Kapitel 17 - Gib dir keine Schuld
Skylor's Sicht
Die Ninja hatten Akumi auf ihr altes Zimmer gebracht. Ich selbst konnte nur wehmütig hinterher sehen. Mir Vorwürfe machen, auf die Lippe beißen. Mir war nur zu bewusst, dass das hier wohl meine Schuld war.
Ich sah zurück zum Schloss. Viel war nicht mehr übrig, und doch schien es mir, als wäre Akumi's Präsenz noch bei uns. Versteckt, in den Schatten lauernd, um uns zu schützen. So, wie sie es immer getan hatte. Nie in Reichweite, wenn sie es nicht wollte.
„Mach dir bitte keine Vorwürfe, Skylor. Du bist nicht schuld.", hörte ich Akumi's Stimme in meinem Kopf. „In deinen Erinnerungen, lebe ich weiter.", sagte sie, durchlässig wie ein Geist, doch anstatt grün, schimmerte sie weiß. Sanft und ermutigend lächelte sie mich an. Zwinkerte. „Vergiss nicht, du hast mein Vermächtnis, meine Kräfte."
„A-akumi?" Meine Augen waren weit, sie war doch...
..im Koma... nicht tot...
Die schwarzhaarige Frau mit dem braunen Haaransatz wirkte so gütig wie eh und je. Doch ihre Stimme war so ernst wie selten.
„Hör mir zu, Skylor. Es ist wichtig, dass du mit den Ninja trainierst. Ich weiß nicht, ob ich tot bin, wenn du das hier siehst, doch ich vermute stark, dass ich es bin, denn das hier ist so etwas wie eine Aufzeichnung von mir. Als ich das Siegel auf die Menschen legte, sorgte ich dafür, dass du diese Nachricht erhältst, sollte es gelöst werden. Lloyd habe ich meine Erinnerungen vermacht. Vermutlich hat er mich mit dem Schwert getötet, das heißt also, dass ich keine große Chance habe. Wir wissen beide, wie die Ninja sein können."
Ich kicherte leise auf ihren Witz, der so viel traurige Wahrheit enthielt, dass ich es schon zu dunklem Humor zählen konnte. Es war wie eine Art Insider zwischen uns geworden, in all den Jahren, die wir uns nun kannten. Ihr Gesicht verriet ihr Wissen, dass ich so lachte. Ein trauriges Lachen, aber ein Lachen. Sie kannte mich einfach zu gut, um es nicht zu wissen.
„Dennoch will ich, dass du weißt, dass es nicht deine Schuld ist. Es war meine Entscheidung, diesen Weg zu gehen, und ich werde ihn nicht bereuen. Ich kann zwar nicht sagen, was passieren wird, doch sollte alles nach meinem Plan verlaufen, dann fühlst du dich vermutlich schuldig. Es tut mir leid, dass es so kommen musste, doch ich kenne meine Bestimmung bereits seit geraumer Zeit. Ich wusste, was auf mich zukommen würde, und habe diesen Weg selbst gewählt. Es ist also nicht deine Schuld, das kann ich gar nicht oft genug betonen. Auch will ich dich warnen. Ich habe herausgefunden, dass Warui Toshi noch andere Untergebene hat. Sie werden Höllenkrieger genannt, und sind sogar noch schlimmer als die Schattenkrieger."
Akumi wirkte ernst, als sie mir nun auch von ihnen berichtete, doch ihre Stimme war hohl, wie die eines Geistes, Verstorbenen. Wie Morro, den ich nie hatte kennenlernen können, geklungen haben musste. Für normale Menschen, und auch für die Ninja, die kaum auf sie trainiert waren, konnten die Schattenkrieger schon fatal sein. Was gab es also, das noch schlimmer war?
„Ich habe sie nur durch meine Visionen gesehen... Es waren furchteinflößende Krieger, die aus ausgekühlter Lava und Feuer bestanden. Leider konnte ich nicht viel herausfinden, doch was ich herausfand, war beunruhigend. Laut diesen Visionen gab es sie bereits vor dem ersten Spinjitzumeister.
Damals, keiner weiß, wann genau, sollen sie der ersten Meisterin der Dunkelheit untergeben gewesen sein, und haben jeden Befehl ausgeführt. Wann immer sie sie beschwor, hatte sie so gut wie gewonnen. Diese Krieger kannten kein Erbarmen, und sind mit der Meisterin gemeinsam untergegangen. Sie stammen aus einer der anderen Welten, die jedoch nicht, wie die anderen, mit dem Weltenkrstall erreichbar sind.
Soweit ich weiß, dürfte ich ebenfalls in der Lage sein, sie zu beschwören, immerhin bin ich die Meisterin der Dunkelheit und Tochter der Hölle, ihre Nachfolgerin. Ich hoffe, dass ich sie niemals beschwören muss, und dass er keinen Weg findet sie zu rufen. Theoretisch dürftest du sie ebenfalls rufen können, doch ich bitte dich, es niemals zu tun. Wenn man sie nicht unter Kontrolle hat, wären die Folgen unvorstellbar grausam. Für die Menschen, wie auch für dich.
Pass bitte auf, sobald Lloyd sich gegen den Herrn der Dunkelheit stellt. Es wäre gut möglich, dass Warui Toshi einen Weg gefunden hat, sie zu rufen, vor allem, da ich ihm unbewusst einen Teil meiner Kraft gab, als ich ihm untergeben war. Du kannst mir glauben, wenn ich sage, dass genau das niemals meine Absicht war.
Wichtig ist, dass nur die Elementarmeisterin der Dunkelheit diese Krieger komplett unter Kontrolle halten kann, und du weißt, wie besessen mein Vater von Macht ist. Sollten sie erwachen, ist das Ende der Welt nicht mehr fern.
Ich weiß, es ist unverschämt von mir, aber ich möchte dich noch ein letztes Mal um etwas bitten; trainiere mit den Ninja. Du kennst Warui Toshi, und auch seine Schwachstellen wirst du bestimmt herausfinden, so, wie du auch meine und Chen's herausgefunden hast. Meine Zeit ist um, fürchte ich, doch vergiss niemals, ich bin immer bei dir."
Das Bild, welches ich ungläubig betrachtete, verschwamm. Sie hatte tatsächlich die Mühen ergriffen, eine solche Nachricht, die mehr als nur Verrat war, zu hinterlassen. Das allein wäre Grund genug für Stunden der Folter, wenn nicht sogar den Tod gewesen. Sie hatte das gewusst. Akumi lächelte mich an, ließ mich einen Schauer empfinden, aufgrund der jetzigen Geschehnisse, die mich alles noch intensiver erleben ließen, als sie es sonst getan hätten.
„Besonders durch die Kraft, werde ich immer bei dir sein. Danke, Skylor. Du warst wirklich immer die beste Freundin, die man sich wünschen konnte... Sollte je etwas sein, ruft... nach mir...", kamen ihre letzten Worte der Nachricht stockend und leicht verzerrt. Als hätte sie abbrechen müssen, aber diese letzten Worte noch unbedingt loswerden müssen.
„Akumi...", flüsterte ich, mit belegter Stimme. Eine Hand legte sich auf meine Schulter, und ich brach beinahe zusammen. Kniete mich hin, um den leichten Schwindel loszuwerden. „Du wusstest es... Du wusstest, was dir bevorstehen würde..."
Das Wissen wog schwer auf mir, wie sie sich so ergeben diesem Schicksal fügen konnte, wusste ich nicht. Lloyd war neben mir, und starrte auf die Stelle ihrer Nachricht, als könnte er sie für immer festhalten, einen undefinierbaren Ausdruck in seinen Augen, der jedoch von nichts Negativen sprach, höchstens Liebe. Auch die Anderen hatten sich zu uns gestellt.
Ich konnte es kaum realisieren. Sie wollte, dass ich mit den Ninja zusammenkommen würde. Sie hatte alles geplant. Sie wollte, dass ich, gerade ich, ihren Platz unter ihnen einnahm... Ich, die einst als Verräterin galt... Neue Entschlossenheit erfasste mich. Ich würde ihnen helfen. Ich würde mich gegen ihn stellen, und den Ninja helfen. Die Hände zu Fäusten geballt stand ich auf. Feuer flammte in meinen Augen. Nach und nach sah ich jedem in die ihren.
„Es ist Zeit. Sorgen wir dafür, dass er es bereuen wird."
Die darauffolgende Zeit trainierten wir, viel und hart. Nicht selten hatten wir Muskelkater, doch unsere Entschlossenheit trieb uns voran. Akumi hatte uns eine Chance herausgeschlagen, und wir würden sie nutzen.
Kai verbesserte seine Selbstbeherrschung und Flammen, sodass sie nun beinahe die Hitze der Flammen Akumi's erreichten. Ich verstand nun Akumi's Geduld, und warum sie sie immer so nötig hatte. Wie sie sie mit ihm hier gehalten hatte, konnte ich allerdings nicht erkennen, und ich musste zugeben, dass ich die meinige einige Male verlor...
Nya verbesserte ihre Treffsicherheit mit dem Wasser und ihre Ausdauer. Sie hatte eine gute Balance, und war nicht so übereilig wie ihr Bruder. Ihre Basis für's Kämpfen, wie auch fliegen und anderen Fähigkeiten waren gut, sorgfältig erhalten und aufgebaut. Es war kein Wunder, dass Akumi sie von Anfang an schon gerne dabeigehabt hätte.
Zane trainierte seine Moves und Bewegungen. Auch, wenn er ein Nindroid war, half er mit, und suchte nach jedem Funken Wissen, den er greifen konnte, irgendwo auftreiben konnte. Er war das Gehirn der Ninja, eine Art Lexikon zum Mitnehmen. Seine Ruhe lernte ich zu schätzen, vor allem in dem sonst so chaotischen Alltag. Er war so bedacht und gutmütig, wie Akumi es stets erzählt hatte.
Jay arbeitete an der Herbeirufung seines Drachen und der Regulierung der Stärke seiner Blitze. Auch seine Genauigkeit wurde trainiert, doch, wie Kai, war er ein Hitzkopf, der seine Geduld schneller verlor als eine Hypnokobrai. Es brachte mich häufig zum Lachen, wie auch die Anderen.
Cole verbesserte seine Kraft und Erdkontrolle, mit der er nun sogar die Umgebung abtasten konnte. Es war ein Trick, der bei neuen Umgebungen und Schadensüberprüfungen hilfreich wurde, den ich mir ebenfalls von Akumi abgeschaut hatte. Sein Sturkopf half ihm dabei, ebenso seine Rivalität mit Jay.
Lloyd trainierte mit mir am härtesten, und verbesserte nicht nur die Stärke seiner Kräfte, sondern auch seine Ausdauer und Kraft. Er versuchte sich an Rundumprogrammen, die ihn überall fördern sollten. Es war wie Akumi es stets gewollt hatte; das Team hielt zusammen, mit ihm als Anführer. Und wieder hatte sie Recht gehabt; er war ein sehr guter Führer.
Ich selbst trainierte den Umgang mit Akumi's Kräften, um sie nicht nur besser, sondern auch energiesparender einsetzen zu können. Meine Belastungsgrenze erweiterte sich, meine Stärke wurde größer. Ich lernte, die Strategien besser umszusetzen, die 'neuen' Fähigkeiten sinnvoller zu benutzen und vorteilhaft anzuwenden. Meine Umgebung mehr wahrzunehmen, und zu meinen Vorteilen zu verwenden, anstatt nur auf pure Kraft zu vertrauen.
Unterstützt wurden wir von Wu, Garmadon und Misako nach allen Kräften, und rasch lernte ich dank ihnen auch Air- und Spinjitzu. Die drei selbst bereiteten sich darauf vor, selbst in Aktion zu treten, wie in den alten Kriegen mit den Schlangen schon.
Akumi lag nach wie vor in einer Art Koma, ihr Zustand wurde dank Zane regelmäßig überprüft. Die Wunden schlossen sich von Tag zu Tag ein wenig mehr, doch der Blutverlust und die Tiefe der Wunden waren schwerwiegend, sodass sie immer noch in Lebensgefahr schwebte. Wu hatte die Wahrheit gesprochen; sie war eine Kämpferin.
Ich besuchte sie jeden zweiten Abend und erzählte ihr von dem Training. Lloyd hatte ich bereits häufig an ihrem Bett erwischt, ein paarmal schlief er sogar an ihrer Seite ein. Auch er war besorgt um sie, und ab und zu schien er sogar schlecht zu träumen. Mit der Zeit machte ich mir Sorgen um ihn, doch ich wusste, dass ich ihm nicht helfen konnte. Das könnte nur Akumi.
Meine Sorge um Akumi wuchs ebenfalls Tag für Tag, trotz Zane's Versicherungen, dass sich ihr Zustand besserte. Ich konnte nicht leugnen, dass ich Angst um sie hatte. Selbst als ihre Wunden größtenteils geschlossen waren - viel schneller als sie es normalerweise tun -, und sie nur noch nicht aufgewacht war, steigerte sich meine Sorge um sie. Der bevorstehende Kampf machte mir Sorgen und flößte mir Respekt ein, immerhin war Warui Toshi nicht umsonst der Herrscher der Dunkelheit. Wie also sollten wir ohne Akumi gegen ihn ankommen?
Viel zu schnell kam der Tag, an dem wir handeln mussten. Warui Toshi hatte den nächsten Teil des Plans eingeleitet, und griff Ninjago an. Mithilfe der Elementardrachen gelangten wir nach Ninjago City, dem Hauptort des Geschehens. Die Stadt würde den größten Schaden, den größten Angriff aushalten müssen. Auch die Sensei und Misako kamen mit, um zu helfen - es galt alles oder nichts.
Die Menschen liefen panisch herum, und Rauch war an einigen Punkten zu sehen. Meine Augen verengte ich wütend, und ich ließ meinen Blick über die Schattenkrieger wandern. Es waren nicht viele, vermutlich ein Verdienst Akumi's. Dennoch waren es genug, um die Menschen einzuschüchtern und Chaos anzurichten.
„Nya, lösch die Feuer! Cole, Jay, kümmert euch um den östlichen Part Ninjago's. Kai, Zane, ihr übernehmt Westen. Sensei Wu, Sensei Garmadon, Misako, könnt ihr bitte Süden übernehmen? Dann kümmern Lloyd und ich uns um Norden.", befahl ich. Für das Aufhalten Warui Toshi's hatten sie mich als Anführerin gewählt, da ich die Gegner kannte, auch durch Lloyd, der mir mit ihren Erinnerungen Unterstützung zukommen ließ. „Passt auf, dass sie euch nicht mit ihren Geschossen treffen, andernfalls holen sie das Dunkle in euch hervor und wir haben ein noch größeres Problem. Versucht, ihre Brust zu treffen. Achtet aufeinander, das müsste helfen."
Das Team nickte, und machte sich sofort auf den Weg. Sorgenvoll sah ich über das Chaos, und hoffte inständig, Akumi möge aufwachen. Ich wusste, dass unsere Chancen nicht gerade gutstanden, doch ein Versuch war es wert. Es war alles, was uns jetzt noch retten konnte.
Bitte, Akumi. Wach auf!
Akumi's Sicht
Wieder einmal war ich von Dunkelheit umgeben. Jetzt mal ehrlich, wurde das zu meinem Hobby?! So häufig, wie ich in Ohnmacht fiel, bewusstlos geschlagen wurde oder mich selbstausknockte, indem ich an meine Limits ging, ich endete stets wieder hier. Allein. An dem einen Ort, den ich am liebsten vermeiden würde.
Auf dem Rücken driftete ich durch sie hindurch, wartend, hoffend, irgendjemand möge mich hier herausholen. Mein Zeitgefühl war mir - wieder einmal - abhandengekommen. Wie jedes Mal, wenn ich mich hier wiederfand. Ohne die Möglichkeit, meine Kräfte oder meinen Körper zu kontrollieren. Ich hatte keine Angst, stattdessen wirkte es wie eine schützende Umarmung einer Mutter. Meiner Mutter. Vermisste sie mich?
„Bitte, Akumi. Wach auf!", hörte ich eine Stimme.
War das Skylor? Oder halluzinierte ich? War ich noch am Leben? Oder war ich tot? Ich wusste es nicht.
„Wo bin ich?! Wo seid ihr?! Holt mich hier raus!", wollte ich schreien, doch kein Wort kam über meine Lippen. Sie blieben geschlossen. Hielten mich stumm. Meine Augen hielt ich geschlossen, denn ich wusste, dass mich Dunkelheit umgab. Mir blieb nichts anderes übrig, als zu warten.
Ob sie ohne mich zurechtkamen? Wahrscheinlich.
Ob sie mich vermissten? Eher nicht. Immerhin hatte ich ihnen nichts als Schmerz bereitet, das war mir nur allzu bewusst.
Meine Hilfe benötigten sie bestimmt auch nicht mehr. War ich ihnen überhaupt jemals eine Hilfe?
Selbstzweifel nagten an mir, und ich driftete tiefer in die Dunkelheit. Unwissend, was um meinen Körper herum geschah. Denn ich war nicht länger unter ihnen...
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