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Auf unserem weiteren Weg zum Ziel liefen wir einen Umweg, um dem Ort, an dem wir diese Grausamkeit bezeugen mussten, aus dem Weg zu gehen.
Nachdem Koa Carter fast dafür umgebracht hätte, dass dieser mich "verloren hatte", hatte er ihm berichtet, was passiert war. Carter war schockiert davon und hatte darüber nachgedacht, wer dafür in frage käme. Logisch waren nur Bewohner des Dorfes, denn nur diese hatten Zugriff zu den Büchern mit den Runen. Doch wir konnten uns einfach nicht vorstellen, wer zu so etwas im Stande war.
Da wir einen Umweg gingen, wurde die Reise länger und ich spürte mit der Zeit, wie meine Verletzungen mir zu schaffen machten. Mittlerweile tat jeder Schritt unglaublich weh.
„Alles klar?", hakte Carter besorgt nach.
Ich nickte, doch in dem Moment wurde der Schmerz schlimmer, ich krümmte mich zusammen und fasste zischend an meine Seite.
Carter und Koa waren sofort zur Stelle. Koa schob mein Oberteil hoch und erkannte die blaurote Verfärbung an meinen Rippen.
„Warum hast du mir nicht gesagt, dass es so schlimm ist?!" Er schaute mich vorwurfsvoll an.
„Ich hatte anders im Kopf", zischte ich zurück.
Carter hielt mir eine der Pflanzen vor, die er gesammelt hatte. „Gründlich kauen", befahl er.
Da ich ihm vertraute, tat ich es ohne nachzufragen. Koa und er hielten mich solange fest, damit ich nicht wegknickte vor Schmerzen. Nachdem ich die Blätter quasi zu Brei gekaut hatte, schluckte ich sie herunter. Es dauerte etwas, bis die Wirkung einsetzte. Die Läsionen gingen zurück, genauso wie die Schmerzen.
„Danke", hauchte ich erleichtert.
„Nicht dafür" Carter wirkte erleichtert, weil es geklappt hat. „Die Pflanze heilt so ziemlich alles, was relativ kurzfristig passiert ist. Deine anderen Wunden haben leider keine Chance..." Er meinte wohl meinen Kopf oder die Narben auf meiner Brust.
„Schon okay" Ich hatte mich damit abgefunden, dass ich 21 Jahre meines Lebens quasi verloren hatte.
Da wir uns in der Nähe eines Baches befanden, legten wir eine Pause ein, um die Pflanze vollständig ihre Wirkung entfalten zu lassen.
Carter suchte am Ufer und in der Umgebung nach weitern Pflanzen, während Koa und ich einfach dasaßen und auf die glitzernde Wasseroberfläche sahen.
„Wieso tut jemand einem unschuldigen Tier sowas an?", fragte ich, was mich die ganze Zeit beschäftigte.
Koa seufzte. „Lass das meine Sorge sein"
Mein Blick rauschte zu ihm. Ich wollte ihn anmaulen, doch begriff plötzlich, woher seine Ruhe rührte. Es war ihm nicht egal, was passiert war, er machte sich nur keine Gedanken darum, weil er wusste, wer dafür verantwortlich war.
Er bemerkte mein fassungsloses Starren. „Was? Schau mich nicht so an"
„Du weißt, wer das getan hat", hauchte ich weiterhin schockiert. Wieso sagte er es nicht einfach?
Er atmete tief durch und schloss dabei erschöpft die Augen. „Ich habe eine Vermutung... und bis sich diese nicht bestätigt hat, werde ich sie für mich behalten"
„Bitte, Koa!"
„Oh nein!", unterbrach er mich sofort. „Hör auf, mich immer so anzubetteln" Es klang nach einer verzweifelten Bitte.
Ich kniff die Augen zusammen und musterte ihn. „Wieso? Weil du sonst weich wirst?"
„Nein, absolut nicht. Das nervt einfach nur", behauptete Koa und schaute zurück zum Bach als sei nichts gewesen. Lange konnte er das aber nicht tun, da ich ihn weiterhin anstarrte und dabei auch näher zu ihm aufrutschte.
„James, lass es einfach, okay?", bat er diesmal aktiv.
„Wieso sollte ich?", schnaubte ich.
Koa begann, meine herausfordernden Blicke ebenso zu erwidern. „Weil ich dich sonst in diesem Bach ertränke"
Kurz glaubte ich ihm, doch zu kurz, um ihn ernst zu nehmen.
„Das würdest du nicht übers Herz bringen", behauptete ich daher selbstsicher.
„Ach ja? Wieso das?", Ein leichtes Grinsen schlich sich auf Koas Lippen, während sein Blick mein Gesicht auf- und abwanderte. Er blieb an meinem Mund hängen, doch sprang von da aus wieder direkt in meine Augen und verweilte dort.
„Weil dir offensichtlich was an mir liegt"
Seine Augenbrauen zuckten zusammen und er öffnete den Mund, um zu widersprechen, aber ich ließ ihn nicht.
„Du willst mir nichts von früher erzählen, weil du Angst hast, dass ich dich hassen werde. Du willst mich um jeden Preis beschützen und du sorgst dich um mich. Das wäre alles nicht der Fall, wenn ich dir nicht wichtig wäre"
Er presste die Lippen zusammen und wirkte frustriert dabei, da ich ihn wohl durchschaut hatte. „Na schön", brummte er dann und stand auf. „Carter, wir gehen weiter! James geht es schon wieder viel besser!"
Er ging los, ließ mich hier kopfschüttelnd und ihm hinterhersehend zurück.
Carter kam zu mir und half mir auf, obwohl das nicht nötig gewesen wäre. Er schaute ebenfalls zu Koa und dann zu mir. „Du knackst die Nuss schon noch. Nur nicht aufgeben" Dabei klopfte er mir ein paar Mal kräftig auf die Schulter und schaute mich schließlich auffordernd an, damit mir endlich weiter kamen.
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