Kapitel 28
Mittlerweile schien es wirklich der ganze Erebor zu wissen. Gut, gab es etwas Neues in der königlichen Familie, wurde dem Volk entweder recht schnell davon berichtet oder sie sahen es und sprachen es selbst überall herum. Thorin hatte deshalb schon einige Diskussionen geführt. Es war klar gewesen das nicht alle es so gutheißen würden, wenn sein Neffe die Zofe seiner Schwester umwarb. Aber er schaffte es meistens die aufgebrausten Lords wieder zu beruhigen. Sein Neffe hatte die Wahl getroffen, die er für richtig hielt, also war sie auch richtig. Er würde niemanden zwingen irgendwas zu tun.
Besonders nicht nach der Sache mit Admina. Die Zwergin war ein paar Tage später entrüstet mit ihrem Vater zu ihm gekommen und hatte darüber geklagt wie „überaus unfreundlich und unhöflich" Kili sich an dem Abend verhalten hatte. Tja, da hatte sie nur einen Part ausgelassen. Nämlich den in dem sie Thalia beleidigt und sie gedemütigt hatte, nur um dann Kili zu Nahe zu kommen und etwas zu tun das er nicht gewollt hatte. Sein Neffe hatte es ihm davor schon erzählt. Unmöglich diese Frauen, manchmal. Aber nun war die Sache ja geklärt. Kili hatte nichts mehr mit Admina zu tun und konzentrierte sich nun ganz darauf Thalia zu umwerben. Das erste Geschenk hatte er ihr ja schon gemacht, die kleine Perle, die in ihr Haar eingeflochten war.
Das ganze wurde von Zwergen ziemlich ernst genommen. Weibliche Zwerge entschieden sich nicht immer zu heiraten. Außerdem hatte es auch schon einige Fälle gegeben in denen die Zwergenfrau das Umwerben wieder abgebrochen und sich doch gegen ihren ehemals zukünftigen Partner entschieden hatte. Das war wohl die größte Angst eines jeden Zwerges, der jemanden umwarb. Abgelehnt zu werden.
Davor hatte sogar Kili schon Angst, er hatte schon ein paar Mal mit seinem Bruder geredet und sich dann wieder von ihm beruhigen lassen. Thalia würde das ganze nicht abbrechen. Da war er sich sicher. Für seine Mutter arbeitete sie nicht mehr, das hatte er ihr „verboten". Er wollte nicht dass sie weiter diese Arbeiten verrichten musste, auch wenn es nun wirklich keine unangenehmen Arbeiten gewesen waren. Dennoch. Er hatte mit seiner Mutter geredet, Dis hatte ihm da voll und ganz zugestimmt. Das Ganze, seitdem sie es offiziell gemacht hatten, war nun schon ein paar Wochen her.
Nun, ein paar viele Wochen schon, 8 Wochen war es schon her. Sein Onkel schien auch damit zu hadern, ob er der Zwergin, an der er Interesse hatte, auch das Ritual der Werbung vorschlagen sollte. Da war er mal gespannt. Vielleicht bekamen die beiden Brüder ja doch noch eine Tante. Jedenfalls hatte der junge Prinz seiner Liebsten mittlerweile schon zwei weitere Dinge geschenkt. Das Schenken war ein normaler Akt während des Werbungsrituals, man machte es, bis man irgendwann den Heiratsantrag stellte. Wenn die Zwergin dann zustimmte, konnte sie nicht mehr, es sei denn es gab ein paar Ausnahmen, von dem ganzen zurücktreten. Schließlich hatte man bis dahin schon eine ganze Weile miteinander zu tun gehabt. Und man hatte ja die Wahl, eine Zwergin würde nie gezwungen werden einer solchen Sache gegen ihren Willen zuzustimmen. Ein Zwerg natürlich auch nicht. Aber das war ja bei ihnen beiden nicht der Fall und würde auch sicher nicht so sein.
Beide waren glücklich darüber das sie sich nun nicht mehr verstecken mussten. Auch wenn Thalia wusste das nicht alle das ganze so guthießen und gut fanden wie sie selbst. Manche behaupteten gar sie täte das nur um schlussendlich irgendwann an den Thron zu kommen. Vollkommener Blödsinn. Sie war seit Ewigkeiten im Dienst der Königsfamilie, also hätte sie sicher "schon einige Chancen gehabt".
Aber ihr ging es nicht darum. Sie würde Kili genauso sehr lieben, wenn er nur ein „normaler" Zwerg war, sie liebte ihn als Person, nicht den Titel und den Rang den er hatte.
Das Zimmer teilen durften sie sich jedoch nicht, sehr zum Missfallen von Kili, aber seine Mutter war da sehr streng. Das duften sie erst wenn sie verlobt oder gar verheiratet waren. Also blieb vorerst jeder in seinem eigenen Zimmer. Was nicht hieß das man einander nicht besuchen oder sehen durfte.
Als sie eines Tages über den Markt schlenderte, sie ließ es sich dann doch nicht nehmen ein paar Besorgungen für Dis zu machen, spürte sie wieder die Blicke auf sich. Keine netten Blicke. Viele davon eher verachtend, kritisch oder gar anklagend. Das passierte ihr mittlerweile täglich, aber das Gefühl wurde dadurch nicht leichter zu ertragen. Es drückte wie ein schweres Gewicht auf ihre Schultern, schien sie zu Boden drängen zu wollen. Aber nicht mit ihr. Sie würdigte keinen der guckenden mit einem Blick. Wenn sie dachten das sie sie so dazu bringen konnten doch nachzugeben dann irrten sie sich. Nicht mit ihr.
Während die junge Frau über den Markt lief, bemerkte sie jedoch nicht die verhüllte Gestalt die ihr, unbemerkt durch die vielen Leute die unterwegs waren, folgte. Die ganze Zeit hatte er ein Auge auf sie, beobachtete jede ihrer Handlungen, jeder ihrer Schritte. Er wusste das das Volk bei der ganzen Sache zwiegespaltene Meinungen hatte, er selbst stimmte der Mehrheit zu. Das war nicht richtig. Diese ganze Umwerbung dieses...dieser Waisen. Und er musste seinem Herrn Bericht erstatten, wenn er am Abend zu ihm zurückkehrte. So lange jedoch würde er die Halbzwergin im Auge behalten.
Irgendwann beschlich Thalia doch das ungute Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Sie drehte den Kopf, sah aber nichts als die vielen anderen Zwerge, die herumwuselten. Seltsam...vielleicht hatte sie es sich nur eingebildet. Leicht den Kopf schüttelnd lief sie weiter, jedoch das Gefühl verfolgt zu werden ließ sie immer noch nicht los. Erneut drehte sie den Kopf, sah sich etwas genauer um. Hier ein Zwerg mit roten Haaren, da einer mit braunen, da einer mit blonden, da ein älterer mit einem weißen Bart, da eine verhüllte Kapuzengesta....
Moment.
Eine verhüllte Kapuzengestalt.
Im einen Moment sah sie sie noch, im nächsten schon wieder nicht. Thalia beschleunigte ihre Schritte etwas und beschloss den Markt zu verlassen. Jetzt bildete sie sich noch Dinge ein. Um diese Zeit des Tages waren die meisten Zwerge bei ihrer Arbeit, entweder in den Schmieden, auf dem Markt oder sonst wo, weshalb die Korridore größtenteils leer waren. Den Korb mit den Besorgungen unter den Arm geklemmt schlenderte sie durch den langen, stillen Gang, versank etwas in Gedanken. Bis sie es hörte.
Schritte. Nicht ihre eigenen, nicht nur. Da war noch ein zweites Paar Schritte. Bildete sie sich das wirklich nur ein? Oder war das doch Realität. Sie lauschte, ganz genau und blieb kurz stehen. Das Echo ihrer eigenen Schritte verstummte, das andere endete kurz danach. Schnell bog sie um die nächste Ecke nach rechts, dann nahm sie die nach links, wieder hörte sie die Schritte, wieder dicht hinter ihr. Als sie den Kopf drehte sah sie wieder die Kapuzengestalt, die vom Marktplatz. Sie folgte ihr! Schnell bog sie um die nächste Ecke, knallte daraufhin allerdings direkt in jemanden hinein.
„Bei Durin, du hast es aber eilig Ghivashel" meine Kilis belustigte Stimme, während er die Hände an ihre Schultern legte. Schnell warf sie einen Blick zurück, bevor sie wieder zu ihm sah. „Thalia, ist alles in Ordung?" fragte der Zwerg nun doch etwas besorgter.
Vielleicht hatte sie sich das wirklich nur eingebildet. Vielleicht war die Gestalt von gerade eben nicht echt. „Ich...ja, alles in Ordnung. Ich war wohl nur etwas zu schnell unterwegs" sagte sie und lächelte leicht. Kili nickte etwas, ehe auch er wieder lächelte und ihre Hand nahm. „Na komm, lass uns zum Mittagessen gehen" meinte er und zog sie sachte mit, in die entgegengesetzte Richtung, aus der er gekommen war. Thalia warf noch einen Blick über ihre Schulter, hörte hin, ob sie nicht doch wieder das zweite, nun das dritte paar Schritte hörte.
Aber nichts. Die Kapuzengestalt war verschwunden.
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