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Der Junge lebte nun schon seit drei Wochen bei Gordon, doch aus seinem Zimmer gekommen war er in dieser Zeit nie. Gordon stellte ihm Nahrungsmittel vor die Tür, doch meistens blieben sie einfach davorstehen. Gordon hatte beschlossen, dass es so nicht weitergehen konnte und ging, nachdem er angeklopft und vergeblich auf eine Antwort gewartet hatte, in sein Zimmer.
„Hallo", lächelte er dem Jungen, der mit ausgebreiteten Armen auf dem Boden lag und verloren an die Decke starrte zu, obwohl dieser das nicht sehen konnte. Er machte kurzen Prozess, indem er sich zu ihm legte und ebenfalls an die Decke sah.
„Schon irgendetwas entdeckt?", hakte er neugierig nach.
Die Antwort des Jungen bestand aus einem Kopfschütteln.
„Nach irgendetwas gesucht?"
Wieder ein Kopfschütteln.
„Was machst du dann hier?"
„Genau das frage ich mich auch", sagte der Junge kaum hörbar mit kratziger Stimme. Ob das nun vom Stimmbruch daher rührte oder weil er seit Wochen nicht mehr gesprochen hatte, sei dahingestellt.
„Du denkst viel nach, kann das sein?"
Er zuckte mit den Schultern.
„Denkst du an wen bestimmten?"
Er nickte. Eine Träne löste sich aus seinem Augenwinkel.
Gordon öffnete wieder den Mund, doch der Junge schnitt ihm das Wort ab. „Ich möchte nicht drüber reden..." Seufzend schloss er die Augen, sodass nochmal ein Schwall Flüssigkeit entkam.
„Du bist offensichtlich geflohen" Gordon setzte sich auf. „Ich frage mich, ob du jemals vorhast, wieder zurückzukehren... in die Stadt... zu deiner Familie... zu deinen Freunden..."
Er schüttelte den Kopf und setzte sich ebenfalls auf. „Ich habe niemanden mehr", hauchte er dabei und sah auf den Boden zwischen ihnen.
„Jetzt hast du mich"
Der Junge sah auf, dem Mann Ende Vierzig ins lächelnde Gesicht. „Wieso sind Sie so nett zu mir?"
„Wieso sollte ich es nicht sein?", stellte Gordon die Gegenfrage.
Der Junge schüttelte entschlossen den Kopf. „Das habe ich nicht verdient"
Nachdenklich sah Gordon den Jungen an. „Lass uns einen Deal machen, okay? Ich höre auf, dich über dein Leben auszufragen unter der Voraussetzung, dass du damit abschließt. Jetzt und hier. Vergiss es. Fang ein neues Leben an."
„Geht das denn so einfach?" Der Junge wirklich zweifelnd.
„Wenn du das willst", meinte Gordon überzeugend.
Zaghaft nickte der Junge.
„Also, dann sollten wir uns zuerst einen Namen für dich überlegen... Irgendwelche Vorschläge?"
Der Junge schüttelte den Kopf.
Gordon schaute nachdenklich in die Luft. „Günter?"
Wieder schüttelte er den Kopf, diesmal energischer.
„Romeo?"
Erneutes Kopfschütteln.
„Du hast recht", stellte Gordon fest. Dein neuer Name sollte eine Bedeutung haben. Wie wäre es mit Koa? Der Kämpfer"
Ohne einen Moment nachzudenken, nickte der Junge, Koa, entschlossen. Das war es, was er sein wollte. Ein Kämpfer. Stark. Unbesiegbar.
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