Kapitel 17


Er hatte mit ihr von dem Fest weggehen wollen. Nicht, dass ihm die Feier nicht gefiel, es war schön alle so ausgelassen zu sehen, aber er wollte jetzt mit ihr alleine sein. In Ruhe, ungestört, er wollte Zeit mit ihr verbringen ohne das alle sie dabei anstarrten. Fackeln und Lichter beleuchteten die Gänge des Erebor, orange-rotes Licht flackerte an den Steinwänden und kein Laut, außer den ihrer Schritte und der Musik der jetzt weiter entfernten Feier war zu hören. Kili hielt ihre Hand weiterhin in seiner, er wollte sie noch nicht wieder loslassen, jetzt, wo er sie schonmal halten konnte. 

Immer noch spürte er dieses Kribbeln, diese angenehme Wärme. Er fühlte sich so wohl bei ihr. Und er wollte keine Fehler mehr machen, wie den neulichen, ziemlich plötzlichen, Kuss. Das riskierte er nicht noch einmal, sie hatte ihn ewig ignoriert und war ihm aus dem weg gegangen. Nein nein, da reichte einmal wirklich. Die Stille war keineswegs unangenehm, fand Thalia, es war eine angenehme Stille zwischen ihnen beiden. Das er immer noch ihre Hand hielt fiel ihr erst nach einer Weile auf, jedoch sagte sie nichts. Sie genoss es einfach, für den Moment. Wahrscheinlich einer der wenigen, in der sie dies tun konnte...Sorgen sollten jetzt keinen Platz in ihrem Kopf haben. 

Die beiden gingen eine Steintreppe nach oben, ewig lang schien sie, als würde sie nie mehr enden, jedoch tat sie es irgendwann doch. Durch die Öffnung gelangte man ins Freie, ein steinerner Austritt der mitten in die Seite des Berges gemeißelt worden war wie es schien. Sie hatte gar nicht von diesem Ort gewusst. Die Nacht war klar, der Mond prangte am Himmel und tauchte alles in ein silbriges Licht. 

„Ich wusste nicht dass es diesen Ort gibt" murmelte sie erstaunt und sah sich etwas um. Von hier aus war die Sicht großartig, so weit hatte sie noch nie sehen können, man sah beinahe den ganzen Grünwald. Und der See wirkte so winzig. „Das wusste ich anfangs auch nicht. Ich bin durch Zufall darauf gestoßen und komme immer her, wenn ich Ruhe brauche oder nachdenken will" sagte Kili mit einem leichten Lächeln und musterte sie von der Seite aus. Wenn sie sich so neugierig umschaute, hatten ihre Gesichtszüge Ähnlichkeit mit denen eines Kindes. Die Augen etwas mehr geweitet als sonst und den Mund vor Erstaunen leicht geöffnet.

 Der junge Prinz trat näher mit ihr an den Rand, legte seine Hand auf das Geländer und blickte über die weiten Ebenen des Landes. „Ich wusste gar nicht dass du solche Feiern nicht magst" begann er nach kurzer Stille und drehte den Kopf zu der jungen Halbzwergin neben ihm. Thalia lächelte etwas. „Das war noch nie meine Welt. Kleinere Feiern ja, aber so große...buchstäblich halb Mittelerde ist da unten in der Halle" scherzte sie belustigt, bevor sich ihr Kopf ebenfalls zu ihm drehte. Ein leises Lachen fiel über seine Lippen, bevor er zustimmend nickte. „Ja, da hast du vermutlich recht....frage ich dich zu viel? Ich hab dich schon vorher so viel gefragt" meinte Kili sicherheitshalber. Aber er war neugierig. 

Er wusste sicher noch nicht alles von ihr, da war er sich sicher. Und so langweilig wie sie sich selbst sah war sie keineswegs. Aber er hatte Angst das es zu aufdringlich wirkte, wenn er sie so viel fragte. Außerdem konnte es auch ganz schön gruselig sein so viel gefragt zu werden, das wusste er selber. „Nein, du fragst nicht zu viel. Ich hab nichts zu verbergen, also frag nur was du fragen möchtest". Oh bei Durin, wie ihn das erleichterte. „Wirklich? Gut...weißt du was mich schon immer...naja, seit ich dich kenne, interessiert hat? Wie du in die Dienste meiner Mutter kamst. Das hast du nie erzählt, oder?" fragte er sofort. Da war aber jemand neugierig.

 „Hmm, stimmt. Das hab ich nie erzählt. Aber gut. Deine Mutter hat mich praktisch aufgezogen. Sie hat mir vieles beigebracht und war immer für mich da, wenn ich sie gebraucht hab. Egal bei was, ob ich jemanden zum Reden brauchte, Hilfe bei etwas brauchte oder etwas anderes war. Lady Dis war immer da. Sie hat mir beigebracht zu kochen. Und zu backen. Und sie hat mir auch versucht beizubringen, wie man stickt, aber ich führe bis heute Krieg mit den Sticknadeln" erzählte sie schmunzelnd, bevor Kili lachte. 

„Warum das denn? Was haben dir die Sticknadeln denn getan?" 

„Mir die Finger blutig gestochen, das haben sie getan. Ich hab es irgendwann aufgegeben, naja, ab und zu ‚zwingt' Lady Dis mich noch dazu doch noch zu üben, aber dabei kam bis jetzt nichts gutes bei raus". 

Wenn sie nur wüsste, wie süß sie war...er hatte es aufgegeben dagegen anzukämpfen sie mit dem Wort ‚süß' in Verbindung zu bringen. Es passte, in gewissen Situationen, einfach zu ihr. „Irgendwann, als ich alt genug war, naja, etwas jünger für alt genug war ich schon noch, wollte ich mich Arbeit suchen. Eine feste Arbeit, nicht dieses ab und zu hier und da helfen. Ich hab deine Mutter gefragt ob sie etwas Hilfe brauchen könnte, kochen, putzen, wischen, fegen, Wäsche waschen und aufhängen, ich hätte alles gemacht und übernommen. Anfangs wollte sie mich nicht" erzählte sie weiter.

 „Warum wollte sie dich nicht? Du hast deine Arbeit doch schon immer gut gemacht" meinte Kili verwirrt. Sie nickte. „Deine Mutter wollte mich nicht für sie arbeiten lassen. Sie meinte, dass sie ein schlechtes Gewissen bekommen würde wenn sie mich für sie arbeiten ließe. Ich hab sie doch noch umstimmen können. Und dann hab ich angefangen deiner Familie zu dienen. Ich war...umgerechnet etwa 16 Jahre alt, aber es hat mir Spaß gemacht. Sie hat es sich aber nicht ausreden lassen im Gegensatz für mich zu sorgen. Ich hab es versucht, aber die Lady kann stur..." 

„...wie ein Bock sein" endete er ihren Satz und schmunzelte etwas. Ja, das kannte er nur zu gut. Seine Mutter und sein Onkel waren was Sturheit betraf genau gleich. Nur das seine Mutter schlimmer sein konnte. „Du hast ihre Launen also auch schonmal erlebt" stellte Thalia belustigt fest. „Ich war oft der Grund für ihre Launen" meinte Kili und zwinkerte kurz, bevor er wieder kurz seinen Blick über die Landschaft schweifen ließ. 

„Schön, oder? Ich glaub ich hab von keinem Ort der Welt jemals so weit in die Ferne sehen können" murmelte Kili. „

Ja, das ist es...ich hatte vor einmal auf Reisen zu gehen. Natürlich nur wenn es deine Mutter gestatten würde, aber ich will so viel mehr sehen als das das ich schon kenne. Es gibt noch so viele Orte, so viele Städte oder Landschaften, von denen ich bis jetzt nur gehört habe. Ich wollte mir ein eigenes Bild davon machen" sagte sie murmelnd. Sie war noch nicht viel herumgekommen. Natürlich hatte sie auf ihrer Reise zum einsamen Berg auch einiges gesehen...aber einiges war nicht genug. Sie war so neugierig. War Bruchtal wirklich so schön wie man behauptete? Gondor wirklich so riesig? Und gab es in Rohan so viele Reiter? Kannte vielleicht jemand dort ihre Mutter?.....so wenig das sie über sich selbst wusste. 

Aber vielleicht war es gut, wenn die Wahrheit für immer begraben war. Wer wusste schon was vielleicht wirklich gewesen war? 

„Du wolltest auf Reisen gehen?" jetzt horchte der junge Prinz doch auf. Sie war also an Reisen interessiert. Da hatten sie ja eine Gemeinsamkeit! Ein leichtes Nicken ihrerseits war die Antwort.

 „Auch wenn das wahrscheinlich nicht gehen wird. Ich meine ich stehe im Dienst deiner Mutter, ich kann nicht einfach für eine Weile weggehen. Ich habe so viele Aufgaben..." 

„...die sicher jemand anderes machen könnte, wenn du weg wärst" meinte Kili. Sie sollte sich doch davon nicht zurückhalten lassen. Die Welt stand ihr offen! Sie war jung und unabhängig, sie konnte tun und lassen was immer sie wollte. Was immer ihr Herz begehrte. „Du bist noch so jung Thalia. Lass dich von so etwas nicht zurückhalten. Wenn du auf Reisen gehen möchtest, wird Mutter es dir erlauben. Du kannst tun und lassen was du willst, die Welt steht dir offen, du kannst gehen, wohin du willst". 

War dem wirklich so? Oder sagte er das nur um ihre Hoffnungen nicht zu zerstören?

 „Weißt du...ich hatte einmal vor zu gehen. Nicht nur auf Reisen. Ganz zu gehen, weg vom Erebor" sagte sie und blickte ebenfalls wieder über die Ebenen. Was? Sie hatte vorgehabt ganz zu gehen? Oh Durin, hoffentlich dachte sie nicht immer noch daran. „das ist schon eine ganze Weile her. Mittlerweile habe ich den Gedanken wieder verworfen". Phu, zum Glück. 

„Was hat dich deine Meinung ändern lassen?" fragte er neugierig, aber mit gesenktem Ton.

 Dann drehte sie wieder den Kopf zu ihm, bevor sich ihre Finger ganz vorsichtig mit den seinen verschränkten. Kili drehte den Kopf ebenfalls wieder zu ihr, überrascht von ihrer Handlung, aber auch teilweise.... Unsicher? Konnte man es unsicher nennen?

 Ganz langsam, beugte sie sich vor, ehe ihre Lippen, die seinen trafen und sie ihn küsste. Kili erwiderte den Kuss, zärtlich und vorsichtig, seine andere Hand legte sich auf ihre Wange und wiegte diese liebevoll in seiner schwieligen Handfläche. Der Kuss schien lang, aber auch gleichzeitig so unheimlich kurz, als sie sich langsam wieder löste, ihr Gesicht, dem seinen noch so nah, dass er ihren Atem spüren konnte. 

„Du."

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