Kapitel 29

Sie konnte nicht aufhören über diese Gestalt im Gang nachzudenken. Hatte sie sie sich wirklich nur eingebildet? Oder war sie doch real gewesen? Aber sie war so schnell verschwunden, binnen weniger Sekunden war da niemand mehr gewesen, die Schritte waren mit einem Mal auch verstummt. Nein, sie musste es sich eingebildet haben. Vermutlich hatte sie das falsche spannende Buch gelesen und sich deshalb diese merkwürdigen Sachen eingebildet. Ja, ganz genau, so musste es gewesen sein.

 Kili hatte sie nochmals gefragt ob wirklich alles in Ordnung war, der jüngere Prinz hatte bemerkt das etwas mit ihr nicht stimmte. Aber sie hatte nur abgewinkt und gelächelt, hatte gemeint das alles in Ordnung war und er sich doch keine Sorgen um sie machen musste. Nicht wegen einer Sache die sie sich nur eingebildet hatte. 

Kili konnte sich nur denken, wie schwer es manchmal für sie war, alle Augen lagen auf ihr, nicht nur freundliche Blicke, erst recht jetzt nicht. Ein wenig schuldig fühlte er sich auch, immerhin war er ja daran „schuld". Er hoffte nur das die Leute ihre Meinung irgendwann ändern würden. Das hoffte er wirklich. 

Jedoch, auch die nächsten paar Tage fühlte sie sich, wann immer sie ihr Zimmer verließ, um entweder ganz nach draußen zu gehen oder durch den Erebor zu wandern, beobachtet. Doch immer, wenn sie sich umsah, konnte sie niemanden sehen der ihr verdächtig folgte oder sonst etwas. Bei allen Valar, wurde sie etwa paranoid? Ein paar Mal hatte sie auch wieder die Schritte hinter sich gehört, hatte jedoch nicht wieder die schwarz vermummte Gestalt gesehen, wie neulich, bevor sie auf Kili gestoßen war. Das war wirklich seltsam. Sobald sie dann jedoch bei Kili war, oder bei Dis, ging das Gefühl beobachtet zu werden wieder weg. 

Vielleicht hatte sie zu wenig geschlafen. Oder zu wenig gegessen und getrunken, weshalb ihr Verstand ihr nun Tag für Tag aufs Neue Streiche spielte. Das musste doch irgendwann aufhören. 

An diesem Abend war sie noch spät in der Bibliothek. Sie hatte Balin noch etwas geholfen die alten Bücher wieder in die Regale zu räumen, ein paar andere vom Staub zu befreien und wieder andere wieder an ihren ursprünglichen Platz zu stellen. Danach jedoch war der ältere Zwerg gegangen, hatte ihr eine Gute Nacht gewünscht. Balin war ja nicht nur der Bibliothekar, er war Berater des Königs und trug noch einige andere Aufgaben des Erebor, da war es verständlich das er auch mal schneller müde wurde. Sie jedoch blieb noch etwas länger, eines der alten Bücher hatte ihre Aufmerksamkeit erregt und sie hatte es einfach nicht lassen können einmal hineinzulesen.

 Das „Hineinlesen" dauerte nun schon fast 3 Stunden, es war sicher schon mitten in der Nacht, vielleicht kurz vor Mitternacht, sie wusste es nicht so genau. Irgendwann jedoch wurden ihre Lider auch schwerer, sie konnte sich nicht mehr auf das konzentrieren das da vor ihr lag und schlug das Buch zu. Die Seite hatte sie sich gemerkt, sie würde ein andermal daran weiterlesen. Jetzt jedoch würde sie zu Bett gehen. 

Müde rieb sie sich die Augen, nahm die Kerze auf dem Sockel und ging mit dieser wieder aus der Bibliothek heraus. Es war totenstill, leises Knistern, das von den Fackeln kam war das einzige Geräusch das sie hörte. Sonst nichts. Leise machte sie sich auf den Weg zurück zu ihrem Zimmer, mit dem Kopf schon halb im Bett.

 Bis sie es wieder hörte.

 Das Geräusch. 

Das ihr mittlerweile zu vertraute Geräusch. Schritte. Nicht ihre eigenen, nein, die waren so leise, dass sie sie kaum hörte. Aber die anderen hörte sie dafür umso besser. Mit einem Mal war die Müdigkeit wieder wie weggeblasen, nun war sie wieder wach. Sie machte dasselbe Muster wie vor 5 Tagen, sie bog vier Mal links ab, bedeutete sie lief im Kreis. Würde sie die Schritte weiter hören hieß dies, dass ihr jemand folgte. Würden sie verstummen war es entweder nur eine Wache gewesen oder eben ein anderer Zwerg, der noch recht spät unterwegs war. Kurz blieb sie stehen, versuchte leise zu atmen, ganz genau hinzuhören. 

Taps, Taps, Taps.

Die Schritte waren immer noch da, jemand folgte ihr. Sie hatte es sich doch nicht nur eingebildet in den letzten paar Tagen, die ganze Zeit war ihr jemand gefolgt und sie hatte angenommen das das nur eine Sache der Einbildung war. Von wegen. Thalia drehte den Kopf, sah aber nur den dunklen Gang hinter sich, sonst nichts. Einfach schnell zurück zu ihrem Zimmer. Jedoch, auch während sie stand, die Schritte stoppten nicht.

  Taps Taps Taps. 

Immer näher kamen sie, sie ging ein paar Schritte rückwärts und sah weiter in die Dunkelheit. Bis sich eine Gestalt daraus löste. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen kam wieder die schwarz vermummte Gestalt zum Vorschein, ging langsam auf sie zu. Dann, etwas Silbernes schimmerte auf. Ein Schwert.

 Scharf blitzte der kalte Stahl auf, während die Gestalt immer weiter auf sie zukam, die Schritte wurden etwas schneller. Was stand sie hier nur so herum? Thalia fasste sich wieder, hob den Saum ihres Kleides fest und machte kehrt, bevor sie schnell den Gang entlanglief, auch die Schritte hinter ihr beschleunigten sich. Die Gestalt folgte ihr immer noch!

 Bis zu ihrem Zimmer war es noch so weit. Warum war es nur so weit weg? Die Schritte hinter ihr wurden schneller, lauter. Das hieß das die Gestalt näher kam. Thalia rannte nun, egal wohin, Hauptsache weg. Die Gestalt hatte ein Schwert gezogen, verfolgte sie nun. Würde sie langsam machen und sich einholen lassen, endete das sicher nicht gut. Wo sollte sie auf die schnelle nur hin? Zurück zur Bibliothek? Nein, da säße sie in der Falle. 

War Kilis Zimmer nicht ganz in der Nähe? Aber es war mitten in der Na...sie würde sich dann bei ihm entschuldigen. Die Schritte hinter ihr wurden ebenfalls schneller, kamen immer näher. Als sie die Tür sah machte sie größere Schritte, griff nach der Klinke und drückte sie nach unten, bevor sie schnell in den Raum stolperte und die Türe fest wieder schloss. 

Kili, der noch an seinem Arbeitstisch gesessen hatte, drehte sich erschrocken um und ließ das Blatt Pergament in seiner Hand sinken. „Thalia? Amralímé, was machst du noch so spät? Konntest du nicht mehr bis zum nächsten Tag abwarte..." Begann er scherzend, brach jedoch ab und stand auf, ehe er zu ihr ging. Sie war ja ganz außer Atem. Die letzten paar Tage hatte sie sich schon so komisch verhalten, aber im Vergleich zu jetzt...

 „Ist etwas passiert?" fragte Kili besorgt, bevor sie auch schon die Arme um ihn legte und das Gesicht in seiner Schulter vergrub.

 Etwas stimmte ganz und gar nicht.

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