Türchen 18 ~ 𝑍𝑤𝑒𝑖 𝑊𝑒𝑔𝑒
Wie es sich gehörte, klopfte er an die Haustür, wartete geduldig, bis ihm geöffnet wurde. Er war endlich mit seinem Dienst fertig, sodass er nun ganz Zeit für sie hatte. Kaum wurde ihm die Tür geöffnet, blickte ihm das frohe Lächeln Kamiwas entgegen, was sich schlagartig zu einem ernsten Ausdruck veränderte.
Prüfend sah er an sich herab, doch nirgends hing das Blut seiner Opfer. Er hatte penibel darauf geachtet, dass er nichts davon in ihr Haus brachte. Dass sie keineswegs damit konfrontiert wurde. ,,Komm erstmal rein." Sie trat beiseite und schloss nach ihm die Tür, ehe sie dem Flur entlang schritt, während er sich die Schuhe auszog. Hatte er etwas falsch gemacht, dass zu ihrem Umschwung führte?
Argwöhnisch sah er sich um, suchte nach einem Anzeichen, doch Kamiwa war schneller und trat mit einen nassen Lappen in der Hand in seinen Weg. ,,Du hast schon wieder Blut im Gesicht", motzte sie und umgriff sein Kinn fest mit ihren Fingern. Mittlerweile war er um einiges größer wie sie, sodass sie zu ihm hinaufsehen musste, doch er stand still und ließ sie machen. Dennoch blieb sie vorsichtig, um ihm nicht weh zu tun und wischte ihm die Flecken von der Wange.
„Tut mir leid", murmelte er, während Kamiwa mit dem Lappen über seine blasse Haut strich. Ihre sanfte Berührung verbreitete eine Gänsehaut auf seinem Körper, aber der Ausdruck in ihren Augen verriet ihm ihre tiefe Besorgnis, die ihm das Herz erschwerte. ,,Du solltest das nicht wieder sehen." Vorwurfsvoll senkte er den Blick und fühlte, wie sich die Tragweite seiner Arbeit in ihm aufstaute. Er wollte stark sein, wollte sie nicht mit seinen Sorgen belasten, aber die Gedanken an das, was er tagtäglich tat, nagten an ihm. All die Morde und das Grauen. „Ich folge nur meinen Anweisungen. Du weißt, wie es ist", versuchte er sich zu retten, doch sie brummte nur miesgelaunt.
,,Die Anbu ist schlimmer als deine Missionen als Jonin zuvor", bemerkte sie und nahm ihm den Lappen aus dem Gesicht. ,,Was auch immer sich Minato-Sensei dabei denkt.. Das ist keine Lösung", meckerte sie weiter und kehrte auf dem Absatz. ,,Du bist nur ein Chunin. Du verstehst das nicht, Miwa." Kaum dass die Worte seinen Mund verließen, knallte ihm der Lappen mitten ins Gesicht, sodass er seine Worte bereute. Kakashi rührte sich nicht, ließ den Lappen einfach von sich abfallen und auf dem Boden klatschten, während sie sich ihm zuwandte.
Ihr Zeigefinger tippte ihm drohend auf die Brust. ,,Ich verstehe aber etwas von deiner Psyche und die heilt sich nicht durch Auftragsmorde." Touchee, doch er war nicht mehr zu heilen. Seitdem Obito und Rin durch seine Hand gestorben waren, verseuchte seine Seele, verfaulte ihn von innen heraus. Er stand mitten im Schusswechsel zwischen seinen Gedanken und seiner Arbeit, die sich mehr und mehr gegenseitig aufheizten.
,,Der Tod ist die Ursache für deinen jetzigen Zustand, nicht deine Lösung", zischte sie ihm entgegen und tippte im Takt ihrer Worte auf seine Brust. Sie war keineswegs angetan von seinem Posten in der Anbu, wünschte sich ihn am liebsten aus diesem Loch heraus. ,,Ich bekämpfe Feuer mit Feuer." Auch diese Worte bereute er sofort, als sie ihm heftig gegen sein Schienbein trat. ,,Das funktioniert vielleicht bei Feuer, aber nicht bei einer Seele. Das ist ein reines Selbstmordkommando."
Er erlebte selten, dass Kamiwa die Stimme erhob, aber in diesem Gebiet hielt sie die Nase vorn. Er glaubte ihr und ihren Worten, trotzdem musste er von irgendetwas leben und sich seinen Frust aus den Knochen schlagen, sich ermüden und verausgaben. Auch wenn er dabei mordete oder sich selbst in Gefahr brachte. Es war ihm eine albtraumfreie Nacht wert.
Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als sie ihn an die Hand nahm und ihn durch das Haus zog. ,,Ich will dir etwas zeigen" hatte sie gesagt und ihn den Stufen hinab in den Keller gezogen. Seine Sinne schärften sich, als das Licht sich drosselte und nur eine geringfügige Anzahl von Lampen den Raum erhellte. Am liebsten hätte er sein Sharingan entblöst und sich umgesehen, denn er erkannte fast nichts. Er spürte lediglich ihre Hand in seiner, die ihn führte, als würde sie sich blind hier unten auskennen.
,,Ich habe Vaters Erlaubnis, aber du musst mir versprechen, dass alles, was du hier sehen und hören wirst, bei dir bleibt." Abrupt blieb sie stehen und blickte ihm in sein freiliegendes Auge. Sie war ihm so nah, dass er ihren Atem durch seine Maske spüren konnte und er augenblicklich die Wärme in seine Wangen emporsteigen spürte. ,,Versprich mir, dass das hier unter uns bleibt, Kakashi", bat sie mit einem hoffnungsvollen Funkeln in den Augen, was ihn nicht einmal überlegen ließ. ,,Ich verspreche es dir." Sie hatte einen Plan und wenn sie sich die Mühe machte, musste er es wenigstens versuchen.
So führte sie ihn weiter durch die Finsternis des Raumes, bis sie an einer weiteren Tür angelangten. ,,Vorsicht, Stufe", warnte sie ihn vor und öffnete die Tür. ,,Ich habe dich zu mir gebeten, weil ich denke, du brauchst eine neue Sichtweise auf die Dinge", begann sie und trat in den Raum, der hell erleuchtet und mit sauberen Tatamimatten ausgelegt war. An den Wänden hingen verschiedene Schriften, doch sie zog ihn zu einer bestimmten.
,,Hier habe ich die meiste Zeit meiner Kindheit verbracht. Das hier ist die Lehre meines Clans und ich möchte dir einen Teil davon zeigen." Kamiwa deutete auf die Schrift, die vor ihnen hing. Sorgfältig las Kakashi sie durch, aber einen Sinn dahinter erkannte er nicht. ,,Memento Mori. Memento Vivire", las er im Flüsterton vor und sah sie ihm Augenwinkel zustimmend nicken. ,,Es bedeutet: Bedenke, dass du sterben musst. Bedenke, dass du leben musst", verriet sie ihm, als hätte sie seine Gedanken gelesen. Manchmal glaubte er, sie könnte dies wirklich, so goldrichtig wie sie oftmals lag.
,,Jeder stirbt irgendwann. Es liegt in der Natur des Menschen, der Tiere und der Pflanzen." Stumm hörte er ihr aufmerksam zu, als sie ihren Vortrag begann. ,,Man kann niemanden dafür verurteilen, wenn er stirbt. Einfach gesagt, ist es der Lauf der Dinge und der Tod ist dessen Ende. Der Tod darf aber nicht überwiegen." Ertappt zuckte er zusammen, als sie ihn wissend über die Schulter hinweg ansah und ihr Blick reichte ihm, um zu wissen, dass sie es wusste. Dass sie wusste, dass er mit den Gedanken spielte.
,,Es muss ein Gleichgewicht herrschen. Deshalb darf niemals vergessen werden, dass das Leben kostbar ist." Sie deutete auf die zweite Zeile. ,,Ob Mensch, Tier oder Pflanze. Jeder hat das Recht sein Leben in vollen Zügen zu genießen. Ob Höhen oder Tiefen. Sie bringen dich weiter voran - helfen dir oder lehren dich." Sie nahm Abstand von der Schrift und stellte sich entschlossen ihm gegenüber. Unerschütterlich hielt sie den Blickkontakt, der Kakashi zwang sich abzuwenden.
,,Der Tod ist starr. Das Leben ist flexibel. Du kannst es auf verschiedene Weisen gestalten. Du kannst verschiedene Wege einschlagen. Schadet dir der eine Weg, schlage den ein, der dich heilt." Sie musste es nicht aussprechen, damit er verstand, dass er sich auf dem Weg befand, der ihm schadete. Dass er die Kreuzung nutzen sollte, um einen neuen Weg zu wählen. ,,Du hast dein Leben selbst in der Hand", hing sie mit Nachdruck an und Kakashi spürte das Gewicht ihrer Worte, als ob sie ihn an eine Gabelung führten, die er zu lange ignoriert hatte.
,,Die Erinnerungen an deine gefallenen Kameraden werden immer ein Teil von dir sein, aber sie dürfen dich nicht gefangen halten und nicht für dich bestimmen."Kakashi senkte den Blick. Die Realität, wie er sie lebte, überkam ihn wie eine Welle. Er dachte an die Momente, die sie geteilt hatten, an das Lachen, die Gespräche und die unzähligen kleinen Dinge, die jetzt wie Schatten in seinem Herzen schwebten. ,,Wie kann ich das tun?", murmelte er, der Zwiespalt in seiner Stimme unverkennbar.
,,Indem du die Erinnerungen und die Gefühle für etwas Positives nutzt. Lass sie nicht zu deinem Gewicht werden. Setze dir Ziele. Kehre nach jeder Mission und sonst jeden Tag nach Hause zurück. Kümmere dich im Diesseits um ihre Gräber. Lass sie nicht in Vergessenheit geraten. Erweise ihnen die Ehre, die sie verdienen." Vielleicht gab es einen Weg, der zu neuen Möglichkeiten für ihn führte. Sollte er es versuchen? Sollte er sich ein Ziel setzen? Nur welches? Ein Ziel, dass all ihre Vorschläge vereinte. Ein Ziel, dass versprach, dass er heimkehrte und seine Pflichten erfüllte.
,,Ich werde dich nie verletzen, Miwa."
1349 Wörter
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