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„Du bist es also wirklich" Moira sah mich an und nickte dabei so, als würde sich ihre Vermutung bestätigen.
„Ihr wusstet schon ziemlich lange, dass James besonders ist, oder?" Koa sah sie fragend an, neugierig, aber auch mit einem Hauch Vorsicht, der von einem antrainierten Misstrauen allen gegenüber herrührte.
Moira lachte leicht, dabei klang es eher ein wenig verzweifelt. „Ich habe Walter über meinen Mann kennengelernt. Die beiden waren beste Freunde und so hatte ich ebenfalls sehr viel mit ihm zu tun. Er hat quasi nur von seiner Faszination zu Magie geredet und uns all diese Geschichten erzählt. Wir fanden es witzig, doch taten es als Spinnereien eines einsamen Single-Nerds ab... Erst Jahre später, nachdem wir entdeckten, dass James kein normales Kind war, nahmen wir ihn ernst...." Sie sah mich an. „Du warst erst drei, als deine Augen zum ersten mal Gold aufleuchteten und du jede Pflanze in der Umgebung quasi... ausgesaugt hast... Wir baten Walter um Hilfe... Wir wollten dich schützen und er kannte sich bestens damit aus" Sie schüttelte den Kopf und sah zu Boden. „Es war ein schrecklicher Fehler"
„Ihr habt ihm Mittel gegeben, die seine Kraft blockiert haben, hab ich Recht?" Koa klang gereizt dabei.
„Woher..."
„Wir haben euren geheimen Keller gefunden, ein paar Monate bevor alles den Berg runterging. Wir haben die Notizen von meinem Vater gefunden, diese Flüssigkeiten... Wir hatten keine Ahnung, was das zu bedeuten hat, aber jetzt weiß ich es." Koa nickte überzeugt von seiner eigenen Aussage und sah Moira dabei an, als wolle er ihr am liebsten vor die Füße kotzen..
„Wir waren davon überzeugt, das Richtige zu tun, das müsst ihr mir glauben... Ich hätte doch nicht ahnen können, dass Walter so verrückt wird..."
Koa zog tief die Luft in die Lungen und ballte seine Hand zu Fäusten. „Ihr kanntet ihn doch schon seit eurer Jugend. Du kannst mir nicht erzählen, dass er da noch ganz normal war. So ein Psychopath war niemals normal..."
„Du sprichst von deinem Vater" Es klang als würde Moira Koa ermahnen wollen. Dieser jedoch schnaubte nur bitter. „Dieser Mann ist nichts weiter als mein Erzeuger. Und ich hasse jeden einzelnen Teil von mir, den er zu verantworten hat"
Koa wirkte, als explodierte er jeden Moment. Ich saß nah neben ihm, so nah, dass es keiner sehen würde, legte ich meine Hand auf seinen Rücken. Ich tat es, war mir zunächst nicht sicher, ob das wirklich das richtige war, doch, als er die Ellbogen auf den Knien abstützte und sich erschöpft die Haare raufte, wusste ich, er beruhigte sich wieder. Ich strich über seinen Rücken und beobachtete ihn dabei besorgt. Ich hatte ihn noch nie so emotional erlebt.
Während ich das tat, begann mein Hirn unterbewusst bestimmte Puzzleteile zusammenzufügen.
„Walter ist dein Erzeuger...", murmelte ich nachdenklich, dachte an die Erinnerung, die Gordon und ich von meiner Folterung gesehen hatten. Den Mann, der sich im Palast für meinen Vater ausgegeben hatte, hatte ich dort als Walter bezeichnet. Hieß das nun...?
„Wer ist mein Vater?", fragte ich Moira verwirrt.
Sie lächelte leicht. „Sein Name war Connor..."
„War?" Meine Augen kniffen sich fragend zusammen.
Sie nickte. „Nachdem damals in der Stadt das Chaos losging, wollte er los, um dich zu holen und schickte Eddi und mich vor. Wir flohen in den Wald, weil ich hoffte, dort erstmal sicher zu sein. Von dir hörten oder sahen wir nie wieder etwas, doch von deinem Vater fanden dein Bruder und ich nach mehrmaligem Umrunden der Stadtmauer die Leiche..."
„Was ist passiert?", hauchte ich gebannt.
Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Aber, da er tot war, ging ich lange davon aus, du seist es auch..."
Ich biss die Zähne zusammen und merkte, wie das Puzzle aus Erkenntnissen, das ich immer zu vervollständigen versuchte, gerade dabei war, komplett zusammenzubrechen.
„Wieso hat Walter sich als mein Vater ausgegeben?", fragte ich verwirrt von diesem Umstand, wütend, weil es funktioniert hatte und traurig, weil ich keine Erinnerung an meinen eigentlichen Vater hatte.
„Wie gesagt, er wurde verrückt, je länger er sich mit deinen Kräften beschäftigte. Er war fasziniert von dir und bildete sich nach einer Zeit ein, er hätte ein Anrecht auf dich. Er ist wahrscheinlich selbst davon überzeugt, dass du sein Sohn bist"
„Das ist so krank", hauchte ich, den Kopf schüttelnd. Dieser Mann hatte mich jahrelang gequält und gefangen gehalten, weil er fasziniert von mir war? Was lief nur falsch in seinem kaputten Hirn?
„Wie konnte so ein Mensch die Herrschaft über die Stadt übernehmen?", fragte ich unwissend.
Moira seufzte. „Je verrückter er nach dir wurde, je seltsamer, desto stärker auch... Ich glaube, irgendwann hat er sich nicht mehr darum gekümmert, deine Kraft zu unterdrücken, sondern sie eher auf sich überzuleiten. Ich weiß nicht, was er dadurch tun kann, aber den Leuten Angst zu machen wird schon reichen, um sie unter Kontrolle zu halten"
„Und wie kam es dazu, dass ich plötzlich bei ihm war?", hakte ich weiter nach.
Es kam mir so vor, als könne mir meine Mutter die Antworten auf all meine Fragen geben und diese wollte ich jetzt auch haben. Sie standen mir zu.
„Du wolltest zu Tony, ihm etwas Wichtiges sagen, doch du kamst nie zurück..." Sie sah zu Koa, der nun den Kopf zu der Seite senkte, auf der ich nicht saß. Leicht schüttelte er den Kopf, da er wusste, es war nun an der Zeit, dass er die Wahrheit, die volle Wahrheit auf den Tisch packte. Doch er weigerte sich weiter.
„Tony", hauchte ich, schluckte und fasste nach seinem Kinn, um sein Gesicht zu mir zu drehen. „Ich muss wissen, was passiert ist."
Er nickte leicht, lehnte seine Stirn an meine und flüsterte mit rauer Stimme: „Ich weiß"
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