Kapitel 35

Lange waren sie nicht mehr wach geblieben. Es war immerhin schon Abend, es war dunkel und die Nacht brach herein. Thalia hatte Angeboten, die erste Nachtwache zu übernehmen. Währenddessen würde Kili sich etwas ausruhen und sie nach ein paar Stunden ablösen. Zwar hatte sich der jüngere Prinz anfangs dagegen gesträubt, aber dann hatte sie es geschafft ihn zu überreden. Schnell war er eingeschlafen, der Tag war ja auch wirklich lange gewesen und sie waren viel unterwegs gewesen. Da war der Schlaf mehr als wohlverdient. 

Nachdenklich sah sie ins Feuer. Wie würde es wohl werden, wenn sie wieder Zuhause wären? Würde alles wieder gut sein? Würde sie immer noch Angst haben müssen, dass jemand ihr etwas antun wollte? Sie hoffte das dem nicht so war. Zwar waren nicht allzu erfreute Reaktionen zu erwarten gewesen, allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, dass jemand tatsächlich so weit gehen würde und versuchen würde ihr wirklich Leid zuzufügen. Nun ja, sie würden ja sehen was wäre. Aber sie war auch gespannt über die Reaktionen, wenn herauskäme das sie sich mit Kili verlobt hatte. 

Oh, bei allen Valar, wann gab es je eine Zeit, in der man sich nicht sorgen musste?

 Ein Rascheln im Gebüsch ließ sie aufschauen, ihre Hand glitt sofort zu dem Schwert, das neben ihr auf dem Boden lag. Was war das gewesen? Erneut ein Rascheln. Leise stand sie auf, die Waffe fest und sicher in ihrer Hand. Es war doch die ganze Reise ruhig gewesen. Wenn jetzt etwas passierte würde sie Kili schnell wecken, aber wer wusste schon was das im Gebüsch war? Vielleicht auch nur ein Tier. Thalia zuckte zusammen, als es erneut raschelte und ein Kaninchen schnell aus dem Dickicht gehoppelt kam und wieder auf der anderen Seite der Lichtung im Wald verschwand. 

Phu, also wirklich nur ein Tier. Beruhigt setzte sie sich wieder hin und warf einem Blick zu dem schlafenden Zwerg. Wie friedlich er doch aussah, wenn er schlief. Seine Gesichtszüge waren entspannt, er hatte die Decke bis zum Kinn gezogen, das Haar war schon jetzt wieder unordentlich. Niemals hätte sie gedacht, dass sie beide es so weit bringen würden. Anfangs hatten sie alles noch geheim gehalten, hier und da Küsse ausgetauscht, wenn niemand zusah, ab und an die Hand des anderen gehalten, wenn niemand dagewesen war.

 Ein Geheimnis aus dem gemacht, was sie füreinander fühlten.

 Sie war so froh sich nun nicht mehr verstecken zu müssen. Sie hatte sogar Angst gehabt, wie die Lady Dis darauf reagieren würde, dass ihre Zofe etwas mit ihrem Sohn hatte, aber die Zwergin hatte sich sehr für sie beide gefreut. Dis hatte immerhin auch schon zuvor geahnt, dass da etwas zwischen ihrem Sohn und der Halbzwergin war. Auf Thorins Geburtstagsfeier hatte sie die beiden miteinander tanzen gesehen, hatte sie lächeln sehen, hatte sie miteinander aus der Halle verschwinden sehen. Sie hatte schon über die beiden bescheid gewusst, da hatten es nicht einmal Kili und Thalia gewusst.

 Thorin hatte es, nun ja, auch akzeptiert. Anfangs war er ja wirklich hart gewesen, hatte nicht nachgeben wollen, wie üblich eben. Doch mittlerweile freute sich auch der König unter dem Berge für seinen jüngeren Neffen. Und Fili freute sich sowieso für seinen kleinen Bruder. Das stand außer Frage. Er hatte ja schon von Anfang an vermutet, dass sein Bruder sich auf einmal ziemlich für die blondhaarige zu interessieren schien. Und was dann? Dann hatte er auch schon um sie geworben. Sein gutes Gespür hatte ihn also nicht im Stich gelassen. 

Thalia beugte sich herab, bevor sie Kili einen Kuss auf die Stirn drückte, ehe sie die Decke etwas mehr über ihn zog. Der Zwerg murmelte im Schlaf etwas, lächelte bei dem Kuss sogar ein klein wenig, bevor seine Gestalt wieder ruhig liegen blieb und sich seine Brust gleichmäßig hob und senkte. 

Knack. 

Das Geräusch durchdrang die Stille, ließ sie schnell den Kopf heben. Das war kein Kaninchen gewesen. Das war ein lauteres Knacken gewesen. Sie spähte in die Dunkelheit, versuchte etwas zu erkennen. Nichts. Es war unmöglich etwas zu sehen. Sollte sie Kili wecken? Aber wenn es kein Ork war, sondern wieder nur irgendein Tier, hätte sie ihn umsonst geweckt. Sie würde kurz nachsehen. 

Die Halbzwergin griff nach ihrem Schwert, ehe sie aufstand und ins Dickicht lief. Sorgsam sah sie sich um, lauschte ganz genau, das Schwert für den Notfall zur Verteidigung fest in der Hand. Sie betete das es keine Orks waren. Und wenn es welche waren dann doch bitte nicht zu viele. Außerdem wollte sie Kili nicht zu lange allein lassen, nicht das er im Schlaf dann überrascht wurde und ihm dann etwas passierte. Erneut lauschte sie, jedoch nichts. 

Plötzlich schlang sich ein Arm von hinten um sie, eine Hand presste sich auf ihren Mund, erstickte ihren Schrei. Der Schock war anfangs so groß, dass sie nicht groß etwas machen konnte, das Tuch, das auf ihren Mund gepresst wurde schien mit einer betäubenden Essenz getränkt zu sein, denn sie fühlte wie ihre Beine schwächer wurden und ihre Sicht verschwamm.

 Thalia versuchte sich zu fassen, trat dem nicht zu erkennenden Angreifer fest gegen das Schienbein, jedoch brachte das nichts. Langsam, aber sicher verlor sie das Bewusstsein, das Schwert fiel ihr aus der Hand, landete auf dem erdigen Boden. Sie wurde hochgehoben, über eine Schulter geworfen und weggetragen. Das war dann das letzte das sie sah, ehe sich ihre Augen schlossen und die Bewusstlosigkeit sie übermannte. 

Kili bekam von alledem nichts mit. Der Zwergenprinz schlief nichtsahnend seelenruhig weiter, während die Glut des Feuers langsam erlosch.

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