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Wir verbrachten mehrere Tage mit Moira und Victor zusammen in unserem kleinen Lager. Victor brachte mir in dieser Zeit verschiedene Arten zu kämpfen bei, mit Waffen und ohne. Alle waren beeindruckt davon, wie schnell ich mir das aneignen konnte. Ich glaubte, vielleicht hatte ich bereits in meinen früheren Leben kämpfen gelernt und erinnerte mich irgendwie unterbewusst daran, wie es ging. Das klang zumindest für mich plausibel.
Als Victor und Moira aufbrachen, um wieder zurück zu ihren Leuten zu gehen, versprachen sie uns, in Kontakt zu bleiben. Meine Mutter hatte versucht, mich zu überzeugen, mit ihr zu kommen, um die andere Seite der Magie kennenzulernen. Ohne groß nachzudenken hatte ich verneint. Ich hatte das Gefühl, dort zu sein, wo ich sein musste. Meine Mutter hatte dies verstanden und mir geraten, nicht immer alles so genau zu durchdenken. Meine spontanen Handlungen seien schon immer die besten gewesen. Schließlich hatte sie sich auch von Tony verabschiedet. Dabei hatten sie irgendwelche geheimen Gespräche geführt und nun wollte ich herausfinden, worum es darin gegangen war.
Tony und ich hatten ganz in der Nähe unseres Lagers einen schönen Platz gefunden. Eine kleine Lichtung mit viel Sonneneinstrahlung und einem breiten, aber nicht sehr tiefen Fluss. Wir saßen gerade zusammen am Ufer, mit den Beinen im Wasser, als ich einfach nicht mehr widerstehen konnte, nachzufragen.
„Was hat Moira zu dir gesagt, als sie gegangen ist?"
Tony sah mich an und schmunzelte. „So neugierig kenne ich dich gar nicht"
„Wirklich?" Überrascht erwiderte ich seinen Blick.
Er lachte leicht. „Nein, nicht wirklich. Du warst schon immer so nervig"
Ich kniff die Augen zusammen und schnitt eine Grimasse. Er lachte und machte mit seinem Fuß meinen weiter oben nass.
„Hei!", beschwerte ich mich und kickte eine ganze Ladung Wasser auf ihn, sodass seine Beine komplett nass wurden. Er schaute mich für einen Moment komplett fassungslos und empört an, doch dann sprang er auf und hob mich hoch.
„Nein nein nein!" Ich strampelte herum, er ließ mich runter und ich rannte einige Meter von ihm weg.
„Antwortest du noch auf meine Frage?"
Tony grinste. „Du hast grade größere Probleme, mein Freund" Plötzlich schnappte er wieder nach mir und zerrte mich in den Fluss.
„Nein, ich will nicht nass werden, Tony, bitte!", jammerte ich.
Grinsend stellte er mich vorsichtig im steinigen Wasser ab und musterte mein Gesicht eingehend. „Ich mag meinen Namen aus deinem Mund" Aufs Stichwort sah er runter zu meinen Lippen und ich tat dasselbe bei ihm. Kurz biss er sich auf die Unterlippe, trat dabei einen Schritt näher an mich heran.
„Wieso hast du ihn geändert?", fragte ich leise. „Deinen Namen"
Tony seufzte leicht und fuhr mit der Spitze seines Zeigefingers meinen freien Unterarm entlang, bis seine Hand in meiner lag. „Neuer Name, neues Leben..."
Wir beide sahen runter zu unseren verschränkten Fingern.
„Wir waren nicht nur Freunde, oder?", fragte ich leise und sah ihm wieder ins Gesicht. Er wandte seinen Blick ebenfalls zu mir und zuckte mit den Schultern. „Du hast mich an dem Tag zum ersten Mal geküsst. Ich kann dir nicht sagen, was aus uns geworden wäre, wenn all das nicht passiert wäre. Ich kann dir nur sagen, dass ich unglaublich verliebt in dich war... Das hat sich bis heute nicht geändert."
Seine Worte brachten mich stark zum Erröten. Ich wollte es nicht, doch ich grinste breit und sah verlegen nach unten.
„Was deine Mutter mir gesagt hat, war, was ich mir ohnehin vorgenommen hatte. Dich zu beschützen, sowie du mich beschützt hast" Tony tippte mit seiner freien Hand auf die besondere Rune an seiner Schulter. „Das hier beweist, dass genau das meine Rolle in dieser Geschichte ist."
„Und was ist meine?", fragte ich ihn neugierig und hielt ihm auch meine zweite Hand hin, um diese ebenfalls festzuhalten.
Er lächelte mich an. „Du bist der Held" Er war so überzeugt davon, doch er wusste nicht, was ich wusste.
Er schien in meiner Mimik zu erkennen, dass ich ihm nicht glauben konnte. „Was ist los?", wollte er daher besorgt wissen.
Ich schüttelte den Kopf. „Ich kann es dir nicht sagen..."
„Hat es mit den Aufzeichnungen zu tun?", fragte er geistesgegenwärtig.
Ich nickte schluckend.
Einen Moment musterte er mich, bis er beschloss: „Scheiß drauf, was irgendwer irgendwann auf irgendein Stück Papier geschrieben hat. Wir schreiben unsere eigene Geschichte."
Ich lächelte, da ich ihm glauben wollte. Jedoch wussten wir beide, dass es nicht so einfach war. Vor allem für ihn würde es schwer werden, denn laut den Aufzeichnungen standen die Chancen nicht schlecht, dass er nicht mich beschützen müsse, sondern anders herum: Dass ich die Gefahr war, vor der man geschützt werden musste.
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