Türchen 22 (I) ~ 𝑉𝑒𝑟𝑓𝑙𝑢𝑐ℎ𝑡𝑒𝑠 𝑊𝑎𝑠𝑠𝑒𝑟
Wasser plätscherte ungehindert auf den hölzernen Boden, als er den Flur erkannte und er den Treppen hinauf ins Badezimmer gezogen wurde. Kraftlos ließ er sich dort auf den Fliesen nieder und war wieder allein. Er sah erst auf, als das Licht anging und eine klitschnasse Kamiwa ihm frische Kleidung reichte. Er war mindestens genauso nass, fror bis auf die Knochen, doch er nahm die Kleidung nicht an und mied den Blickkontakt. Seine Lunge rasselte und schmerzte in seiner Brust, als er am liebsten Husten würde, um diesen Reiz zu stillen.
So sollte sein Tag eigentlich nicht enden, doch sie ließ ihn nicht in Ruhe und hockte sich ihm gegenüber. ,,Zieh bitte warme Sachen an, Kakashi", bat sie liebevoll und hielt weiterhin den Stapel in den Händen. Er erkannte seine eigene Kleidung, vermutlich die, die er bei ihr gelagert hielt. ,,Kakashi", wiederholte sie sanft, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Er musterte sie, wie ihr die Haare im Gesicht klebten, wie ihre Schultern vor Kälte bebten. Ihre Nase machte der von Rudolph beinahe Konkurrenz. Er selbst sah vermutlich nicht besser aus.
,,Kümmere dich lieber um dich", murmelte er in seine Maske, doch sie schüttelte bestimmt mit dem Kopf und legte ihm die Kleidung auf die zitternden Knie. Er hatte sie in die Sache mit hineingezogen. Das hatte er definitiv nicht gewollt. ,,Du hättest das nicht tun sollen", hing er an und erinnerte sich daran, dass sie ihm hinterher gesprungen war und ihn aus dem See gezogen hatte. ,,Das ist jetzt nicht das Thema", führte sie stur zurück zu ihrer Diskussion und legte ihm die Hände auf die Schultern.
,,Zieh dich um. Ich will nicht, dass du krank wirst, Kakashi", bat sie erneut und stand auf. ,,Als Kompromiss tu ich das gleiche." Keck grinste sie ihn an, ehe sie aus dem Bad verschwand und die Tür hinter sich schloss. Tief seufzte er, beobachtete noch kurz die Tür, bevor er sich gezwungenermaßen seine triefende Kleidung vom Körper streifte. Fast sofort verschwand die Schwere auf seinen Schultern, ließ ihn tief durchatmen. Die frische Wäsche kitzelte auf seiner Haut, als er in diese schlüpfte und daraufhin mit einem letzten Zögern die Badtür öffnete.
Kamiwa stand mit nassen Handtüchern vor ihm, wischte den letzten Tropfen des verfluchten Wassers vom Boden. Als sie fertig war, zog sie ihn hinter sich her in ihr Zimmer und dirigierte ihn auf ihr Bett. Sie selbst wickelte sich noch die Haare mit einem trockenen Tuch hoch, während sie sich hinter ihm niederließ. Mit einem weiteren Tuch bewaffnet, rieb sie erst über seine Haare, ehe auch er es um den Kopf gelegt bekam.
Mit den Händen rubbelte sie ihn anschließend an den Schultern und den Armen wohlig warm, was ihn wohltuend seufzen ließ, ehe sie ihre Arme um seinen Hals legte und die Hände vor seiner Brust verschränkte. Überrascht zuckte er zusammen, ließ sie jedoch machen. Bestimmt, aber sorgfältig zog sie ihn an sich heran, ließ sich zur Seite fallen. Gemeinsam landeten sie auf ihren Kissen, während er weiterhin in ihren Armen lag.
Sie spürte, wie er haderte, wie er immer wieder versuchte an einem Anfang anzusetzen. Als würde er einen Punkt suchen, an dem die Worte nicht so schwer wogen. ,,Kamiwa, ich", begann er, doch die Worte blieben ihm im Hals stecken, ließen ihn unvermeidlich schlucken. Der Kampf in ihm war deutlich. Zwischen der Sehnsucht nach Nähe zu ihr und der Angst, sich ihr zu öffnen. Sie lächelte jedoch sanft, strich ihm beruhigend über die Brust. ,,Es ist okay. Ich bin hier, um zuzuhören, wann immer du bereit bist."
Es war, als würde die Kälte um ihn herum schmelzen, als würden seine Glieder von innen heraus auftauen. Langsam, fast zögerlich, nahm er ihre Hand in seine und strich ihr liebevoll mit dem Daumen über den Handrücken. ,,Danke, Miwa", murmelte er in das Kissen, während er die Augen schloss. ,,Ich will, dass du weißt, dass du die beste bist." Müdigkeit übermannte ihn, zog ihn hinab in das Land der Träume. Sie hielt ihn sicher und fest, hütete ihn und wachte über ihn.
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Am Morgen danach war Kakashi tief in ihren Armen erwacht. Sie hatte ihn gehalten - die ganze Nacht. Auch sie hatte längst ihre Augen aufgeschlagen, strich liebevoll durch sein graues Haar. Wohlig hatte er gebrummt, war tiefer in ihre Arme gesunken und hätte am liebsten weiterschlafen können, doch die Geister hielten ihn wach. Sie hielt ihn dennoch, selbst als er sich unruhig umwälzte.
Er konnte nicht mehr sagen wie, aber irgendwie hatten sie irgendwann ihre umschlungene Position aufgegeben und waren aufgestanden. Kakashi fühlte sich wie gerädert, als wäre er unter den Wagen eines Händlers geraten, als sie ihn durch das Haus zog und die beiden an ihren Eltern wortlos vorbeihuschten.
Kakashi erkannte die Dunkelheit, die sie umhüllte, desto weiter sie der Treppe des Kellers hinabstiegen. Wieder führte sie ihn, als sein Auge ihm den Dienst versagte, bis sie die Schwelle überstiegen und er die Tatamimatten unter seinen Füßen spürte. Die Schriften der Lehre blickten ihm entgegen und er verstand, wieso sie ihn erneut hierhergeführt hatte.
,,Ich habe es vergessen", hauchte er selbst in die Stille des Raumes, als er vor den bekannten Buchstaben zum Stehen kam. Als hätte sie ihn geohrfeigt, zog er den Kopf ein, wäre zu gern im Boden versunken und nie wieder aufgetaucht. Sie hatte es ihm anvertraut und er trat es mit beiden Füßen. ,,Darauf wollte ich nicht hinaus", gab sie ihm indirekt recht und legte ihm die Hände beistehend auf die Schulter, als sie sich ihm gegenüber stellte. Er sah ihre funkelnden Augen, wie sie ihn in ihren Bann zogen, doch er erkannte die Schwere in ihnen. Er verstand. Auch ihr fiel es nicht leicht.
,,Minato-Sensei ist tot." Kaum hatte sie die Worte gesprochen, wandte er den Blick ab, sah sich überall um, doch nicht zu ihr. ,,Sieh mich an", forderte sie jedoch ohne Umschweife und drehte seinen Kopf sanft in ihre Richtung. ,,Sprich mit mir." Kakashi spürte, wie sich in seinem Inneren etwas regte, als würde sie ihn leiten, ihn zu Worten rühren. Etwas, vor was er sich seit Wochen drückte. Was tat sie mit ihm? Allein mit einem einzigen festen Blick.
,,Sie sind alle fort", brachte er nach einigen schweren Ansätzen über seine Lippen. ,,Warum gerade sie? Warum nicht ich?" Es kostete ihm jegliche Kraft, sich diesen Fakt einzugestehen, doch kaum waren die Worte aus ihm gewichen, so wich auch ein Teil seiner Last von seinen Schultern. ,,Warum lassen mich alle im Stich?" Er wollte es nicht wahrhaben, doch unweigerlich traten Tränen in seine Augen, liefen seinen Wangen hinab und sogen den Saum seiner Maske voll.
Kamiwa fiel derweil ein Stein vom Herzen, als sie sah, wie er sich langsam mit seinen Gefühlen auseinandersetzte. Auch wenn er zögernd sprach, mehrere Anläufe brauchte - Er sprach mit ihr. Es beruhigte sie ungemein, dass sie ihm zuhören konnte, dass er noch immer vor ihr stand. Sie hätte die Zeichen richtig deuten sollen, doch er war da, hatte das Wasser überlebt, worüber sie unendlich froh war. Sie hörte ihm zu - stundenlang. Sie verbrachten den gesamten Tag im Keller des Hauses - im Raum der Lehre.
Auch wenn die Bilder der Vergangenheit sie beide verfolgte, so spürte sie, wie es ihm guttat. Er konnte endlich durchatmen, seinen Gefühlen freien Lauf lassen. Niemand würde erfahren, was hier geschehen war. Sie waren allein für sich da, vertrauten sich und keinerlei Barriere hinderte sie daran.
1218 Wörter
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