Er wollte doch nur in die Akademie. Gerade erst war er dieses komische Kind mit dem grünen Trainingsanzug losgeworden, das ihn einfach angesprochen und herausgefordert hatte. Auch wenn sein Vater meinte, dass dieser Bengel irgendwann stärker sein würde als er, so glaubte er nicht daran. Dieser Junge war ein Versager auf ganzer Länge und sollte es nicht einmal versuchen, auf die Akademie zu kommen. Ohne Chakra konnte man kein Shinobi sein, davon war er überzeugt.

Nun stand er jedoch wenige Meter vom Eingang entfernt und durfte noch immer nicht hinein, da er auf seinen Vater wartete, der sich mit einem Kollegen unterhielt. Torao hatte er ihn gegrüßt, doch Kakashi hatte ihn noch nie gesehen. Ein großgewachsener Mann mit dunklem Haar und an seiner Hand ein Mädchen, welches er sichtlich in die Akademie bringen wollte.

Genauso fremd wie der Mann war ihm die Tochter. Nicht einmal auf dem Spielplatz hatte er sie je gesehen. ,,Unsere Kinder sind noch nicht miteinander bekannt gemacht worden, oder Sakumo?", sprach der Mann, sodass er Kakashis Aufmerksamkeit zu Teilen bekam. Was interessierte ihn ein schwaches Mädchen?

,,Können wir dann langsam rein?", motzte er daher. Die Lust auf Schule versiegte mit jedem Wort, das die Erwachsenen wechselten. ,,Kakashi", der mahnende Ton seines Vaters ließ ihn aufschauen, ,,sei nett. Ihr seid ab heute Kameraden." Angesäuert schnaubte er und verschränkte die Arme demonstrativ vor der Brust, als sich das Mädchen von der Hand ihres Vaters löste und ihm gegenübertrat.

,,Ich bin Kamiwa. Auf eine schöne Zeit." Freundlich streckte sie ihm die Hand entgegen, die er erst kritisch musterte, doch auf den warnenden Blick Sakumos hin ergriff. ,,Kakashi. Auf eine gute Zeit", erwiderte er und bereitete ihr damit ein Lächeln. Seine Hand ließ sie jedoch nicht los, sondern vollführte einen Ruck und zog ihn hinter sich her auf das Schulgelände. Ihre Väter ließen sie einfach stehen, welche über die beiden Kinder nur schmunzeln konnten, ehe sie ihnen gemeinsam folgten.

Die Willkommensfeier der neuen Anwärter verstrich in wenigen Minuten und der Abschied von den Eltern erfolgte über wenige Worte, sodass Kamiwa den Jungen mit sich zog und sie gemeinsam das Klassenzimmer betraten. Sofort erkannte Kakashi bekannte Gesichter, die er von seiner Zeit auf dem Spielplatz kannte, aber als sie ihn mit dem Mädchen erblickten, ließ sie seine Hand abrupt los und schritt in den Raum hinein. Kurz sah er ihr verwirrt hinterher, ehe er ihr folgte und sich neben sie setzte.

Wieso er dies tat, konnte er sich selbst nicht beantworten. Sein eigentlicher Plan war es, so schnell wie möglich mit der Akademie abzuschließen und nicht hinterherzuhängen oder sich abzulenken. Doch nun saß er hier und schien ein merkwürdiges Band geknüpft zu haben. Er hörte die anderen reden, wie sie rätselten. Auch ihnen schien Kamiwa unbekannt zu sein. ,,Urgh, die reden so viel", seufzte sie, legte die Arme auf den Tisch und bettete ihren Kopf darauf. Ihr Blick war nach vorn zur Tafel gerichtet, doch Kakashi blickte zu ihr.

Er verstand, dass das Getuschel nervtötend sein konnte, andererseits was erwartete sie anderes, wenn niemand sie kannte? Die anderen begannen lediglich, sich eine Meinung zu ihr zu bilden. ,,Du bist ihnen fremd. Seid ihr zugezogen?" Es überraschte ihn selbst, dass er den Weg einer Konversation suchte, was auch Kamiwa verblüffte. ,,Nein, ich lebe schon immer hier. Ich war nur selten im Dorf und habe mich auf anderes konzentriert."

Sein Interesse war geweckte. ,,Auf was?", patzte er gerade heraus und merkte er, dass er für Interaktionen mit anderen einfach nicht geschaffen war. Wieder einmal konnte er keine Feinfühligkeit in seinen Worten finden. Als hätte er sie verwirrt, drehte sie den Kopf zu ihm und musterte ihn intensiv. ,,Clanangelegenheiten", gab sie prompt an, achtete genauestens auf seine Reaktion, die für sie sichtlich ausblieb.

Er saß lediglich ruhig und gerade auf seinem Platz und musterte sie zurück. ,,Welcher Clan?", fragte er weiter und sah, wie sie eine Augenbraue hob. War er zu weit gegangen? ,,Shivani, ein kleiner, eher unbekannter Clan im Dorf." Innerlich atmete er erleichtert aus. Noch hatte er es nicht verbockt, was komisch war, denn sonst interessierte es ihn auch nicht. Es war wirklich eine merkwürdige Verbindung zwischen ihnen.

,,Und aus welchem Clan stammst du?", tauschte sie die Rollen. ,,Hatake. Es gibt nur noch meinen Vater und mich." ,,Dann haben wir mehr gemeinsam, als ich dachte", unterbrach sie ihn keck und grinste. ,,Außer, dass dein Clan bekannt durch deinen Vater ist. Sakumo Hatake, der weiße Reißzahn", textete sie ihn mit Wissen zu, welches er selbst besaß, doch ihr Grinsen wuchs, als sie die roten Wangen Kakashis bemerkte.

Der eintretende Sensei ließ ihre Unterhaltung kurz gefrieren, doch kaum, dass er mit der ersten Lektion starten wollte, nahm Kamiwa die Konversation wieder auf. ,,Ist dir die Bekanntheit deines Vaters etwa peinlich?", neckte sie ihn, sodass er sie unter der Bank leicht gegen das Bein trat. ,,Quatsch", äußerte er sich ruppig, blieb jedoch kleinlaut. Eine negative Auffälligkeit am ersten Tag konnte er sich nicht leisten.

,,Sei nicht albern", zischte er in ihre Richtung, doch sie grinste nur weiter. ,,Und du nicht so griesgrämig", zischte sie zurück, was ihm ein kleines Mundwinkelzucken entlockte. ,,Touchee." Er musste sich eingestehen: Sie hatte recht, doch es änderte nichts an der Tatsache, dass er sie nicht kannte und vorsichtig sein musste. Der Wunsch in ihm wuchs, dass er sie näher kennenlernen wollte. Er wollte wissen, wen er neben sich hatte, mit wem er die nächsten Jahre die Schulbank drücken würde.

,,Ich denke, dass wird lustig mit uns", kicherte sie leise und lehnte sich ein Stückchen in seine Richtung. ,,Ich hatte mir meinen Schulstart schlimmer vorgestellt", gestand sie ihm, doch das freche Grinsen wich nicht von ihren Lippen. Kakashi nickte nur und wandte den Blick ab, um dem Sensei zuzusehen, wie er die Grundlagen des Eigenschutzes präsentierte.

Tief sog er die Luft in seine Lungen, als er das Thema erkannte und die Augen schloss. ,,Langweilig", murrte er noch, was Kamiwa brummen ließ. ,,Meinst du? Kennst du das etwa schon?" Stumm nickte er. ,,Cool. Für mich ist das alles neu." Seine Augen öffneten sich wieder, sodass er ihren interessierten Blick sah, der erneut zur Tafel gerichtet war und gierig die Informationen aufsog. ,,Mein Vater hat es mir bereits beigebracht." Sah er richtig? Blies sie auf seinen Kommentar hin die Wangen auf?

,,Meiner meinte, ich lerne es in der Akademie und hat mich nicht darin unterrichtet." Tatsächlich. Neid drang aus ihrer Stimme. ,,Was hast du die letzten Jahre getrieben?", platzte es flüsternd aus ihm heraus, als er die Zusammenhänge nicht verstand. Jeder Anwärter sollte doch wissen, wie er sich selbst schützen konnte. Welche Ausrüstung sich eignete, an welcher Stelle Protektoren sinnvoll waren. ,,Clanangelegenheiten. Mehr darf ich nicht verraten." Clan-Geheimnisse also. Verstehend nickte er, fragte auch nicht weiter nach.

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