2. Kapitel

Aus der Sicht von Mister Gosling.

Ich war gerade dabei, Eve Silvers Lebenslauf noch einmal genauer zu studieren, als ich über ihr Ankommen informiert wurde. Sie war eine viertel Stunde zu früh aber umso früher, desto besser. Sie machte sofort einen seltsamen Eindruck auf mich: Ihre stechend grünen Augen begutachteten kurz mein Büro bevor sie mich fixierten.

Ich spürte es sofort: Diese seltsame Form der Kälte, die in mir hochstieg. Ich wusste nicht was sie war aber menschlich schien mir das nicht. Aber es waren aber wirklich nur diese Augen, die dieses Gefühl in mir auslösten, sonst war alles an ihr normal: Schlanke Gestallt, lange braune Haare, die strähnig-nass über ihre Schultern hingen, etwas verwischte Make-up und um den Halz trug sie eine Kette mit einem Stein daran, der genau die selbe Farbe wie ihre Augen hatte. Doch, Eve Silver war hübsch und war sich dessen nicht unbewusst. Doch ihr stechender Blick hätte jeden Mann dies vergessen lassen.

"Guten Tag, Miss Silver" begrüßte ich sie.

"Guten Tag" erwiederte sie und schüttelte mir über den Schreibtisch hinnweg die Hand.

"Sie haben meinen Brief also erhalten. Ich muss ihnen ja nicht erklähren warum, -setzen sie sich doch- warum wir keine E-Mails versenden."

Sie nickte und mir fiel auf das sie jetzt schon eine beachtlich lange Zeit nicht mehr geblinzelt hatte. Sie starrte mir tief in die Augen und ich konnte nicht anders als zurück zu starren. Jetzt erst fiel mir auf, dass sie mich gerade "las", wie sie es ausgedrückt hatte. Sie konnte gerade sonstwas sehen! Eine wirklich gruselige Vorstellung...

"Habe ich etwas im Gesicht, Miss Silver?" fragte ich höflich aber eindringlich.

Sie blinzelte hastig. "Nein, keineswegs."

"Gut. Also. Ihre Stelle bei uns. Dazu hätte ich vorher noch eine Frage."

"Schießen sie los."

"Haben sie Kampferfahrung?"

"Ein bisschen. Ich hab vor ein paar Monaten aufgehört aber ich hab mal 7 Jahre Kongfu gemacht. Ich glaub, ich hab noch nicht alles vergessen. Wieso ist das von Bedeutung?"

Ich musste schmunzeln. So leicht täuschte sie mich nicht. Wenn sie gerade wirklich in meinem Geist gewesen war (und davon war ich überzeugt), wusste sie genau, warum das von Bedeutung war.
Ich wollte dennoch kein Spielverderber sein und reichte ihr den Zettel mit ihrer Jobbeschreibung. Soweit schien sie in meinen Erinnerungen nicht gekommen zu sein, denn sie las den Zettel lange und gründlich bevor sie ihren Kopf hob, ein verwirrtes Lächeln auf den Lippen.

"Ich soll...?"

"Sie haben es doch gelesen" sagte ich ernstahft.

"Doktor wer?" fragte sie, nachdem sie den Zettel ein weiteres mal überflogen hatte.

"Das ist so 'ne Sache" sagte ich, wobei ich meinen massigen Körper etwas tiefer in meinen Drehstuhl rutschen ließ "Er hat keinen Namen. Man nennt ihn nur der Doktor."

"Na ja, wie heißt es 'Namen sind Schall und Rauch'. Also nochmal im Klartext: Ich soll für sie einen Verrückten mit einer zeitreisenden, blauen Box ausspionieren?"

"Ganz genau."

"Und wie soll ich das anstellen? Hier heißt es, seine Maschiene kann höchstwahrscheinlich überall in Raum und Zeit landen. Woher wollen sie wissen, wo er landet. Warum sollter er überhaubt hier landen?"

"Wir haben ein ziemlich zuverlässiges Netzwerk hier in London. Soweit wir wissen, landet er hier recht häufig. Fast all seine bissherigen Begleiterinnen stammten aus Groß Britanien und die 'blaue Box', wie sie sie nennen ist eine englische Polizeinotrufzelle aus den 1960ern."

"Ah. Und ich soll auch so eine Begleiterin werden" sie warf einen weiteren Blick auf den Zettel "Das sieht ziemlich gefährlich aus. Der aufziehende Sturm. Was springt für mich dabei raus?" Ihre Stimme klang nicht so, als habe sie auch nur einen Moment daran gedacht, das Angebot abzulehnen.

"Nun, abgesehen von ihrer gewöhnlichen Bezahlung...bekommen sie die Möglichkeit Raum und Zeit zu erkunden."

Sie nickte. Das war die Bestätigung, die sie gebraucht hatte.

"Und wie soll ich bitteschön sein Vertrauen gewinnen?"

"Das ist nicht unsere Sache."

"Schon klar" sie verdrehte unmerklich die Augen. "Was genau für Informationen wollen sie denn?"

"Uns interessieren genau drei punkte:

Seine Reiseziele, Erinnerungen und Wissen, ein Grund warum wir sie ausgewählt haben, und" an dieser Stelle machte ich eine kleine Kunstpause" den Aufbau seiner TARDIS."

Schnell warf sie wieder einen weiteren Blick auf das Blatt und formte das Wort lautlos mit den Lippen nach. TARDIS. Nur das leise Zischen beim 's' war zu hören.

"Wir erwarten sie jeden Abend wieder hier." fuhr ich fort und ignorierte ihre seltsam angestrengte Miene, die ihr Gesicht noch unmenschlicher wirken ließen "Das dürfte jawohl kein Problem sein."

Schnell hob sie den Kopf "Ich hoffe nicht."

Ich räusperte mich. "Sie werden informiert werden, sollte der Doktor beziehungsweise seine
Maschiene sich blicken lassen."

"Und was mache ich bis dahin?"

"Sie können natürlich, wenn sie wollen, unserm lieben Oliver behilflich sein. Ansonsten gibt es, bis zum Zeitpunkt x, für sie hier nichts zu tun. Sie werden zwar bezahlt, können aber höchstens auf einen Kaffe vorbeikommen. Bis er sich blicken lässt, können sie machen, was sie wollen, vorausgesetzt sie bleiben in London."

"Oh, das werde ich." Vorfreude lag in ihrer Stimme und das erste mal seit sie mein Büro betreten hatte, lächelte sie wirklich. Es sah hübscher an ihr aus, als ich gedacht hätte. Für einen Moment wurde sogar ihr Blick weicher. Er war nicht mehr starrend, er sah irgendwo an einen Punkt, den ich nicht sehen konnte. Ihr gefiel die Vorstellung, durch Raum und Zeit zu reisen, das verrieten mir ihre noch heller leuchtenden Augen. Aber wem würde dieser Gedanke nicht gefallen?

"Und woher haben sie all diese Informationen?" fragte sie nun und ihr Blick wurde neugierig.

"Das geht sie nichts an." antwortete ich und bemerkte im selben Moment, dass ihr Blick wieder zu bohren begonnen hatte. Er bohrte sich in meinen Geist. Lange hielt es aber nicht an, nach ein paar Herzschlägen lehnte sie sich unmerklich zurück und lächelte. Kein wirklich nettes Lächeln.

"Schon klar."

Aus der Sicht von Eve Silver.

Ich verließ Mister Goslings, wirklich unangenehm stickiges Büro hastig, nach einer dahingemurmelten Verabschiedung. Es war lange her gewesen, dass ich das letzte Mal so abgelenkt von der Realität gewesen war. Ob man es mir ansah? Ich glaubte schon. So fühlte es sich auf jeden Fall an: Ich knirschte mit den Zähnen, blinzelte meines Erachtens etwas zu häufig und vor allem tippte ich die ganze Zeit beim Laufen auf meinem Schenkel herum.

Als ich durch die Eingangshalle rauschte, rief mir Olliver ein gestammeltes "Sch-schönen Tag noch..." hinterher. Ich nickte nur kurz. Konnte man mir das verdenken? Ich hatte gerade nicht irgendein Jobangebot erhalten sondern einen Mix aus Mission Impossible, Star Trek und der verdammten Wirklichkeit! Ich vergaß vor lauter Aufregung sogar, das die "-Tür-nicht-auffällig-unauffällig-öffnen"-Sache.

Erst als ich in einem der Starbuckscafés saß (und mich ernsthaft fragte, warum ich mir ausgerechnet in das wohl vollste Caffe überhaubt begeben hatte), begann ich wieder klar über die ganze Sache nachzudenken. Eigentlich hatte ich weder Hunger noch irgendwelche Lust auf ein Heißgetränk aber ich brauchte einfach eine Ausrede für mich selbst, das ich nicht nach Hause rannte um das Internet nach diesem Doktor zu fragen, denn das würde mich voraussichtlich die Nacht kosten und ich hätte vorher gerne noch ein klein wenig Koffein im Blut (meine Cafémaschiene hatte während des Umzugs leider ein paar schlimme Wehwehchen erlitten). Also bestellte ich einen Caffé und ein Crossain zum Hieressen.

Mit diesen setzte ich mich gegenüber von einem Mann, der seinen Laptop auf den Tisch gestellt hatte und somit drei viertel von diesem einnahm. Er arbeitete an seiner Doktorarbeit. Ich musste schmunzeln. Wie passend.

Wenn ich genau darüber nachdachte, war die Aktion nicht ganz ungefährlich. Ich meine, allein mit einem Außerirdeschen in einer blauen Box, die durch Raum und Zeit reisen. "Der aufkommende Sturm" - so einen Namen bekam man nicht einfach so. Und da war noch die Sache mit dem Vertrauen erlangen. Ich habe mich bissher nur auf Fotos oder im Spiegel und ein, zwei mal in Erinnerungen gesehn und hatte noch nie den Eindruck gehabt, eine sonderlich vertrauenerregende Ausstrahlung habe.
Die Frage war also: Wie hatten es all die Menschen, die mit ihm gereist waren, geschafft, sein Vertrauen zu erlangen?

Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, vibrierte mein Smart Phone. Langsam zog ich es aus meiner Tasche, klappte die Hülle auf und erstarrte: Es war die Nummer von Mister Gosling.

Jetzt schon?

Ok, ok ich habs versucht, ja? Ich kann eben schlecht Cliffhanger schreiben... Auch egal jetzt.

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