Türchen 4 ~ Ein Duell
Nur wenige Minuten zu spät, erschien Kakashi am Haupttor. Die aufgekommenen Tränen waren getrocknet und er schaute aus wie immer. Doch Guy blickte hinter die Fassade und wusste sofort, wo er gewesen war. Er sah den leichten Rotton an den Augenwinkeln seines Freundes, doch verübeln konnte er es ihm nicht. Er hatte das Schlachthaus damals ebenfalls gesehen und konnte sich nicht vorstellen, wie hart es seinen Rivalen getroffen haben musste.
Guy wusste in jener Zeit schon von den Gefühlen, die sein Freund hegte, denn man hatte es ihm angemerkt. Immer, wenn er bei ihr gewesen war, hatte er vor Lebensfreude gestrahlt. Die Kraft der Jugend war regelrecht in ihm erblüht. Gern würde er ihm dieses Gefühl zurückgeben und nicht dabei zusehen, wie er mehr und mehr in seiner Hölle versank. So schupste er ihn vorwärts - aus dem Dorf heraus.
Ihr Weg führte sie gen Westen, immer dem Weg entlang. Während Kakashi im normalen Schritttempo voranlief, eilte Guy auf den Händen neben ihm her, strahlte dabei mit der Sonne um die Wette. ,,Ein perfektes Training", verkündete er froh und forderte den Hataken dazu auf, ein Duell daraus zu machen.
Hoch motiviert wie kein zweiter, sah Kakashi zu ihm herab, schüttelte aber demonstrativ mit dem Kopf. ,,Ach komm schon." Guys breiter Schmollmund half nichts. ,,Wenigstens ein kurzes Stück. Immerhin haben wir noch einen langen Marsch vor uns", versuchte er die ersten Überzeugungsarbeiten, doch wieder lehnte Kakashi ab. ,,Langweiler."
Der Grauhaarige ließ es weiterhin unkommentiert. Er hatte keine Lust. Keine Lust auf ein Gespräch. Keine Lust auf Bewegung. Keine Lust auf ein Duell. Keine Lust auf diese Reise. Auch wenn es ihm gleich war, wohin sie liefen, er fand keine Neugier in sich. ,,Wer zuerst an der Weggabelung ist?", rang sich Guy zu einem letzten Versuch, scheuchte Kakashi damit aus seinen Gedanken auf. Sollte er es tun? Wenigstens für seinen Rivalen? Dann hätte er die nächsten Kilometer seine Ruhe und sein Kamerad wäre zufrieden.
Ein Seufzen entrann ihm, als er geschlagen nickte und Guy anfing zu zählen. Sie fokussierten die Gabelung, stellten sich bereit und als das Zeichen erklang, stürmten sie voran. Kakashi hätte nicht gedacht, dass Guy auf den Händen so rasant unterwegs war, sodass es ein Kopf-an-Kopf-Rennen blieb. Dabei hielt er sich extra zurück, um seinen Freund auszupowern, damit dieser nicht so schnell wieder nach einem Duell fragen würde.
Gemeinsam stürmten sie der Straße entlang, lieferten sich ein Duell, was ihnen gerecht wurde. Einzig die Staubwolke verriet, dass dort jemand um sein Leben zu sprinten schien. Doch die beiden Rivalen trafen niemanden auf ihrem Weg, sondern stürzten nur voran, bis die Gabelung in Sicht kam. Kakashi erkannte die Position: Sie waren mitten im Feuerreich, mehrere Kilometer bereits von Konoha entfernt. Ungefähr auf halber Strecke zum Grasreich. Er wusste daher, welche Optionen der Wegwahl Guy in Anspruch nehmen könnte.
Auf der Mitte der Kreuzung blieb er stehen, sah zu seinem Kameraden hinab, der erneut einen Schmollmund zog, doch gleich darauf breit strahlte. ,,Der Sieg geht zwar an dich, mein Freund, aber um besser zu werden, werde ich bis an unser Ziel keine Pause einlegen", schwor er und hob bekräftigend die Hand, was ihn trotz dessen nicht ins Schwanken brachte.
,,Wir werden den gesamten Tag und die kommende Nacht durchlaufen."
Oh, wie beruhigend, blitzte der Gedanke durch Kakashis Geist, als er die Augen verdrehte und die Hände zurück in die Hosentaschen steckte. Wenigstens konnten ihn bei diesem Plan seine Albträume nicht plagen. Er würde erschöpft und ausgelaugt, hoffentlich am Ende seiner Kräfte sein, wenn sie ihr Ziel erreichten.
,,Dann machen wir kurz Halt in Amegakure und laufen dann weiter", verkündete Guy stolz, als er den Mittleren der drei Wege einschlug und vorantrabte. Kakashi konnte nur mit den Schultern zucken, ehe er ihm gezwungenermaßen folgte. Er konnte schlecht umdrehen und Guy allein in der Pampa zurücklassen. Dieser würde es ihm selbst in mehreren Jahren noch vorhalten, wie rücksichtslos er wäre. Wie er es nur wagen könne, seinen ewigen Rivalen zurückzulassen.
,,Du bist wieder sehr gesprächig, kann das sein?", plapperte er weiter und sah zu ihm hinauf. Seine Augenbrauen zuckten misstrauisch, als würde er etwas wittern, dass Kakashi nicht wahrnahm. ,,Willst du gar nicht wissen, wohin es geht?", fragte er weiter, erhoffte sich endlich eine klare Unterhaltung, die nicht einseitig verlief. ,,Nicht wirklich", überwand sich der Hatake, sah einfach weiter geradeaus und folgte dem Weg mit seinen Blicken.
Ein Schnalzen ließ ihn aufhören, als er den Laut seines Kameradens vernahm. ,,Und du erkennst es auch nicht wieder?" Prüfend schielte Kakashi zu ihm hinab. Fragte sich innerlich, welchen Plan er ausgeheckt hatte, doch er würde es noch früh genug erfahren. ,,Natürlich weiß ich, wo wir sind", erwiderte er nur, aber die Skepsis blieb. ,,Etwas anderes hätte ich von dir nicht erwartet. Du kennst die Wege." Wieder spürte er Guys Blick auf sich, wie er ihn musterte und abwechselnd zwischen ihm und dem Weg schweifte. Hin und her. Hin und her.
,,Aber das meinte ich nicht." Kakashi brummte nur fragend. Das Gespräch war für ihn vor wenigen Augenblicken beendet gewesen, jedoch sprach Guy tatsächlich weiter. ,,Wie?", verstand nun auch Guy die Konversation nicht. ,,Was hast du gesagt?", wiederholte Kakashi seinen Laut in Worten, was seinen Freund beinahe aus dem Gleichgewicht gebracht hätte. ,,Du hast mir wieder nicht zugehört!", beschwerte er sich lautstark und schlug ihm in die Kniekehlen.
Kakashi spürte den Schlag, wie sein Knie nach vorn knickte und er drohte zu stürzen, sich jedoch mit einem großen Ausfallschritt fing. Er musste zugeben: irgendwie hatte er es verdient. ,,Ich sagte, das meinte ich nicht", repetierte er seine Worte in einem Tonfall, dass Kakashi wusste, dass es seinem Freund wichtig war, obwohl er eingeschnappt tat. Dass er dieses Gespräch führen wollte.
,,Ich erinnere mich, als wäre es erst letzte Woche gewesen, dass wir gemeinsam diesen Weg gegangen sind, auch wenn mein Gedächtnis nicht das beste ist." Nun begann er wirklich zu überlegen. Wo wollte Guy hin? Ein Onsen, wie bei seinem letzten Aufmunterungsversuch, war wahrscheinlich die falsche Antwort. ,,Dabei ist es bestimmt schon 25 Jahre her. Team Minato und Team Chouza zusammen auf Mission in Amegakure. Das waren Zeiten." Da begann es, in Kakashis Hinterstübchen zu arbeiten.
1023 Wörter
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