allzu auffällig ist, muss ausgemacht werden. Ich finde sie schließlich in einem Tuch, das eigentlich für das Verbinden größerer Wunden gedacht ist, und dass ich mir nun um den Kopf binde, damit zumindest die verräterischen Haare versteckt werden. Oins Blick ist in solcherlei Situationen starr gerichtet auf seine Patienten. Schon oft erlebte ich, dass er für anderes in seiner Umgebung geradezu blind wird. Ich hoffe daher, dass er mich nicht erkennen wird.

Sicherheitshalber aber, frage ich doch zuallererst den Menschenheiler, welche Hilfe er von mir verlangt. „Du könntest mir bei der Waschung der Wunden helfen, wir müssen die Verunreinigungen der Orkwaffen aus ihnen spülen, damit sie sich nicht entzünden." Ich nicke zustimmend, erinnere ich mich doch nur allzu gut daran, welch verheerende Ausmaße solch eine Infektion hervorbringen kann.

Sorgsam versorgen wir eine Verletzung nach der anderen, tragen Salben und Tinkturen auf, verbinden, und sprechen Mut zu, denn keine erweckt den Anschein tödlich zu sein. Etliche Krieger schreiten bereits, nachdem sie uns dankten, erhobenen Hauptes hinaus. Heute Abend werden sie wieder kämpfen. Dem Heiler der Menschen erstaunt dies jedoch und ich kläre ihn auf, dass Zwerge weniger Schmerz empfinden und selbst schrecklich erscheinende Wunden ihren Kampfeswillen nicht im geringsten mindern können.

Langsam leert sich das Zelt, nur die, denen sogar Oin eine Zeit lang Ruhe verordnet, bleiben zurück. Unter ihnen auch der junge Zwerg. Mit einem sanften Lächeln setzte ich mich zu ihm, nachdem alle versorgt wurden und die Heiler sich zurückzogen, um die verbliebenen Materialien zu sortieren und wieder bis zum nächsten, bald bevorstehenden Einsatz zu verstauen.

„Wie geht es Euch?", erkunde ich mich möglichst leise, fürchtend, dass Oin vielleicht meine Stimme vernehmen könnte. Er sieht auf. Kindlicher erscheint sein Gesicht durch die vielen Sommersprossen, die Nase und Wangen besprenkeln. Sein erster Kampf überhaupt wird dies gewesen sein. Mutmaßlich jugendlicher Leichtsinn und das unvernünftige Bestreben, sich beweisen zu müssen, trieb ihn dazu sich freiwillig zu melden.

„Gut ... soweit", antwortet er mit gerunzelter Stirn. Vermutlich erkennt er mich nicht wieder, so gänzlich ohne die Rüstung. „Ich wollte Euch nur dahingehend beschwichtigen, dass Ihr Euch ob der Verletzung nicht grämen müsst", erinnere ich ihn an die empfundene Verunzierung seines Namens, die er mir auf dem Rückweg anvertraute. Nun endlich wird ihm klar, wer dort kniet, und groß werden seine Augen. „Niemals hätte ich vermutet, dass sich eine solche Schönheit unter dem Helm verbirgt!", offenbart er mit der gleichen jugendlichen Euphorie, die ihn auf das Schlachtfeld trieb. Sein Kompliment beschämt daher, denn in den Kreisen, die mich umgeben, wird solcherlei nicht so offenherzig verkündet. Selbst Dwalin verpackt seine Einschätzung des Aussehens in galante Worte, die würdigen, aber nicht in Verlegenheit bringen. Jedoch nachsichtig bin ich. Ihn zu schelten ergebe keinen Sinn. Vermutlich aus niederem Hause stammt er und in diesen ist es von Gebrauch, seine Empfindungen freimütig darzulegen. Was gleichwohl nicht immer schlecht sein muss.

Einen Moment noch unterhalten wir uns, dann wird es Zeit für mich zu gehen. Das Abendrot ist nicht mehr fern und in Kürze werden die Armeen gesammelt ausziehen, um den Orks erneut entgegenzutreten. Vorher etwas essen muss ich dringend, denn der Magen knurrt seit geraumer Zeit seinen Unmut darüber, dass ich das Mittagsmahl ausließ. Das Versprechen, bald wieder nach ihm zu sehen, beendet meine Verabschiedung.

Die Rüstung liegt noch an ihrem Platz und gerade den Helm stülpe ich mir wieder über, da betritt Oin hinter mir den Raum. „Du solltest dich beeilen", sagt er, nachdem ich mich erschrocken zu ihm umwendete. „Wie mir soeben mitgeteilt wurde, ist Thorin auf den Weg hierher." Ich erstarre entsetzt. Er kann mich nicht erkannt haben. Ausgeschlossen ist dies, denn penibel achtete ich darauf, ihm nicht ungetarnt zu begegnen. „Habt Dank für die Auskunft, Meister Oin, aber ich verstehe nicht, warum mich dies zur Eile antreiben sollte", stottere ich daher eine Abwehr.

Oin lacht jedoch dem Versuch nachsehend, ihn weiter zu trügen. „Kindchen, denkst du etwa, ich erkenne dich nicht an Stimme, Gang und Statur? Schon als du das Zelt betratest, wusste ich, wer du bist." Seine Offenbarung schaudert mich. So leicht bin ich also zu durchschauen!?

Schuldbewusst senke ich den Blick, denn natürlich auch er kennt Thorins Befehl. „Bitte verratet mich nicht", flehe ich reumütig, einen winzigen Funken Hoffnung im Herzen tragend, dass er der Pflicht mein Vergehen zu melden wenigstens ein paar wenige Tage nicht nachgeht.

Oin kommt näher, legt mir eine von Gutmut schwere Hand auf die Schulter. „Das werde ich. Ehrlich gesagt, keiner von uns rechnete wirklich damit, dass du still und brav wie es sich für eine Edelfrau gehört, zuhause verweilen wirst, selbst Thorin, jedoch hofften wir darauf. Ungern will ich den anderen diese Zuversicht nehmen."

Einen großen Dienst erweist er mir damit, den ich wohl niemals gebührend abgelten kann. „Versprich mir nur, vorsichtig zu sein, denn wenn du verletzt wirst, muss ich bei allem Wohlwollen, das ich dir nur allzu gerne schenke, Thorin darüber in Kenntnis setzen." Natürlich sichere ich ihm dieses zu und er umarmt mich zum vorläufigen Abschied, da sich meine erfahrenden Hände in den bevorstehenden Tagen wohl noch öfters nützlich machen werden.

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