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Kira umarmte mich fest, schon viel zu lange und wollte mich gar nicht mehr loslassen. „Ich kann dich doch nicht einfach so gehen lassen. Das passiert alles viel zu schnell"

Ich schmunzelte und strich ihr über den Rücken. „Ich komme doch wieder zurück. Es sind maximal drei Tage, Kira. Und ich habe zwei sehr fähige Aufpasser dabei"

Schnaubend ließ Kira mich los und nickte zu Koa und Carter. „Die zwei sind doch nur mit ihren Zickereien beschäftigt. Verlass dich nicht auf sie, pass gefälligst auf dich selbst auf. Und wehe, du nimmst dir ein Beispiel an deinem Bruder und kommst nicht mehr zurück. Wehe!" Sie hob ihren Zeigefinder drohend und wedelte damit vor mir herum. So richtig ernst nehmen konnte ich sie dabei nicht. Es tat mir eher leid, dass der Abschied ihr einen Flashback an Eddis Verschwinden zu geben schien.

„Okay, jetzt geh schon.", schniefte sie plötzlich und schob mich von ihrem Haus weg. Trotz den Tränen in ihren Augen lächelte sie mich an, als wolle sie mir sagen, dass sie daran glaubte, dass ich das Richtige tat. Ich nickte ihr noch einmal zu und schloss dann zu Carter und Koa auf, die in etwas Abstand auf mich gewartet hatten.

„Man könnte fast meinen, ihr seid zusammen", vermutete Carter und sah nochmal zurück zu Kira.

Koa brummte nur genervt, während ich antwortete. „Sie ist die Freundin meines Bruders. Und meine sehr gute Freundin. Nicht mehr und nicht weniger"

„Was anderes hab ich nie behauptet", meinte Carter und hob sofort die Arme, als würde er sich ergeben wollen. „Allerdings..."

Bevor er weitersprechen konnte, brüllte eine weibliche Stimme „KOA!" über den gesamten Platz, sodass wir stehen blieben und uns umsahen. Das Mädchen, das immer so an ihm klebte, stolzierte zu uns und sah ihn dabei böse an. „Wann hattest du vor, mir zu sagen, dass du für mehrere Tage verschwindest, mh?!"

Sie zischte es ihm zu, so als wolle sie nicht, dass wir es mitbekamen, aber auch so, als sollten wir es doch mitbekommen.

„Nie", antwortete Koa schlicht und verschränkte die Arme. „Ich bin dir keinerlei Rechenschaft schuldig, Beth. Das solltest du verstehen"

„Aber wir-"

„...sind nicht zusammen. Und werden es auch nicht sein."

„Aber ich-"

„An meinen Gefühlen für dich hat sich nichts geändert. Da ist nach wie vor nichts"

Sie schnaubte und warf mir einen finsteren Blick zu. „Das ist alles deine Schuld" Sie machte einen Schritt auf mich zu, doch bevor sie irgendetwas tun konnte, trat Carter vor mich und pustete ihr seinen Staub ins Gesicht. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich plötzlich, sie drehte sich einfach um und lief weg, ohne noch etwas zu sagen.

„Was hast du mit ihr gemacht?", hauchte ich schockiert von dem gesamten Szenario. Carter öffnete eine Dose, schmierte sich den Inhalt auf die Wunde in seiner Handfläche und wischte ihn schließlich ab. Es war kein Blut mehr zu sehen.

„Sie wird bis morgen früh ganz entspannt sein und keinem mehr auf die Nerven gehen. Bis dahin sind wir außer Reichweite" Carter wirkte ungewohnt ernst dabei. Er machte keine Späße, wenn es um seine Kraft ging, das hatte ich mitterweile verstanden.

„Danke"

„Nichts zu danken", schmunzelte er. „Sie nervt mich schon seit..." Kurz dachte er nach. „Immer eigentlich... Ja immer trifft es ganz gut" Mit einer Kopfbewegung gab er uns zu verstehen, dass wir nun weitergehen konnten, also setzten wir unseren Weg fort.

„Also...", meinte ich, nachdem wir das Dorf hinter uns gelassen hatten und ich fand, dass die Stille langsam unangenehm wurde. „... was ist das mit dir und Beth?"

Ich sah Koa möglichst neutral an, als ich ihm diese Frage stellte, doch natürlich musste der nervöse Klang meiner Stimme mich und meine Neugier verraten.

„Nichts. Sie hat es irgendwie hinbekommen, sogar hier, in einem Dorf voll mit Aussätzigen zum Außenseiter zu werden. Ich war ein paar Mal nett zu ihr und sie hat zu viel reininterpretiert. Seitdem werde ich sie nicht mehr los..."

Ich nickte verstehend. Das klang plausibel. Zumindest solange, bis Carter sich einmischte. „Na na na, wir wollen doch ehrlich sein, Koa. Wie nett warst du denn zu ihr, mh?"

Koa warf Carter einen Blick um, der ihn wohl auf der Stelle töten sollte, doch obwohl er ein Magier war, passierte nichts dergleichen. „Ich habe ein paar Mal mit ihr geschlafen, nichts Ernstes. Sie hat mich gut abgelenkt" Er erzählte das ziemlich beiläufig und klang desinteressiert dabei, während er überprüfte, ob er seine  Waffen auch richtig befestigt hatte. 

„Du bist so ein Arschloch", murmelte ich ungläubig. Die arme Beth tat mir leid. 

Er hörte es natürlich und schaute mich sofort an, als hätte ich es ihm ins Gesicht gebrüllt. „Jetzt mach mal halb lang. Ich war alleine und sie war eben für mich da..."

„Sie hat Gefühle für dich, Koa, und du hast sie einfach nur ausgenutzt. Du hast mit ihr gespielt und sowie sie sich benimmt, tust du das jetzt wohl auch noch. Hältst du sie dir schön warm damit du jederzeit in ihr Bett hüpfen kannst?!"

Er biss die Zähen fest zusammen und presste ebenso die Lippen aufeinander. Ich hatte also recht. Schnaubend wandte ich mich von ihm ab.

Koa war arrogant, er hielt viel zu viel von sich, machte einen auf unbesiegbar und dabei war er ein kleines Kind, das Bestätigung darin suchte, einem unschuldigen Mädchen das Herz zu brechen. Das machte mich so sauer. Es enttäuschte mich. Es machte mich traurig.

Es kehrte wieder Stille ein, doch ich konnte weiterhin nur noch darüber nachdenken. Je länger das so ging, desto einfacher begriff ich, dass das Problem nicht bei Beth oder Koa lag, sondern bei mir. 

Ich war eifersüchtig und, da ich wusste, dass es absolut keine Berechtigung dazu gab, war ich wütend auf mich selbst.

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